Imperialismustheorie

Theorie zur Erklärung des Imperialismus
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Durch Imperialismustheorien versuchen Gelehrte, die Entstehung und den Verlauf des klassischen Imperialismus zu erklären.

Die wohl erste Imperialismustheorie verfasste I. A. Hobson 1902 ("Imperialismus"), der die Suche nach neuen Kapitalanlagemöglichkeiten als Grundlage des Imperialismus sah. Auf ihn stützten sich R. Hilferding 1910 und W. I. Lenin 1916/1917.

Lenins Imperialismustheorie ist nach einem marxistischen Ansatz aufgebaut. Seiner Meinung nach werde die gesamte Politik durch das Finanz- und Monopolkapital beherrscht, d. h., dass die Produktion und das Kapital konzentriert sind und mit ihrer Wirtschaftskraft die Politik lenken (Monopolkapitalismus). Außerdem sei der Imperialismus für die Großkonzerne lebensnotwendig um das Sinken der Profitrate zu verhindern. Er könne nur durch die Abschaffung des Kapitalismus beseitigt werden. Lenin sah den Imperialismus als das fünfte und letzte Stadium des Kapitalismus an. Hierbei handelt es sich um einen monokausalen Erklärungsansatz.

Ein Zitat Lenins aus seinem Buch "Der Imperialismus als höchstes Stadium.": Würde eine möglichst kurze Definition des Imperialismus verlangt, so müsste man sagen, dass der Imperialismus das monopolistische Stadium des Kapitalismus ist. Eine solche Definition enthilete die Hauptsache, denn auf der einen Seite ist das Finanzkapital das Bankkapital einiger weniger monopolistischer Grossbanken, das mit dem Kapital monopolistischer Industriellenverbände verschmolzen ist, und auf der anderen Seite ist die Aufteilung der Welt der Übergang von einer Koloniealpolitik, die sich ungehindert auf noch von keiner kapitalistischen Macht eroberte Gebiete ausdehnt, zu einer Kolonialpolitik der monopolistischen Beherrschund des Territoriums der restlos aufgeteilten Erde. (1917)

W. Mommsen gab hingegen 1969 einen pluralistischen und nicht-marxistischen Erklärungsansatz. Er betonte die ideologische Komponente des Imperialismus ohne die ökonomischen Antriebskräfte auszublenden. Mommsen sah den europäischen Imperialismus als die extremste Form nationalistischen Denkens an. Er stellte klar, dass die Idee der "Nation" ursprünglich mit der Demokratie verbunden war. Ab 1885 sei dann ein pathetischer Imperialismus hervorgetreten, so dass es zu einem antiliberalen Verständnis von "Nation" gekommen sei. Als Gründe für den Imperialismus nannte er den "Pseudohumanismus" und das religiöse Sendungsbewusstsein (z.B. Cecil Rhodes) der Europäer und das Bestreben der Großmächte, Weltmachtstatus zu erlangen.

Auch Hans-Ulrich Wehler formulierte 1969 eine nicht-marxistische Imperialismustheorie: Seiner Meinung nach seien nicht die außenpolitischen Absichten für den Imperialismus ausschlaggebend gewesen, sondern die innenpolitischen (Primat der Innenpolitik). Dabei seien die innenpolitischen Probleme - etwa die Emanzipationsforderungen des Proletariats - durch außenpolitische Ambitionen überspielt worden. Erfolge sollten die Arbeiterschaft an den Staat binden. Außerdem sollte der Imperialismus die Soziale Frage lösen, womit Wehler die Theorie des Sozialimperialismus aufgestellt hatte.

Noch heute ist die Diskussion über dieses Thema unter Experten noch nicht abgeschlossen.