Enneagramm (griechisch: ennea = neun; gramma = Buchstabe, Punkt) ist die Bezeichnung für ein (möglicherweise uraltes) esoterisches Symbol - oder schlicht ein grafisches Strukturmodell, in dem neun grundsätzliche Qualitäten unterschieden, geordnet und miteinander in Beziehung gesetzt werden.
Entwicklung
Das Enneagramm wurde in der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts von Georg Iwanowitsch Gurdjieff in den okzidentalen Kulturraum eingeführt.
Ungeklärt bleibt, ob es auch von diesem selbst entwickelt wurde - oder ob das Enneagramm aus jüdischen, christlichen und islamischen Quellen schöpft und von den Sufis (islamische Mystiker) als eine Art Geheimlehre über die Jahrhunderte überliefert wurde. Jedenfalls stellt es nach Gurdjieff ein zentrales Symbol esoterischer Weisheit dar, und beinhaltet
- die Zahl '3' (gleichschenkliges Dreieck)
- und die '7', (7 äussere Linien von 1-8, sowie 6 innere sichtbare Linien: 1-4 / 4-2 / 2-8 / 8-5 / 5-7 / 7-1 plus eine unsichtbare, die 4-5. Entsprechend der Oktave, wobei hier die inneren Linien genauso wichtig sind wie die äusseren)
Heutzutage kann man bei der Anwendung des Enneagramms mehrere Richtungen unterscheiden:
- die erste Gruppe verwendet es entsprechend der Lehren Gurdjieffs,
- eine zweite Gruppe versucht das Enneagramm in einem christlichen Kontext anzuwenden (vgl. Literaturhinweise Riso/Hudson, Rohr/Ebert),
- und die dritte Gruppe versucht das Enneagramm stärker mit dem empirischen Wissen der Psychologie in Einklang zu bringen (vgl. Literaturhinweise Naranjo, Ichazo, Palmer).
In der Gurdjieffschen Arbeit werden die Typenlehren auf diese Weise allerdings abgelehnt, da es sich dabei teilweise um Entfremdungen handelt und vorallem um das krasse Gegenteil des Zieles v. Gurdjieff: den Menschen zu einem harmonischen Ganzen zu transformieren. Die Typenlehren werden eher als weiteres Material für eine Überentwicklung des assoziativen Denkens gesehen, welches wirkliches Verstehen eher behindert.
Die Typen n. Naranjo u. Ichazo
Bekannt ist aus der Psychologie die Einteilung der Menschen in die 4 Temperamente "cholerisch", "sanguinisch", "melancholisch" und "phlegmatisch". Das Enneagramm nach Naranjo u. Ichazo hingegen teilt die Menschen in 9 Persönlichkeitstypen ein. In diese Einteilung fließen Temperament, Charaktereingeschaften - kurz alle Persönlichkeitsmerkmale der betreffenden Person ein. Ebensowenig wie ein Mensch rein cholerisch oder phlegmatisch ist, so ist er auch nur äußerst selten ein reiner "Zweier" oder "Sechser". Dennoch läßt sich die Zuordnung zu einem bestimmten Typ hinreichend genau vornehmen, sofern die Aussagen für den betreffenden Typ am besten zur jeweiligen Person "passen". Es existieren in der Literatur und im Internet genügend Tests zur Selbsteinstufung, mit denen man "seinen" Typ herausfinden kann.
Betont werden muß, daß kein Typ einem anderen überlegen ist, jeder hat seine Stärken und Defizite. Das Enneagramm kann so die Stärken und Schwächen der einzelnen Typen beschreiben, ordnen, in Beziehung setzen - und auf diese Weise Möglichkeiten der persönlichen Entwicklung aufzeigen.
- Die "Einser": die Perfektionisten
- Die "Zweier": die Helfer oder Geber
- Die "Dreier": die Macher oder Erfolgreichen
- Die "Vierer": die Künstler oder Individualisten
- Die "Fünfer": die Beobachter oder Denker
- Die "Sechser": die Mitstreiter oder treuen Loyalen
- Die "Siebener": die Abenteurer oder Optimisten
- Die "Achter": die Führer oder Kämpfer
- Die "Neuner": die Vermittler
Entwicklungs- und Stresspunkt
Eine Versuch der Weiterentwicklung des Enneagramms. Die Stressrichtungen sowie Stresspunkte wurden der chinesichen 5-Elemente Lehre entnommen und in eine Art 7-Elemente Enneagrammlehre gewandelt. Die Linien geben in der Richtung 1 -> 4 -> 2 -> 8 -> 5 -> 7 -> 1 sowie 3 -> 9 -> 6 -> 3 die jeweiligen Stresspunkte an. Das heißt unter Stress oder in einer belastenden Situation kann man negative Eigenschaften des jeweiligen Stresspunktes annehmen. So wird etwa eine Sieben unter Stress "kritiksüchtig und rechthaberisch" wie eine "unreife" Eins.
In der entgegengesetzten Richtung zeigen die Linien die "Entwicklungspunkte" an. Die positiven Eigenschaften des Entwicklungspunktes können dem Grundtyp bei seiner oder ihrer persönlichen Entwicklung besonders helfen. Der introvertierten und beobachtenden Fünf beispielsweise hilft es, sich etwas von der Durchsetzungsfähigkeit der Acht zueigen zu machen.
Flügel
Ein Angehöriger eines Enneagrammtyps hat auch Eigenschaften benachbarter Enneagrammtypen. Diese werden als Flügeleigenschaften bezeichnet und können unterschiedlich stark ausgeprägt sein.
Literatur
- Don Richard Riso, Russ Hudson: Die Weisheit des Enneagramms
- Helen Palmer: Das Enneagramm
- Richard Rohr, Andreas Ebert: Das Enneagramm. Die 9 Gesichter der Seele.
- Claudio Naranjo: Erkenne dich selbst im Enneagramm
- Maria-Anne Gallen, Hans Neidhardt: Das Enneagramm unserer Beziehungen