Prora ist ein zwischen 1936 und 1939 errichtetes geplantes KdF-Seebad auf Rügen, dessen Kern der so genannte Koloss von Prora bildete, acht aneinandergereihte baugleiche Häuserblocks. Die acht riesigen Blocks, die nie als Ferienheime genutzt wurden, sind ein Beispiel dafür, dass der Nationalsozialismus auch einen Machtanspruch über die Architektur demonstrierte.

Lage
Prora liegt zwischen den Orten Sassnitz und Binz an der Prorer Wiek, einer weitläufigen Meeresbucht, auf der so genannten Schmalen Heide (der Prora), die den Jasmunder Bodden von der Ostsee trennt. Der Gebäuderiegel erstreckt sich über eine Länge von 4,5 km in einem Abstand von ca. 150 m zum Strand. Der dazwischenliegende Bereich ist mit Kiefern bewaldet. Die Küste der Schmalen Heide bietet einen langen flachen Sandstrand, der praktisch von Binz bis zum Fährhafen Neu Mukran reicht. Dieser Strand bot die ideale Voraussetzung für die Errichtung eines Seebades.
Geschichte
Während der Zeit des Dritten Reiches sollte in Prora ein "Kraft durch Freude"-Ferienheim (KdF-Ferienheim) für 20.000 Menschen entstehen. Dem Arbeiter sollte es ermöglicht werden, an der See seinen Urlaub zu verbringen. Es wurde nie zu Ende gebaut und nie als Urlaubsunterkunft genutzt.
Der Architekt Clemens Klotz (* 1886; † 1969) aus München plante, eine Anlage mit acht jeweils 550 m langen Blöcken zu errichten, in denen die Urlauber untergebracht werden sollten. Alle Zimmer sollten zur Seeseite hin ausgerichtet sein. Weiterhin plante Klotz zwei Wellenschwimmbäder (die ersten in Europa), ein Theater, ein Kino und eine Festhalle mit 25.000 Plätzen. An einer Kaianlage sollten auch große Fahrgastschiffe einlaufen können. 1937 wurde der Gesamtentwurf der Anlage auf der Weltausstellung in Paris mit dem Architektur Grand Prix ausgezeichnet. Alle 10.000 Zweibettzimmer hatten Blick zum Meer, waren aber bei 5 mal 2,5 Metern mit zwei Betten, Sitzecke, Schrank und Handwaschbecken sehr einfach geplant. Toiletten und Gemeinschaftswaschräume befanden sich in den Treppenhäusern. Ziel war der Strandurlaub für Jedermann.
In den drei Jahren zwischen 1936 und 1939 wurden die acht Blöcke errichtet. Alle großen Baufirmen des Reiches waren an den Bauarbeiten beteiligt, zeitweise arbeiteten am KdF-Seebad Rügen bis zu 9.000 Bauarbeiter.
Mit Kriegsbeginn 1939 wurden die Bauarbeiten gestoppt. Die acht Wohnblöcke, das Theater und die Kaianlage waren zu diesem Zeitpunkt bereits im Rohbau fertiggestellt, nicht jedoch die Schwimmbäder und die Festhalle - sie wurden niemals verwirklicht. Noch während des Krieges wurde für durch den Bombenkrieg obdachlos gewordene Hamburger ein Teil des südlichen Abschnittes provisorisch bewohnbar gemacht. Bis Kriegsende diente Prora als Ausbildungsstätte für Luftwaffenhelferinnen.
Als ab Mai 1945 die Sowjetarmee die Kontrolle übernahm, wurde die Anlage zur Internierung von Grundbesitzern und zur Unterbringung von Heimatvertriebenen aus den Ostgebieten genutzt. Bis 1947 wurde sie für den Abtransport in die Sowjetunion demontiert. Zwischen 1948 und 1953 wurde der südlichste Rohbau gesprengt und abgetragen, bei den beiden nördlichsten gelang dies nicht. Die Bauten wurden zwar schwer beschädigt, blieben aber teilweise stehen.
Die 1948 eingezogenen sowjetischen Militärs übergaben Teile der Anlage der Kasernierten Volkspolizei, aus der 1956 die Nationale Volksarmee (NVA) der DDR hervorging; die Anlage war Sperrgelände. Bis 1956 waren die wesentlichen Ausbauten zur Kasernenanlage abgeschlossen, insgesamt waren bis zu 10.000 Soldaten in Prora stationiert. Hier befand sich eine wichtige Unteroffiziersschule der NVA. Außerdem wurden hier Soldaten aus Befreiungsbewegungen der Entwicklungsländer ausgebildet. In den 80er Jahren waren in Prora auch bis zu 500 Bausoldaten (ohne Waffe) stationiert. Diese arbeiteten im Fährhafen Mukran. Den normalen waffentragenden Soldaten war der Umgang und das Gespräch mit den Bausoldaten nicht gestattet. Nach der Wende von 1989/90 übernahm die Bundeswehr das Gelände. Bis Ende 1992 verließ das Militär Prora, und seit Anfang 1993 ist die Anlage öffentlich zugänglich.
Heutige Nutzung und Planungen
Seit über 10 Jahren versucht die Bundesvermögensverwaltung mangels eines nachhaltigen eigenen Nutzungskonzepts die unter Denkmalschutz stehende, etwa 5 km lange Anlage ganz oder in Teilen zu verkaufen. Die Bauten verfallen und sind dem Vandalismus preisgegeben außer jenen etwa 20 %, die durch Privatinitiative genutzt und erhalten werden.
Heute gibt es dort - in "Prora Mitte", also Block 3 und dem Querbau mit Ruinen und der Kaianlage - die "Museumsmeile Prora" mit einem NS-KdF-Museum ("Museum Prora"), NVA-Museum, Rügen-Museum, Sonderausstellungen, Bildergalerie Rügenfreunde, Museum-Freundschaften, ein Wiener Kaffeehaus sowie das "One World Camp Youth Hostel" mit äußerst günstigen Übernachtungsmöglichkeiten. Vom 22. bis 24. August 2003 fand hier unter dem Motto "Wer, wenn nicht wir! Wo, wenn nicht hier!" ein vom Land Mecklenburg-Vorpommern organisiertes und finanziertes Wochenend-Sommerfest ("Prora03") mit rund 15.000 internationalen Teilnehmern statt.
Kreise dieser Privatinitiativen entwickelten die Vision, die Blöcke 1, 2, 4 und 5 mit dem schon genutzten "Prora Mitte" nach und nach zu einem einzigartigen Jugendbegegnungszentrum für bis zu 30.000 Teilnehmer auszubauen.
Am 23. September 2004 wurde Block 6 für 625.000 Euro an einen unbekannten Ersteigerer veräußert.
Kurioses
Auf der einen Seite der Anlage stehen noch Ruinen. Es kursiert das Gerücht, dass die Russen nach dem Krieg versuchten, diese aus Stahlbeton gebauten Gebäude zu sprengen, aber es gelang nicht ganz und die Reste sind zu einer Touristenattraktion geworden. Dies ist ein Irrtum, denn die Russen hatten nicht die Absicht, die Blöcke zu sprengen, sondern führten lediglich Sprengstoff-Übungen durch.
Literatur
- Joachim Wernicke und Uwe Schwartz: Der Koloss von Prora auf Rügen - gestern - heute - morgen. Prora, 2003, ISBN 3-7845-4900-4
- Jürgen Rostock und Franz Zadniček: Paradies|Ruinen - Das KdF-Seebad der Zwanzigtausend auf Rügen. Christian Links Verlag, Berlin, 1992, ISBN 3861531496
- Bernfired Lichtnau: Prora - Das erste KdF-Bad Deutschlands: Prora auf Rügen. Das unvollendete Projekt des 1. KdF-Seebades in Deutschland.. Greifswald, (3. akt. Aufl.) 1995, ISBN 3-930066-33-5
- Hendrik Liersch "Ein freiwilliger Besuch - als Bausoldat in Prora", 2. Auflage, 2003, Verlag amBATion / Randlage, ISBN 3-928357-06-9