Borris Goetz (* 23. Juli 1915 in Frankfurt am Main; † 23. August 1998 in Bad Münster am Stein-Ebernburg) war ein deutscher Maler und Graphiker.
Leben
Borris Goetz studierte von 1933 bis 1935 an der „Städel Kunstschule" in Frankfurt am Main bei Johann Vincenz Cissarz und Karl Peter Röhl. 1935 wurde er Volontär im Atelier des Gebrauchsgraphikers Hans Bohn, im Jahr darauf in der Bauerschen Gießerei. Anschließend arbeitete er als Grafiker in Berlin und absolvierte dort ein Abendstudium in der „Klosterstrasse". 1937 reiste er in die Schweiz, nach Italien und Südfrankreich, wo er annährend zwei Jahre verbrachte. Er studierte bei Jean Villeri in Cannes und begegnete unter anderem Picasso und Matisse. In dieser Zeit lernte er auch Consuelo Suncín Sandovalkennen, die Frau von Antoine de Saint-Exupéry, die er mehrfach malte. Im Sommer 1938 besuchte er einen Sommerkurs an der „Städel Kunstschule" in Frankfurt am Main bei Karl Delavilla. Im darauffolgenden Jahr hielt er sich als Schüler von Jean Villeri in Paris auf, kehrte jedoch bei Kriegsausbruch nach Frankfurt zurück. Dort wurde er 1940 von der Gestapo verhaftet und inhaftiert. Danach konnte er wieder als Maler und Grafiker arbeiten, wurde jedoch 1943 eingezogen und verbrachte seine Militärzeit in Russland und Nordfrankreich. 1944 geriet er in Nordfrankreich in Kriegsgefangenschaft, kam als Kriegsgefangener nach Southampton, später ins Kriegsgefangenenlager Northumberland "POW Camp 18" und wurde dann ins Kriegsgefangenenlager 186, Berechurch - Hall bei Colchester in Südengland verbracht. In dieser Zeit enstanden viele Zeichnungen von Mitgefangenen, aber auch Skizzen und Darstellung umliegender Schlösser.
Nach seiner Freilassung nahm Goetz 1946 seine künstlerische Arbeit in Bad Schwalbach wieder auf. Noch im gleichen Jahr wurde er Chefgrafiker im Atelier Werbekunst - W. Schulz GmbH in Frankfurt am Main. In diesen Jahren hatte er einen guten Kontakt zum Sinfonieorchester des AFN in Frankfurt und fertigte viele Zeichnungen und Bilder amerikanischer Musiker an. Dieser Kontakt verband ihn auch mit der Frankfurter Jazzszene. Für diese fertigte er auch das Plakat zum 1. Deutschen Jazzfestival im Jahre 1953. In dieser Zeit, 1949, führte er Auftragsarbeiten für das Modehaus Lanvin aus und gründete des Atelier für freie und angewandte Graphik „Quadrat" im Philanthropin der jüdischen Gemeinde. 1951 wurde er als Dozent für Grafik-Design am „Institut für Modeschaffen“ (Mode-Werbegrafik) berufen. Von 1954 bis 1957 war er Vorstandsmitglied der Künstlervereinigung "Frankfurt Sezession". 1955 saß er im „Gutachterausschuss für Bildende und Angewandte Kunst" des Landes Hessen. Borris Goetz war 1958 Mitbegründer der Künstlervereinigung „Frankfurter Gruppe (neu)“ der Zimmergalerie Franck.
1963 erhielt Goetz einen Lehrauftrag für Kunstgeschichte und musisches Sehen an der Akademie der Arbeit der Universität Frankfurt am Main. Im Jahr 1964 wurde er mit dem Internationalen Kunstpreis „Fundus Artis" und einem Jahresstipendium ausgezeichnet. Im gleichen Jahr erlitt er bei einem Autounfall schwere Verletzungen, die schließlich dazu führten, dass er das Lehramt 1972 aufgeben musste; Borris Goetz siedelte nach Bad Münster um und widmete sich bis 1998 seinem künstlerischen Schaffen.
Werke (Auswahl)
- 1955–1956 Wandbilder für das Bundespostgebäude in Frankfurt am Main
- 1957 Staatsaufträge für Kunst am Bau und ein Wandbild im Kurhaus Bad Schwalbach
- 1959–1960 Sieben Glasschlifffenster für die Ingenieurschule Kassel
- 1960–1961 Wandmosaik Casino Ihringshausen; Wandbild Universität Gießen
- 1961 Wandbildteppich Amtsgericht Bad Nauheim
- 1961 Künstlerische Gesamtgestaltung der Frankfurter Verkehrsausstellung Planungen von heute - Lösungen für morgen
- 1965–1970 Arbeit an der Bildfolge Anamorphosen und Triptychon in der evangelischen Kirche in Zell am Harmersbach, Schwarzwald
- 1972–1973 Wandbilder HL - Leibrand - Konzern in Rosbach/Taunus
- 1975 Glasplastik für die Brunnenhalle in Bad Münster a. Stein
- 1975–1979 Gestaltung des Kurmittelhauses und der Brunnenhalle in Bad Münster a. Stein
- 1980–1983 Christus aus dem Müll
- 1982–1984 Johannisbildtür die Kapelle Fehrenbacherhof/ Schwarzwald
Ausstellungen (Auswahl)
- 1939 erste Ausstellung in Paris
- 1946
- Teilnahme an der Ausstellung Malerei des XX. Jahrhunderts, Wiesbaden
- Anschluss an den Ring bildender Künstler, Wiesbaden, Ausstellungen in Karlsruhe und München
- 1947
- Teilnahme an der Ausstellung Künstlerverband neue Gruppe in München (u.a. mit Otto Dix und Käthe Kollwitz)
- Teilnahme an der Ausstellung Künstlerverband neue Gruppe in Wiesbaden.
- Teilnahme an der Wanderausstellung Werke hessischer Künstler, Frankfurt/Main
- 1948 Retrospektivausstellung in der Galerie Amelang Frankfurt/ Main
- 1954-1957 Teilnahme an den Jahresausstellungen Frankfurter Sezession in dieser Zeit
- 1955-1957 Beteiligung an Ausstellungen Deutscher Künstlerbund in Baden-Baden und Hannover/Main
- 1958
- Ausstellung Gelb dominiert (mit den Künstlern Heinz Kreutz, Christian Kruck und Hermann Goepfert) und Triptychon
- Internationale Triennale für farbige Originalgrafik, Grenchen/Schweiz
- 1959 Ausstellung Extremes Format in Frankfurt/Main
- 1963 Ausstellung in Lyon
- 1964 Ausstellung in der Galerie Graphisches Kabinett Hollar, Prag/Tschechien
- 1965 Teilnahme an der Ausstellung Frankfurter Sezession im Kunstverein Frankfurt
- 1966 Ausstellung Internationaler Kulturaustausch AAA in Ascona/Schweiz und Athen/Griechenland
- 1967 Ausstellung Bühlerhöhe/Schwarzwald
- 1971 Ausstellung in Ascona/Schweiz, Ankauf durch die Seagram Foundation, New York/USA
- 1973 Teilnahme an der Ausstellung der Frankfurter Künstlergesellschaft e.V. in Höchst, Jahrhunderthalle
- 1974 Keramikmalerei im Atelier Schmieder in Zell am Hamersbach
- 1982 Ausstellung 125 Jahre Frankfurter Künstlergesellschaft e.V. im Karmeliterkloster Frankfurt/Main
- 1984 Einzelausstellung Retrospektive 1933–1983 im Künstlerbahnhof Ebernburg
- 1986 Ausstellung 125 Jahre Frankfurter Künstlergesellschaft e.V.
im Karmeliterkloster Frankfurt/Main
- 1988 Einzelausstellung Retrospektive im Karmeliterkloster Frankfurt/Main
- 1992 Ausstellung der Frankfurter Künstlergesellschaft e.V. im Frankfurter Römer Frankfurt/Main
- 1997 Ausstellung der Frankfurter Künstlergesellschaft e.V. im Leinwandhaus Frankfurt/Main
Literatur (Auswahl)
Ahrens, Dieter (Hg.): Frühes deutsches Informel. Jupp Lückeroth als Maler und Sammler, Trier 1985
Alfred-Schmid-Stiftung (Hg.): In Memoriam Alfred Schmid-Chronik und Anruf, Altdorf/Uri 1975
Bekker vom Rat, Hanna: 1947-1957. Zehn-Jahres-Ausstellung, hrsg. vom Frankfurter Kunstkabinett, Hofheim a. T. 1957
Deutscher Künstlerbund, 5. Ausstellung Hannover, Hannover 1955
Eichler, Inge: Das 20. Jahrhundert im Blick, hrsg. von der 1822-Stiftung der Frankfurter Sparkasse zu ihrer Ausstellung vom 30.11. 1999 - 25.02.2000, Frankfurt/Main 1999
Färber, Leo Maria: die sünde, die zum sammeln rief, in: Simmat, William E. (Hg.): franck und frei 1949-1959. Dokumentation zum 10-jährigen Bestehen der Zimmergalerie Franck, Frankfurt/ Main 1960, S. 44-45
Frankfurter Sezession (Hg.), Frankfurter Sezession. 10. Jahresausstellung, Offenbach 1963
Frankfurter Sezession (Hg.): Frankfurter Salon. Die Frankfurter Sezession und ihre Gäste, Frankfurt/Main 1965
Geiger, Ursula: Die Maler der Quadriga und ihre Stellung im Informel. Otto Greis, K. O. Goetz, Bernhard Schultze, Heinz Kreutz, Nürnberg 1987
Geiger, Ursula: Quadriga, Frankfurt/Main 1996
Geipel, Willi: 1952-2002. 50 Jahre Jazzkeller Frankfurt am Main, in: Jazzpodium Juli/August 2002. S. 18-25
Goetz, Borris: Brevier-Künstlerische Zeugnisse, Bad Münster a. St. 1988, ISBN 3-924824-55-X
Götz, Karl Otto: Erinnerungen und Werk, 2. Bde., Düsseldorf 1983, Aachen 1994
Helwig, Werner: Die blaue Blume des Wandervogels - Vom Aufstieg, Glanz und Sinn einer Jugendbewegung, 1980
Hinds, René: Quadriga - Bildessay, Frankfurt/Main 1953
Hofer, Sigrid (Hrsg.): Entfesselte Form: Fünfzig Jahre Frankfurter Quadriga, Städelsches Kunstinstitut und Städtische Galerie Frankfurt, 01.10.2002 - 25.01.2003, Frankfurt/Main, Basel 2002
Kaschnitz, Marie Luise: Rückkehr nach Frankfurt, in: Seide, Adam (Hg.): Was da ist. Kunst und Literatur in Frankfurt. Künstlerische Tendenzen am Beispiel einer Stadt. Frankfurt/Main 1963, S. 52-57
Kindt, Werner, Raupach, Hans (Hg.): Die deutsche Jugendbewegung 1920 bis 1933 : die bündische Zeit, Düsseldorf 1974
Künstlerbund Berlin-Ost: 1. Kunstausstellung des Künstlerbun¬des Berlin-Ost und seiner Gäste aus der Ateliergemeinschaft Kloster¬straße. Malerei, Plastik, Graphik, Kunstgewerbe in der Goebbelsschule Lichtenberg, Parkaue 27. 24. September - 24. Oktober 1941. Selbstverlag, 1941
Lammert, Angela (Hg.): Ateliergemeinschaft Klosterstraße 1933-1945. Künstler in der Zeit des Nationalsozialismus. Berlin 1994
Olshausen, Ulrich: Das älteste Jazzfestival der Welt, in: hr - Dokumenta¬tion und Archive, hr Bestandsverzeichnis 11, Deutsches Jazzfestival 1953-1992, Frankfurt/Main 1994, S. VI-VII
Ring bildender Künstler e.V. Wiesbaden: 1. Ausstellung 1946, Wiesbaden 1946
Salden, Hubert (Hg.): Die Städelschule Frankfurt/Main von 1817 bis 1995, Frankfurt/Main 1995
Sauer, Walter (Hg.): Borris Goetz - Apollonische Landschaften, Reicheneck 1997
Sauer, Walter (Hg.): Borris Goetz - Feminine Landschaften, Reicheneck 1996
Sauer, Walter; Lauermann, Dietmar: Borris Goetz oder der Weg eines Malers durch seine Zeit, in: Die Graue Reihe 4, Heidenheim 1986, ISBN 3-88258-084-4
Sauer, Walter: Rückblicke und Ausblicke - Die deutsche Jugendbewe¬gung im Urteil nach 1945, Heidenheim 1978
Schmid, Alfred: Erfüllte Zeit - Schriften zur Jugendbewegung, o. O., 1978
Schulz, Klaus-Ludwig; Aversano-Schreiber, Dagmar: Frankfurter Sezession 1953-1966, hrsg. von der 1822-Stiftung der Frankfurter Sparkasse , Frankfurt/Main 2003
Schulz, Klaus-Ludwig: Frankfurter Kunst zur Zeit Walter Kolb 1946-1956. Eine Ausstellung in den Räumen der Heussenstamm-Stiftung und der Walter-Kolb-Stiftung e.V. 19.02.2002 bis 15.03.2002, hrsg. von der Heussenstamm-Stiftung und der Walter-Kolb-Stiftung e.V., Frankfurt/Main 2002
Simmat, William E. (Hg.): franck und frei 1949 1959. Dokumentation zum 10jährigen Bestehen der Zimmergalerie Franck, Frankfurt/Main 1960
Stachowitsch, Alexej: Bündisches Leben - wozu?: Sinndeutung und Bekenntnis, Baunach 1995
Stachowitsch, Alexej: Wegzeichen - Lieder und Gedanken eines Lebens, 2006
Städtische Galerie München (Hg.): Künstlerverband Neue Gruppe. 1. Ausstellung Juni-Juli 1947, München 1947
Vierzig Jahre Frankfurter Kunstkabinett Hanna Bekker vom Rath. Dokumentation 1947-1987, Hg: Frankfurter Kabinett Hanna Bekker vom Rath GmbH und Adolf und Luisa Haeuser-Stiftung für Kunst und Kulturpflege, Hofheim a. T. 1987
Wald, Wilhelm: Inseln der Unantastbarkeit - Erinnerungen an Alfred Schmid und das Graue Corps, 1980
Wettengl, Kurt: Frankfurter Galerien für moderne Kunst in der frühen Nachkriegszeit, in: Lauter, Rolf (Hg.): Kunst in Frankfurt 1945 bis heute, Frankfurt/Main 1995, S. 430-437
Weyel, Birgit: Der Frankfurter Kunstverein in der Nachkriegszeit bis zur Eröffnung des Steinernen Hauses, in: Lauter, Rolf (Hg.): Kunst in Frankfurt 1945 bis heute, Frankfurt/Main 1995, S. 324-325
Weblinks
- Literatur von und über Borris Goetz im Katalog der Deutschen Nationalbibliothek
Personendaten | |
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NAME | Goetz, Borris |
ALTERNATIVNAMEN | de broglie |
KURZBESCHREIBUNG | deutscher Künstler und Graphiker |
GEBURTSDATUM | 23. Juli 1915 |
GEBURTSORT | Frankfurt am Main |
STERBEDATUM | 23. August 1998 |
STERBEORT | Bad Münster |