Schwul
Mit dem Adjektiv "schwul" werden Dinge bezeichnet, die mit der männlichen Homosexualität zu tun haben. Häufig geschieht die Bezeichnung in einem kulturellen und nicht primär sexuellen Zusammenhang. Das Substantiv ist "Schwuler". Obwohl „schwul“ oft mit dem englischen „gay“ übersetzt wird, ist der männliche Bezug von „gay“ nicht ganz so eindeutig, in der Tendenz aber schon vorhanden.
Wortgeschichte
John Henry Mackay veröffentlichte unter seinem Pseudonym Sagitta bereits 1906 die Bücher der "namenlosen Liebe". Im ersten Band erklärt Mackay, dass es für diese Liebe immer noch keinen adäquaten Namen gibt, so dass er sie "die Namenlose" nennen muss. Er legt dar, dass diese Liebe eine Angelegenheit weder der Kirche (Begriffe wie Sodomie, Unkeuschheit), noch des Staates, noch der Medizin (Homosexualität) sei, sondern allein der Natur, und deshalb auch nur den Gesetzen der Natur unterstehe. Seit Mitte des 19. Jahrhunderts, als Karl Heinrich Ulrichs und Magnus Hirschfeld ebenfalls sich diesem Themakomplex widmeten, bildeten sich verschiedene Begriffe aus, um das Phänomen der männlichen Homosexualität zu beschreiben, darunter auch Uranismus bzw. Urning, sowie verschiedene umgangssprachliche Begriffe, die eher abwertend gemeint waren.
Auch das Wort "schwul" (drückend heiß; in dieser Bedeutung seit dem 18. Jahrhundert schwül als Parallelbildung zu "kühl" oder von "Schwulität" = Schwierigkeit, Bedrängnis, peinliche Lage) wurde ursprünglich abwertend gebraucht. Die Schwulenbewegung der frühen siebziger Jahre nahm bewusst das deutsche Schimpfwort "schwul" als Begriff für homosexuelle Männer, da es in der deutschen Sprache keinen positiven Begriff für sie gab, und drängte die abwertende Bedeutung so weit zurück, dass sie heute sogar im Sprachgebrauch der Gesetzgebung auftaucht. Dieser nun positiv besetzte Begriff sollte die bis dahin verwendeten diskriminierenden Begriffe mit vulgärem, medizinischem oder verleumderischen Hintergrund ablösen. Eine ähnliche Entwicklung hat auch das englische Wort Queer erfahren, das aber keinen rein männlichen Bezug hat.
Jugendsprache
In der Jugendsprache findet sich das Wort "schwul" dagegen immer noch beziehungsweise wieder als Schimpfwort, welches synonym für seltsam, langweilig, weichlich beziehungsweise enervierend benutzt wird (z.B. "Schwuler Mist!" als allgemeine Äußerung der Unzufriedenheit). Oder es wird noch häufig gebraucht, wenn sich Jungs von Natur aus etwas weiblicher verhalten, weibliche Gesten benutzen oder eine weibliche Wortwahl treffen (was einem Klischee über männliche Homosexualität entspricht). Das Wort wird also absichtlich erneut zweckentfremdet, um es mit negativen Konnotationen wieder zu belegen. Hier ist die politische Tendenz der Jugendsprache alles andere als emanzipatorisch.