Urin

Ausscheidungsprodukt der Wirbeltiere
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Urin, auch Harn genannt, ist ein flüssiges Ausscheidungsprodukt des Menschen und verwandter Säugetiere.

Zusammensetzung

Urin dient zur Regelung des Flüssigkeitshaushalts sowie zur Entsorgung von Harnstoff, Harnsäure und anderer Stoffwechsel-Endprodukte. Ein erwachsener Mensch produziert pro Tag etwa 1 bis 1,5 Liter Urin, wobei ca. 30 Gramm Harnstoff ausgeschieden werden. Urin enthält ferner geringe Mengen an Zucker (Glucose). Erst ein erhöhter Glucosegehalt im Urin deutet auf Diabetes mellitus hin. Viele weitere Substanzen wie Hormone oder Duftstoffe kommen in geringen Mengen im Urin vor. Die gelbe Farbe des Urins kommt von sogenannten Urochromen, zu denen zum Beispiel Sterkobilin und Urobilin gehören, welche durch Derivatisierung von Bilirubin entstehen. Eine andere als leicht gelbe Färbung kann auf Krankheiten hindeuten.

Der pH-Wert des Urins liegt zwischen 4,5 und 8,0.

Urin wird in den Nieren produziert und konzentriert (Diurese), in der Blase gesammelt und über die Harnröhre abgegeben. Das Abgeben des Harns heißt Miktion (siehe dort auch für soziale und psychische Komponenten des Urinierens). Bei der Bildung in den Nieren und der Lagerung in der Blase ist Urin beim gesunden Menschen noch völlig keimfrei. Da die untere Harnröhre jedoch nicht keimfrei ist, enthält Urin beim Austritt bis zu 10.000 Keime pro Milliliter.

Nach dem Verzehr von Spargel tritt bei knapp der Hälfte der Menschen ein charakteristischer Geruch des Urins auf. Er ist auf die Abbauprodukte wie S-Methyl-thioacrylat sowie auf dessen Methanthiol-Additionsprodukt S-Methyl-3-(methylthio)thioproponiat zurückzuführen. Die Fähigkeit zum Abbau dieser Substanzen wird dominant vererbt.

Außerdem kann es bei manchem Menschen zu einer kurzzeitigen Rotfärbung des Urins kommen, ohne dass durch eine Wunde oder Entzündung Blut in den Harn gelang, wenn die Person vermehrt Carotin aufgenommen hat. Ob dies genetisch vererbt wird, ist unbekannt.

Urinuntersuchung

Mit der Urinuntersuchung beschäftigt sich die Urologie, die entsprechenden Ärzte nennt man Urologen. Die Urologie ist die Lehre von den harnableitenden Organen. Die Nieren als harnbereitende Organe gehören zu dem internistischen Fachgebiet der Nephrologie. Nephron kommt aus dem Griechischen und bedeutet Niere. Somit beschäftigt sich längst nicht nur der Urologe intensiver mit Urin sondern auch der Nephrologe.

Die Untersuchung des Urins bringt Aufschluss über zwei Bereiche:

  • Der Zustand und die Funktionsfähigkeit von Niere und Blase können festgestellt werden, z. B. Niereninsuffizienz, Blaseninfektion.
  • Am Vorhandensein von Substanzen, die normalerweise nicht im Urin vorkommen oder an einer veränderten Konzentration von Stoffen kann auf Stoffwechselerkrankungen geschlossen werden, z. B. Diabetes.

Daneben kann durch Urintests auch die Einnahme von Medikamenten, Drogen oder Dopingmitteln nachgewiesen werden. Jedoch können diese Untersuchungen, die z. B. bei der Suchttherapie gegen Heroin eingesetzt werden, durch diverse Zusätze – wie Bleichmittel, Seife oder Kochsalz – verfälscht werden.

Der Urin eines gesunden Menschen sollte weder Proteine, Nitrit, Ketone noch Blutbestandteile wie Hämoglobin enthalten.

Eine qualitative Harnuntersuchung weist nach, ob eine Substanz im Urin vorhanden ist oder nicht.

Eine quantitative Untersuchung des Urins gibt an, wieviel genau von einer Substanz enthalten ist.

Eine semiquantitative Untersuchung gibt in etwa an, wieviel von einer Substanz im Harn vorhanden ist.

Verwendung von Urin

Urin, insbesondere "gefaulter", wurde über Jahrtausende als Reinigungsmittel eingesetzt. So wurden in Rom an belebten Straßen amphorenartige Urinale aufgestellt, um den von den Wäschern benötigten Urin einzusammeln. Kaiser Vespasian erhob darauf eine spezielle Urinsteuer. Darauf angesprochen soll er an einer Münze gerochen und "Non olet" ("sie stinkt nicht") geantwortet haben. Gefaulter Urin wurde noch bis ins 20. Jahrhundert zum Entschweißen frisch geschorener Schafwolle und zum Walken von Wolltuchen eingesetzt, des Weiteren im Gerberhandwerk.

In der Medizin werden Urin und aus Urin gewonnene Substanzen vielfältig eingesetzt. So wurde in Kriegs- und Katastrophenfällen Urin als wirkungsvolles Wunddesinfektionsmittel eingesetzt. Aus dem Urin tragender Stuten werden beispielsweise Hormone für die "Pille" gewonnen. Auch ein Mittel gegen die Lungenembolie und eines gegen Fruchtbarkeitsstörungen wird aus menschlichem Urin hergestellt.

Da neuerdings Prionen - falsch gefaltete Eiweisse, welche Krankheiten wie BSE oder Scrapie auslösen können - im Urin gefunden wurden, unterliegt die Gewinnung von Arzneien aus menschlichem Urin strengen Vorschriften.[1]

Im paramedizinischen Bereich ist ebenfalls die sogenannte Eigenurintherapie bekannt.

Sonstiges

Tiere verwenden Urin auch zur Kommunikation (Chemokommunikation). Am bekanntesten dürfte dabei der Hund sein, der wie viele andere Tiere auch, sein Revier mit einer kleinen Abgabe von Urin an markanten Stellen abgrenzt. Bei einigen Raubkatzen wie Leopard oder Gepard erkennt das Männchen am Geruch des Urins, ob das Weibchen paarungsbereit ist. Beim Abbau des enthaltenen Harnstoffs in der Umwelt entsteht durch Hydrolyse das stechend riechende Gas Ammoniak.

Nach neusten Ergebnissen des Schweizer Prionenforschers Adriano Aguzzi sind im Urin enthaltene Prionen die derzeit aktuelle Erklärung dafür, weshalb Prionenkrankheiten bei Schafen, Elchen und Hirschen relativ hohe Ansteckungsraten besitzen - schliesslich ernähren sich diese Tiere nicht von Tiermehl.[2]

Siehe auch: Eigenharnbehandlung, Pinkelrinne, Urinal, Urinella