Mikroprogrammierung
Als Mikrocodeprogrammierung wird die Methode und das Vorgehen verstanden Schalt-, Rechen- und Steuerabläufe in einem Rechenwerk, insbesondere einem integrierten Rechenwerk (Mikrocontroller, Mikroprozessor) unterhalb der Ausführungsebene von Maschinenbefehlen auf Mikrobefehlsebene festzulegen und zu regeln. Als Mikrocodeprogrammierung kann die Erstellung eines Mikrobefehlssatzes als Abfolge von Mikrobefehlsequenzen in einer Art Steuersprache für Schalter verstanden werden.
Mit der Mikrocodeprogrammierbarkeit eines Rechenwerks ist das Vorhandensein eines dazu angepassten Mikroprogrammsteuerwerks verbunden, welches durch die taktweise Abfolge der Mikrocodebefehlssequenz gesteuert wird. Die Möglichkeit einer flexibel programmierbaren Abfolgesteuerung von Mikrobefehlen setzt voraus, dass in jedem Mikrobefehl selbst eine Berechnungsvorschrift zum Verweis (d.h. Adressierung) auf den nächsten anzusteuernden Mikrobefehl enthalten ist.
Üblicherweise ist ein Maschinensprachebefehlssatz eines Prozessors bei der Fertigung (z.B aus Kompatibilitätsgründen) vorgegeben und nicht veränderbar. Der den Maschinencode bildende Mikrobefehlssatz (kurz Mikrocode) ist in einem nicht flüchtigen (EP)ROM-Speicher inner- oder außerhalb des Rechenwerks untergebracht und wird ggf. bei der Initialisierung des Rechenwerks in das Mikroprogrammsteuerwerk geladen. Zur Optimierung von Schaltungsabläufen werden dennoch Möglichkeiten vorgesehen und Vorkehrungen getroffen, dass ein Mikrocode-Speicherinhalt korrigiert, verbessert oder angepasst werden kann, um kostspielige Redesigns im Sinne eines Mikrocode-Bugfixes zu umgehen.
In den Anfängen der Mikroprozessor-Ära war die Möglichkeit einer flexiblen Mikrocodeprogrammierung unumgänglich und gewünscht, um einzelne wohlmöglich zu einem Baustein-Redesign führende Implementierungsfehler zu verhindern. Mit den Fortschritten in der Verifikation und Integrierbarkeit digitaler Schaltungen schien der Aspekt der Mikrocodereprogrammierbarkeit einige Zeit lang an Bedeutung zu verlieren.
Dennoch hat das Interesse an der Reprogrammierbarkeit im Laufe der letzten Jahre eine Wiederbelebung erfahren. So sind Mikroprozessoren der Firma Intel ab dem Modell Pentium Pro (P6) im Mikrocode reprogrammierbar. Der als FDIV-Bug bekannt gewordene Rechenfehler der Intel Pentium P5 Prozessoren konnte hingegen nicht durch einfache Mikrocodeprogrammierung behoben werden sondern nur durch CPU-Austausch. Mit der Mikrocodeprogrammierung ist die Möglichkeit gegeben, Rechnensteuerwerke mittels Mikrocode-Update für spezielle Betriebssysteme zu optimieren.
Literatur
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Externe Web-Links
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- A Brief History of Microprogramming. M. Smotherman, 2010, abgerufen am 3. Oktober 2010.
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- Intel(R) 64 and IA-32 Architectures Software Developer’s Manual, Volume 3A: System Programming Guide, Part 1, Chapter 9.11: "Microcode update facilities". Intel Cooperation, Dezember 2009, abgerufen am 3. Oktober 2010.
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- A microcode reliability update is available that improves the reliability of systems that use Intel processors. Abgerufen am 3. Oktober 2010.
- BIOS Update required when Missing Microcode message is seen during POST. Intel Cooperation, abgerufen am 3. Oktober 2010.