Open Shortest Path First

Netzwerkprotokoll
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Open Shortest Path First (OSPF) ist ein Verfahren aus der EDV-Netztechnik. Es bezeichnet ein von der IETF entwickeltes Link-State-Routing-Protokoll. Es ist im RFC 2328 (obsolet: RFC 1247 von 1991) festgelegt und basiert auf dem von Edsger W. Dijkstra entwickelten Algorithmus „Shortest Path First“.

Überblick

OSPF ist ein dynamisches Routing-Protokoll innerhalb eines autonomen Systems. Es hat das Routing Information Protocol (RIP) als Standard-Interior Gateway Protocol (IGP) abgelöst, insbesondere bei großen Netzen. OSPF verwendet die Kosten eines Pfades als Metrik und kann bei gleichen Kosten lastverteilt arbeiten. Der Standard definiert nicht, wie die Kosten zu berechnen sind. Einige Implementierungen (zum Beispiel Router des Herstellers Cisco Systems) greifen auf die Interface-Übertragungsrate zurück, wenn kein anderer Wert vorgegeben wird. Ein großer Vorteil gegenüber RIP ist, dass jeder Router die vollständige Netztopologie kennt.

Neuere Trends bei Betreibern von IP-Netzen zeigen, dass dort vermehrt IS-IS im Zusammenhang mit MPLS eingesetzt wird, weil die IS-IS-Features ausreichen, das Protokoll weniger komplex als OSPF ist und im Vergleich besser skaliert. Trotzdem ist OSPF heute noch das vorwiegend verwendete Routing-Protokoll.

Hierarchische Struktur durch Areas

Ein grundlegendes und wichtiges Konzept bei OSPF stellt die Hierarchie in sogenannte Areas (Bereiche) dar. Alle OSPF-Router können verschiedenen Areas zugeordnet werden. Dabei hat die sogenannten Backbone Area (Area 0) eine besondere Stellung. Alle anderen regulären Areas müssen direkt mit dieser Backbone Area verbunden sein. Sollte eine direkte Verbindung nicht möglich sein, können diese weit entfernten Areas durch Virtual Links mit der Backbone Area verbunden werden.

Backbone Area

In einer OSPF-Hierarchie muss es immer eine Backbone Area geben. Diese Backbone Area hat immer die Nummer 0 und stellt die Verbindungsbrücke zwischen allen Areas dar.

Reguläre Area

Alle anderen Areas außer der Backbone Area sind reguläre Areas. Die Area-Nummer kann ein Zahlenwert zwischen 1 und 4294967295 (= 232 - 1) oder eine equivalente Netz-ID (z.B. 192.168.1.0) sein.

Transit Area

Normalerweise muss eine reguläre Area direkt mit der Backbone Area verbunden sein. Liegt bei eine komplexen Netzwerk-Topologie zwischen einer regulären Area und der Backbone Area eine andere reguläre Area, so werden keinen Routing-Updates ausgetauscht. Um eine solche weit entfernte Area mit der Backbone Area zu verbinden, müssen Virtual Links konfiguriert werden. Diese überbrücken eine dazwischen liegende Area, welche dann zur Transit Area wird. Die Virtual Links stellen einen Tunnelverbindung zwischen einer Area und der Backbone Area dar.

Stub Area

Eine Stub Area ist eine reguläre Area, in welcher deren Area Border Router die Weiterleitung von LSA-Nachrichten vom Typ 5 filtern. Damit wird für alle normalen Router in einer Stub Area deren Area Border Router als Gateway propagiert.

Totally Stubby Area

Eine Totally Stubby Area (TSA) ist eine reguläre Area, in welcher deren Area Border Router die Weiterleitung von LSA-Nachrichten vom Typ 3, 4 und 5 filtern. Damit wird für alle normalen Router in einer Totally Stubby Area ausschließlich deren Area Border Router als Gateway propagiert.

Not So Stubby Area

Eine Not So Stubby Area (NSSA) ist eine Stub Area, welche durch ein anderes IGP- oder EGP-Protokoll externe Routen erlernt. Diese Routinginformationen würden normalerweise in einer Stub Area nicht propagiert. Ist die Stub Area aber als eine Not So Stubby Area konfiguriert, so werden externe Routing-Updates mit LSA-Nachrichten vom Typ 7 an die Area Border Router der Stub Area weitergeleitet. Diese wiederum wandeln dann diese LSA-Nachrichten vom Typ 7 in LSA-Nachrichten vom Typ 5 um und propagieren diese externen Routen in die Backbone Area.

Area Border Router

Jede Area hat einen Area Border Router (ABR). Dieser ABR dient als Schnittstelle zwischen einer regulären Area und der Backbone Area. Wenn in einer Area nur ein Router existiert, so ist dieser automatisch auch der ABR (Designated Router). Existieren in einer Area zwei Router so wird zwischen den beiden automatisch ein Router zum ABR und der zweite zum Backup-ABR (Backup Designated Router). Jeder weitere Router wird als normaler Router behandelt. Fällt ein Designated Router aus übernimmt direkt der Backup Designated Router dessen Aufgaben und wird selbst zum Designated Router. Sogleich wird ein anderer normaler Router in dieser Area zum Backup Designated Router gewählt.

Autonomous System Border Router

Erlernt ein Router externe Routen über ein EGP-Protokoll und propagiert diese im OSPF-Netzwerk, so stellt dieser einen Autonomous System Border Router (ASBR) dar.

Arbeitsweise

 
OSPF Topologie

Kernstück von OSPF ist die Nachbarschafts-Datenbank (Adjazenz-Datenbank)/LSD (Link State Database), die eine Liste aller benachbarten Router enthält, zu denen eine bidirektionale Verbindung besteht. Sie spiegelt die Topologie des Netzes wider. Damit diese Datenbank aufgebaut oder bei Topologie-Änderungen aktualisiert wird, ist der Austausch von Routing-Informationen notwendig. Diese werden mittels Flooding übermittelt. Um den Umfang der auszutauschenden Informationen gering zu halten, wählen OSPF-Router einen designierten Router DR sowie einen Reserve-Router BDR (Backup Designated Router), die als Schnittstellen für den Austausch dienen. Der OSPF-Router, dessen Multi-Access-Schnittstelle die höchste Router-Priorität besitzt, wird DR. Haben zwei Router die gleiche Priorität, wird der Router mit der höheren Router-ID gewählt. Als Router-ID wird die IP-Adresse eines Loopback-Interfaces oder – je nach Hersteller – des Interfaces mit der numerisch höchsten IP-Adresse/des ersten aktiven Interfaces automatisch gewählt.

OSPF-Router tauschen Informationen über die erreichbaren Netze mit sogenannten LSA-Nachrichten (Link State Advertisements) aus. Hierbei sind folgende LSA-Typen definiert:

  • Router-LSA (Typ 1): Für jeden aktiven Link des Routers, der der zu betrachtenden Area angehört, wird ein Eintrag im Router-LSA erzeugt. In ihm wird neben der IP-Adresse des Links auch die Netzmaske des Links und der Netzwerktyp (Loopback, Point-to-Point, normales Netz) eingetragen.
  • Network-LSA (Typ 2): Der designierte Router (DR) eines Netzsegments erzeugt ein Network-LSA für dieses Netz, das neben der Netzadresse und -maske auch eine Liste der anderen angrenzenden Router enthält.
  • Summary-LSA (Typ 3/4): Informationen über Ziele außerhalb einer Area können von den ABR (Area border router) je nach Konfiguration als LSA-Typ 3 (wenn es sich um eine Netz-Information handelt) oder LSA-Typ 4 (bei einer weitergeleiteten Router-Erreichbarkeit) in eine andere Area weitergegeben werden. LSAs vom Typ 3 werden auch verwendet, um Default-Routen in (Stub-)Areas zu propagieren.
  • AS-External LSA (Typ 5): Router, die aus Sicht des OSPF das eigene autonome System abschließen, können für extern gelernte oder manuell konfigurierte Routen Typ-5-LSAs erzeugen. Diese enthalten Netzadresse und -maske des Zielnetzwerks sowie einen Verweis auf den ankündigenden Router. Eine gängige Anwendung von Typ-5-LSAs ist, Default-Routen in die Backbone-Area zu injizieren.
  • NSSA-External-LSA (Typ 7): LSA-Typ7 wird am NSSA ASBR generiert. Type-5 LSAs sind in NSSA Areas nicht erlaubt, daher generiert der NSSA ASBR Type-7 LSAs dafür. Ein NSSA-External-LSA ist annähernd identisch mit einem AS-External-LSA. Im Gegensatz zu den AS-External-LSAs, die durch ein gesamtes OSPF-AS geflutet werden, werden NSSA-External-LSAs nur innerhalb der NSSA-Area geflutet, in der sie erzeugt wurden.
  • Opaque-LSA (Typ 9): Dieser LSA-Typ wird Link lokal und somit nicht über Router hinweg verbreitet. Aktuell wird dieser LSA-Typ für eine Graceful Restart Funktion genutzt.
  • Opaque-LSA (Typ 10): Dieser LSA-Typ wird Area lokal verbreitet. Aktuell wird dieser LSA-Typ für Traffic Engineering Funktionen genutzt.
  • Opaque-LSA/Graceful Restart (Typ 11): Dieser LSA-Typ wird AS weit geflutet. RFC 5187 ersetzt den Opaque-LSA Typ durch Graceful Restart LSA. Diese Veränderung gilt allerdings nur für OSPFv3. Eine Nutzung dieses LSA Types ist derzeit nicht bekannt.

Designated Router in OSPF

Designated Router (deutsch: ernannter Router) wird optional in Open Shortest Path First verwendet, um die Netzlast in Broadcast-Netzen mit vielen OSPF-Routern zu verringern.

Da OSPF den Flooding-Mechanismus zur Übermittlung von Routing-Informationen verwendet, wird das Netz, wenn jeder Router mit jedem Router OSPF-Listen austauscht, erheblich belastet. Zum Beispiel liegt die Last bei N Router in einem LAN bei ~O(N²). Zu diesem Zweck wurde das Konzept des "Ernannten Routers" eingeführt, welcher nur N-1 Verbindungen besitzt. Durch das Hello-Protokoll wird der Ernannte Router bestimmt. Alle Router synchronisieren ihre Datenbank mit dem Ernannten Router, indem jeder Router seine Link-State-Datenbank an ihn schickt. Dieser dient als Schnittstelle für den Austausch, indem er bei Erhalt neuer Daten (zum Beispiel Unterbrechung einer Leitung) diese direkt an alle OSPF-Router mittels Multicast weitersendet.

Hello-Protokoll

Das Hello-Protokoll ist in Open Shortest Path First für den Netzwerkbetrieb ein integraler Bestandteil des gesamten Routingprozesses. Es ist verantwortlich für:

  • Senden von Keepalives in bestimmten Intervallen (damit wird bestätigt, ob die Route noch besteht)
  • Zur Entdeckung eines Nachbarn
  • Aushandlung der Parameter
  • Wahl eines Designated Routers (DR) und des Backup-DRs

Alle ankommenden Hello-Pakete werden auf die Autonomous System Number, auch "area id" genannt (siehe Autonomes System), und anderen Parametern geprüft. Wenn diese mit den lokalen Einstellungen übereinstimmen, wird dieser Router als Nachbar eingetragen.

Merkmale von OSPF

  • OSPF garantiert ein schleifenfreies Routing im Gegensatz zu RIP (= verhindert Kreisrouting)
  • Es nutzt das Hello-Protokoll für die Überwachung der Nachbarn
  • Es unterstützt VLSM sowie CIDR
  • OSPF ist für große skalierbare Netze gut geeignet
  • Das Area-Konzept vereinfacht die Kommunikation und Wartung

OSPF Open Shortest Path First header version 2

OSPF Open Shortest Path First header
0 1 2 3 4 5 6 7 8 9 10 11 12 13 14 15 16 17 18 19 20 21 22 23 24 25 26 27 28 29 30 31
Version Type Length
Router ID
Area ID
Checksum AuType
Authentication
Authentication (ctd.)
Data
  • Die Größe des Version-Felds beträgt 8 Bit.
  • Die Größe des Typ-Felds beträgt 8 Bit.
Typ Beschreibung Referenz
1 Hello. RFC 2328, RFC 2740
2 Database description. RFC 2328, RFC 2740
3 Link state request. RFC 2328, RFC 2740
4 Link state update. RFC 2328, RFC 2740
5 Link state acknowledgment. RFC 2328, RFC 2740
  • Die Größe des Length-Feldes beträgt 16 Bit. Es enthält die Gesamtpaketlänge.
  • Die Größe des Feldes Router ID beträgt 32 Bit.
  • Die Größe des Feldes Area ID beträgt 32 Bit.
  • Die Größe des Checksum-Feldes beträgt 16 Bit. Es enthält die Standard IP-Prüfsumme.
  • Die Größe des Felds AuType (Authentifikations-Typ) beträgt 16 Bit.
Authentication type Beschreibung Referenz
0 None. RFC 2328
1 Simple password authentication. RFC 2328
2 Cryptographic authentication. RFC 2328
3

65535
Reserved.
  • Die Größe des Felds Authentication beträgt 64 Bit.

OSPF Open Shortest Path First header version 3

OSPF Open Shortest Path First header version 3
0 1 2 3 4 5 6 7 8 9 10 11 12 13 14 15 16 17 18 19 20 21 22 23 24 25 26 27 28 29 30 31
Version
(Version)
Type
(Typ)
Length
(Länge)
Router ID
(Routerbezeichner)
Area ID
(Bereichsbezeichner)
Checksum
(Prüfsumme)
Instance ID
(Instanzbezeichner)
Reserved
(reserviert)
Data
(Daten)
  • Die Version 3 des OSPF ist für IPv6 vorgesehen und in RFC 2740 definiert.
  • Die Instance ID (Instanzbezeichner) beträgt 8 Bit.
  • Reserved (reserviert) beträgt 8 Bit.

OSPF Unterschiede zwischen v2 und v3

Die Protokoll Definition von OSPFv3 führte, neben der Erweiterung um IPv6 Funktionalität, einige Unterschiede zu v2 ein. Die Unterschiede werden im folgenden aufgelistet:

  • Die Bezeichnung „subnet“ wurde ersetzt durch „link“. Hintergrund ist die Definition eines Interfaces. In OSPFv2 wird ein Interface als ein Subnetz betrachtet, dies führt dazu, dass auf einem Interface nur eine Nachbarschaftsbeziehung in einem Subnetz erfolgen kann. Allerdings kann ein Interface auch mehrere Subnetze enthalten und sehr wohl über diese Nachbarschaftsbeziehung aufbauen wollen. Diese Umdefinition behebt den Umstand und erhöht die Möglichkeiten zur Nachbarschaftsbildung.
  • Nachbarschaftserkennung anhand der Router ID. In OSPFv2 werden Nachbarn, auf NBMA-Links, über die Interface-Adressen erkannt. Bei Point-to-Point-Links werden die Nachbarn über die Router-ID identifiziert. Dieser Unterschied wird in OSPFv3 aufgehoben, und sämtliche Nachbarn werden über die Router-ID identifiziert.
  • Authentifizierung entfernt. In OSPFv2 wird im Header eine Authentifizierung durchgeführt. Diese wurde in OSPFv3 vollständig entfernt. Die Funktion wird nun durch den IPv6 Authentication Header ersetzt (Funktion verschoben auf unteren Layer).
  • Weiterleitung von unbekannten LSA-Typen. In OSPFv2 werden unbekannte LSA-Typen gelöscht und nicht weiter verbreitet. OSPFv3-Implementierungen sollen auch unbekannte LSA-Typen weiterleiten.

Freie Software-Implementierungen

  • Quagga (Weiterentwicklung von GNU Zebra)

Siehe auch

Literatur