Shōgun (jap. 将軍, vollständiger Titel: 征夷大将軍 Seii Taishōgun, in etwa Besieger der Barbaren und großer General) war ein japanischer Militärtitel für Anführer aus der Kriegerkaste der Samurai. Ursprünglich entsprach ein Shogun ungefähr einem europäischen Herzog, im Laufe der Zeit wurde er jedoch zum eigentlichen Herrscher Japans, der anstelle des Kaisers (Tennō) die Macht innehatte.
Das Shogunat bezeichnete zunächst nur den Haushalt, später auch den Verwaltungsapparat des Shōgun. Auf japanisch wurde es bakufu genannt (幕府, wörtl. Zeltregierung im Sinne von „Militärregierung“).
Kamakura-Shogunat (1192–1333)
siehe auch: Kamakura-Zeit
Etwa um 1150 war die Macht in Japan faktisch in der Hand der Klosterkaiser, offiziell abgedankter Regenten, die den amtierenden Tennōs nur repräsentative Aufgaben überließen. Dies hatte Auseinandersetzungen zwischen rivalisierenden Familien des Hochadels zur Folge. Der Klosterkaiser griff auf die Unterstützung einiger Samurai-Familien zurück, erwies sich nach dem Sieg aber als weniger dankbar, als es sich diese Familien gewünscht hatten. Dies führte zum Gempei-Krieg (1180–1185), nach dessen Ende die Samurai der Region Kamakura faktisch die Macht in Japan übernommen hatten. Im Jahre 1192 wurde Minamoto no Yoritomo (1147–1199) vom Tennō zum Seii Taishōgun ernannt, womit das Kamakura-Shogunat begründet war. Der Titel des Shogun wurde an die Nachfolger vererbt, und die Stadt Kamakura wurde Residenzstadt des Shogunats.
In den Jahren 1274 und 1281 wehrten die Shogune zwei Invasionsversuche der Mongolen unter Kublai Khan ab, der Legende nach mit Hilfe eines von den Göttern gesandten Windes, des Kamikaze. Traditionell forderten die Samurai Belohnungen für ihren Dienst, der jedoch aufgrund der Tatsache, dass für das Shogunat kein Gewinn durch die Verteidigung des Landes zum Beispiel Landgewinn oder Kriegsbeute abfiel, nicht oder nur in geringem Umfang gewährt wurde. Zudem forderten viele Sekten des Buddhismus Zuwendungen, da sie den Kamikaze auf ihr Lesen von Sutren begründeten.
In ihrem Unmut wandten sich vor allem der Ashikaga- und der Nitta-Klan wieder mehr dem Kaiser zu. Dies machte sich schließlich der Tennō Go-Daigo (1288–1339) zunutze, um das Shogunat 1333 zu stürzen und mit einer Restauration der kaiserlichen Macht (der Kemmu-Restauration) zu beginnen, die aber nur wenige Jahre Bestand hatte, vor allem aufgrund unterschiedlicher Interessen Go-Daigos und der Ashikaga.
Kemmu-Restauration (1333–1336)
Tennō Go-Daigo machte 1333 seinen Sohn Prinz Moriyoshi (auch bekannt als Prinz Morinaga) zum Seii Taishōgun und übertrug ihm die Befehlsgewalt über das Militär. Der Samurai Ashikaga Takauji (1305–1358) lehnte sich jedoch gegen Prinz Moriyoshi auf und entmachtete ihn. Prinz Moriyoshi wurde 1335 von Ashikaga Takaujis jüngerem Bruder Ashikaga Tadayoshi getötet. Der Restaurationsversuch des Tennō Go-Daigo scheiterte 1336 endgültig, und der Kaiserhof spaltete sich in die Nord- und die Süd-Dynastie. Die Auseinandersetzung dauerte bis zum Jahr 1392, als die Dynastie unter Führung von Ashikaga Yoshimitsu vereinigt wurde.
Muromachi- oder Ashikaga-Shogunat (1338–1573)
siehe auch: Muromachi-Zeit, Azuchi-Momoyama-Zeit
Ashikaga Takauji, der im Kyōtoer Stadtbezirk Muromachi residierte, wurde 1338 zum Shogun und begründete dadurch das Muromachi- bzw. Ashikaga-Shogunat. Er gilt als Opportunist, der sein Verhalten ständig der aktuellen Situation anpasste, und als eine der kontroversesten Figuren der japanischen Geschichte. Die nachfolgende Zeit ist durch Machteinbußen der Zentralregierung gekennzeichnet, in deren Verlauf die ländlichen Samurai immer stärker wurden. Die Schwäche der Shogune führte im Jahr 1467 unter Ashikaga Yoshimasa (1436–1490) zum 11 Jahre dauernden Ōnin-Krieg. Danach waren sowohl das Shogunat als auch der Tennō politisch bedeutungslos geworden. Der mit dem Ōnin-Krieg beginnende Zeitabschnitt wurde zur „Periode der Krieg führenden Provinzen“ (Sengoku Jidai, 1467–1568).
Als portugiesische Missionare 1543 Gewehre nach Japan brachten, nutzte Fürst Oda Nobunaga (1534–1582) diese neue Technik, um eine Reichseinigung zumindest Zentraljapans zu erzwingen. Nach der Befriedung seiner eigenen Provinz Owari erhob Nobunaga auch Ansprüche auf Nachbarprovinzen und marschierte 1568 in die Hauptstadt Kyōto ein. Zunächst unterstützte er den 15. und zugleich letzten Ashikaga-Shogun Ashikaga Yoshiaki (1537–1597), enthob ihn aber nach Illoyalitäten 1573 aller Ämter, womit das Shogunat erlosch.
Nobunaga einte 30 der damals 68 Provinzen, starb aber im Jahr 1582 durch Verrat, ohne ein neues Shogunat zu begründen. Im Kampf um Nobunagas Nachfolge setzte sich der aus einfachen Verhältnissen stammende Militärführer Toyotomi Hideyoshi (1536–1598) durch, eine der herausragendsten Gestalten der japanischen Geschichte. Er reformierte das Reich zu Gunsten der Samurai.
Tokugawa- oder Edo-Shogunat (1603–1867)
siehe auch: Edo-Zeit
Nach Hideyoshis Tod gelangte der aus dem Osten Japans stammende Tokugawa Ieyasu (1543–1616) an die Macht, dessen Mausoleum sich in der Stadt Nikkō befindet. Ieyasu wurde 1603 vom Tennō zum neuen Seii Taishōgun ernannt. Er baute im vorher unbedeutenden Fischereihafen Edo (dem heutigen Tōkyō) ein Verwaltungszentrum auf, das zur faktischen Hauptstadt des Shogunats wurde und dem Tokugawa-Shogunat den Namen Edo-Periode verlieh. Seine Nachfolger vollendeten die Reichseinigung, und Japan erlebte unter den insgesamt 15 Tokugawa-Shogunen die längste ununterbrochene Friedenszeit seiner Geschichte. Allerdings schottete sich das Land zugleich immer mehr nach außen hin ab: Starke Handelsbeschränkungen und ein absolutes Ausreiseverbot für Japaner und Einreiseverbot für Ausländer (mit Ausnahme einer kleinen niederländischen Niederlassung auf der vor Nagasaki gelegenen Insel Deshima) führten Japan in die Isolation.
Das Ende der Edo-Periode wurde durch die Ankunft eines amerikanischen Flottengeschwaders unter Kommodore Matthew Perry (1794–1858) im Jahr 1854 eingeläutet. Dessen militärische Übermacht erzwang eine allmähliche Öffnung des Reiches für den Handel. Die scheinbare Nachgiebigkeit des Shoguns führte zur Spaltung der Samurai: Während sich die einen für eine gewaltsame Vertreibung der Fremden einsetzten, befürworteten andere eine Reform des Herrscherhauses und der Gesellschaft.
Die Reformkräfte setzten sich schließlich durch. Der letzte Shogun, Tokugawa Yoshinobu (1837–1913), wurde nach nur zwei Herrschaftsjahren 1868 gestürzt, und der Tennō Mutsuhito (1852–1912) wurde als 15-Jähriger in die alten Herrschaftsrechte eingesetzt. Die Devise seiner Regierungszeit lautete Meiji (etwa erleuchtete Regierung), weshalb die Zeit nach dem letzten Shogunat auch als Meiji-Restauration bekannt ist.
Siehe auch
- Daimyō
- Hatamoto (Bannerleute)
- Samurai
- Japanische Geschichte
Weblinks
Literatur
- Wolfgang Schwentker: Die Samurai. CH Beck, München. ISBN 3-406-47988-X