Klassifikation

systematische Einordnung von Objekten in Klassen
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Eine Systematik (griechisches Adjektiv συστηματική [τέχνη], sistimatikí [téchni] - die systematische [Vorgehensweise]), auch eine Klassifikation, eine Taxonomie, ist eine planmäßige Darstellung von Klassen, Kategorien oder anderen abstrakten Konzepten, welche nach bestimmten Ordnungsprinzipien (einem System) gestaltet ist.

Die einzelnen Klassen werden in der Regel durch den Vorgang der Klassifizierung, das heißt durch die Einteilungen von Objekten anhand bestimmter Merkmale, gewonnen und hierarchisch angeordnet. Die Menge der Klassennamen bilden ein kontrolliertes Vokabular. Die Anwendung einer Klassifikation auf ein Objekt heißt Klassierung.

Beispiele für Systematiken sind die Biologische Systematik, begründet mit dem Systema Naturae von Carl von Linné, die Internationale Klassifikation der Krankheiten (ICD) und verschiedene Bibliothekssystematiken (siehe unten).

Arten und Aufbau von Klassifikationen

Vom Grundprinzip her lassen sich zwei Klassifikationsstrukturen unterscheiden: Bei einer Monohierarchie (starke Hierarchie bzw. auch Hierarchie mit Einfachvererbung genannt) besitzt jede Klasse nur eine Oberklasse, so dass die gesamte Klassifikation eine Baumstruktur besitzt. Bei der Polyhierarchie (schwache Hierarchie oder Hierarchie mit Mehrfachvererbung genannt) kann eine Klasse auch mehreren Oberklassen untergeordnet werden. Wenn die Polyhierarchie stärker ausgeprägt ist und weitere Beziehungen zwischen den Klassen hinzukommen, spricht man eher von einem Thesaurus. Auch in der Biologie spricht man bei der Artenzuweisung von der Systematik.

Eine andere Unterscheidung ist die in Analytische Klassifikation (vom Allgemeinen zum Besonderen, auf Präkoordination ausgerichtet) und Synthetische Klassifikation (vom Besonderen zum Allgemeinen, auf Postkoordination ausgerichtet). Die meisten Klassifikationen sind eher analytisch aufgebaut; ein prominentes Beispiel für synthetische Klassifikation ist die Facettenklassifikation.

Wenn es sich um die Klassifikation von Begriffsinhalten handelt, unterscheidet man die Systematik nach dem Verhältnis zwischen dem Begriff (A) und dem übergeordneten Begriff (B) und somit nach dem Ordnungsprinzip: "Instanz von" Hierarchie: A "ist ein" B z.B.: der Begriff Motor ist ein untergeordneter Begriff der Kraftverbrennungsmaschine und erbt daher dessen Eigenschaften, z.B. die Tatsache, dass es sich um eine Maschine handelt. Weitere Verhältnisse können sein "ist Teil von", "ist Mitglied von", "ist ein Buch von Autor", "ist Unterklasse von". Diese Verhältnisse sollten über alle Hierarchieebenen beibehalten werden.

Klassifikationen lassen sich auch auf reale Objekte anwenden und ergeben dann z.B. Stücklisten oder Hierarchiebäume mit allen möglichen Varianten eines Baukastensystems.

In Klassifikationssystemen lassen sich zwei Bezeichnungsarten unterscheiden:

  • Verbale Begriffsbenennungen als Benennungen aus der natürlichen Sprache
  • Künstliche Bezeichnungen durch eine Notation, die aus Zahlen, Sonderzeichen oder Buchstaben bestehen kann. Die Identifikation der in einer Klassifikation abgelegten Objekte kann durch eine Signatur geschehen.

Einsatz von Klassifikationen

Systematiken werden zur Dokumentation (dort spricht man eher von 'Klassifikation'), in der Warenwirtschaft (dort spricht man eher von 'Warengruppen') und in der Wissenschaft (dort spricht man eher von 'Systematik') verwendet. Ziel einer Systematik ist es, einen Überblick über die darin geordneten Objekte zu verschaffen (Analyse) und die thematische Suche unter ihnen zu ermöglichen (Ordnung).

Leistungen von Klassifikationssystemen sind:

  • Zusammenfassung von isolierten Inhalten zu Klassen,
  • eindeutigere Begriffsbeschreibung durch Notationen,
  • Umgehung scheinbarer Verwandtschaftsbeziehungen,
  • verbesserte Präzision und Vermeidung von Ballast beim Wiedergewinnen von Informationen.

Vorteile von Klassifikationssystemen sind:

  • Universalität, d h. Orientierung auf den gesamten Bereich der Wissenschaft (Universalklassifikation) oder auf Teilgebiete (Fachklassifikationen),
  • Kontinuität, d. h die Verwendung über einen längeren Zeitraum,
  • Aktualität, d.h. Fähigkeit zur Berücksichtigung neuer Erkenntnisse,
  • Flexibilität durch Expansivität, (d.h. Möglichkeit zur Erweiterung des Klassifikationssystems),
  • gute Anwendbarkeit im Kontext des World Wide Web, da Klassifikationssysteme sich gut als Hypertext-Systeme abbilden lassen (z.B. Open Directory Project), wobei auch andere entgegengesetzte Konzepte in diesem Kontext gut abschneiden (z.B. WebSom: Self-Organizing-Map).

Nachteile von Klassifikationssystemen sind:

  • Systematik ist vorab festgelegt und relativ unbeweglich,
  • Oft ist es kaum möglich eine solche Systematik vorab festzulegen,
  • vorwiegend hierarchische Strukturen,
  • keine syntagmatische Verknüpfung der Begriffe,
  • eine Anpassung an den Fortschritt der Fachgebiete ist meist schwer umzusetzen,
  • Sachverhalte werden oft in Klassen "gezwängt", in die sie nicht vollständig passen, was zu einer Erschwerung des Suchvorganges und zu einem möglichen Informationsverlust führen kann,
  • meist keine objektiven Kriterien bei der Einsortierung neuer Einträge: es ist nicht immer klar in welche Kategorie ein Eintrag kommt,
  • nur ein Weg führt zu der gesuchten Kategorie (im Gegensatz zu einer netzwerkartigen Anordnung von Themengruppen).

Beispiel für die Klassifizierung eines Buches

In der Regensburger Verbundklassifikation gibt es die Klasse mit der Notation NU 3025 für die Geschichte der Humboldt-Universität zu Berlin. Die dazu gehörende Klasseneinteilung ist folgende:

  • N Geschichte
  • NU Geschichte der Wissenschaften und des Unterrichtswesens
  • NU 1500-7950 Geschichte der Wissenschaften
  • NU 2500-4250 Geschichte der wissenschaftlichen Institutionen
  • NU 2500-4215 Universitäten und Hochschulen
  • NU 3000-3329 Deutschsprachige Universitäten
  • NU 3025 Berlin/Humboldt-Universität

Die meisten Klassifikationen sind streng monohierarchisch aufgebaut, d.h. eine Klasse kann nur eine Oberklasse haben. Zur Klärung der Bedeutung einzelner Klassen setzt man u.a. Kommentare (so genannte Scope Notes) und Verweisungen zwischen verwandten Klassen ein. In den meisten Systemen kann man Objekte auch mehreren Klassen zuordnen.

Das Buch Kommilitonen von 1933 über die Vertreibung von Studierenden der Berliner Humboldt-Universität ist beispielsweise zusätzlich den Klassen AL 50712 (Geschichte des Hochschul- und Universitätswesen der Humboldt-Universität) und NU 7100 (Sonstige Geschichte der Studenten als Teil der Geschichte der Wissenschaften) zugeordnet. In anderen Fällen muss jedoch eine Klasse als Einteilung genügen. Die Signatur in Bibliotheken, die den Aufstellungsort eines individuellen Buches bezeichnet, muss eindeutig sein, da es nur an einer Stelle aufgestellt werden kann. Umgekehrt können aber mehrere Bücher dieselbe Signatur besitzen.

Beispiele von Klassifikationen

Artikel zu konkreten Klassifikationen

Siehe auch

Literatur