Der Ritterliche Orden Sankt Johannis vom Spital zu Jerusalem ist neben dem Templerorden und dem Deutschen Orden einer der großen Ritterorden des Hoch- und Spätmittelalters. Er ist der gemeinsame Vorläufer des Malteserorden und der heute protestantischen, Balley Brandenburg des Ritterlichen Ordens St. Johannis vom Spital zu Jerusalem.
Allgemeines
Der Johanniterorden hat die Rechtsform eines "Vereins alten Rechts". Das Korporationsrecht wurde ihm bereits 1852 verliehen. Er hat seinen Sitz in Berlin. Der Johanniterorden versteht sich als Teil der evangelischen Kirche. Der Orden ist in Genossenschaften bzw. Kommenden regional gegliedert (-> siehe 3.: "Aufbau & Struktur"). Neben dem "Herrenmeister" sind Führungsorgane das Kapitel und die Ordensregierung. Zur Zeit (2005) besitzt der Orden insgesamt 3.300 Mitglieder in Deutschland, Europa und Übersee. In den Ordenswerken, insbesondere der Johanniter- Unfall- Hilfe und den Johanniter- Hilfsgemeinschaften sind über 1,2 Mio. aktive und fördernde Mitglieder tätig. "Mitgliedsstufen" des Ordens sind: Ehrenmitglieder, Kommendatoren, Ehrenkommendatoren, Rechtsritter, Ehrenritter und Anwärter. Seine Mitglieder sind, bis auf Ehrenmitglieder, zwingend männlich. Der Orden verleiht als Ehrenzeichen das Herrenmeisterkreuz, das Kreuz der Ehrenmitglieder, Kommendatorenkreuz, Rechtsritter- kreuz, und das Ehrenritterkreuz. Weitere Ehrenzeichen verleihen die Ordenswerke.
Geschichte
Der Orden vom Spital des heiligen (St.) Johannes zu Jerusalem (als Johanniter oder Hospitaliter bezeichnet) wurde erst 1099 gegründet.
Pilgerspital in Jerusalem
Er ging aus einem, seit 1048 erwähnten, Pilgerspital hervor, das von Kaufleuten aus Amalfi bereits lange vor dem ersten Kreuzzug gestiftet worden war. Ob dieses Johannes dem Täufer oder Johannes dem Barmherzigen geweiht war ist nicht mehr feststellbar, jedenfalls leitet sich der Name Johanniter von dort her ab. Die damals übliche Bezeichnung der Klienten als "Herren Kranken" jedenfalls deutet auf Johannes den Barmherzigen hin, der die Armen stets als "seine Herren" bezeichnete. Das Hospital konnte bereits damals bis zu 700, nach anderen Quellen sogar 2000 Pilger beherbergen. Nach der Eroberung von Jerusalem im Jahr 1099 durch die Kreuzfahrer unter Gottfried von Bouillon gewann der Orden erheblichen Zulauf. Unter Raimund von Puy (1120-1160), der dem Ordensgründer Gerhard Tonque nachfolgte, vollzog sich der Wandel von der Spitalbruderschaft zum geistlichen Ritterorden. Hatte der Orden bis dahin das Ziel, kranken Mitmenschen zu dienen, trat als zweiter Auftrag des Ordens die Bekämpfung des Unglaubens und der Schutz der Pilger hinzu. Der Orden bestand damals aus (adligen) Rittern, den Kirchendienst übernahmen Presbyter, und Brüder übernahmen die Krankenpflege an sich. Raimund selbst nannte sich noch Meister, der Titel Großmeister wurde erst 1267 von Papst Clemens IV. für Hugo von Revel bewilligt. 1185 stellte Kaiser Friedrich II. Barbarossa den Orden unter seinen Schutz und erließ ihm die Zahlung sämtlicher Steuern. Aber 1187 fiel Jerusalem gegen Saladin, so daß 1191 der Orden seinen Hauptsitz nach Akkon verlegen mußte. Von dort aus war er sowohl in der Verteidigung des heiligen Landes, als auch in der Reconquista, der Eroberung Spaniens aus der Hand der Mauren tätig.
Internationalisierung
Der Orden wurde schnell populär und zog viele Kreuzfahrer an, die nach ihren Einsätzen im heiligen Land im Mittelmeerraum etliche Tochtergründungen ins Leben riefen. Bari, Otranto, Tarent, Messina, Pisa, Asti und Saint Gilles (Südfrankreich) werden bereits 1113 in einem Privileg des Papstes Paschalis II. erwähnt. Zugleich wurde der Orden vom Papst als solcher anerkannt. 1145 gründeten die Johanniter ihre erste Niederlassung auf deutschem Boden vor den Mauern der Stadt Duisburg. 1160 wird die Kommende Werben in der Mark Brandenburg erwähnt.
1206 wurden als nationale Zusammenschlüsse von Rittern sogenannte "Zungen" gebildet. Innerhalb dieser Zungen bestanden (Groß-) Priorate, die wiederum in Balleyen und Kommenden unterteilt waren. Eine Balley fasste mehrere Kommenden eines (Groß-) Priorats zusammen. Bis zum Ende des 18. Jahrhunderts blieb diese Organisationsstruktur im wesentlichen unverändert.
Als Erkennungszeichen trugen die Ritter zunächst einen schwarzen Mantel mit einem weißen Kreuz darauf, das in acht Spitzen endete. Diese deuten, der Überlieferung zufolge, auf die 8 Seligpreisungen aus der Bergpredigt hin. Ab Mitte des 13. Jahrhunderts wurde es üblich, dass die Ordensritter in Kriegszeiten einen roten Mantel mit weißem Kreuz trugen.
Akkon, Rhodos, Malta
Mit der Schlacht von Gaza 1244 beginnt der Rückzug aus Afrika. Personell wird der Orden sehr geschwächt. Nach dem Fall Akkons am 28.Mai.1291 und dem damit verbundenen endgültigen Verlust des Heiligen Landes für die Kreuzfahrer war vorübergehend Limassol auf Zypern Hauptsitz des Johanniterordens. Nach Auseinandersetzungen mit dem König Zyperns erobert der Orden unter dem Großmeister Fulko von Villaret Rhodos, das für lange Zeit (1306 - 1522) zur beherrschenden Insel im Mittelmeer wird. Die Aufhebung des Templerordens (1312) beschert den Johanniter zusätzliche Besitzungen in Europa so daß Rhodos stark ausgebaut und das Mittelmeer gegen islamische Truppen verteidigen konnte. Unter Johann von Lastic (1437- 54) erschien eine ägyptische Flotte zweimal vor Rhodos und begann 1444 die Belagerung der Hauptstadt, wurde aber zurückgeschlagen. Selbst die Belagerung der Stadt Rhodos durch Mohammed II. mit einem Heer von 100.000 Mann 1479 hielt Peter von Aubusson (1476-1503) glücklich aus. Es mußte erst am 25. Dezember 1522, nach sechsmonatiger Verteidigung, gegen die Truppen Süleyman I. der "Prächtige" kapitulieren. Die verteidigenden Ritter erhielten freien Abzug. 1524 nahm der Orden seinen Hauptsitz auf Malta und nannte sich nun "Malteser". Kaiser Karl V. übergab die Insel dem Orden 1530 als Lehen (wo die Johanniter ca. 40 Jahre später nochmals von Süleyman I. belagert wurden, diesmal allerdings erfolglos). Diese "Umzüge" sowie die Verteidigung des Mittelmeerraumes durch die Flotte der Malteser zehrten stark am Vermögen des Ordens.
Der Heimbacher Vergleich
Zum Ausgleich musste der Orden Besitzungen in Osteuropa verkaufen. Die Befürchtungen der norddeutschen Ritterbrüder, die sich aus der Veräußerung einiger Ordensgüter durch das deutsche Großpriorat in Pommern und Pommerellen ergeben hatten, führten 1382 zum Vergleich von Heimbach mit dem deutschen Großprior. In diesem Vertrag, den das Generalkapitel des Johanniterordens bestätigte, errang die Balley Brandenburg weitgehende Autonomie. So durften die Ritter der Balley ihr Oberhaupt, den Herrenmeister, frei wählen. Dieser Selbständigkeit im Orden stand eine enge Verbindung mit den Kurfürsten von Brandenburg gegenüber.
Reformation
1538 trat Joachim II., Kurfürst von Brandenburg, zur Lutherischen Lehre über. Die Balley Brandenburg folgte ihm darin und behielt einen Großteil ihrer Besitzungen. Im Zuge der Reformation spaltete sich der Orden. Durch den westfälischen Friedensschluß 1648 verlor der Malterserorden fast alle seine Besitzungen im protestantischen Teil Deutschlands. Der abgespaltene protestantische Teil verblieb zwar formell als Ballei Brandenburg bis 1810 im Malterserorden, hatte jedoch durch den Heimbacher Vergleich eine unabhängige Stellung.
Säkularisierung
Durch Edikt vom 30. Oktober 1810 und Urkunde vom 23. Januar 1811 wurde die Balley aufgehoben, die Besitzungen im Zuge der Säkularisierung eingezogen. König Friedrich Wilhelm III. stiftete am 23. Mai 1812 als Auszeichnung für ehrenvolle Dienstleistung und als Beweis königlicher Gnade der "Ritterliche Orden St. Johannis vom Spital zu Jerusalem". Der "Johanniterorden" wurde zu einem Hausorden der Hohenzollern. Durch Kabinettsorder vom 15. Oktober 1852 stellte Friedrich Wilhelm IV., König von Preußen, die Balley formell wieder her, jedoch ohne Einsetzung in ihre vorigen Besitztümer. Der Orden residierte bis zum 2. Weltkrieg am alten Sitz der Balley in Sonnenburg bei Küstrin. Am 17. Mai 1853 wurde Prinz Karl feierlich zum Herrenmeister des Ordens eingesetzt. Das erste Ordenskapitel tagte am 23. Juli 1853 und entwarf die Statuten, welche durch Urkunde vom 8. Aug. von dem König als Protektor des Ordens genehmigt wurden.
Neuere Geschichte
Seit dem 15. Oktober 1852 besteht der Johanniterorden in der Rechtsform eines altrechtlichen Vereins.
- 1885 wird als erstes noch bestehendes Ordenswerk die Johanniter-Schwesternschaft gegründet.
- nach 1945 Der Orden verliert alle Besitzungen in den ehemaligen Ostgebieten sowie auf dem Gebiet der ehemaligen "DDR".
- 1947 Wiederaufbau der Balley Brandenburg mit deren Genossenschaften in den westlichen Besatzungszonen Deutschlands unter dem 35. Herrenmeister SKH Prinz Oskar v. Preußen (1888-1959).
- 1951 Gründung der Johanniter-Hilfsgemeinschaft (JHG).
- 1952 Gründung der Johanniter-Unfall-Hilfe (JUH).
- ab 1990 Einführung der JHG und JUH in Ostdeutschland und Rückübertragung der ehemaligen Ordenshäuser in die Trägerschaft der Genossenschaften.
- 1999 Feier des 900-jährigen Bestehens und Investitur des 37. Herrenmeisters Dr. Oskar Prinz v. Preußen (*1959).
- 2001 Rückkehr des Ordenssitzes nach Berlin.
- 2004 Verlegung des Ordenssitzes nach Potsdam, Verwaltungssitz bleibt Berlin.
Aufbau und Struktur
Der Johanniterorden besteht heute aus den Führungsgremien in der Balley und den in Genossenschaften organisierten weiteren Ordensrittern. Der Johanniterorden ist Gründer und Hauptgesellschafter der Ordenswerke, insbesondere der Johanniter-Unfallhilfe, der Johanniter Schwesternschaft und der Johanniter Hilfsgemeinschaften. Teilweise sind auch Genossenschaften an Einrichtungen wie Krankenhäusern, Altenheimen und weiteren caritativen Einrichtungen beteiligt. Mitglieder des Ordens sind gehalten, sich zusätzlich ehrenamtlicht in caritativen und kirchlichen Einrichtungen einzubringen.
Ordensregierung
Der Herrenmeister leitet den Orden. Ihm stehen das Kapitel und die Ordensregierung zur Seite. Der Herrenmeister selbst wird durch das "erweiterte Kapitel" gewählt.
Die Herrenmeister der Balley Brandenburg des Johanniterordens ab dem 17. Jahrhundert
(ab dem 20. Herrenmeister bis in die Gegenwart. Die Zahlen in Klammern hinter dem Namen bezeichnen hier die R e g i e r u n g s z e i t als Herrenmeister, NICHT die Lebensdaten.)
- 20. Friedrich, Markgraf zu Brandenburg (1610-1610)
- 21. Ernst, Markgraf zu Brandenburg (1611-1613)
- 22. Georg Albrecht, Markgraf zu Brandenburg (1614-1615)
- 23. Johann Georg, Markgraf zu Brandenburg (1616-1624)
- 24. Joachim Sigismund, Markgraf zu Brandenburg (1624-1625)
- 25. Adam, Graf von Schwarzenberg (1625-1641)
- 26. Johann Moritz, Fürst von Nassau-Siegen (1652-1679)
- 27. Georg Friedrich, Fürst zu Waldeck, Graf zu Pyrmont (1689-1692)
- 28. Karl Philipp, Markgraf zu Brandenburg (1693-1695)
- 29. Albrecht Friedrich, Prinz in Preußen, Markgraf zu Brandenburg (1696-1731)
- 30. Karl, Prinz in Preußen, Markgraf zu Brandenburg (1731-1762)
- 31. Prinz Ferdinand von Preußen (1762-1811)
- 32. Prinz Carl von Preußen (1853-1883)
- 33. Prinz Albrecht von Preußen (1883-1906)
- 34. Prinz Eitel Friedrich von Preußen (1907-1926)
- 35. Prinz Oskar von Preußen (1927-1958)
- 36. Prinz Wilhelm Karl von Preußen (1958-1999)
- 37. Dr. Oskar Prinz von Preußen (seit 1999)
Genossenschaften
Die Genossenschaften (auch Kommenden) werden von einem Kommendator geleitet, der diese auch gegenüber der Ordensregierung vertritt. Mit weiteren Mitgliedern der Genossenschaft bildet er das Kapitel. Subkommenden unterstehen als Zusammenschluß von Ritterbrüdern eines Ortes dem Kommendator. Zur Zeit bestehen folgende Genossenschaften und Kommenden des Johanniterordens:
- Kommende der Balley
- Baden-Württembergische Kommende
- Bayerische Genossenschaft
- Brandenburgische Provinzial-Genossenschaft
- Johanniter Ritterschaft in Finnland
- Französische Kommende
- Hamburgische Kommende
- Hannoversche Genossenschaft
- Hessische Genossenschaft
- Mecklenburgische Genossenschaft
- Österreichische Kommende
- Pommersche Genossenschaft
- Posen-Westpreußische Genossenschaft
- Preußische Genossenschaft
- Provinzial-Sächsische Genossenschaft
- Rheinische Genossenschaft
- Genossenschaft Rheinland-Pfalz-Saar
- Sächsische Genossenschaft
- Schlesische Genossenschaft
- Schleswig-Holsteinische Genossenschaft
- Schweizerische Kommende
- Ungarische Genossenschaft
- Westfälische Genossenschaft
Allianzen
Johanniterorden und Malteserorden teilen ihre gemeinsame Geschichte. Trotz der Verschiedenheit der Konfessionen gehört der Johanniterorden zusammen mit dem "Johanniter Orden in den Niederlanden", dem "Johanniter Orden in Schweden" und dem "Most Venerable Order of St John" in England, zu den vom Malterserorden anerkannten Johannesorden und bildet mit diesen die "Alliance of the Orders of St. John of Jerusalem". Die Mitglieder dieser Vereinigungen sind durch die Eigenheiten einer christlichen Grundüberzeugung und des Anspruches tätiger Nächstenliebe verbunden.
Karitative Aufgaben
Der Johanniterorden ist Träger der Johanniter-Unfall-Hilfe (JUH), der Johanniter-Hilfsgemeinschaften (JHG), der Johanniter-Schwesternschaft, der Johanniter-Arbeitsgemeinschaften für Gegenwartsfragen (JAG) sowie von rund 15 Krankenhäusern und 50 Altenpflegeeinrichtungen. Um den heutigen Anforderungen an die Versorgung von Patienten und Bewohnern in stationären Einrichtungen bestmöglich nachkommen zu können, hat der Johanniterorden die Johanniter GmbH als Trägergesellschaft für die Johanniter-Krankenhäuser und Johanniter-Altenpflegeeinrichtungen gegründet.
Literatur
- Klimek, Stanislaus J.: Im Zeichen des Kreuzes. Die anerkannten geistlichen Ritterorden, Diethelm Lütze Verlag, Stuttgart, 1986
- Wolfgang Stribrny: "Der Johanniter-Orden und das Haus Hohenzollern", Niederweisel 2004 (= Heft 24 der Schriftenreihe des Hess. Genossenschaft des Johanniterordens, i.A. der Hess. Genoss. hrsgg. v. Prof. Dr. Dr. Otto Böcher)
Siehe auch
- Karl Heinrich Prinz von Preußen (30. Dezember 1781 - 12. Juli 1846), Großmeister des Kgl. Preußischen St.-Johanniter-Ordens (ab 1812)
Weblinks
- www.Johanniterorden.de - Webseite des Ordens
- www.Johanniter.de - Johanniter-Portal
- www.Johanniter.org - Webseite der Allianz Johanniter International
- Webseite der Johanniter gGmbH
- www.Ritterhaus.ch (Museum über die Geschichte der Kreuzzüge und des Johanniter- und Malteserordens)
- Johanniter-Museum Krautheim / Jagst - Museum der Baden-Württembergischen Kommende des Johanniterordens (wird z.Zt. neu gestaltet, kann aber besichtigt werden)
- www.Johanniterburg.de