Geheimpolitik

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Mit Geheimpolitik wird Politik bezeichnet, die hinter verschlossenen Türen abläuft. Außer in Demokratien mit starker Presse ist dies häufig der Fall. Gebräuchlich sind auch die analogen Begriffe Arkanpolitik oder Arkanbereich (Arcana Imperii, lat. Geheimnis der Herrschenden oder Geheimnisse der Herrschaft).

Der staatsrechtliche Begriff stammt aus der beginnenden Neuzeit, dessen Prinzipien aber schon auf das Altertum zurückgehen, ursprünglich auf den römischen Geschichtsschreiber Tacitus, und wurde von Niccolò Machiavelli für seine ratio status (=Staatsräson) aufgegriffen.

Der Begriff umschreibt ein Handeln des regierenden Souveräns zum (vermeintlichen) Wohle des Staatswesens, dessen Ausmaß oder Zweck vor der Gesellschaft und der Bevölkerung geheimgehalten oder verschleiert wird und zur Festigung der Herrschaft dienen soll.

Bei demokratischen Regierungsformen bezeichnen Bürgerrechtler mit diesem Begriff staatliche Vorgänge, Gesetze und Institutionen, die schleichend die Bürgerrrechte unter dem Deckmantel von Sicherheitsbedürfnissen beschneiden, in ihren Einzelheiten nicht einer öffentlichen Diskussion unterliegen, nicht parlamentarisch legitimiert, sondern bürokratisch angeordnet sind und damit die Demokratie unterhöhlen.

Die "press gallery" war eine erste Ablösung von dieser Form von Politik.


Beispiele

  • Provinzial- und Wehrverfassungen im ausgehenden römischen Reich zur Unterminierung der Res Publica (lat. Öffentliche Sache = Republik) und zur Verschleierung des autokratisch-militaristischen Charakters
  • Verhüllung des Gottbegriffs der Katholischen Kirche aufgrund der wachsenden naturwissenschaftlichen Erkenntnisse (Beichtgeheimnis, für Laien unverständliche, lateinische Liturgie)
  • Verschleierung des Ausmaßes der Videoüberwachung von öffentlichen Plätzen, Straßen und Bahnhöfen und deren zentrale Vernetzung
  • Der Globke-Plan Adenauers [1]


These nach Bobbio 1984, S. 75-100

Je höher der Verselbständigungsgrad der Bürokratie und je geringer die institutionellen Möglichkeiten zur Repräsentation und Vermittlung gesellschaftlicher Interessen- und Wertkonflikte im politischen System und zur wirksamen Kontrolle von Herrschaftspraktiken durch intermediäre Institutionen (Parteien und andere gesellschaftliche Organisationen) oder die politische Öffentlichkeit (Parlamente und Medien) sind, desto größer ist der Wirkungsraum "unsichtbarer Mächte", d.h. der Arkanbereich ("arcana imperii") von Politik. In diesem Raum werden nach Maßgabe intransparenter (auch illegaler) Konventionen und Verfahren auf der Grundlage sektoraler und materialer Kriterien und informeller Beziehungs- und Kontaktstrukturen wirtschaftliche und politische Partikularinteressen vermittelt. Das führt in der Regel zur Herausbildung von amorphen Substrukturen politischer Entscheidungsprozesse ("subgovernments" oder "sottogoverno"), die die Prärogative parlamentarischer Repräsentativkörperschaften ebenso unterlaufen wie die Gewaltenteilung und das Öffentlichkeitsprinzip"

Siehe auch: Informationsfreiheit

Literatur

  • M. Stolleis: Arcana imperii und ratio status. 1980
  • N. Bobbio: Il Futuro della Democrazia. Una difesa delle regole del gioco, Turin. 1984