Deutsch-Südwestafrika

deutsche Kolonie (1884–1915) auf dem Gebiet des heutigen Namibias
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Das Schutzgebiet Deutsch-Südwestafrika (DSWA) (heute Namibia) war eine deutsche Kolonie. Mit einer Fläche von 835.100 km² war Deutsch-Südwestafrika ungefähr 1,5 mal so groß wie das Deutsche Reich.

Flagge von Deutsch-Südwestafrika

Im Auftrag des Bremer Kaufmanns Lüderitz erwirbt 1883 der 21jährige Heinrich Vogelsang von dem Hottentottenkapitän Josef Frederick die Bucht von Angra Pequena, dem heutigen Lüderitz, mit fünf Meilen Hinterland. Dieses Gebiet wurde am 24. April 1884 unter den Schutz des Deutschen Reiches gestellt, um die Landerwerbungen des Bremer Kaufmanns gegen britische Gebietsansprüche zu sichern. Bis heute hat die Stadt und die anliegende Küste Lüderitz(bucht) ihren Namen behalten (und wird tatsächlich noch mit "ü" geschrieben). Die erste offizielle Flaggenhissung fand am 7. August 1884 unter Beteiligung von Besatzungen deutscher Kriegsschiffe, Vertretern der Firma Lüderitz und des Hottentottenkapitäns Josef Frederick nebst seinen Ratsleuten im feierlichen Rahmen statt. 1885 wird in Otjimbingwe der Erste Verwaltungssitz eingerichtet. 1886 kehrt Adolf Lüderitz nicht von einer Expedition an den Oranje zurück und galt seither als verschollen.

Bis 1888 bestand die kaiserliche Schutztruppe aus zwei Offizieren, fünf Unteroffizieren und 20 schwarzen Soldaten unter Hauptmann Curt von Francois. 1889 wirbt Curt von Francois im Auftrag des Reiches eine 21 Mann starke Privattruppe für die Deutsche Kolonialgesellschaft an. 1890 vergrößerte sich Deutsch-Südwest um den Caprivizipfel im Nordosten, von dem sich neue Handelsrouten versprochen wurden. Dieser Gebietsgewinn beruhte auf dem Helgoland-Sansibar-Vertrag. Am 18. Oktober des gleichen Jahres wird auf Betreiben Curt von Francois der Grundstein für die Feste „Groß Windhuk“ gelegt. Die Schutzgebietsverwaltung kommt bald darauf in diese Festung. Um sie herum entsteht im Laufe der kommenden Jahre die spätere Landeshauptstadt Windhuk.

Im Jahre 1893 erfolgten weitere Verstärkungen der Schutztruppe der Deutschen Kolonialgesellschaft auf insgesamt 2 Kompanien. Am 12. April dieses Jahres greift von Francois den immer wieder gegen die deutsche Herrschaft rebellierenden und plündernden Kapitän Hendrik Witbooi in dessen Lager Hornkranz an. Nach hartnäckigem Kampf flieht Hendrik Witbooi in die Naukluft. Das Volk der Hottentotten nannten sich selber übrigens „Nama“. Anfang des Jahres 1894 kam der Major, spätere Landeshauptmann und Gouverneur Theodor Leutwein ins Land. Er schlug im August/September den im Naukluftgebirge verschanzten Witbooi mit 3 Kompanien. Nach der Niederlage schloß Leutwein mit dem Namakapitän einen sehr moderaten Friedensvertrag und wieß dem Witbooi-Stamm das Gebiet um Gibeon als Wohnsitz zu. Hendrik Witbooi hielt sich knapp 10 Jahre an diesen Vertrag und leistete in einigen Fällen sogar Heerfolge. Doch als er die Interessen seines Volkes immer mehr bedroht sieht, wechselt er erneut die Front.

Die erste Eisenbahnverbindung zwischen Swakopmund und Windhuk wurde 1902 eröffnet. Bis zum Ende der deutschen Herrschaft 1918 folgte eine ansehnliche Zahl von Verbindungen in den Süden und Norden des Landes. Damit hatte Deutsch-Südwestafrika das umfangreichste Streckennetz aller deutscher Kolonien. Mit dem Aufbau dieses Bahnnetzes haben die Deutschen ganz entscheidendenden Anteil am Aufstieg des Landes gehabt.

Gouverneur Leutwein richtete im Jahre 1903 gegen den Willen der deutschen Siedler und des Berliner Kolonialamtes das erste Herero-Reservat ein. Im Dezember rebelliert das Volk der Bondelzwarts im Süden des Landes. Der Norden wird dadurch von Schutztruppeneinheiten entblößt.

Anfang Januar 1904 kam es, von Okahandja ausgehend unter Samuel Maharero zum Aufstand der Hereros. Bald wurde fast der ganzen Norden von dieser Rebellion erfaßt. Anfangs wurden Ansiedlerfamilien bei Okahandja , später auch entlegene Farmen, überfallen. Rund 150 deutsche Siedler, zumeist Männer, wurden in diesem Zusammenhang von den Hereros ermordet. Die deutsche Schutztruppe von nur 766 Reitern und einheimischen Hilfstruppen war den Herero zunächst nicht gewachsen. Die Herero gingen sogar in die Offensive, schlossen zeitweise Okahandja und Windhuk ein und zerstörten die Eisenbahnbrücke bei Osona. Eine ihrer ersten Kriegstaten war außerdem die Unterbrechung der wichtigen Telegraphenverbindungen nach Windhuk. Schon im April 1904 wurde als Ergebnis einer in Windhuk abgehaltenen Versammlung der deutschen Bevölkerung des Schutzgebietes eine eindringliche Eingabe an das Gouvernement gerichtet. Um nachträglich an den maßgebenden Stellen ihre kriegsbedingten Entschädigungsansprüche zu vertreten, schickten die südwestafrikanischen Siedler eine Abordnung von fünf Männern aus ihrer Mitte: Erdmann, Erhard, Kürsten, Schlettwein, Voigts, die in einer Broschüre die Ursachen des Aufstandes und die Entschädigungsansprüche der Ansiedler darstellten. Diese Abordnung wurde im August in Berlin vom Reichskanzler empfangen, der sich über die Verhältnisse in Südwestafrika unterrichten ließ und Unterstützung versprach. Eilig aus Deutschland zugeführte Truppen unter Generalleutnant Lothar von Trotha schlugen ebenfalls im August die Aufständischen in der Schlacht am Waterberg. Die Herero wichen in die wasserlose Omaheke-Steppe, einen westlichen Ausläufer der Kalahariwüste aus, wo ein großer Teil von ihnen verdurstete, da die deutschen Schutztruppen von ihrem Kommandeur von Trotha den Befehl erhalten hatten, die umliegenden Wasserstellen zu besetzen und auf jeden Herero zu schießen. Nur wenige konnten sich ins britische Nachbarland retten. Mit diesen eigenmächtig angeordneten Absperrmaßnahmen zog sich Lothar von Trotha jedoch nicht nur den Unmut und die Mißbilligung der durch Presseberichte sensibilisierten deutschen Bevölkerung zu; auch die damaligen Reichsregierung reagierte abstrafend.

Im Oktober 1904 erhoben sich die Hottentotten oder Nama im Süden des Landes. Der abtrünnig gewordene Kapitän Hendrik Witbooi ließ seinen Wohltäter, den Bezirksamtmann von Gibeon, von Burgdorff, ermorden. Eine bis heute nicht einzuordnende Tat. Gleichzeitig erhob sich Kapitän Jakob Morenga und griff in die Kämpfe ein. Es folgte ein jahrelanger zermürbender Kleinkrieg mit der Schutztruppe der erst 1907/08 endgültig niedergeschlagen werden konnte. Um die ersten Nöten der durch den Aufstand betroffenen deutschen Farmer zu lindern sammelten die Deutschen in der Heimat durch die Deutsche Kolonialgesellschaft (Aufruf vom 25. Januar), das Zentralhilfskomitee für die deutschen Aussiedler in Südwestafrika noch andere private Vereinigungen. Viele der deutschen Ansiedler waren durch den Krieg nicht nur von Haus und Hof vertrieben worden, sondern hatten all ihr Hab und Gut verloren. Die Deutsche Kolonialgesellschaft sammelte so bis Anfang November 1904 rund 275.000 Mark. 70.000 Mark schickte es an das Zentralhilfskomitee in Windhuk und ebensoviel wurde unter das Zweighilfskomitee in Karibib, Grottfontein, Omaruru, Swakopmund und Outjo verteilt. Außerdem sandte die Deutschen Kolonialgesellschaft noch eine große Sendung von Kleidern und Wäschestücken nach Windhuk.

Als Ergänzung zur Schutztruppe wurde 1905 eine Landespolizei aufgestellt, die 1907 in ihrer Struktur und in den Uniformen etwas abgeändert wurde. Ihre Stärke lag bei rund 500 Mann.

Im Dezember 1906 wurde mit Hilfe deutscher Missionare, die schon während des Hereroaufstandes helfend und vermittelnd tätig gewesen waren, ein Friedensschluß mit den letzten auf Südwester Gebiet aufständischen Bondelzwarts erzielt.

Insgesamt wurden während des Aufstand der Herero und Nama zwischen 25.000 und 100.000 Herero getötet. Von 20.000 Nama überlebten weniger als die Hälfte die Kämpfe. 1749 Deutsche sind umgekommen.

Im März 1908 unternimmt Hauptmann Friedrich von Erckert eine Militärexpedition gegen den aus Englisch-Betschuanaland immer wieder einfallenden Kapitän Simon Kopper. Der mit Kamelen reitende Schutztruppe gelingt es, Koppers Werft zu vernichten. Hauptmann von Erckert fällt jedoch bei diesem Gefecht. Im gleichen Jahr werden in der Wüste Namib Diamanten durch den Bahnbeamten August Stauch gefunden. Zuerst entlang der Bahnstrecke kurz vor Lüderitzbucht, bei der Station Grasplatz. Strauch beginnt mit der Förderung und wird damit sehr reich.

Im Jahre 1912 konstituiert sich der sogenannte Landesrat, eine Vorstufe für ein Parlament von Deutsch-Südwestafrika, neu.

Im 1. Weltkrieg eröffneten südafrikanische Truppen am 13. September 1914 mit einem Überfall auf die Polizeistation von Ramansdrift die Feindseligkeiten. Deutsche Siedler wurden in das Konzentrationslager bei Pretoria, später in das von Pietermaritzburg abtransportiert. Aufgrund der großen Überlegenheit der Truppen der Südafrikanischen Union gelang der Schutztruppe nur ein hinhaltender Widerstand, auch burische Freikorps, die auf deutscher Seite in die Kämpfe eingriffen, konnten nicht viel ausrichten. Am 9. Juli 1915 kapitulierte Victor Franke, der letzte Kommandeur der Schutztruppe, bei Khorab.

(siehe dazu auch: Der erste Weltkrieg an Kolonialschauplätzen, Deutsch-Südwestafrika)

Nach dem Krieg ging das Gebiet an England und wurde später von Südafrika verwaltet. Am 21. März 1990 wurde die ehemalige Kolonie unter dem Namen Namibia unabhängig. Seither regiert die ehemalige Befreiungsbewegung SWAPO.

An die deutsche Kolonialzeit erinnern noch eine Vielzahl von deutschen Namen, Bauwerken und Geschäften sowie die ca. 20.000 deutschstämmigen Siedler, die noch im Land leben.

Deutsch Südwestafrika war die einzige Kolonie Deutschlands, in der eine gezielte Ansiedlung Deutscher im größeren Stil erfolgte. Neben dem Abbau von Diamanten und Kupfer war es insbesondere die Viehzucht, die deutsche Siedler ins Land lockte. 1902 hatte die Kolonie etwa 200.000 Einwohner, davon jedoch nur 2.595 Deutsche, 1.354 Buren und 452 Briten. Bis 1914 kamen weitere 9.000 deutsche Siedler hinzu. Es gab vermutlich etwa 80.000 Herero, 60.000 Owambo, 35.000 Damara und 10.000 Nama (abschätzig "Hottentotten" genannt).