Kernenergie (auch Atomenergie, Atomkraft oder Kernkraft) ist einerseits die Form von Primärenergie, die bei Kernreaktionen, insbesondere bei der Kernspaltung und Kernfusion, entsteht. Andererseits wird damit die Technologie und Industrie zur großtechnischen Erzeugung von Sekundärenergie, wie Elektrischem Strom, aus Kernenergie bezeichnet. Während sich Kernfusionsreaktoren erst im Forschungsstadium befinden, wird die Kernspaltung bereits seit den 1950er Jahren in Kernkraftwerken – überwiegend unter Verwendung des Energieträgers Uran – im großen Maßstab eingesetzt.
Begriff
Der Begriff Atomenergie wurde 1899 von Hans Geitel geprägt.
Der atomrechtliche und naturwissenschaftliche Fachbegriff ist Kernenergie. Zu ihm synonym sind sowohl die – insbesondere auch von Atomkraftgegnern verwendeten – Begriffe Atomenergie und Atomkraft als auch der Begriff Kernkraft, der allerdings in der Hochenergiephysik auch als Bezeichnung für die Starke Wechselwirkung verwendet wird.
Physikalischer Hintergrund
Die beiden am häufigsten verwendeten Kernreaktionen zur Erzeugung von Kernenergie sind die Induzierte Kernspaltung und die Kernfusion.
Bei der Induzierten Kernspaltung zerfallen die Atomkerne von schweren Uran-, Thorium-, oder Plutonium-Isotopen in mehrere leichtere Kerne, sobald sie eine geringe Aktivierungsenergie – durch Eindringen eines Neutrons in den Kern – erhalten. Die Differenz zwischen der Masse des Ursprungkerns und der Summe der Massen der Spaltprodukte, auch als Massendefekt bekannt, wird dabei nach der Äquivalenz von Masse und Energie in kinetische Energie umgesetzt. Pro Spaltung sind dies etwa 200 MeV. Zu den Spaltprodukten zählen auch 2–3 prompte Neutronen, die bei jeder Spaltung freigesetzt werden. Diese können weitere Kernspaltungen induzieren und führen so zu einer Kettenreaktion. Die durch radioaktiven Zerfall der Spaltprodukte entstehenden verzögerten Neutronen ermöglichen eine gesteuerte Kettenreaktion in einem Kernreaktor.
Bei der Kernfusion werden mehrere leichte Atomkerne, wie die Wasserstoff-Isotope Deuterium und Tritium, zu einem schwereren Kern, etwa einem Helium-Isotop, verschmolzen. Da Atomkerne positiv geladen sind muss dafür die Coulomb-Kraft, die eine Abstoßung der Kerne bewirkt, überwunden werden. Dazu ist ein hoher Druck und sehr hohe Temperatur – etwa 100 Millionen Kelvin – erforderlich. Wie bei der Kernspaltung wird durch den Massendefekt ein Teil der Kernbindungsenergie, je nach Reaktion in der Größenordnung von etwa 3–18 MeV pro Fusion, freigesetzt.
Geschichte
In den 1890er Jahren begann mit Experimenten zur Radioaktivität, durchgeführt von Antoine Henri Becquerel, Marie Curie und Pierre Curie, die Erforschung von Kernreaktionen. 1938 entdeckten Otto Hahn und Fritz Straßmann die induzierte Kernspaltung von Uran, welche 1939 von Lise Meitner und Otto Frisch theoretisch erklärt wurde. Zusammen mit dem von Frédéric und Irène Joliot-Curie erbrachten Nachweis, dass eine Kettenreaktion möglich ist, wurden die praktischen Anwendungsmöglichkeiten der Kernspaltung klar.
Zuerst wurden diese Erkenntnisse für die militärische Forschung während des 2. Weltkrieges eingesetzt. Im Rahmen des Manhattan-Projektes gelang Enrico Fermi am 2. Dezember 1942 die erste kontrollierte nukleare Kettenreaktion in einem Kernreaktor in Chicago. Während das Ziel des von Robert Oppenheimer geleiteten Manhattan-Projekt mit der ersten erfolgreich gezündeten Atombombe am 16. Juli 1945 (Trinity-Test) erreicht wurde, gelang es der deutschen Forschungsgruppe unter Werner Heisenberg und Carl Friedrich von Weizsäcker bis zum Kriegsende nicht einen funktionierenden Kernreaktor zu entwickeln (Uranprojekt).
Auch nachdem dem 2. Weltkrieg wurde die militärische Forschung fortgesetzt. So wurde am 31. Oktober 1952 die erste Wasserstoffbombe gezündet, bei der die Kernfusion Anwendung findet. Gleichzeitig wurde aber auch an der zivilen Verwendung der Kernenergie geforscht. 1954 wurde in Obninsk bei Moskau das erste Kernkraftwerk in Betrieb genommen. 1955 folgte das erste kommerziell zur Stromerzeugung eingesetzte Kernkraftwerk in Calder Hall (Nord-West England). In Deutschland wurde 1957 mit dem Atomei in Garching bei München der erste Forschungsreaktor in Betrieb genommen. 1961 folgte das erste deutsche Kernkraftwerk in Kahl am Main mit einer Leistung von 15 MW.
In den 1960er Jahren wurden zahlreiche weitere Kernkraftwerke gebaut, wobei deren Leistung deutlich erhöht wurde. So hatte das Kernkraftwerk Gundremmingen, welches 1966 in Betrieb ging, eine Leistung von 250 MW. In den 1970er Jahren wurde insbesondere nach der Ölkrise 1973 der Bau von Kernkraftwerken forciert. Die Leistung dieser Kraftwerke, wie etwa Block B des Kernkraftwerks Biblis, lag bei 1,3 GW. Mit dem Protest der Atomkraftgegner gegen den Bau eines Kernkraftwerks in Wyhl am Kaiserstuhl 1975 entstand in Deutschland eine größere Opposition gegen die zivile Nutzung der Kernenergie. Diese verstärkte sich noch insbesondere durch das schwere Reaktorunglück im Kernkraftwerk Three Mile Island am 28. März 1979 bei dem es zu einer teilweisen Kernschmelze kam.
1983 wurde in Hamm-Uentrop der Thorium-Hochtemperaturreaktor THTR-300 in Betrieb genommen. Dieser Prototyp wurde nach mehreren Störfällen schon 6 Jahre später wieder stillgelegt. Am 26. April 1986 ereignete sich die Katastrophe von Tschernobyl. Block 4 des Kernkraftwerks in Tschornobyl vom Typ RBMK explodierte durch einen Bedienfehler und setzte große Mengen an Radioaktivität frei, bisher starben 56 Menschen und 135 000 mussten evakuiert werden. Nach dieser Katastrophe nahm die Kritik an der Nutzung der Kernenergie deutlich zu, so dass beispielsweise der Brutreaktor Kalkar nie in Betrieb genommen wurde.
2000 wurde in Deutschland der Austieg aus der kommerziellen Nutzung der Kernenergie bis 2020 beschlossen. In diesem Rahmen wurden bis 2005 bereits zwei Kernkraftwerke vom Netz genommen. In anderen Ländern insbesondere in Indien, Russland, China und Japan werden zurzeit neue Kernkraftwerke gebaut. In Olkiluoto (Finnland) wurde am 12. August 2005 mit dem Bau des ersten Kraftwerks vom Typ European Pressurized Water Reactor (EPR) mit einer Leistung von 1,6 GW begonnen.
Wirtschaft
Die wichtigste Anwendung der Kernenergie ist die Erzeugung von elektrischem Strom in Kernkraftwerken (KKW). Zurzeit sind 442 Kernkraftwerke mit einer Gesamtleistung von 369 GW in 30 Ländern in Betrieb. 135 dieser Kernkraftwerke stehen in Westeuropa (124 GW), darunter 17 in Deutschland (20 GW) und 5 in der Schweiz (3,2 GW). Österreich hat keine Kernkraftwerke in Betrieb. In 9 Ländern, darunter Finnland als einzigem westeuropäischem Land, befinden sich insgesamt 24 Kernkraftwerke mit einer Gesamtleistung von 20 GW in Bau. (Stand Oktober 2005)
Der Atomstromanteil an der weltweiten Stromerzeugung beträgt etwa 16 %. Dabei nehmen Litauen und Frankreich mit fast 80 % Anteil die Spitzenplätze ein. In Westeuropa wird etwa 30 % des elektrischen Stroms mit Hilfe von Kernenergie erzeugt, in Deutschland 28 % und in der Schweiz knapp 40 %. Bis 2030 prognostiziert die IAEO einen Anstieg der Gesamtleistung aller Kernkraftwerke auf 423–592 GW und einen Atomstromanteil von 13–14 %. (Stand Ende 2003)
In Belgien, Deutschland und Schweden ist ein Ausstieg aus der kommerziellen Nutzung der Kernenergie geplant.
Eine weitere Anwendung – der Kernenergieantrieb – hat sich außerhalb von militärisch genutzten Atom-U-Booten und Schiffen nur noch (teilweise) bei Eisbrechern durchgesetzt.
Kernkraftwerk
Siehe Hauptartikel Kernkraftwerk
Zur Gewinnung von elektrischem Strom durch Kernenergie werden Kernkraftwerke, spezielle Elektrizitätswerke, die gesteuerte Kettenreaktionen von Kernspaltungen in Kernreaktoren durchführen, verwendet. Kernfusionsreaktoren befinden sich zurzeit noch im Forschungsstadium.
Technik
Die Erzeugung elektrischer Energie geschieht indirekt: Die Wärme, die bei der Kernspaltung entsteht, wird auf ein Kühlmedium – etwa Wasser – übertragen, wodurch dieses erwärmt wird. Direkt im Reaktor oder indirekt in einem Dampferzeuger entsteht Wasserdampf, der dann eine Dampfturbine antreibt.
In Kernkraftwerken werden unterschiedliche Reaktortypen eingesetzt die sich im Wesentlichen durch die verwendeten Kernbrennstoffe, Kühlkreisläufe und Moderatoren unterscheiden. Die wichtigsten sind:
- Im Leichtwasserreaktor (LWR) wird „leichtes“ Wasser ( ) als Reaktorkühlmittel und Moderator verwendet. Als Brennstoff wird angereichertes Uran mit einem 235U-Massenanteil zwischen etwa 1,5 und 6 Prozent verwendet. Der Leichtwasserreaktor existiert in den Varianten Druckwasserreaktor (DWR) und Siedewasserreaktor (SWR). Während beim Druckwasserreaktor das Reaktorkühlmittel in einem geschlossenen Primärkreislauf zirkuliert und mit einem Dampferzeuger Wasserdampf in einem Sekundärkreislauf erzeugt, der die Turbinen antreibt, wird beim Siedewasserreaktor das Kühlmittel im Reaktordruckbehälter verdampft und treibt die Turbinen direkt an.
- Da das im Schwerwasserreaktor (HWR) als Reaktorkühlmittel und Moderator verwendete schwere Wasser ( ) Neutronen schlechter absorbiert als normales Wasser, kann als Brennstoff Natur-Uran mit einem Massenanteil an 235U von etwa 0,7 Prozent verwendet werden.
- Der RBMK ist ein Reaktor sowjetischer Bauart, der Graphit als Moderator und Wasser als Kühlmittel verwendet, daher kann zum Betrieb Uran mit der natürlichen Isotopenverteilung verwendet werden. Die Bauart macht den Betrieb dieser Reaktoren sehr unsicher, deswegen werden sie nach der Katastrophe von Tschernobyl in einem solchen Reaktor nicht mehr gebaut. Allerdings sind auf dem Gebiet der ehemaligen Sowjetunion noch einige Reaktoren dieser Bauart mit einigen technischen Verbesserungen weiterhin in Betrieb.
- Der Brutreaktor (Schneller Brüter) erzeugt während des Betriebs spaltbares Plutonium aus Natur-Uran und ermöglicht dadurch eine höhere Brennstoffausnutzung. Als Kühlmittel wird statt Wasser flüssiges Natrium eingesetzt, da für diesen Reaktortyp schnelle Neutronen benötigt werden.
- Der Hochtemperaturreaktor (HTR) ist eine deutsche Erfindung, bei dem der Brennstoff (235U oder 232Th) in tennisballgroßen Graphitkugeln eingeschlossen ist. Das Graphit dient als Moderator. Zur Kühlung wird Helium eingesetzt.
Sicherheit
Siehe Hauptartikel Sicherheit von Kernkraftwerken
Die Konstruktion eines Kernkraftwerks erfordert – neben der eigentlichen Aufgabe, mit Hilfe des Kernreaktors elektrischen Strom zu erzeugen – die Emission von radioaktiven Stoffen, die durch die Kernspaltung entstehen, in die Umgebung zu verhindern.
Die Freisetzung von Radioaktivität im normalen Betrieb so klein zu halten, dass nach heutigen wissenschaftlichen Ernkentnissen Gesundheitsschäden auszuschließen sind, wird durch geschlossene Kreisläufe und eine ausreichenden Abschirmung des Reaktors erreicht.
Desweiteren muss aber auch die Emission von Radioaktivität in die Umwelt durch Stör- und Unfälle möglichst verhindert werden. Durch ein „mehrstufiges, fehlerverzeihendes Sicherheitskonzept“ sollen Kausalitäten, die zur Emmision von Radioaktivität führen können, durch mehrere von einander unabhängige Maßnahmen verhindert werden, so dass sowohl technische Fehler als auch menschliches Versagen abgefangen werden kann.
In modernen westlichen Leichtwasserreaktoren kommt dazu ein „Mehrbarrieren- und Sicherheitsebenen-Konzept“ zum Einsatz, das den Einschluss der radioaktiven Materialien in mehrfachen, einander umschließenden Barrieren vorsieht, die durch ein System gestaffelter Maßnahmen eine ausreichenden Integrität gewährleisten sollen.
Sowohl die Konstukion der Brennelemente, als auch die des Reaktors dienen als Barrieren. Der Brennstoff befindet sich als Kristallgitter in gasdicht verschweißten Brennstäben, so dass die Spaltprodukte normalerweise die Brennelemente nicht verlassen. Der, aus 20–25 cm dickem Stahl bestehende, Reaktordruckbehälter bildet zsuammen mit den anschließenden Rohrleitungen ein geschlossenes Kühlsystem. Er befindet sich, zusammen mit einem, der Abschirmung von Strahlung dienenden, thermischen Schild, in dem Containment, einem Sicherheitsbehälter aus etwa 4 cm dickem Stahl. Eine 1,5–2 m dicke Stahlbetonhülle umschließt den gesamten Sicherheitsbehälter und soll Einwirkungen von außen verhindern.
In modernen deutschen Kernkraftwerken gibt es vier Sicherheitsebenen, die vom Normalbetrieb auf der ersten Ebenen bis zur vierten Ebene, in der die Auswirkungen eines Störfalls möglichst auf die Anlage selbst beschränkt werden sollen, reichen. Bei den einzelnen Ebenen wird systematisch ein Versagen unterstellt, das durch geeignete Maßnahmen auf der nächsten Ebene aufgefangen werden soll.
Um den Ausfall mehrerer Sicherheitssysteme durch eine gemeinsame Ursache zu vermeiden, wird darauf geachtet, dass diese sowohl redundant, das heißt mehrfach vorhanden und dabei räumlich und systemtechnisch strikt getrennt, als auch möglichst diversitär, also auf unterschiedlichen phsikalischen Grundlagen beruhend, sind.
Brennstoffkreislauf
Siehe Hauptartikel Brennstoffkreislauf
Der Brennstoffkreislauf besteht einerseits aus den Arbeitsschritten die der Versorgung von Kernreaktoren mit Brennelementen dienen und andererseits aus den notwendigen Maßnahmen zur Entsorgung des radioaktiven Abfalls.
Versorgung
Als Kernbrennstoff werden zurzeit die drei Isotope 235U, 238U und 239Pu verwendet.
Während in Schwerwasserreaktoren und in Brutreaktoren Uran mit der natürlichen Isotopenverteilung von 99,3 % 238U zu 0,7 % 235U verwendet werden kann, benötigen die weit verbreiteten Leichtwasserreaktoren angereichertes Uran mit einem Anteil von bis zu etwa 6 % 235U.
Uranerz wird sowohl im Tagebau als auch im Untertagebau gefördert. Das Erz wird gemahlen und das Uran chemisch – üblicherweise als U3O8 – extrahiert. Anschließend wird das U3O8 in UF6 umgewandelt. Die Anreicherung von 235U erfolgt üblicherweise mittels Gasdiffusion oder Ultrazentrifugen. Das Uran wird dann als Urandioxid, eventuell zusammen mit Plutoniumdioxid als Mischoxid, zu Brennstäben verarbeitet. Mehrere Brennstäbe werden dann zu Brennelementen zusammengefasst.
Entsorgung
Da verbrauchte Brennelemente hoch radioaktiv sind, werden für den Abtransport und die Lagerung spezielle Behälter, beispielsweise Castor-Behälter, verwendet.
In Wiederaufarbeitungsanlagen – wie etwa die Wiederaufarbeitungsanlage La Hague in Frankreich – können die in abgebrannten Brennelementen enthaltenen 97 % unverbrauchtes Uran und Plutonium von den 3 % Spaltprodukten und höheren Aktiniden getrennt und zu neuen Brennelementen verarbeitet werden. Die Spaltprodukte und höheren Aktinide machen dann den eigentlichen radioaktiven Abfall aus.
Abgebrannte, nicht wiederaufgearbeitete Brennelemente und radioaktiver Abfall aus Wiederaufarbeitungsanlagen werden in Lagerungsbehältern in Zwischenlagern so lange gelagert bis die Radioaktivität so weit abgeklungen ist, dass eine Endlagerung möglich ist. Zurzeit gibt es weltweit noch kein Endlager für hoch radioaktiven Abfall. In Gorleben wurde von 1979 bis 2000 ein unterirdischer Salzstock auf seine Eignung als Endlagerstätte für alle Arten von radioaktiven Abfällen, darunter speziell auch für Brennelemente und hochradioaktive Abfälle, untersucht. Die Erkundung des Salzstockes ist seitdem (Stand 2005) unterbrochen. Das auf drei bis zehn Jahre angelegte Moratorium wurde auf der Grundlage der von der Bundesregierung mit den Energieversorgungsunternehmen getroffenen Vereinbarung in Kraft gesetzt und dient der Klärung konzeptioneller und sicherheitsrelevanter Fragen zur Endlagerung.
Rechtsgrundlage
Die Internationale Atomenergieorganisation (IAEO) soll die internationale Zusammenarbeit auf dem Gebiet der friedlichen Nutzung der Kernenergie und der Anwendung radioaktiver Stoffe fördern und gleichzeitig den Missbrauch dieser Technologie (insbesondere die Proliferation von Kernwaffen) durch Überwachungsmaßnahmen verhindern. Diverse internationale Verträge wie der Atomwaffensperrvertrag und das Atomhaftungsübereinkommen geben entsprechende Richtlinien vor.
In Deutschland ist die Rechtsgrundlage bei der zivilen Verwendung der Kernenergie das deutsche Atomgesetz (Gesetz über die friedliche Verwendung der Kernenergie und den Schutz gegen ihre Gefahren). In der Schweiz dient das schweizer Atomgesetz (Bundesgesetz über die friedliche Verwendung der Atomenergie) als Rechtsgrundlage. In Österreich ist die kommerzielle Nutzung von Kernreaktoren nicht erlaubt.
Weitere Verordnungen, wie die Atomrechtliche Deckungsvorsorge-Verordnung (AtDeckV), setzen die internationalen Richtlinien in Deutschland um. Die Deckungsvorsorge für ein Kernkraftwerk beträgt 2,5 Milliarden Euro, die zu einem Teil als Haftpflichtversicherung und zum anderen Teil als Solidarvereinbarung unter den Kernkraftwerksbetreibern abgesichert ist. Die Haftungshöchstgrenze bei Schäden, die unmittelbar auf Handlungen eines bewaffneten Konfliktes, von Feindseligkeiten, eines Bürgerkrieges, eines Aufstandes oder auf eine schwere Naturkatastrophe außergewöhnlicher Art zurückzuführen sind, liegt bei eben diesen 2,5 Milliarden Euro. Für Schäden aus anderen Ursachen haften die Betreiber unbegrenzt.
Für den Rückbau von Kernkraftwerken müssen die Betreiber in Deutschland und der Schweiz eine Rückstellung von etwa 500 Millionen Euro je Kraftwerk anlegen.
Vergleich mit fossilen Brennstoffen (Treibhauseffekt)
Kernkraftwerke erzeugen im Betrieb zwar kein CO2, doch ist – wie bei allen Kraftwerken – der Energieeinsatz bei der Herstellung der Kraftwerke, bei ihrem Betrieb (bei Kernkraftwerken einschließlich Brennstoffbeschaffung und Abfallentsorgung) und bei ihrem Abriss grundsätzlich mit CO2-Freisetzungen verbunden. Die insgesamt (über den gesamten Lebenszyklus) freigesetzte CO2-Menge ist allerdings bei Kernkraftwerken um mehr als eine Größenordnung geringer als bei Erzeugung der gleichen Strommenge mittels konventioneller (fossil gefeuerter) Kraftwerke. Kernkraftwerke können daher effektiv zur Bekämpfung des Treibhauseffektes eingesetzt werden. Annähernd gleiche hohe CO2-Reduktionsfaktoren können mit Windkraft- (allerdings bei zur Zeit noch geringerem Einsatzpotential) und Wasserkraftwerken erreicht werden, während andere Erneuerbare Energien, insbesondere die Fotovoltaik, nur deutlich kleinere CO2-Reduktionsfaktoren erreichen. In Deutschland reduzieren die Kernkraftwerke die CO2-Freisetzungen jährlich um etwa 150 Millionen t (gegenüber Steinkohle gerechnet; Gesamtfreisetzung 858 Millionen t, davon 337 Millionen t durch die Energieerzeugung, Werte jeweils für das Jahr 2000).
Kritik
Siehe Hauptartikel Atomkraftgegner
Die Nutzung der Kernenergie zur Erzeugung von elektrischem Strom wird von Atomkraftgegnern abgelehnt. Sie sind der Ansicht, dass der Betrieb von Kernkraftwerken sowie deren Ver- und Entsorgung mit Kernbrennstoff unverantwortliche Sicherheitsrisiken bergen.
Bereits bei der Uranförderung würden radioaktive Stoffe wie Radon freigesetzt. Anlagen zur 235U-Anreicherung, wie die deutsche Urananreicherunganlage in Gronau, könnten auch zur Herstellung von Kernwaffen-fähigem Material, mit einem Anteil von 80 % 235U, verwendet werden.
Der Betrieb von Kernkraftwerken sei unsicher, da eine Katastrophe wie im Kernkraftwerk Tschornobyl nicht auszuschließen sei und es auch sehr häufig – wenn auch nur minimale – Störfälle gäbe, bei denen möglicherweise Radioaktivität freigesetzt würde. Inbesondere seien die Folgen eines schweren Unfalls sehr hoch.
Die Entsorgung der hoch radioaktiven Brennelemente sei ebenfalls problematisch, da diese sehr hohe Halbwertszeiten haben (239Pu beispielsweise 24 000 Jahre). Der Transport in Castor- und anderen Behältern sei wegen möglicher Unfälle ebenfalls nicht sicher. Bei der Wiederaufarbeitung extrahiertes Plutonium könnte zur Herstellung von Kernwaffen verwendet werden. Außerdem sei insbesondere aus der Wiederaufarbeitungsanlage Sellafield vermehrt Radioaktivität ausgetreten.
Aufgrund der hohen Halbwertszeit gehen Atomkraftgegner davon aus, dass der Zeitraum, in der radioaktiver Abfall in einem Endlager aufbewahrt werden müsste, unüberschaubar sei und es deswegen kein sicheres Endlager geben könne.
Literatur
- Armin Hermann / Rolf Schumacher (Hrsg): Das Ende des Atomzeitalters? : Verlag Moos & Partner München, 1987. - ISBN 3-89164-029-3 (Eine sachlich-kritische Dokumentation, von 26 Autoren, davon 17 Akademikern aus den Naturwissenschaften und 7 aus den Geisteswissenschaften)
Weblinks
Neutral/Pro
- Deutsches Atomgesetz (Gesetz über die friedliche Verwendung der Kernenergie und den Schutz gegen ihre Gefahren)
- Basiswissen Kernenergie
- Bürger für Technik
- Kerntechnische Gesellschaft
- Kernenergie-Portalseite mit Links zu verschiedenenen Organisationen
Kritisch Kernenergie
- Seite von Greenpeace Deutschland, die Argumente gegen die Nutzung der Kernenergie aufführt
- Herr Bsirske, Ihre Klientelpolitik ist ekelhaft! - Kritik der deutschen Grünen Jugend am gem. Positionspapier zweier Gewerkschaften und vierer Energieunternehmen [1]
- Artikel gegen die aktuelle und zukünftige Nutzung der Kernenergie vom Umweltinstitut München (November 2004)
- Anti-Atom-Lexikon
- Atomkraft in Deutschland und Europa Fakten und Debatte, vom Bund für Umwelt und Naturschutz Deutschland
- Kritische Betrachtung der Energiebilanz heutiger Kernkraftwerke (englisch)
- Artikelsammlung Atomenergie in Lebenshaus-Website