Herzog August Bibliothek

Bibliothek und Forschungsstätte in Wolfenbüttel, vor allem für das Mittelalter und die frühe Neuzeit
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Die Herzog August Bibliothek (HAB) in Wolfenbüttel (Niedersachsen) ist eine international bedeutende Bibliothek und Forschungsstätte vor allem für das Mittelalter und die frühe Neuzeit. Sie untersteht unmittelbar dem Niedersächsischen Ministerium für Wissenschaft und Kultur, das die Arbeit der HAB durch einen international besetzten Wissenschaftlichen Beirat begleiten lässt.

An der HAB wird Forschung betrieben und gefördert, unter anderem durch Stipendien. Regelmäßig werden wissenschaftliche und kulturelle Veranstaltungen sowie Ausstellungen von überregionaler Bedeutung organisiert.

Durch die Mitarbeit in der Arbeitsgemeinschaft Sammlung Deutscher Drucke ist die HAB zusammen mit anderen Bibliotheken und den Sondersammelgebieten in die Bildung einer dezentralen Nationalbibliothek für Deutschland eingebunden. Die HAB ist im Rahmen dieser Projektes für die Sammlung von deutschen Drucken des 17. Jahrhunderts zuständig.

Geschichte

Im 17. Jahrhundert galt die Herzog August Bibliothek als die größte Bibliothek Europas und wurde als achtes Weltwunder bezeichnet.

Begründet wurde die Bibliothek von Herzog [[Julius (Braunschweig-Lüneburg] | Julius]] zu Braunschweig-Lüneburg (1528-1589), der in seiner Residenzstadt Wolfenbüttel seine Büchersammlung ordnete und im Jahre 1572 eine erste Liberey-Ordnung erstellte. Dies Datum gilt als die Geburtsstunde der Wolfenbütteler Bibliothek.

Ihren legendären Ruf begründete jedoch der gebildete und weitgereiste Herzog August der Jüngere (1579-1666), der seit seiner Jugend eifriger Büchersammler war. Aus einer Nebenlinie der Welfen-Dynastie stammend, war er eigentlich nicht für eine Herrscherrolle vorgesehen. Doch bedingt durch die Wirren des Dreißigjährigen Krieges und das Aussterben der Wolfenbütteler Linie der Welfen bestieg er in bereits reifem Mannesalter den Thron in Wolfenbüttel.

Als Herrscher in Wolfenbüttel entfaltete er eine systematische Sammeltätigkeit. Seine Maxime war nicht Masse, sondern Qualität. Er beschäftigte Agenten in ganz Europa, die für ihn Bücher ankauften und nach Wolfenbüttel schickten. Zeitweise trafen jede Woche ganze Wagenladungen mit Fässern voller Bücher in der Residenz ein.

Bei seinem Tode umfasste die Sammlung 35.000 Bände mit 135.000 Titeln. Das war die umfangreichste Büchersammlung dieser Epoche, auf höchstem Niveau, die Quintessenz des damaligen abendländischen Wissens.

In den folgenden Jahrhunderten wuchs die Sammlung weiter, jedoch nicht mehr so systematisch, der Ankaufsetat war nach dem Tode des Herzogs dramatisch gesunken. Mittlerweile aber hatte die Bibliothek einen so legendären Ruf, dass sie Schenkungen und Erbschaften wie ein Magnet anzog.

So schickte beispielsweise Johannes Kepler seine in Ulm erschienenen Berechnungen des ekliptischen Planetenlaufs, die Tabulae Rudolphinae, nach Wolfenbüttel, natürlich mit handschriftlicher Widmung. Auch andere Gelehrte gaben in ihren Widmungen ihrer Hoffnung Ausdruck, ihr Werk möge in einer so bedeutenden Bibliothek Aufnahme finden. Viele vermachten in ihrem Testament ihre gesamte Privatbibliothek der Wolfenbütteler Sammlung. Rund 60.000 Schriften kamen allein auf diese Weise im Laufe der Jahre zusammen.

Rund 36.000 Bände umfassen die Schenkungen aus dem Privatbesitz der Mitglieder der Braunschweiger Fürstenfamilie, vorwiegend historische Werke und Belletristik in französischer Sprache.

Die bedeutendsten Bibliothekare in Wolfenbüttel waren Gottfried Wilhelm Leibniz und Gotthold Ephraim Lessing, der von 1770 bis zu seinem Tode im Jahre 1781 hier wirkte.

Nach der Verlegung der Residenz von Wolfenbüttel nach Braunschweig im Jahre 1753 wurde es in der Stadt und auch um die Bibliothek ruhiger. In den Jahren 1884-1887 entstand der heutige wilhelminische Neubau.

Ab dem Jahre 1968 begann der Ausbau und die Öffnung der Herzog August Bibliothek zu einer europäischen Studien- und Forschungsstätte für das Mittelalter und die frühe Neuzeit. Ein Stipendien- und Forschungsprogramm wurde eingerichtet, eine Publikationsabteilung und ein Schülerprogramm. Nach und nach wurden weitere Gebäude in die Bibliothek mit einbezogen, so dass ein regelrechtes Bibiotheksquartier entstand.


Literatur

  • Leo G. Linder, Die Herzog August Bibliothek und Wolfenbüttel, Braunschweig 1997