European Advanced Multilingual Information System
Das European Advanced Multilingual Information System, Akronym Euramis, wurde als Übersetzungsunterstützungssystem für den Sprachendienst der Europäischen Union in Luxemburg entwickelt. Die Softwareentwicklung startete 1995.
Softwarebasis
Euramis wurde hauptsächlich in der Programmiersprache C als Client-Server-System entwickelt. Das System umfasste schließlich etwa eine Million Zeilen C-Code. Der Server lief auf einer Unix-Maschine, der Zugriff von Client Seite erfolgte über Windows PCs. Der Server wurde später auch nach Windows portiert.
Einführung
Der Sprachendienst musste zum Startzeitpunkt der Entwicklung von Euramis in 15 Sprachen übersetzen. Mit der Erweiterung der Union kamen noch die Notwendigkeit hinzu weitere 10 Sprachen zu unterstützen. Um den Übersetzungsprozess zu optimieren, wurde die Entwicklung bzw. Weiterentwicklung eines Übersetzungsunterstützungssystems in Auftrag gegeben, das eine beschleunigte Übersetzung unterstützen sollte. Weitere Gründe für die Entwicklung von Euramis waren die zum Entwicklungszeitpunkt (1995-2001) mangelnden Performanz der Windows basierenden existierenden Systeme sowie die Notwendigkeit, die große Anzahl an übersetzten Dokumenten des Sprachendienstes effizient wieder verwenden zu können. Dies führte am Ende zu einem der weltweit größten Translation Memory Datenbanken, das trotz seiner Millionen Einträge sehr performant arbeitete.
Historisch gesehen ist an Euramis interessant, dass sich hier eine große Organisation wie der Sprachendienst der EU mit über 1000 Übersetzern entschloss, ein auf seine Zwecke hin optimiertes System entwickeln zu lassen und nicht (nur) auf existierende kommerzielle Systeme zurückzugreifen.
Systemarchitektur
Die EURAMIS Kernkomponenten umfassten ein Translation Memory System, einen Phrasenübersetzer sowie die Anbindung an das maschinelle Übersetzungssystem des Sprachendienstes sowie eine Vielzahl von Unterstützungswerkzeugen, z.B. Konkordanzwerkzeugen, Textklassifikatoren usw. Die Übersetzer selbst arbeiteten entweder mit einem eigen entwickelten Pivot-Editor oder in einer kommerziellen Software-Umgebung wie Trados. EURAMIS war als Client Server System eines der ersten Übersetzungssysteme, das konsequent nach diesem Paradigma entworfen und entwickelt wurde. Ebenso war es vom Kern her multilingual ausgerichtet, es konnte von jeder in jeder Sprache übersetzt werden. Intern wurde das Unicode-Format zur Zeichendarstellung verwendet. Auch damit war das System ein Vorreiter in diesem Bereich. Für die unscharfe Suche wurde eine sehr effiziente Datenbanksuche entwickelt. Das Translation Memory System war von Anfang an als datenbankorientierte System ausgerichtet (sh. Übersetzungsspeicher).
Dokumentenaustauschformat
Kern von Euramis war die Entwicklung eines SGML basierten „Pivot-Formates“, das als Austauschformat zwischen den Anwendungen und den verwendeten Dokumentenformaten verwendet wurde (z.B. WinWord, ASCII, WordPerfect, SGML etc.). Dieses Format diente dann als Vorbild für Standards im Übersetzungsbereich, wie etwa XLIFF und TMX sh.
Übersetzungs-Workflow
Der Kernprozess war in mehrere Phasen gegliedert: Im ersten Schritt wurde das Dokument (z.B. vom Übersetzer) an den Euramis-Server geschickt (per E-Mail bzw. bei Euramis-Interface, in dem die unterschiedlichen Dienst definiert werden konnten), am Server in das Pivot-Format konvertiert, anschließend um die aus dem TM stammenden Übersetzungen, den maschinellen Übersetzungen oder Phrasenübersetzungen angereichert. Diese Dokument wurde an den Übersetzer per E-Mail zurückgeschickt und vom ihm bearbeitet = übersetzt. Anschließend wurde das so übersetzte Pivot-Dokument an den Server zurückgeschickt und wieder in das Orginalformat konvertiert. Neue Übersetzungen wurde in die zentrale Datenbank eingefügt bzw. geändert.
Euramis wurde in unterschiedlichen Varianten weiterentwickelt, u.a. für SUN als SunTrans. Viele der Grundideen finden sich in existierenden Systemen wieder, wie zum Beispiel Araya.
Literatur
Euramis wurde auf verschiedenen Konferenzen vorgestellt.
Weitere Informationen zu Euramis finden sich u.a. in: