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Latein

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Die lateinische Sprache wurde ursprünglich vom Volksstamm der Latiner gesprochen, nach denen die Region Latium, mit Rom als Zentrum, in Italien ihren Namen hat. Es gehört somit zu den italischen Sprachen, die zu den Centum-Sprachen gehören, die zu der indoeuropäischen Sprachfamilie zählen. Es bildete die Grundlage für alle heutigen romanischen Sprachen.

Entwicklung

Ursprünglich in Rom und dem umliegenden Gebiet (Latium) gesprochen, wurde Latein später neben Griechisch Amtssprache des römischen Reiches. Wegen der kulturellen Überlegenheit des Ostens verlor es dabei zeitweise in Nordafrika und selbst in Rom die Vorrangstellung. So war die Liturgiesprache der römischen Christen bis um 300 das Griechische. In dieser Zeit drangen viele griechische Lehnwörter ins Lateinische ein.

Seit der Völkerwanderung und der Katholisierung der (vorher arianischen) Germanenvölker wurde Latein im Westen des früheren Römischen Reiches und in den römisch-katholischen Folgestaaten die Sprache des Klerus (Kirchenlatein), der Rechtswissenschaft (Glossatoren) und der sich bildenden Hochschulen (studia generalia). Es bildete somit die Schriftsprache vor allem für das kirchliche und weltliche Urkundswesen (Diplomatik) im frühen Europa.

In völkerrechtlichen Verträgen (z.B. der Westfälische Friede von 1648) dominierte Latein bis in das 17. Jahrhundert hinein. Es bildet noch bis ins 20. Jahrhundert den Affixvorrat für die Fachterminologie in den Wissenschaften, und verliert durch die fortschreitende Absorption in die Englische Sprache und andere Sprachen lediglich an direkter, nicht jedoch an indirekter Bedeutung.

Antike Schreibweise

Die lateinische Sprache wurde ursprünglich als scriptio continua, d.h. als zusammenhängender Fluss von Zeichen ohne Zwischenräume geschrieben. Auch Satzzeichen und Kleinbuchstaben wurden in der Antike nicht verwendet. Auf Wachstafeln war nämlich wenig Platz zum Schreiben und Papyrus war teuer. Die antiken lateinischen Texte sind für uns heute daher schwer zu lesen.

Vergleiche folgendes Beispiel:

AUREAPRIMASATAESTAETASQUAEVINDICENULLO
SPONTESUASINELEGEFIDEMRECTUMQUECOLEBAT
POENAMETUSQUEABERANTNECVERBAMINANTIAFIXO
AERELEGEBANTURNECSUPPLEXTURBATIMEBAT
IUDICISORASUISEDERANTSINEVINDICETUTI
NONDUMCAESASUISPEREGRINUMUTVISERETORBEM
MONTIBUSINLIQUIDASPINUSDESCENDERATUNDAS
NULLAQUEMORTALESPRAETERSUALITORANORANT
NONDUMPRAECIPITESCINGEBANTOPPIDAFOSSAE
NONTUBADIRECTINONAERISCORNUAFLEXI
NONGALEAENONENSISERANTSINEMILITISUSU
MOLLIASECURAEPERAGEBANTOTIAGENTES

Heutige Schreibweise:

Aurea prima sata est aetas, quae vindice nullo,
sponte sua, sine lege fidem rectumque colebat.
poena metusque aberant nec verba minantia fixo
aere ligabantur, nec supplex turba timebat
iudicis ora sui, sed erant sine vindice tuti.
nondum caesa suis, peregrinum ut viseret orbem,
montibus in liquidas pinus descenderat undas,
nullaque mortales praeter sua litora norant.
nondum praecipites cingebant oppida fossae,
non tuba directi, non aeris cornua flexi,
non galeae, non ensis erant: sine militis usu
mollia securae peragebant otia gentes.

Auszug aus Ovids Metamorphosen: Die Schöpfung

Antike Aussprache

Die heutzutage in den Schule gelehrte Aussprache ist nach neueren Erkenntnissen falsch. In der Schule lernt man folgendes:

  1. (Fast) alle laute werden einzeln gesprochen.
  2. Jedes "s" wird /ß/ gesprochen jedes "c" wie /k/.
  3. Ausnahmen von 1. sind "ae" = /ä/ und "oe" = /ö/
  4. Wörter werden auf der vorletzten Silbe betont, wenn dessen Vokal lang ist. Sonst werden sie auf der drittletzten betont.

Das stimmt nicht ganz, wie Linguisten festgestellt haben. So wird die Konsonantenhäufung "gn" wie in pugna (Kampf) nicht /gn/ sondern /ngn/ gesprochen (also: /pungna/). Außerdem werden "ae" und "oe" nicht als Umlaute, sondern als Doppellaute gesprochen, also einzeln: /ai/ und /oe/ (nicht eu!). Dabei wurde der erste Vokal lang gesprochen: /aai/ und /ooe/. Zudem rollten die Römer das "r". Daraus ergibt sich die folgende Aussprache des Wortes Caesar: /kaaißar/ und nicht wie im Sprachgebrauch üblich /tßääsaR/. Trotzdem wird diese Ausspracheform in der Geschichtsschreibung beibehalten werden, weil sie sich eingebürgert hat.

Gegenwart

Heute ist Latein vornehmlich an humanistischen Gymnasien zu finden. Dort wird dem Lateinischen, neben dem Griechischen, noch eine herausgehobene Bedeutung zugemessen, was früher auf eine aktive Beherrschung des Lateinischen zielte. Auch an anderen Gymnasien hat sich der Anteil des Lateins am Fremdsprachenunterricht stabilisiert. Etwa ein Drittel aller Gymnasiasten im deutschsprachigen Raum lernt Latein als erste, zweite oder dritte Fremdsprache.

Tatsächlich werden auch heute noch für zahlreiche Studiengänge das Latinum oder Lateinkentnisse gefordert, insbesondere in zahlreichen geisteswissenschaftlichen Fächern. Das Latinum ist als Studienvoraussetzung für die Fächer Medizin und Jura weitestgehend abgeschafft, häufig aber nicht in Fächern wie Anglistik, Philosophie oder sogar Musikwissenschaften.

Unabhängig von den Studienanforderungen wird von Befürwortern des Lateins betont, dass das Erlernen der lateinischen Sprache weiterhin Basis für die korrekte Verwendung von Fremdworten sei, das Erlernen anderer romanischer Sprachen wesentlich erleichtere und erhebliche Transfer-Effekte für die Denkschulung aufträten. Aus deutschen und amerikanischen Untersuchungen geht hervor, dass der Latein-Unterricht auch die Beherrschung der englischen Sprache in Schrift und vor allem Wort signifikant fördert.

Generell fällt Latein Menschen mit ausgeprägter Begabung für Mathematik und formelle Denkvorgänge wesentlich leichter als andere Fremdsprachen, wohingegen Menschen mit ausgeprägter Begabung für intuitives Erlernen von Sprachen andere Fremdsprachen leichter finden. Ehemalige Lateinschüler besitzen zudem häufig die Fähigkeit einer besonders präzisen und sicheren Beherrschung der eigenen Muttersprache.

Des weiteren hat Latein durch seinen streng logischen Aufbau Ähnlichkeiten mit vielen Programmiersprachen, und fördert generell das logische Denkvermögen.

Latein in der Kirche

Die katholische Kirche veröffentlicht alle amtlichen Texte von weltkirchlicher Bedeutung in Latein. Das gilt für die liturgischen Bücher, den Katechismus, den Codex des kanonischen Rechts sowie die päpstlichen Rechtsvorschriften (canones, decretales) und Rundschreiben (Enzykliken).

Latein in den Wissenschaften

In der Biologie erfolgt die Namensbildung der wissenschaftlichen Namen lateinisch und griechisch, wobei neuere Vorschläge vorsehen, die Regeln nur aus der lateinischen Sprache zu entnehmen. In der Medizin sind nur noch lateinische Fachbegriffe geblieben, in den Rechtswissenschaften werden grundlegende Begriffe lateinisch zitiert (vgl. Juristenlatein). Zahlreiche Sprichwörter haben lateinischen Ursprung und sind teilweise auch in der deutschen Übersetzung zu geflügelten Worten geworden.

Modernes Latein

Auch heute werden deutsch-lateinische Lexika aufgrund neulateinischen Wortgutes herausgegeben, z.B. das "lexicon auxiliare" oder das vom Vatikan herausgegeben "lexicon recentis latinitatis". Und ein finnischer Rundfunksender verbreitet Wochennachrichten in neulateinischer Sprache: http://www.yle.fi/fbc/latini/ Radio Bremen veröffentlicht regelmäßig die Nuntii Latini unter http://www.radiobremen.de/online/latein/ in schriftlicher und gesprochener Version. Sehr beliebt ist auch die lateinische Fassung der Asterix-Comics, die der deutsche Altphilologe Graf v. Rothenburg (Rubricastellanus) verfasst hat.

Durch das Internet ist die Verfügbarkeit alter lateinischer Texte sowie das Entstehen neuer lateinischer Texte erheblich begünstigt worden. Inzwischen gibt es sogar lateinische Fassungen von Popsongs. Daneben entstehen auch neue Popsongs in lateinischer Sprache, etwa Cursum Perficio gesungen von Enya oder bei Gruppen der Dark Wave bzw. gothic Subkultur. Roma Ryan hat neben Cursum Perficio für Enya noch weitere Songs in lateinischer Sprache verfasst.

In der klassischen beziehungsweise neoklassischen Musik findet Latein ebenfalls Verwendung. So hat etwa der niederländische Komponist Nicholas Lens auf seinem Werk Flamma Flamma ein lateinisches Libretto vertont, für sein Werk Terra Terra hat Lens selbst ein Libretto in lateinischer Sprache verfasst.

Computerfachbegriffe

Latein ist auch wesentliche Basis von Fachbegriffen aus der Welt der Computer. Begriffe wie Prozessor (Processor), Compiler (Compilator) oder Computer (Computator) sind aus dem Lateinischen über die englische Sprache ins Deutsche gelangt.

Referenzlisten