Die Lilien (Lilium) sind eine Gattung der Familie der Liliengewächse (Liliaceae) mit rund 110 Arten. Die Gattung ist -ausgehend von ihrem Ursprung im Himalaya- auf allen Kontinenten der nördlichen Hemisphäre zu finden, vorzugsweise in temperierten Zonen. Hauptverbreitungsgebiet ist China, Nebenzentren sind Japan, Nordamerika sowie Europa und der Kaukasus. Eng verwandt sind die Lilien unter anderem mit den Fritillaria.
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Systematik | ||||||||||||
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Wissenschaftlicher Name | ||||||||||||
Lilium | ||||||||||||
L. |
Lilien sind ausdauernde, aufrecht wachsende Zwiebelpflanzen mit oft auffälligen Blüten. Aufgrund ihres attraktiven Erscheinungsbilds wurden sie in vielen Kulturen geschätzt, einige Arten zählen zu den ältesten Zierpflanzen überhaupt und wurden sogar zu kulturellen Symbolen. Insbesondere in Asien finden sie bis heute noch Verwendung als Lebensmittel sowie Heilpflanzen.
Beschreibung
Alle Lilien sind ausdauernde, krautige Pflanzen. Sie wachsen aus Zwiebeln und können artabhängig eine Höhe von bis zu 310 Zentimeter erreichen. [1]
Zwiebel und Rhizom
Lilien-Zwiebeln sind meist eiförmig bis annähernd rund, aus zahlreichen Zwiebelschuppen zusammengesetzt und nicht durch eine zusätzliche Außenhaut geschützt.[2] Die unregelmäßig klobig geformten Zwiebeln sind 1,4 bis 11,7 Zentimeter lang und 1,3 bis 19 Zentimeter breit, das Verhältnis von Höhe zu Länge schwankt zwischen 0,1 bis 3 zu 1. Die Zwiebel kann leicht geneigt im Boden liegen und annähernd rhizomatisch mehr oder weniger verlängert, aber auch deutlich ausgeprägt rhizomatisch horizontal verlängert sein, Rhizome wachsen gelegentlich verzweigt. [1]
Die Zwiebelschuppen sind modifizierte Blätter und enthalten Stärke als Reservestoff. Sie sind eiförmig oder lanzettlich[3] fleischig und meist weiß, selten gelb oder purpurn, häufig auch bräunlich gefleckt. Sie überlappen einander dachziegelartig und können zwischen 0,8 und 11,9 Zentimeter lang werden. [1]
Wurzeln
Lilien weisen an den Zwiebeln zwei Typen von Wurzeln auf. Die einen sind bis zu 5 Millimeter dick, konzentrisch gefaltet und kontraktil, verfügen also über die Fähigkeit, die Zwiebel tiefer in die Erde zu ziehen, bis die ideale Tiefe erreicht ist. Der zweite Typ, die sogenannten Adventivwurzeln, sind deutlich dünner, fadenförmig und dienen allein der Aufnahme von Nährstoffen. Letztere finden sich auch unterirdisch am Stängel oberhalb der Zwiebel. [1]
Brutzwiebeln
Bei Lilien sind Zwiebeln auch Organe vegetativer Vermehrung. Eine häufig zu findende Möglichkeit besteht in der Bildung sogenannter Stängelbulben, also kleiner Brutzwiebeln am Stängelansatz, die sich nach mehreren Jahren zu eigenständigen Pflanzen herausbilden. Bei einigen wenigen Arten werden solche Brutzwiebeln auch in den Achseln der Laubblätter gebildet (Lilium puerense, Lilium sargentiae, Lilium sulphureum, Lilium arboricola, Feuer-Lilie und Tiger-Lilie). Von dort fallen sie herab und können in den Folgejahren im Boden zu zwar genetisch mit der Mutterpflanze identischen, aber eigenständigen Pflanzen heranwachsen.
Stängel und Blätter
Der aufrechte, in der Regel glatte Stängel ist meist grün, gelegentlich purpurn überhaucht, selten graugrünblau. An ihm stehen die ungestielten bis annähernd ungestielten Blätter entweder wechselständig,[2] gleichmäßig oder seltener zur Stängelbasis hin gehäuft verteilt oder häufiger in 1 bis 12, selten bis zu 24 Wirteln. In letzterem Fall stehen sie am Ansatz und der Spitze der Pflanze dann jedoch verteilt. Die Wirtel bestehen aus drei bis zwanzig, selten bis vierzig Blättern, die 1,7 bis 29 Zentimeter lang und 0,2 bis 5,6 Zentimeter breit sind, das Längen-Breitenverhältnis beträgt 1,6 bis 34 zu 1. Die Blätter sind an den Spitzen oft abwärts gebogen, linealisch, lanzettlich, elliptisch oder - insbesondere bodennah - eiförmig, gelegentlich umgekehrt-lanzettlich. Die grüne Blattspreite wird zur Blattspitze hin heller, selten blasser und läuft zum äußeren Ende hin spitz zu. Die Blattränder sind ganzrandig, meist glatt und haarlos, gelegentlich schwach papillös, manchmal zum äußeren Ende hin durch dreieckige, epidermale Nadeln rau. [1]
Die Nervatur besteht aus meist drei in der Regel glatten und unbehaarten Hauptnerven. Sie sind gelegentlich ebenfalls mit dreieckigen, epidermalen Nadeln besetzt und auf der achszugewandten Seite selten vertieft nachgezeichnet. [1]
Blüten
Der endständige Blütenstand ist entweder eine Einzelblüte oder eine Traube, selten eine Dolde oder eine Schirmtraube.[2] Die Tragblätter sind den Laubblättern ähnlich.[2] Die Blütenstiele sind 0,8 bis 32 Zentimeter lang. An ihm finden sich die Blüten hängend, nickend, aufsteigend oder aufrecht. Viele Lilien duften mehr oder weniger stark, einige sind aber auch duftfrei. [1]
Die Blüten sind aktinomorph oder schwach zygomorph. Es lassen sich weitgehend drei Blütenformen unterscheiden, nämlich trompetenförmige, schalenförmige und so genannte „Türkenbund-Lilien“, vereinzelt gibt es auch röhren- oder becherförmige, oder die nach vorn fast geschlossenen Blüten bei Lilium lophophorum[2]. Bei Türkenbünden sind die Blütenhüllblätter soweit nach hinten eingerollt, dass ihre Spitzen sich am Stängel wieder einander nähern und die Blüte so einem Turban ähnlich sieht. [1]
Die Blütenblatthülle ist ein zweikreisiger Perigon aus je Kreis drei unverwachsenen Blütenhüllblättern weißer, grünlicher, gelber, oranger oder rötlicher bis purpurner Farbe, die in Form, Farbe und Größe annähernd gleich sind. Die zum Schlund hin weisende innere Hälfte bis zwei Drittel der Blütenhüllblätter ist achszugewandt häufig rosa oder kastanienfarben gefleckt, mehr oder weniger lanzettlich, am Ansatz verjüngt bis genagelt, meist unbehaart. [1]
Achszugewandt nah des Blattansatzes bilden die Blütenhüllblätter Nektar. Die Nektarien sind meist schmal gerillt, gelegentlich papillös oder behaart. Sie sind grün und meist nicht sichtbar, gelegentlich aber treten sie in Gestalt eines grünen Sterns im Zentrum des Schlunds in Erscheinung.[1] [2]
Die Tepalen des äußeren Blütenhüllkreises sind achsabgewandt gelegentlich gefurcht, 3,1 bis 12 Zentimeter lang sowie 0,6 bis 2,6 Zentimeter breit und laufen zum äußeren Ende meist spitz zu. Die Tepalen des inneren Blütenhüllkreises hingegen sind achsabgewandt stets gefurcht und weisen achszugewandt zusätzlich zwei mittige Längsfurchen auf. Sie sind 3 bis 11,2 Zentimeter lang und 0,6 bis 3,4 Zentimeter breit. Auch sie laufen zum äußeren Ende meist spitz zu, fallen dabei aber etwas breiter gerundet aus als die äußeren Blütenhüllblätter. [1]
Die Blüten haben sechs Staubblätter, gegenständig zu den Blütenhüllblättern, die innerhalb der Krone enden oder weit aus ihr herausragen können. Die Staubfäden sind pfriem- oder fadenförmig, gelegentlich fein behaart.[2] Sie stehen parallel zum Griffel oder in einem Winkel von bis zu 31° von der Blütenstandsachse ab und sind vielseitig gefärbt, meist aber blassgrün oder annähernd durchscheinend. [1]
Die Staubbeutel sind dorsal fixiert, aber beweglich.[2] Sie sind länglich-rund und 0,3 bis 2,6 Zentimeter lang, vielseitig gefärbt, meist aber purpurn und dunkeln nach. Die Pollen sind cremefarben, gelb, orange, rostrot oder braun und werden meist zunehmend heller. [1]
Der länglich-runde Stempel ist 2,1 bis 10,5 Zentimeter lang, dreigelappt und dreifachspaltig. Der dreifächrige[2] Fruchtknoten ist oberständig und 0,8 bis 3,5 Zentimeter lang. Die sechs Plazentas stehen zentralwinkelständig, es gibt zahlreiche Samenanlagen, von denen sich einige wenige unbefruchtet entwickeln. Der Griffel ist verlängert und schmal.[2] Er ist üblicherweise blassgrün und im Querschnitt rund. Anfangs steht er parallel zur Blütenachse, wächst sich dann jedoch seitlich heraus. Die Narbe ist verdickt[2] und üblicherweise dreigelappt, in älteren Blüten ist sie hohl. [1]
Bei Lilien erfolgt in der Regel keine Selbstbestäubung; zur Befruchtung bedarf es üblicherweise des Pollens einer anderen Pflanze. [1]
Früchte und Samen
Lilien bilden dreikammerige, aufrechte Kapselfrüchte aus, die zu brauner Farbe hin abreifen. Die Kapseln sind am Ansatz verengt, länglich-rund bis verkehrt-eiförmig, 1,5 bis 7,7 Zentimeter lang und 0,8 bis 3,3 Zentimeter breit und 1,1- bis 4,8-mal länger als breit. In den Kammern sind die zahlreichen Samen angeordnet wie Münzen in einer Rolle.[2] Bei den Kapseln handelt es sich, typisch für viele Liliengewächse, um lokulizide Kapseln, die an den Rückennähten jedes Fruchtblatts aufplatzen. [1]
Die Samen sind flach, annähernd rund[4] in 60°-Winkeln[1] und sind schmal geflügelt.[2] Sie sind an der Oberfläche warzig hellbraun und in ihrer Mitte zeichnet sich der dunkle Embryo ab.[1]
Lilien-Samen lassen sich ihrer Keimung entsprechend in vier Gruppen unterteilen:[5]
- sofortig und epigäisch
- verzögert und epigäisch
- verzögert und hypogäisch
- sofortig und hypogäisch.
Bei sofortiger Keimung kann die Keimung je nach Art bereits nach wenigen Tagen beginnen, bei verzögerter Keimung hingegen bedarf es mindestens eines Jahres zur Keimung, gelegentlich auch länger.
Genetik
Die Chromosomengrundzahl beträgt x = 12. Alle Lilienarten besitzen zwei lange metazentrische und zehn kurze akrozentrische Chromosomen. Metazentrisch heißt, dass das Zentromer mittig liegt, bei akrozentrischen Chromosomen liegt es am Ende. Die einzige bekannte Ausnahme in der Gattung ist Lilium rubescens, die ein langes metazentrisches Chromosom und elf kurze akrozentrische Chromosomen hat. [6]
Verbreitung
Lilien wachsen auf allen Kontinenten der nördlichen Hemisphäre, vorzugsweise in temperierten Zonen. Mit rund 70 Arten ist Asien Schwerpunkt der Artenvielfalt, allein 55 finden sich in China.[2] Ein zweiter Schwerpunkt in Asien ist Japan mit rund 15 vielfach endemischen Arten.[7] In Nordamerika finden sich knapp über 20 Arten, ein spezieller Schwerpunkt mit 12 Arten liegt hier an der Pazifikküste.[1] In Europa (einschließlich der Türkei und des Kaukasus) finden sich weitere knapp 20 Arten, hier sind insbesondere der Balkan und der Kaukasus Diversitätszentren.[8]
Der Ursprung der Gattung lässt sich rund 12 Millionen Jahre zurückdatieren. Zu dieser Zeit differenzierte sich im Himalaya eine Klade aus Lilium, Fritillaria, Nomocharis, Cardiocrinum und Notholirion aus. Vom Himalaya aus besiedelte die Gattung über China sowohl Nordamerika wie auch Eurasien. Während für die Besiedlung Nordamerikas zwei Ausbreitungsereignisse vermutet werden, eine für Lilium catesbaei und Lilium philadelphicum und eine für alle anderen Arten,[1] wird für Europa von drei Einwanderungen ausgegangen: als erstes die von Lilium martagon, eine zweite führte zur Entstehung von Lilium bulbiferum und im Rahmen einer letzten Einwanderung prägten sich alle anderen europäischen und kaukasischen Arten einschließlich Lilium candidum aus.[8] Das heutige Verbreitungsgebiet der Gattung zeichnet die Ausbreitung noch weithin nach, wenngleich klimatische Veränderungen seither zu Rückgängen in ehemals besiedelten Regionen geführt haben, so dass dort nur Relikte existieren, so zum Beispiel in den Bergregionen der Tropen und Subtropen Asiens (z. B. in Indien, den Philippinen, Vietnam)[1]. Auffällig, wenngleich bisher nicht erklärt, ist das Fehlen von Lilien in einem Korridor zwischen Ost-Afghanistan und dem Kaukasus.[8] Die weitreichendste Verbreitung aller Arten hat heute Lilium martagon, die von China aus über Russland bis hin zur Iberischen Halbinsel vorkommt. [9]
Lilien finden sich oft als Horste in waldigen oder waldnahen bzw. küstennahen Regionen, da sie feuchte, aber gut drainierte und kühle Standplätze in leichtem Schatten bevorzugen. Sehr alkalische sowie sehr saure Böden werden von Lilien in der Regel gemieden, die spezialisierte Lilium catesbaei jedoch schätzt die recht sauren Böden von Sumpf- und Marschland mit pH-Werten von 5,1 bis 6,5. Zwei Arten leben als Epiphyten im asiatischen Regenwald (Lilium arboricola, Lilium eupetes).
Systematik
Die Gattung der echten Lilien besteht aus etwa 110 Arten. Eng verwandt sind die Gattungen Fritillaria, Notholirion sowie die Gattung der Riesenlilien (Cardiocrinum), die bis weit ins 20. Jahrhundert mit ihrem bis zu 400 Zentimeter hohen Vertreter Cardiocrinum giganteum noch den Lilien zugeordnet wurde.
In Hinsicht auf die Gattung Nomocharis sind die Lilien sicher paraphyletisch, das heißt, die Nomocharis-Arten gehören zu den Lilien. Obwohl zahlreiche molekularbiologische Studien dies bestätigt haben, steht allerdings eine entsprechende taxonomische Bearbeitung noch aus. [10], [11], [12], [13]
Innere Systematik
Das Sektionsmodell von Comber
Harold Frederick Comber schlug 1949 eine Klassifikation der Lilien vor, die bis in die Gegenwart weitgehend unverändert die Referenz für die Gattung ist. Anhand von dreizehn ausgesuchten und verschieden gewichteten morphologischen Merkmalen sowie der Keimungstypen unterteilte er die Gattung in sieben Sektionen sowie neun Untersektionen und versuchte zugleich die verwandtschaftlichen Beziehungen der Sektionen untereinander zu beschreiben (wenngleich nicht in einem streng kladistischen Sinn). [5]
3 Liriotypus ──────────────┐ ┌─────────────── 7 Daurolirion │ │ │ │ │ │ │ │ 1 Martagon │ │ │ │ │ │ ┌─────────────── 5 Sinomartagon │ │ │ 2 Pseudolirium ────────────┘ └─────────────── 4 Archelirion │ └─────────────── 6 Leucolirion
Das phylogenetische Modell von Nishikawa
Insbesondere anhand der intensiven molekulargenetischen Forschungen von Tomotaro Nishikawa seit 1999 beginnen sich die Umrisse einer neuen, phylogenetisch basierten Systematik abzuzeichnen. Nishikawas Forschungen bestätigten zwar Combers Sektionierung, die Sektionen bedurften aber einer veränderten Subsektionierung, viele Arten müssen neu zugeordnet werden und auch der Versuch von Comber, Verwandtschaftsbeziehungen nachzuzeichnen, lässt sich gegenüber einem modernen phylogenetischen Stammbaum nicht halten. In Tomotaros Arbeiten ergaben sich drei Großkladen, denen die unterschiedlichen Sektionen bzw. Untersektionen zugeordnet wurden. [14]
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Sektionen und Arten der Gattung Lilium
Krankheiten und Schädlinge
Lilien sind an ihren natürlichen Standorten prinzipiell robuste und krankheitsresistente Pflanzen. Als Zierpflanzen ausserhalb ihrer eigentlichen Habitate unterliegen sie jedoch gehäuft Erkrankungen durch Pilze, Viren und Insekten.
Pilze
Eine Vielzahl von Pilzen lebt auf Lilienarten als Wirtspflanzen. Fusarium oxysporum f. sp. lilii und Fusarium oxysporum f. sp. narcissi können die Fusarium-Welke auslösen. Diese gilt als die schwerste und gefährlichste Lilienkrankheit. Die Zwiebel wird von unten her ausgehöhlt. Die Blattspitzen vergilben, die Knospen bleiben geschlossen und die Pflanze stirbt ab. Die Sporen können mehrere Jahre im Boden überleben und neue Pflanzen infizieren. [21]
Botrytis elliptica ist ein spezifischer Lilien-Pathogen, wohingegen die Grauschimmelfäule (B. cinerea), eine andere Botrytis-Art, nicht spezifisch Lilien befällt. Beide Arten verursachen braune oder grüne glasige Flecken an Blattspitzen, Blüten und Knospen, die sich schnell vergrößern. Danach stirbt die befallene Pflanze schnell ab. Da aber nur oberirdische Pflanzenteile befallen werden, treibt die Lilie im Folgejahr wieder aus. [21]
Daneben werden Lilien weniger häufig auch von Sclerotium delphinii, Colletotrichum lilii, Cercosporella inconspicua, Rhizopus-Arten, sowie diversen Wurzelpilzen, wie zum Beispiel Cylindrocarpon destructans, Pythium splendens oder Rhizoctonia solani, befallen. [21]
Viren
Etwa 20 Viren oder Viroide können Lilien befallen.[22] Die wichtigsten sind das Gurkenmosaikvirus (CMV), das Tabakmosaikvirus (TMV), das Lilienscheckungsvirus (LMoV), das Lily Mild Mosaic Virus (LMMV) und das Lilien X Virus (LVX). Fast alle Viren verursachen blass gescheckte, von den Blattnerven her ausstrahlende Muster auf den Blättern. Oft kommt es zu Missbildungen, die Blätter sind verdreht oder gekräuselt. Auch das Lily Symptomless Virus (LSV), das kein offensichtlich erkennbares Schadbild aufweist, die Pflanzen aber schwächt und anfällig macht, infiziert Lilien. Verbreitet werden alle Viren vor allem durch Blattläuse (Aphidoidea), Fransenflügler (Thysanoptera) oder gelegentlich Fadenwürmer (Nematoda), die den infektiösen Pflanzensaft übertragen. Alle Lilien befallenden Viren sind unbehüllt und daher resistent gegen Bekämpfungsmittel, in Kultur hilft nur das Verbrennen der infizierten Pflanzen, um eine weitere Verbreitung zu verhindern. Nicht alle Lilienarten sind anfällig gegen diese Viren, insbesondere asiatische Arten weisen oft Toleranz oder Resistenz auf. [21]
Tiere
Die Lilie ist in Europa eine wichtige Futterpflanze für das 6 bis 8 Millimeter große Lilienhähnchen (Lilioceris lilii), einen siegellackroten Käfer. Vor allem die Larven, aber auch die Imagines können bei stärkerem Befall ganze Lilienbestände in wenigen Tagen bis auf den Stiel abfressen.
In einigen Gebieten verbreitet ist die Lilienminierfliege (Liriomyza urophorina). Sie legt ihre Eier in die entstehenden Knospen und diese verkümmern, fallen ab oder öffnen sich völlig missgestaltet.
Verschiedene Fadenwürmer (Nematoda) saugen als Ektoparasiten an Lilienzwiebeln. Dies sind vor allem Nematoden aus der Gattung der Blattälchen (Aphelenchoides), die wandernde Wurzelnematode Pratylenchus penetrans und Rotylenchus robustus. Auch Wurzelmilben (Rhizoglyphus) aus der Familie der Mehlmilben (Acaridae) fressen an Lilienzwiebeln.
Etymologie
Das Wort „Lilie“ entstammt ursprünglich möglicherweise einer Sprache der westlichen Mittelmeerländer, sowohl in hamitischen Sprachen (ilili) wie auch im Baskischen (lili) finden sich verwandte Begriffe für „Blume“. Sicher zurückführen lässt es sich in den ostmediterranen Raum, wo die Madonnen-Lilie zur ersten bekannten Zierpflanze überhaupt wurde. Über das altgriechische λείϱιον (lēīrion) und das lateinische lilium wurde der Begriff in abgewandelter Form zum Bezeichner der Gattung in der Mehrheit der europäischen Sprachen.[23]
Bedeutung, Geschichte, Kultur
In westlichen Kulturen wird die Lilie heutzutage hauptsächlich als Zierpflanze verwertet. In anderen Epochen und Kulturen jedoch wurde und wird sie weit vielseitiger genutzt.
Lilien als kulturelles Symbol
In den europäischen und mediterranen Kulturen stand aufgrund ihrer strahlend weißen Farbe insbesondere die Madonnenlilie im Zentrum symbolischer Verwendung. Die weiße Lilie ist seit der Antike ein Symbol der Reinheit und der Schönheit, aber auch des Todes.
Im alten Griechenland war sie die Blume der Hera, Cassianus Bassus berichtet in seinen Geoponica, sie sei entstanden aus verschütteten Tropfen der Milch ihrer Brüste, als Herkules von diesen trank.[24] Über die Reinheit der Blüte soll sich wiederum Aphrodite so sehr geärgert haben, dass sie ihr zusätzlich einen Eselsphallus als Stempel einpflanzte. [25]
In der Bibel finden Lilien mehrfach Erwähnung, so zum Beispiel in Lk 12,27 oder Mt 6,28. Susanna (von hebräisch „Shushan“ = „die Lilie“) wurde schon vor Maria mit dem Symbol der Lilie dargestellt. Das Zeichen wurde in der Marienverehrung übernommen und erhielt so als „Madonnen-Lilie“ und Symbol der Reinheit seine heutige Bedeutung in der christlichen Formensprache. [26]
In der Heraldik wurde sie nur selten in stilisierter Form verwendet. Die berühmte Bourbonenlilie, die „Fleur-de-Lis,“ bildet eine Iris (Schwertlilie) nach.
Lilien als Zierpflanzen
Ihrer auffälligen Schönheit wegen ist die Lilie eine der am längsten vom Menschen kultivierten Zierpflanzen. Erste Abbildungen (wahrscheinlich der Madonnen-Lilie) finden sich auf Friesen im minoischen Kreta. Im ältesten japanischen Buch, dem Kojiki aus dem Jahr 712, werden sie in der Hochzeitsszene des ersten Kaisers erwähnt, ebenso in mehreren Gedichten im Man’yōshū aus dem Jahre 759. [27]
Als Gartenpflanzen sind in der Gegenwart neben zahlreichen Hybriden auch noch immer einige Arten präsent, so die Königs-Lilie, der Türkenbund, die Madonnen-Lilie und die Tiger-Lilie. Bereits ab dem 19. Jahrhundert wurde die Oster-Lilie als Schnittblume weit gehandelt. Sie wurde ursprünglich in Japan und auf den Bermudas produziert, heute dagegen hauptsächlich in den USA (Kalifornien, Oregon), Japan und den Niederlanden. Bis heute ist sie die einzige reine Art, die Bedeutung als Schnittblume hat, sonst wird der Markt von Sorten beherrscht.
Obwohl einzelne Lilien so bereits seit langem im Pflanzenhandel präsent waren, erhielten sie erst in den 1930er Jahren durch die Tätigkeit Jan de Graaffs und seiner Gründung der „Oregon Bulb Farms“ einen festen Platz als Zuchtpflanze. Vor allem in England, den USA und Holland hat dies seither zu zahlreichen Hybriden und einer florierenden Lilien-Industrie geführt. In Japan sind Lilien heute die am fünfthäufigsten verkauften Schnittblumen mit den zweithöchsten Preisen.[27] 2005 waren bei der Royal Horticultural Society, der International Cultivar Registration Authority für die Gattung Lilium, über 13.000 Hybriden und Kultivare registriert.[28] [29]
In der Zucht werden (lose entlang Combers Modell) acht verschiedene Lilien-Divisionen zur Klassifikation von Hybriden unterschieden, als neunte werden die Arten und ihre Kultivare geführt: [30]
- Division 1: Asiatische Hybriden
- Division 2: Martagon-Hybriden
- Division 3: Euro-Kaukasische Hybriden
- Division 4: Amerikanische Hybriden
- Division 5: Longiflorum-Lilien
- Division 6: Trompeten- und Aurelian-Hybriden
- Division 7: Orientalische Hybriden
- Division 8: Andere Hybriden
- Division 9: Arten und ihre Kultivare.
Lilien als Heilpflanzen
Die ältesten Erwähnungen von Lilien in China gehen zurück auf ihren Gebrauch als Heilpflanze. Erstmals findet eine Lilie Erwähnung im klassischen „Shennong ben cao jing“, das etwa um 200 n. Chr. verfasst wurde, der Gebrauch reicht bis in die Gegenwart. Eingesetzt werden Lilien gegen chronischen Husten, Blutkrankheiten und Schlaflosigkeit. [31]
Im antiken Griechenland bereitete man aus verschiedensten Blumen schmerzlindernde Salben, neben Rosen, Narzissen und Iris wurden dazu auch Lilien verwendet. Außerdem wurde sie gegen Menstruationsbeschwerden, Verbrennungen und Verspannungen eingesetzt. Bis heute wird in unterschiedlichsten Volksmedizinen die als „adstringierend“ eingestuften Pflanzensäfte zur Heilung beschädigten oder gereizten Gewebes eingesetzt, z. B. bei Abszessen, entzündeter oder rissiger Haut, Geschwüren oder frischen Wunden. Schon Plinius der Ältere hat auf diese Verwendung hingewiesen, aber auch Dioskurides und Hildegard von Bingen empfahlen den Einsatz bei oberflächlichen Verletzungen und Krankheiten. [32]
Lilien als Lebensmittel
Bis auf den Stamm sind alle Teile der meisten Lilien-Arten essbar. In China werden die Zwiebeln von Lilium brownii, Lilium regale, Lilium lancifolium und Lilium speciosum in der Küche genutzt und auch speziell zu diesem Zweck angebaut. Gegessen werden die Zwiebeln entweder frisch oder getrocknet, oder es wird Stärke aus ihnen gewonnen.[33]
Aus Kamtschatka berichtete Heinrich von Kittlitz 1858, dass die Zwiebel-Schuppen von Lilium debile, aber auch Lilium martagon ein „wohlschmeckendes und dem Anschein nach sehr nahrhaftes Gemüse geben“. [34]
Bei Stämmen nordamerikanischer Ureinwohner waren Lilienzwiebeln ebenfalls Lebensmittel, belegt ist der Gebrauch von Lilium columbianum, Lilium pardalinum, Lilium parvum, Lilium occidentale und Lilium philadelphicum, sie wurden gekocht, gedämpft, gebacken oder roh verzehrt. [35]
Auch in Europa wurden Lilienzwiebeln gelegentlich als Lebensmittel genutzt. Charles Bryant führte 1783 in seiner Flora Diaetetica sowohl die Madonnen-Lilie, die Feuer-Lilie wie auch die Seealpen-Lilie als Lebensmittelpflanzen an.
Nachweise
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- ↑ M. Pahlow: Das grosse Buch der Heilpflanzen. Bechtermünz Verlag, ISBN 3-8289-1839-5
- ↑ Shiu-ying Hu: Food Plants of China, The Chinese University Press, Hong Kong, 2005, ISBN 962-201-860-2, S. 319
- ↑ Friedrich Heinrich von Kittlitz: Denkwürdigkeiten einer Reise nach dem russischen Amerika, nach Mikronesien und durch Kamtschatka, 2, Perthes, Gotha 1858, S. 261f
- ↑ Dan Moerman: Native American Ethnobotany - A database of plants used as drugs, foods, dyes, fibers, and more, by native Peoples of North America., University of Michigan - Dearborn, Stand 2003, Online
Weiterführende Literatur
- Carl Feldmaier, Judith McRae: Die neuen Lilien. Ulmer, Stuttgart 1982, ISBN 3-8001-6121-4
- Edward A. McRae: Lilies. A Guide for Growers and Collectors. Timber Press, Portland/Oregon, 1998, ISBN 0-88192-410-5