Frauenkirche (Dresden)

barocker Sakralbau in Dresden, Sachsen
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Die Frauenkirche in Dresden ist eine evangelisch-lutherische Kirche des Hochbarock. Sie wurde von 1726 bis 1743 erbaut und gilt als eines der architektonisch reizvollsten Kirchengebäude Europas. Im Zweiten Weltkrieg wurde sie während der Luftangriffe auf Dresden 1945 zerstört. In der DDR blieb ihre Ruine erhalten und diente als Mahnmal. Nach der Wende begann 1994 ihr Wiederaufbau, den Fördervereine in aller Welt durch Spenden finanzieren. Im Herbst 2005 wird die Frauenkirche komplett wieder aufgebaut sein.

Die Frauenkirche am 5. August 2004 nach Entfernen der Baugerüste
Die Frauenkirche am 22. Juni 2004 mit frisch aufgesetzter Turmhaube
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Frauenkirche im Dezember 2003
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Frauenkirche mit Baugerüst am 23. März 2003
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Frauenkirche mit Baugerüst im Jahr 2000
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Ruine der Frauenkirche mit Baugerüst im Jahr 1991
Frauenkirche zwischen 1860 und 1890

Die Geschichte der alten Frauenkirche bis 1945

Der romanische Frühbau

Schon im 11. Jahrhundert wurde an der Stelle der heutigen Frauenkirche eine kleine romanische Kirche erbaut, die – wie viele katholische Kirchen – Zu unserer lieben Frauen hieß. Diese wurde im Mittelalter mehrfach umgebaut. In der Reformation fiel das Kirchengebäude an die nun lutherische Gemeinde der Stadt. Anfang des 18. Jahrhunderts wurde das Gebäude baufällig und reichte für die wachsende Zahl der Gottesdienstbesucher nicht mehr aus.

Der barocke Kuppelbau George Bährs

Daraufhin beschloss der Rat der Stadt Dresden 1722, eine neue Kirche zu bauen. Er beauftragte den Architekten und Ratszimmermeister George Bähr mit der Planung. Diese dauerte vier Jahre, bis die Stadt am 26. Juni 1726 seinen Entwurf genehmigte. Am 26. August 1726 wurde der Grundstein gelegt, und bis 1743 entstand ein barocker Neubau, der vorwiegend aus Spenden der Dresdner Bürger finanziert wurde. Am 28. Februar 1734 wurde der Innenraum mit Musik von Theodor Christlieb Reinhold geweiht. Am 27. Mai 1743, knapp fünf Jahre nach dem Tod George Bährs, vollendete der Aufsatz eines Kuppelkreuzes schließlich den Monumentalbau.

Die Dresdner Frauenkirche war damals schon der einzige protestantische Sakralbau des deutschen Barock von europäischer Bedeutung. Der Zentralbau von Bähr trug eine komplett steinerne Kuppel, die es sonst nur noch beim Dom von Florenz und einem weiteren Kirchenbau in Europa gibt. Die Dresdner Kuppel faszinierte jedoch außerdem durch ihre konkave Form im unteren Teil, die an eine Glocke erinnerte. Diese war einzigartig auf der Welt und brachte dem Gebäude den Namen „die Steinerne Glocke“ ein. Sie ruhte auf acht Pfeilern, die zu den Diagonalen etwas enger standen als zu den Hauptachsen und so eine Kreuzform andeuteten.

Die Außenmauern bildeten einen annähernd quadratischen Grundriss, der vom halbrunden Chor durchbrochen wurde. Die Treppentürme in den Ecken dienten als Widerlager für die Kuppel und führten zu Emporen zwischen den Pfeilern. Vor dem Chor lag eine doppelte geschwungene Freitreppe mit einem Lesepult in der Mitte, dahinter ein monumentaler Barockaltar, der vom Orgelprospekt gekrönt wurde. Die Kanzel schwebte am linken Pfeiler über der Freitreppe. Die Bänke innerhalb des Kuppelraums waren konzentrisch auf einen Punkt zwischen Lesepult und Altar ausgerichtet, die sie zwischen und hinter den Pfeilern umschließenden Bänke auf die Raummitte. Das betonte den schon in der Architektur angelegten doppelten Schwerpunkt von Raumzentrum und Chor zusätzlich. Die Proportionen, die sehr hohen Pfeiler und hohen, schmalen Fenster erinnerten an gotische Kathedralen.

Die Frauenkirche hatte eine Gesamthöhe von circa 91 m und eine Grundfläche von 41x41m. Die Kuppel begann in einer Höhe von etwa 40 m, und die Laterne – der Kuppelaufsatz – öffnete sich in luftiger Höhe von 62m über dem Neumarkt von Dresden. Die Steinkuppel hatte unten einen Durchmesser von 26 m und oben von circa 10 m. Sie war aus sächsischem Sandstein und wog etwa 12000 Tonnen.

Zerstörung im II. Weltkrieg

Nach dem Luftangriff auf Dresden in der Nacht vom 13. auf den 14. Februar 1945 brannte die Frauenkirche vollständig aus. Sie war durch keine Sprengbombe getroffen worden, befand sich aber mitten im Stadtzentrum, wo der Feuersturm und die Brandhitze am stärksten wüteten. Zudem war in ihren Kellern ein Filmarchiv untergebracht. Die Filme bestanden damals aus Zelluloid, das leicht brennbar war und dabei enorme Hitze erzeugte.

Am 15. Februar um 10 Uhr morgens brach das Gebäude in sich zusammen. Die Innenpfeiler waren ausgeglüht und konnten die Last der gewaltigen Gewölbekonstruktion nicht mehr tragen. Nur die Umfassungsmauern des Chors bis zum Hauptgesims und ein Rest des nordwestlichen Eckturms blieben noch stehen.

Mahnmal gegen den Krieg in der DDR

In der DDR blieb der Trümmerberg mitten im Stadtzentrum von Dresden über 40 Jahre lang als Mahnmal erhalten, ähnlich der Ruine der Berliner Kaiser-Wilhelm-Gedächtniskirche. Viele überlebende Dresdner gedachten hier ihrer bei den Bombenangriffen ums Leben gekommenen Angehörigen, für die es oft keine Gräber gab. Ein Versuch der Behörden, den Trümmerberg zu Gunsten einer Parkfläche zu beseitigen, wurde durch Protest vieler Dresdner verhindert.

Seit Beginn der 1980er Jahre trafen sich Gruppen der DDR-Friedensbewegung an jedem 13. Februar an der Ruine der Frauenkirche, um stumm des Krieges zu gedenken. Versuche staatlicher Stellen, diese Treffen zu verhindern, hatten kaum Erfolg.

Seit dieser Zeit wurde auch ein Wiederaufbau erwogen. Doch die Finanzierung konnte nicht gesichert werden, und es gab Einwände gegen dieses Vorhaben von politischer und kirchlicher Seite.

Am Reformationstag 1989 setzte ein „Offener Brief“ von Günter Voigt an den Landesbischof der Evangelisch-Lutherischen Landeskirche Sachsens Johannes Hempel mit dem Gedanken, den Wiederaufbau neu zu bedenken, ein wichtiges Zeichen. Aus einem Kreis Gleichgesinnter heraus, der sich im November 1989 traf, entstand der „Ruf aus Dresden“, den der Pfarrer Karl-Ludwig Hoch formulierte.

Der Wiederaufbau nach der Wende

Seit 1990 nahm die Idee eines Wiederaufbaus des Gotteshauses mehr und mehr konkrete Form an. Das Konzept dafür entwickelte eine Kommission unter Beteiligung einiger prominenter Dresdner wie Ludwig Güttler. 1994 war es soweit: Der Grundstein der neuen Frauenkirche wurde gelegt. 1996 begann der eigentliche Wiederaufbau. Er wurde im Herbst 2005 abgeschlossen und kostete insgesamt rund 130 Millionen Euro. Er vollzog sich viel rascher als ursprünglich erwartet, da das Spendenaufkommen alle Erwartungen bei weitem übertraf. Entgegen der ursprünglichen Planung wurde die äußere Form der Frauenkirche schon im August 2004 und nicht erst wie geplant im Jahr 2005 wieder hergestellt.

Abtragen des Trümmerhaufens

Für den Wiederaufbau wurde der Trümmerhaufen Stein für Stein abgetragen und alle noch brauchbaren Trümmersteine vermessen, katalogisiert und eingelagert. Aus der Lage im Trümmerberg und mit teilweise extra für diese Aufgabe erstellten Geo-Computerprogrammen konnte bei vielen Steinen der ursprüngliche Platz im Gemäuer ermittelt werden.

Die Unterkirche

Bevor man mit dem Wiederaufbau des eigentlichen Kirchengebäudes begann, wurde die Unterkirche wiedererrichtet. So konnte man schon vor der Eröffnung des fertigen Kirchenbaus Räumlichkeiten für Gottesdienste, Führungen und Konzerte schaffen. Die Weihe der Unterkirche fand am 21. August 1996 statt. Im tiefsten Punkt der Frauenkirche, im Scheitelpunkt des kreuzförmigen Tonnengewölbes, befindet sich ein Altarstein aus schwarzem irischen Kalkstein. Geschaffen wurde er von Anish Kapoor, einem Künstler mit jüdischer Mutter und indischem Vater. Damit ist der Altarstein der erste Altar in einem deutschen Gotteshaus, der von einem jüdischen Künstler gestaltet worden ist. In der Unterkirche befindet sich derzeit auch das Nagelkreuz, das vom Bischof von Coventry als Zeichen der Versöhnung übergeben wurde (die Frauenkirche ist eines der Nagelkreuzzentren). Später soll es dann auf dem Altar der Hauptkirche stehen.

Der Steinbau

Beim Wiederaufbau wurden die katalogisierten Steine teilweise wiederverwendet. Sogar einige große Fundstücke konnten im Ganzen wieder an ihren ursprünglichen Platz gehoben werden. Die Reste des Eckturms und des Chors wurden ebenfalls in den Bau integriert. Nur bei dem komplizierten Kuppelbau (steinerne Glocke) mussten aus Statikgründen ausschließlich neue Sandsteine zum Einsatz kommen. Die Steine der Kuppel sind einer besonders starken Belastung ausgesetzt. Da die alten Sandsteine beim Brand einer hohen Hitze ausgesetzt waren, wollte man hinsichtlich ihrer Stabilität kein Risiko eingehen.

Durch die schwarze Patina der alten Steine (natürliche Färbung des Sandsteines durch Verwitterung) und den neuen hellen Sandstein wird das Gebäude in den ersten Jahren wie ein großes Puzzlespiel aussehen. Die neuen Steine der Frauenkirche werden jedoch mit der Zeit nachdunkeln und sich dann von den Originalsteinen nicht mehr unterscheiden.

Wetterschutzdach

Um einen möglichst schnellen und reibungslosen Wiederaufbau zu ermöglich, entschied man sich für ein Wetterschutzdach, welches mit in die Höhe wachsen konnte. So musste nach dem Erreichen einer bestimmten Bauphase das Wetterschutzdach mehrfach um einige Meter hydraulisch angehoben werden. Dieses Verfahren wurde speziell für den Bau der Frauenkirche entwickelt. Es ermöglichte, bei jedem Wetter und auch im Winter mit dem Bau fortzufahren.

Die Silbermann-Orgel

Eine originalgetreue Rekonstruktion der alten Orgel von Gottfried Silbermann von 1736 mit 43 Registern und 3 Manualen ist nicht möglich, da die alte (und im Laufe der Zeit siebenmal modifizierte) Orgel beim Brand im Kirchinneren 1945 völlig zerstört wurde. Da die genauen Baupläne Silbermanns nicht überliefert sind und ein Nachbau noch existierender Silbermann-Orgeln nicht sinnvoll ist, weil sie der jeweiligen Akustik der Kirchinnenräume angepasst wurden, ist man zu folgender Lösung gekommen: Nach Bild- und Fotovorlagen wird die Orgelempore dem zerstörten Original nachempfunden, wie es die Restauratoren auch mit dem restlichen Kirchinnenraum gemacht haben. Die drei ursprünglichen Manuale werden den überlieferten Klängen der einzelnen Orgelpfeifen entsprechend rekonstruiert. Hinzu kommt ein viertes Manual, das wahlweise hinzugeschaltet werden kann und in der Lage ist, „moderne“ Musik zu spielen. Damit ist Musik gemeint, die nach 1800 entsprechend dem in der Tonhöhe veränderten Kammerton „a“ komponiert wurde. Das führte zu dem Missverständnis, für die Frauenkirche sei eine moderne Orgel geplant, in der Folgezeit besser bekannt als „Orgelstreit“. Da die Ausschreibung für den Orgelbau lief, war es der „Stiftung für den Wiederaufbau der Frauenkirche“ rechtlich nicht gestattet, sich zum Orgelbau zu äußern. Folglich konnten auch falsche Presseberichte nicht berichtigt werden. Mit der Auftragsvergabe an die Straßburger Firma Daniel Kern wurde der Orgelstreit beendet. Die neue Orgel wird 65 Register (Quelle Kern, Straßburg: 67 Register) und 4 Manuale haben und wird rechtzeitig zur Kirchweihe am 30. Oktober 2005 fertig sein.

Die Glocken

Durch die Glockengießerei A. Bachert in Bad Friedrichshall (Baden-Württemberg) wurden für die Frauenkirche sieben neue Glocken (mit den Namen Jesaja, Johannes, Jeremia, Josua, David, Philippus und Hanna) gegossen. Aufgrund der zu groß geratenen Teile der Glockenzier auf den Glocken war der Ton unrein, so dass ein erneuter Glockenguss der Fa. Bachert in Karlsruhe erforderlich war. Über den Werdegang des Glockengusses gibt es zusätzliche Informationen bei der Glockengießerei Bachert. Sie erklangen erstmals zusammen mit der Gedächtnisglocke „Maria“ am Pfingstsonnabend 2003. Damit besitzt die Sächsische Landeskirche ein einzigartiges achtstimmiges Geläut.

Das Turmkreuz

In den Trümmern der Frauenkirche fand man am 1. Juni 1993 auch das originale Turmkreuz, das so genannte Kuppelkreuz, wieder. Das stark zerstörte Kreuz wurde beim Wiederaufbau durch ein neues mit vergoldeten Strahlen ersetzt. Alan Smith, ein Londoner Kunstschmied und Sohn einer der englischen Piloten, die Dresden bombardiert hatten, schuf das acht Meter hohe Kreuz im Wert von 500.000 Euro. Es ist mit Spenden aus Großbritannien vom Verein „Dresden Trust“ finanziert worden. Im Februar 2000 wurde es aus Anlass des fünfundfünfzigsten Jahrestages der Zerstörung vom Herzog von Kent übergeben und konnte bis zu seinem Aufsetzen an der Kirche besichtigt werden. Am 22. Juni 2004 wurde es als so genanntes Versöhnungskreuz zum Zeichen der Freundschaft zwischen Großbritannien und Deutschland in Anwesenheit von 60.000 Zuschauern auf die Kuppel aufgesetzt. Damit wurde nach über 59 Jahren die historische Stadtsilhouette von Dresden wiederhergestellt.

Coventry und der letzte Stein

Das Versöhnungskreuz ist nicht die einzige Beziehung zu England. Schon 1956-1962 hatten deutsche Spendengelder dazu beigetragen, die am 14. November 1940 bombardierte Kathedrale von Coventry wieder aufzubauen. Dabei wurden – im Gegensatz zu Dresden und entsprechend dem damaligen Zeitgeist – die Kirchenreste durch einen Neubau ergänzt.

Am 13. April 2004 wurde der letzte Stein der Hauptkuppel der Frauenkirche eingesetzt, der Steinbau gilt damit als abgeschlossen. Am 22. Juni 2004 wurde die mit Kupfer beschlagene Holzkonstruktion der Turmhaube mit dem vergoldeten Kreuz auf die Laterne über der Steinkuppel aufgesetzt. Damit ist das frühere äußere Aussehen wiederhergestellt, die Frauenkirche hat nun die endgültige Höhe von 91,24m und ist weithin als Dresdner Wahrzeichen sichtbar.

Letzte Arbeiten vor der Eröffnung

Beim Innenausbau wurden die Bemalung und der Einbau der Orgel und des Gestühls abgeschlossen. Die Orgel wird zurzeit intoniert. Die Aussichtsplattform in 67 m Höhe, von der aus man einen Ausblick auf das Elbpanorama und auf die Innenstadt hat, konnte am Dienstag, dem 1. Februar 2005 für Besucher geöffnet werden. Anlässlich des 60. Jahrestags der Bombardierung Dresdens am 13. Februar 2005 wurde der Innenraum zum stillen Gedenken geöffnet. Am 30. Oktober 2005 ist die Weihe der Kirche geplant.

Literatur

  • Helfricht, Jürgen: Die Dresdner Frauenkirche. Eine Chronik von 1000 bis heute. – Husum 4. Auflage 2005 ISBN 3-89876-122-3
  • Helfricht, Jürgen: Dresden & seine Kirchen. – Evangelische Verlagsanstalt Leipzig 2005 ISBN 3-37402-261-8

Siehe auch

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