Deutsche Gesellschaft für Auswärtige Politik
Die Deutsche Gesellschaft für Auswärtige Politik e. V. ist ein Netzwerk und Think Tank für Außenpolitik und betreibt Forschungseinrichtungen für Fragen der internationalen Politik sowie der Außen- und Sicherheitspolitik. Die 1955 in Zusammenarbeit mit dem Council on Foreign Relations und Chatham House gegründete DGAP zählt heute über 2500 führende Persönlichkeiten aus dem Bank- und Finanzwesen, der Wirtschaft, Politik, den Medien und der Wissenschaft zu ihren Mitgliedern.[1][2]
Deutsche Gesellschaft für Auswärtige Politik | |
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Rechtsform | eingetragener Verein |
Gründung | 1955 |
Gründer | Hermann Josef Abs, Robert Pferdmenges |
Sitz | Jugoslawische Gesandtschaft in Berlin (⊙ ) |
Vorsitz | Thomas Enders |
Umsatz | 5.400.447 Euro (2018) |
Beschäftigte | 75 (2018) |
Mitglieder | 2738 (2021) |
Website | dgap.org/en |

Derzeitiger Sitz der DGAP ist das Gebäude der Jugoslawischen Gesandtschaft im Botschaftsviertel Berlin-Tiergarten.
Verein und Zweck
Der Verein versucht aktiv die außenpolitische Meinungsbildung auf allen Ebenen zu begleiten. Seine Arbeit richtet sich an Entscheidungsträger in der deutschen Politik, Wirtschaft, Verwaltung, in NGOs, im Militär sowie an eine breite Öffentlichkeit. Die DGAP veröffentlicht zweimonatlich die Fachzeitschrift Internationale Politik. Sie ist unter anderem Ausrichter des EU-Russland Forums. Die international als German Council on Foreign Relations bekannte Institution versteht sich als praxisorientierter Think Tank, der auf wissenschaftlicher Basis nachfrageorientierte Politikberatung anbietet. Sie finanziert sich über die Beiträge ihrer Mitglieder, über eingeworbene Projektmittel und über Zuwendungen von Sponsoren und Mäzenen, darunter unter anderem das Auswärtige Amt, Deutsche Bank AG, EADS und die Robert Bosch Stiftung GmbH.[3] Präsident der DGAP ist seit 2005 der Industrielle Dr. Arend Oetker, Geschäftsführender stellvertretender Präsident ist der ehemalige deutsche Diplomat und Botschafter a. D. Paul Freiherr von Maltzahn. Die DGAP ist Mitglied im Netzwerk Europäische Bewegung.
Geschichte
Die DGAP wurde 1955 in Bonn gegründet. Vorbild bei der Gründung war in vielen Belangen der Council on Foreign Relations in New York und das Chatham House in London.[4] 1.Präsident der neu gegründeten DGAP wurde der CDU-Politiker, Diplomat und Unternehmer Günter Henle.[5]
Anhand der Funktionen und Tätigkeiten der DGAP-Gründungsväter ist bereits 1955 eine Verzahnung von Entscheidungsträgern aus Finanzwesen, Industrie, Medien, Politik und Justiz nach den vorbildlhaften Strukturen des Council on Foreign Relations und des Chatham House wahrnehmbar. Hermann Josef Abs (Vorstand Deutsche Bank AG), Robert Pferdmenges (Bankhaus Sal. Oppenheim), August Oswalt (Mitinhaber des Frankfurter Bankhauses Georg Hauck & Sohn), Hans Karl von Mangoldt-Reiboldt (Präsident des Direktoriums der Europäischen Zahlungsunion), Hans Goudefroy (Allianz AG), Richard Merton (Rüstungskonzern Metallgesellschaft), Fritz Berg (1.Präsident des BDI), Ernst Friedlaender (Chefredakteur Die ZEIT und Mitbegründer der Atlantik-Brücke) sowie die Bundespolitiker Heinrich von Brentano (CDU, Bundesaußenminister), Walter Hallstein (Staatssekretär im Auswärtigen Amt), Thomas Dehler (FDP, Bundesjustizminister), Hans-Joachim von Merkatz (CDU, Bundesjustizminister), Ernst Lemmer (Bundesminister für das Post- und Fernmeldewesen), Wilhelm Grewe (deutscher Botschafter in Washington D.C.), Andreas Hermes (Mitbegründer der CDU), Erich Ollenhauer (SPD-Vorsitzender), Theodor Steltzer (CDU, Ministerpräsident Schlewig-Holstein) und Hermann Weinkauff (1. Präsident des Bundesgerichtshofs) verfassten gemeinsam den Aufruf zur Gründung der DGAP. .[6]
Gesellschaft
- Think Tank
Das Forschungsinstitut der DGAP betreibt eine handlungs- und praxisorientierte Forschung an der Schnittstelle von Politik, Wirtschaft, Wissenschaft und Medien. Mehr als 30 außenpolitische Experten arbeiten in zehn Forschungsprogrammen zu den thematischen Schwerpunkten der DGAP. Unter Beteiligung von hochrangigen Entscheidern aus Politik und Wirtschaft organisiert und moderiert die DGAP in zahlreichen Fachkonferenzen, Gesprächskreisen sowie Studien- und Projektgruppen die Diskussion in der außenpolitischen Community.Die Experten der DGAP veröffentlichen jährlich zahlreiche Studien und Analysen zu aktuellen außenpolitischen Themen und entwickeln konkrete Lösungsansätze. Das Forschungsinstitut der DGAP versteht sich in diesem Sinne als moderner Think Tank, als Berater und Impulsgeber der operativen Außenpolitik.[7]
- Gesellschaft
Im Rahmen exklusiver Vorträge, Podiumsdiskussionen und Kamingespräche sich die Mitglieder der DGAP mit hochrangigen Entscheidern aus dem In- und Ausland über Grundfragen und aktuelle Themen der Außenpolitik aus - am Hauptsitz in Berlin und bundesweit in den Regionalforen DGAPforum NRW, Hansestädte, München, Frankfurt, Sachsen und Baden-Würtemberg. Um dem außenpolitischen Nachwuchs den Einstieg in das Netzwerk zu erleichtern, wurde 2008 die JUNGE DGAP gegründet und das Angebot der DGAP um Veranstaltungsformate und Mentorenprogramme erweitert.[8]
- Bibliothek
Die Bibliothek und Dokumentationsstelle der DGAP (BiDok) ist eine der ältesten und bedeutendsten öffentlich zugänglichen Spezialbibliotheken zur deutschen Außen- und Sicherheitspolitik. Ihr Bestand geht bis auf das Jahr 1945 zurück und umfasst mehr als 250 nationale und internationale Zeitschriften, über 80.000 Bücher sowie zahlreiche elektronische Publikationen. Durch die Kooperation mit dem Fachinformationsverbund „Internationale Beziehungen und Länderkunde“ (IBLK) bietet die Bibliothek darüber hinaus die größte Fachdachdatenbank ihrer Art in Europa.[9]
- aussenpolitik.net
aussenpolitik.net ist das Wissensportal der DGAP für internationale Beziehungen und globale Fragen. Angelehnt an die Schwerpunkte der DGAP präsentiert es ausgewählte Analysen aus dem Internetangebot von Fachzeitschriften und Think Tanks weltweit.[10]
- Die Zeitschrift Internationale Politik
1945 von Wilhelm Cornides unter dem Namen „Europa-Archiv“ gegründet, hat sich die IP unter Experten aus Politik, Wirtschaft, Wissenschaft und Medien als Deutschlands führende außenpolitische Zeitschrift etabliert. Die IP erscheint alle zwei Monate und ist sowohl im Abonnement als auch bundesweit im Bahnhofs- und Flughafenbuchhandel erhältlich.[11]
Kritik
Der Soziologe und emiritierte Professor Hans-Jürgen Krysmanski von der Universität Münster stellt fest, dass die weitgehend von privaten Zuwendungen abhängigen privaten Denkfabriken/Think Tanks eine zentrale Rolle bei der grundsätzlichen Problemanalyse spielen. Durch klugen Einsatz von Geld und Personal kann schon an diesem Punkt die gewollte Richtung der Analysen beeinflusst werden. Die so entstehende "Definition von Wirklichkeit" ist dann die Grundlage für die "wirklichen" Entscheidungen im Rahmen von "Planungsgruppen". Diese "policy discussion groups" stellen die machtpolitischen Kerne des Einflusssystems der Geld- und Machteliten dar. Diese Gruppen hält Prof. Krysmanski für noch immer erstaunlich wenig erforscht - und stehen ihrer ganzen Natur nach der zuverlässigen Erforschung auch gar nicht offen. Auf jeden Fall aber war viele Jahrzehnte, und sicher in den Fünfzigern, das Council on Foreign Relations - das die DGAP - als Vorbild hat, eine solche zentrale Planungsgruppe.[12] Der US-amerikanische Professor für Soziologie George William Domhoff konstatierte, dass "...die allermeisten Bürger dieses Landes, das sich für das bestinformierte Gemeinwesen aller Zeiten hält, keine Ahnung von der Existenz eines solchen Gremiums hat. Die freie Presse dieses Landes nimmt sich die Freiheit, ein Gremium, in welchem die mächtigsten Männer dieses Landes sich mit Weltpolitik befassen, als eine Art privaten Bridge-Club zu betrachten, der niemand tangiert und niemand etwas angeht."
Koordinaten: 52° 30′ 31,2″ N, 13° 20′ 46,7″ O
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: Es kann nicht mehr als eine primäre Auszeichnung angegeben werden.
Literatur
- Daniel Eisermann: Außenpolitik und Strategiediskussion, Die Deutsche Gesellschaft für Auswärtige Politik 1955 - 1972. 1. Auflage. Oldenbourg, München 1999, ISBN 3-486-56338-6.
Weblinks
Einzelnachweise
- ↑ 50 Jahre DGAP, Seite 26 (Seite 28/84 PDF-Modus)
- ↑ Webauftritt der DGAP: Wir über uns, Gesellschaft
- ↑ DGAP Webseite: "Förderer"
- ↑ Daniel Eisermann in "Außenpolitik und Strategiediskussion", "Die Deutsche Gesellschaft für Auswärtige Politik 1955 - 1972", Oldenbourg Verlag, München 1999, Band 66, S62 ff, ISBN 3-486-56338-6.
- ↑ Daniel Eisermann in "Außenpolitik und Strategiediskussion", "Die Deutsche Gesellschaft für Auswärtige Politik 1955 - 1972", S. 79 f.
- ↑ Aufzählung nach Daniel Eisermann in "Außenpolitik und Strategiediskussion", "Die Deutsche Gesellschaft für Auswärtige Politik 1955 - 1972", S. 78.
- ↑ Webauftritt der DGAP: Wir über uns, Think Tank
- ↑ Webauftritt der DGAP: Wir über uns, Gesellschaft
- ↑ Webauftritt der DGAP: Wir über uns, Die Bibliothek
- ↑ Webauftritt der DGAP: Wir über uns, aussenpolitik.net
- ↑ Webauftritt der DGAP: Wir über uns, IP
- ↑ Hans Jürgen Krysmanski: Die Privatisierung der Macht stabilisiert sich