Tioumliline, auch Toumliline, war von 1952 bis 1968 ein Benediktinerkloster im Mittleren Atlas in der Nähe von Azrou, Marokko. Es wurde 1952 von Dom Denis Martin als Ableger des Benediktinerklosters "L'Abbaye d'En Calcat" gegründet.[1][2]
Geographie
Tioumliline liegt im Mittleren Atlas auf einer Höhe von 1500 Metern, etwa 5 Kilometer südlich von Azrou.
Geschichte
Der Ursprung der Klostergründung geht zurück bis auf das Jahr 1945, als sich der französische Arbeitgeberpräsident von Casablanca, Jean Imberti, an Dom Marie de Floris, den Abt des Klosters d'En Calcat, wendet und ihn bittet, eine Niederlassung in Marokko zu gründen. Aus verschiedenen Gründen - unter anderem, um nicht in Konkurrenz zu einem von marokkanischen Christen in Sefrou initiierten Projekt zu treten - zögert die Abtei eine Entscheidung mehrere Jahre hinaus. Schließlich drängt der Erzbischof von Rabat, Monsignore Lefèvre, den Abt zu einem Treffen mit den religiösen Führern und Christen von Marokko. Im Oktober 1950 gibt Dom Marie de Floris schließlich sein grundsätzliches Einverständnis und schickt im Januar 1951 zwei Benediktinermönche, die die Lage vor Ort erkunden sollen. Als Standort für das neue Kloster hatte das Erzbistum den Erwerb eines Kindergenesungsheimes mit zugehöriger Schule vorgeschlagen. Geleitet wurde dieses bischöfliche Anwesen von einem Diözesanpriester namens Père Gérard. Das Anwesen war jedoch mit sieben Millionen Francs verschuldet. Außerdem befanden sich die Gebäude in einem erbärmlichen Zustand.[3]
In dieser Situation kam dem Kloster 1951 die Witwe eines reichen Geschäftsmannes aus Marseille zu Hilfe, die die ausstehenden Schulden beglich und weitere finanzielle Hilfen in Aussicht stellte. Die Abtei beschloss daraufhin die Einrichtung eines provisorischen Klosters in Tioumliline. Nach fast zweijährigen Verhandlungen und Planungen ziehen am 7. Oktober 1952 20 Mönche unter der Führung von Dom Denis Martin in die baufälligen Gebäude ein.[3]
In der stürmischen Zeit nach der Unabhängigkeit Marokkos war das Kloster ein wichtiger Treffpunkt marokkanischer Intellektueller und ein anerkanntes Zentrum der Begegnung von Christen, Muslimen und Juden. Auch der abstrakte Maler Jilali Gharbaoui, der 1957 das Kloster erstmals besuchte, fand hier Zuflucht.[4][5]
Nach Protesten der muslimischen Bevölkerung von Azrou wurde es 1968 als Kloster aufgegeben.[4] Es diente noch bis in die 1980er Jahre als Berufsbildungszentrum, wurde dann aber endgültig geschlossen.[6]
Ordensgründungen
Von Tioumliline aus wurden die Ordensklöster in Koubri (Burkina Faso) und Bouaké (Elfenbeinküste) gegründet.[1]
Internationale Sommerkurse
Von 1956 bis 1959 fanden in Tioumliline internationale Sommerkurse ("Cours Internationaux d'été de Toumliline") statt, die durch die Teilnahme von Christen, Muslimen und Juden einen interkonfessionellen Gedankenaustausch darstellten.[7]
Sonstiges
- Tioumliline wird in der Autobiographie "Gefangener Gottes" des ehemaligen Benediktinermönchs Michel Benoît erwähnt.[8]
- Das verlassene Kloster diente als Drehort für den 2010 veröffentlichten französischen Spielfilm Des hommes et des dieux, der unter dem Titel "Von Menschen und Göttern" in die deutschen Kinos kam.
Einzelnachweise
- ↑ a b Webpräsenz des Klosters d'En Calcat: Histoire - Les fondations; Zugriff am 26. Februar 2012
- ↑ Jaques Gadille: Dom Guéranger en son temps, 1805-18751; Zugriff am 26. Februar 2012
- ↑ a b Monastère Bénédictin de Toumliline
- ↑ a b Naima Salam: Marokkanische und europäische Kunsttraditionen als Inspirationsquelle für die marokkanische Malerei der Gegenwart, Seite 130, LIT Verlag Münster, 2004, ISBN 9783825873615
- ↑ Azzouz Tnifass: Jilali Gharbaoui - Collection regards obliques, Marsam Editions, 2006
- ↑ Justin McGuiness: FOOTPRINT MOROCCO HANDBOOK, 4. Ausgabe, S. 243, Footprint Travel Guides, 2003, ISBN 9781903471630
- ↑ Marie-Rose Mayeux: Cours Internationaux d'été de Toumliline 1956-1957-1958-1959; Archives des sciences sociales des religions, 1960, vol. 9, n° 1, pp. 81-94.
- ↑ Michel Benoît: Prisonnier de dieu, 1992, Fixot, Paris; Deutsche Erstveröffentlichung 1993 bei Bastei-Lübbe, ISBN 3-404-61272-8,
Weblinks
- Un espace de liberté pour les collégiens: le monastère de Tioumliline (französisch)
- Monastère Bénédictin de Toumliline (französisch)