Ostfront (Erster Weltkrieg)
Die Deutsche Ostfront im Ersten Weltkrieg war Schauplatz der Kriegshandlungen des Deutschen Reichs und Österreich-Ungarns mit Russland.
Im Gegensatz zum Kriegsverlauf an der deutschen Westfront, die nach anfänglichem Vorstoß der deutschen Truppen schnell in einen unbeweglichen Stellungskrieg mit geringem Geländegewinn verharrte, war das Kriegsgeschehen im Osten wechselhafter. Ein zweiter Unterschied zur Westfront war ihre Zusammensetzung: Im Westen bildeten nur deutsche Truppen die Front, während die Ostfront gegen das zaristische Russland durch deutsche Truppen im Norden und Österreichisch-Ungarische Verbände des Habsburger Kaiserreichs im Süden gebildet wurde. Ein weiterer Unterschied zum Kriegsgeschehen im Westen war die räumliche Ausdehnung der Front: die Ostfront der verbündeten Mittelmächte Deutschland und Österreich-Ungarn erstreckte sich von den Baltischen Staaten (damals zu Russland gehörend) bis an die Schwarzmeerküste im Süden. Die Westfront hingegen reichte lediglich von der Küste Belgiens im Norden bis zur westlichen Schweizer Grenze.
Ausgangslage im Deutschen Reich
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Ausgangslage in Österreich-Ungarn
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Ausgangslage im Russischen Reich
Die russischen Verbände litten unter der unterentwickelten russischen Industrie und der mangelnden Kompetenz der Generäle. So kämpften die russischen Truppen teilweise mit einem Gewehr für Zehn Soldaten. Es mangelte auch an Verpflegung der Truppen mit Medizin und Nahrung.
Pro Monat produzierte die russische Industrie etwa 50.000 Gewehre weniger, als Rekruten eingezogen wurden. Der russische Generalstab hatte außerdem eine Artillerie-Rüstungspolitik verfolgt, die sich in dem Krieg als fatal erwies. So wurden kaum schwere Geschütze gebaut, was dafür sorgte, dass die russische Armee nur über vier schwere Geschütze verfügte, während die deutschen Truppen rund 300 besaßen. Somit war es der deutschen Artillerie möglich die feindlichen Truppen auf einer Distanz anzugreifen, auf der die gegnerischen Geschütze nichts ausrichten konnten.
Die russischen Generäle hatten die Entwicklung des Krieges nicht berücksichtigt und es mangelte nicht nur an der Koordination der Truppenteile, sondern auch an der Kommunikation zwischen den einzelnen Verbänden. Aus der Erfahrung der Westfront koordinierten die deutschen Truppen Artillerie und Infanterie Einsätze, während die russische Artillerie ohne Absprache und Zielleitung schoß. Die Inkompetenz der russischen Generäle wurde auch dadurch bedingt, dass Generäle nach ihrem Dienstalter und den Einflüßen am Hof des Zaren ernannt wurden.
Auch die soziale und politische Lage im Zarenreich war kritisch. So lebte der größte Teil der russischen Staatsbürger in Armut, die durch die Last des Krieges noch erschwert wurde. Bereits im Russische-Japanischen Krieg von 1905 hatte Russland kurz vor einer Revolution gestanden, die der Zar nur mit Zugeständnissen wie einer Verfassung abwenden konnte.
Kriegsjahr 1914
Da Polen damals nicht als eigenständiger Staat existierte, sondern unter den Monarchien Russlands und Deutschlands aufgeteilt war, gab es damals eine deutsch-russische Grenze. Nach dem Schlieffen-Plan sollte Deutschland zunächst im Westen offensiv, da der Plan auf der Annahme basierte, dass Russland länger für die Mobilisierung bräuchte und man so zunächst eine Entscheidung im Westen herbeiführen könne. Russland hatte aber relativ früh in der Julikrise mit der Mobilmachung begonnen, was dafür sorgte, dass die Deutschen unter Zugzwang standen und möglichst schnell den Krieg beginnen mussten. Am 1. August 1914 erklärte Deutschland Russland den Krieg. Doch Russland konnte relativ schnell Truppen aufstellen und an die Front heranführen, so dass die Truppen nach Ostpreußen und Galizien eindringen konnten und die deutschen Truppen in der Schlacht von Gumbinnen besiegten. Dies veranlasste die OHL zwei Armeekorps von der Westfront abzuziehen und als Verstärkung an die Ostfront zu verlagern. Da diese beiden Armeekorps aber die einzige Reserve im Westen darstellte, die mögliche Lücken zwischen den Verbänden füllen sollte, geriet der Schlieffen-Plan ins wanken. So entdeckten britische Aufklärungsflieger des Royal Flying Corps eine Lücke zwischen der ersten und zweiten deutschen Armee. Dies wurde in der Marneschlacht ausgenutzt, als britische Truppen in diese Lücke eindrangen. Als Folge wurde der deutsche Vormarsch gestoppt und der fast bist zum Ende des Krieges andauernde Grabenkrieg im Westen begann. Daher befand Deutschland sich in einem Zweifrontenkrieg, den die deutschen Generäle eigentlich vermeiden wollten.
Paul von Hindenburg und Erich Ludendorff erhielten das Oberkommando an der Ostfront und wurden von der Propaganda als Helden gefeiert. Der russische Vormarsch im Osten konnte aber in der Schlacht bei Tannenberg erfolgreich gestoppt werden und in der Schlacht an den Masurischen Seen konnten die russischen Truppen endgültig aus dem deutschen Gebiet vertrieben werden. In Galizien sah die Lage für die Russen besser aus, nach dem sie erfolgreich die Schlacht von Lemberg gegen die Österreich-Ungarischen Truppen geschlagen hatten, belagerten sie die Festung Przemyśl. Przemyśl war mittlerweile weit hinter der Front und konnte aber von den österreich-ungarischen Truppen den ganzen Winter über gehalten werden. Erst im Frühjahr 1915 fiel die Festung unter hohen Verlusten auf beiden Seiten.
Die Deutsche 9. Armee versuchte im Herbst und Winter mit der Schlacht an der Weichsel und der Schlacht um Łódź Warschau zu erobern, scheiterten jedoch bei dem Versuch.
Das Österreichisch-ungarische Heer war ebenfalls schlecht ausgerüstet und ausgebildet. Ein weiteres Problem stellte die große Anzahl an Ethnien in dem Staat dar. So waren besonders die slawischen Teile nicht daran interessiert für die Fremdherrscher gegen die Russen zu kämpfen. In Österreich entstand ein immer größerer Druck, der den gesamten Zusammenhalt des Staates gefährdete.
Kriegsjahr 1915
Schlacht in den Karpaten – Winterschlacht in Masuren – Schlacht von Gorlice-Tarnów – Ober Ost – Großer Rückzug ...
Kriegsjahr 1916
Schlacht am Naroch-See – Brussilow-Offensive – Russischer Bürgerkrieg ...
Kriegsjahr 1917
Lenin – Aprilthesen – Kerenski-Offensive – Februarrevolution 1917 – Oktoberrevolution
Ökonomischer Zusammenbruch Russlands
Das Jahr 1917 brachte für Russland das Ausscheiden aus dem Krieg. Man hatte zwar durch die Kampfhandlungen weite Verluste an Menschen und Territorium hinnehmen müssen, doch war die militärische Lage nicht ausschlaggebend für den Zusammenbruch des Zarenreichs. Der Vielvölkerstaat litt mehr unter den Verwerfungen die der Krieg wirtschaftlich über das Land gebracht hatte. Dies beeinträchtigte die Moral der Bevölkerung dermaßen, das das politische Gefüge der dynastischen Monarchie durch die Februarrevolution hinweggefegt wurde. Da aber auch die liberale Regierung unter Alexander Kerenski den Krieg nicht abbrechen wollte und die Lage der Bevölkerung nicht bessern konnte folgte der ultralinke Umsturz der Bolschwiken. Der Zusammenbruch offenbarte sich in einer Krise der Nahrungsversorgung, sowie in der Armee wie auch in den Städten. Dies demoralisierte die Streitkräfte, die in den Wirrend es Umbruchs weitgehend passiv blieben und trieb die Arbeiterschaft der urbanen Zentren auf die Barrikaden.
Eine weitverbreitete Legende über das Ende des russischen Reiches bildet der Ansatz, daß die Nahrungsproduktion aufgrund der Massenrekrutierung von bäuerlichen Soldaten zurückging und somit die Revolution auslöste. Nach Schätzungen der Regierung war allerdings die für die Agrarwirtschaft nicht benötigte Bevölkerung in ländlichen Gebieten auf 22 Millionen im Jahre 1913 beziffert worden. Die zaristische Armee hatte allerdings während der ersten drei Kriegsjahre gerade 17 Millionen Soldaten an die Front gerufen. Die Produktionszahlen für das Kriegsjahr 1917 führen den Erklärungsansatz der Minderproduktion noch mehr ad absurdum :
Russische Getreideernte 1917 (in Millionen Pud) | |
Ernte 1917 | 3.809 |
Vorrat für Aussat | - 685 |
Reserven aus dem Vorjahr | 669 |
Verfügbare Menge | 3.793 |
Gesamtverbrauch | 3.273 |
Überschuß | 520 |
Von den Produktionszahlen her hatte also die russische Kriegswirtschaft, trotz ihrer Verluste an Mensch und Anbaufläche einen Überschuß geleistet. Hierbei herrschte also weniger ein Verteilungs als ein Produktionsproblem. Die Struktur der landwirtschaftlichen Produktion hatte sich durch dei drei Kriegsjahre auch mehr und mehr verändert. Die Großten Landsitze, die in der Vorkriegszeit 25% der Ernte bestritten hatten waren aus der Produktion fast gänzlich ausgeschieden. Aufgrund der rasanten Inflation und der Verteuerung der Arbeit durch den Ausbau der Kriegsindustrie wurde für die Betreiber von Latifundien der Getreideanbau unrentabel. Dieses Land wurde dahergehend an Kleinbauern verpachtet. Das Systemn von kleinen Familienhöfen arbeitete zwar in der Produktion hervorragend, doch fehlten ihm die Anreize zum Verkauf seiner Produkte in die Städte. Während der Grundbesitzer direkt zu den Märkten der Städte Zugriff hatten musste sich der gewöhnliche Bauer erst über eine Linie von Zwischenhändlern, was seinen Gewinn schmälerte. Doch auch falls der Landwirt seine Waren absetzte bekam er dafür nur wenig attraktive Gegenleistungen. Der Bedarf der Armee resultierte zuzüglich noch in einem astronomischen Preisanstieg für sämtliche industriell gefertigten Produkte. Textilien verteuerten sich im Vergleich zu 1913 um 300%, Eisenwaren um bis zu 1000%. Somit wurden vond er Ernte des Jahres 1917 nur noch 15 % auf den freien Markt geworfen, anstatt der in der Vorkriegszeit üblichen 25%. Da sich der Bedarf der Städte noch durch die Flüchtlinge aus den von den Deutschen besetzten Gebiete erhöht hatte führte dies zu den katastrophalen Unterversorgungen des letzten russischen Kriegsjahrs.
Revolution und Bürgerkrieg 1918
Ober Ost
Nach dem die deutschen Truppen 1915 Gebiete im Osten eroberten, wurde der Militärstaat Ober Ost unter Leitung des Oberbefehlshabers der gesamten deutschen Streitkräfte im Osten gegründet. Der Staat zielte darauf ab, die eroberten Gebiete einzudeutschen. Nach Ansicht des US-amerikanischeb Historikers Vejas Gabriel Liulevicius, zeichnete dies bereits die spätere NS-Ostpolitik.
Verluste
Die Verluste auf russischer Seite sind auf Grund mangelnder Statistik schwer zu ermitteln. Man rechnet mit ungefähr 1,3 Millionen toten. Dies entspräch den Verlusten, die auch Frankreich und Österreich-Ungarn erlitten. Russland hatte aber mit 3,9 Millionen Kriegsgefangenen die größte Anzahl an Gefangenen zu verkraften. Österreich-Ungarn hatte 2,2 Millionen Kriegsgefangene. Deutschland, Frankreich und Großbritannien hatten zusammen nur 1,3 Millionen gefangener, was aber auch auf die unterschiedliche Lage an der Westfront zurück zu führen ist. Vorlage:Navigationsleiste 1. Weltkrieg (Ostfront)
Literatur
- Vejas Gabriel Liulevicius: Kriegsland im Osten. Eroberung, Kolonisierung und Militärherrschaft im Ersten Weltkrieg 1914-1918. Hamburg 2002.
- Vejas Gabriel Liulevicius: Ober Ost. in: Gerhard Hirschfeld (Hrsg.): Enzyklopädie Erster Weltkrieg, Zürich 2003, S. 762-763.
- Abba Strazhas: Deutsche Ostpolitik im Ersten Weltkrieg. Der Fall Ober Ost 1915-1917. Harrassowitz Verlag, Wiesbaden 1993. ISBN 3-447-03293-6
- Stone, Norman, The Eastern Front 1914–1917. London 1998
Weblinks
Wikisource: The Russian Situation and Its Significance to America – Artikel aus National Geographics, Ausgabe 31 |