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Direct Laser Interference Patterning

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Die direkte Laserstrahlinterferenzstrukturierung, im Englischen Direct Laser Interference Patterning (DLIP), ist eine laserbasierte Technologie, welche das physikalische Prinzip der Interferenz von hochintensiven kohährenten Laserlichtstrahlen nutzt, um funktionelle periodische Mikrostrukturen herzustellen. DLIP kann auf nahezu jedem Material angewendet werden und verändert die Eigenschaften der Oberflächen in vielen Bereichen hinsichtlich hygienischer und optischer Eigenschaften, sowie eine Veränderung der tribologischen Eigenschaften (u.a. Reibung), Lichtabsorbtion und Benetzungsfähigkeit.

Geschichte

In den 90-er Jahren lernte Prof. Frank Mücklich bei Prof. Martin Stutzmann an der TU München dessen Verfahren zur lokalen Kristallisation von amorphen Schichten kennen[1]. Das Verfahren beruhte auf Laserinterferenz. Mücklich, der bereits in der Promotion intensive theoretische und experimentelle Erfahrungen mit Interferenzphänomenen gesammelt hatte, wollte diese nun mit höherer Laser-Intensität für die Entwicklung einer lokal-periodischen Gefüge-Metallurgie einsetzen. Mit dem Preisgeld seines Alfried-Krupp-Förderpreises 1997 konnte er dies in den Labors seines Lehrstuhles für Funktionswerkstoffe an der Universität des Saarlandes realisieren. und so seine spätere Forschung ermöglichen

Was bei den Experimenten jedoch auffiel war, dass sich neben der Gefügemetallurgie, also der Gefügeänderung im Inneren auch die Mikro-Topografie der Oberfläche in Abhängigkeit von der Zahl der kohärenten Laserstrahlen und deren Winkel zueinander in einem einzigen Schritt exakt periodisch steuern ließ. Damit begann die Geschichte des Direct Laser Interference Patterning.[2] 

Inspiriert durch die Bionik-Forschung von Prof. Nachtigall entstand die gemeinsame Idee, die in der belebten Natur typischen und für die jeweiligen „Funktionalitäten“ bei Pflanzen und Tieren evolutionär optimierten Oberflächenstrukturierungen nachzuvollziehen im Rahmen des interdisziplinären Forschungsthemas der „Biologisch komponierten Materialien“. Dabei waren die Arbeiten mit  seinem damaligen Doktoranden, Prof. Andrés Lasagni, ganz besonders inspirierend und erzielten gemeinsam rasche Erfolge: 2006 promovierte Prof. Lasagni als bester Doktorand des Jahres zu Strukturierung durch Laserinterferenzmetallurgie im Mikro-/Nanobereich ("Advanced design of periodical structures by laser interference metallurgy in the micro/nano scale on macroscopic areas"[3]). Für die besonders erfolgreichen Publikationen verlieh die Jury des International Journal of Materials Research - IJMR an Prof. Mücklich und sein Team den Werner Koester Preis der DGM. Für seine außergewöhnliche Leistung erhielt Andrés Lasagni den renommierten Masing-Gedächtnispreis der DGM.

2008 kehrte Lasagni nach seinem Postdoc Aufenthalt als Humboldt-Stipendiat in den USA mit einem Fraunhofer-Attract-Grant nach Deutschland zurück und baute am Fraunhofer IWS Dresden ein Forschungsteam zum Thema “Surface Functionilization” auf und entwickelte die für die robuste Anwendung entscheidenden kompakten Optiken für die heutige DLIP Technologie, während  Mücklich und sein Team in Saarbrücken immer neue Anwendungsfelder erschlossen und das Material Engineering Center Saarland eröffneten, in dem direkte Industrie-Kooperationen den Transfer vorantrieben.

Für die gemeinsame innovative Innovationsplattform der Lasertechnologie und die einzigartig erfolgreiche Kooperation wurden Mücklich und Lasagni 2016 mit dem Berthold Leibinger Innovationspreis für die Entwicklung der direkten Laserinterferenzstrukturierung (DLIP) ausgezeichnet.

Mücklich und Lasagni haben zusammen mit Dr. Dominik Britz und Ralf Zastrau die Firma SurFunction GmbH gegründet, um die Technologie erstmalig am Markt zu kommerzialisieren.

Verfahren

Sinnbildlich können sich die elektromagnetischen Wellen eines Laserstrahls ähnlich zu Wasserwellen unter Ausbildung von Intensitätsmustern überlagern. Dieses Prinzip wird Interferenz genannt. Trifft ein Wellenberg der ersten sich ausbreitenden Welle auf einen Wellenberg der überlagernden, zweiten Welle, so resultiert dies in der Ausbildung einer größeren Welle, genannt konstruktive Interferenz. Trifft ein Wellental auf einen Wellenberg, so kommt es zur Auslöschung der Welle, genannt destruktive Interferenz.

Auf diese Weise werden mittels überlagernder kohärenter Laserstrahlen Intensitätsmuster erzeugt, welche auf eine Bauteiloberfläche projiziert werden. Das Material wird in Bereichen konstruktiver Interferenz aufgeschmolzen oder sogar verdampft, während es in Bereichen destruktiver Interferenz nahezu unbeeinflusst verbleibt. Die Anzahl und Anordnung der Strahlen zueinander bestimmt die Art des aufgebrachten Musters. Dies kann z.B. ein Linien-, Kreuz-, Punktmuster bzw. nahezu jedes periodische Oberflächenmuster sein.

Höhere Komplexitäten von Oberflächenstrukturierung können mit zunehmender Anzahl von Strahlen kreiert werden

Der Winkel ϕ zwischen den sich überlagernden Laserstrahlen und die Wellenlänge λ des verwendeten Lasers entscheiden über die Strukturgröße des applizierten, periodischen Intensitätsmusters.

Der Strahldurchmesser muss im Gegensatz zu anderen Bearbeitungsverfahren, wie z.B. dem Laserschreiben mittels Polygonscanner, nicht fokussiert, sondern kann je nach Material sogar geweitet werden, um dadurch bei deutlich größerer Bearbeitungsfläche pro Laserpuls dennoch mikroskopisch kleine Strukturen schnell und berührungslos zu erzeugen.  

DLIP, gepaart mit einem Hochfrequenzlaser, erreicht so Bearbeitungsgeschwindigkeiten im Bereich m²/min bei höchster Präzision bis in den Nanometerbereich.

Zusätzlich besitzt das DLIP Verfahren im Vergleich zum Laserschreiben eine sehr hohe Tiefenschärfe, da DLIP nicht auf eine genaue Fokussierung des Laserstrahls angewiesen ist, sondern ein „Interferenzvolumen“ erzeugt, innerhalb dessen die Oberfläche mit dem entsprechenden Interferenzmuster gleichermaßen strukturiert wird.

DLIP bietet eine unendliche Vielfalt von Strukturierungsmöglichkeiten durch den Einsatz von Nano-, Pico- oder Femtosekundenlasern, der Anzahl der interferierenden Laserstrahlen und deren Geometrie zueinander sowie der Wellenlänge des eingesetzten Lichts.

Prominente Forschungsexperimente - Projekte mit Weltraumanwendungsbezug

Für die Erforschung der DLIP Technologie wurden XXX Projekte (Stand: 2022) durchgeführt.

Projekte mit Weltraumanwendungsbezug sind ein wichtiges Themenfeld um die hygienischen Eigenschaften und Möglichkeiten von DLIP zu untersuchen. Die Auswirkungen von Biofilmen sind im Weltraum größer als auf der Erde, da einerseits das Leben der Besatzung und der Erfolg der Mission vom nominalen Betrieb mechanischer Systeme abhängen, der durch Materialschäden in Verbindung mit Biofilmwachstum unterbrochen werden kann und andererseits die isolierte, begrenzte Umgebung in der Raumfahrt die Krankheitsübertragungsrate erhöhen kann. Im Fall der Internationalen Raumstation (ISS) sind Biofilme ein Problem des Umweltkontroll- und Lebenserhaltungssystems (Environmental Control and Life Support System, ECLSS), insbesondere der Wasserprozessoreinheit (WPA).

Besondere mediale Aufmerksamkeit erhielten dabei folgende Experimente unter Einbezug von ESA:

  • Touching surfaces (Testing antimicrobial surfaces for space-flight and earth applications): Bei diesem Experiment werden neuartige Oberflächen mit aktiv antimikrobiellen Eigenschaften in Kombination mit einer bakterienkontaktsteuernden Oberflächenstrukturierung auf deren antimikrobielle Wirksamkeit unter Weltraumbedingungen untersucht. Die Berührungsflächen wurden von den Astronautinnen und Astronauten an Bord der ISS berührt. Die darauf befindlichen Mikroben werden dann auf der Erde hinsichtlicher einer Biofilmbildung untersucht. [4][5] Ziel ist es das Verhalten von Mikroorganismen und die Entstehung von Biofilmen zu verstehen, da sie zum Einen Auswirkungen auf die Gesundheit (der Astronauten) haben, zum anderen hat sich gezeigt, dass entstehende Biofilme zu Materialschäden führen, die aus Gründen der Nachhaltigkeit und zur Verbesserung der Langlebigkeit von Produkten und Materialien in der Industrie und in vielen Branchen auch auf der Erde minimiert werden sollen.
  • Biofilms (Testing Laser Structured Antimicrobial Surfaces Under Space Conditions): Das BIOFILMS-Experiment untersucht die Biofilmbildung auf verschiedenen antimikrobiellen Oberflächen unter Weltraumbedingungen. Diese Oberflächen bestehen aus verschiedenen Metallen mit und ohne aktiv bakterizide Eigenschaften, die zusätzlich durch ultrakurz gepulstes DLIP in der Größenordnung einzelner Bakterienzellen oberflächenstrukturiert wurden. Auf diese Weise werden den im Experiment verwendeten Bakterienstämmen verbesserte, bzw. verschlechterte Kontaktbedingungen geboten. Der Einfluss dieser Oberflächeneigenschaften auf die bakterielle Biofilmbildung wird dabei im Zusammenhang mit variabler Schwerkraft durch Rotation in einer Zentrifuge innerhalb der ISS für Mond, Mars und Erde untersucht.
  • Space Biofilms: Ende 2019 startete das Experiment Space Biofilms zur ISS, um die Spezifika von im Weltraum gebildeten Biofilmen im Vergleich zu deren entsprechendem Pendant auf der Erde zu charakterisieren, zu untersuchen. Neben der Expression antimikrobieller Resistenzgene wurden hier auch neuartige Materialien, u.a. auf Basis der DLIP-Technologie als potenzielle Biofilm-Eindämmungsstrategien für zukünftige kritische ECLSS-Komponenten zu testen.
  • ConTACTS Concordia: Das Concordia-Experiment ConTACTS dient der Analyse antimikrobieller Oberflächen als Strategie zur Verringerung der mikrobiellen Belastung von Kontaktflächen und zur aktiven Verfolgung der mikrobiellen Ausbreitung. Die Concordia Station in der Antarktis dient hierbei innerhalb der mehrmonatigen Überwinterungsphase im arktischen Winter als Modell-Umgebung zur Untersuchung der speziellen Bedingungen innerhalb räumlich abgeschlossener künstlicher Habitate. Im Projekt ConTACTS Concordia werden in verschiedenen Bereichen der Concordia-Station innerhalb des mehrmonatigen Zeitraums der Überwinterung Probenträger mit antimikrobiell funktionalisierten Oberflächen angebracht. Diese Standorte sollen sich in ihren Umweltbedingungen wie Temperatur und Luftfeuchtigkeit und in der Häufigkeit des Aufenthalts von Personen unterscheiden. Die Touch Arrays umfassen antimikrobielle metallische Oberflächen auf Kupferbasis mit und ohne zusätzliche topografische Oberflächenstrukturierung mit DLIP. Die Oberflächen werden sowohl direkter täglicher Kontaktierung als auch reiner Luftstrom-Exposition in verschiedenen atmosphärisch variierenden Bereichen der Station ausgesetzt. Das Projekt wird dazu beitragen, die mikrobielle Ausbreitung in geschlossenen Lebensräumen u.a. durch häufig berührte Oberflächen zu verstehen und optimierte Eindämmungsstrategien zu erproben.[6]

...u.U. andere Experimentreihen?

Preise im Zusammenhang mit DLIP

  • Berthold Leibinger Innovationspreis (2016) beste laserinnovation
  • Werner Köster Preis (2006) Mücklich und andres
  • Masing Preis (2006) an Andres lasagni
  • masing preis 2020 an rosenkranz
  • German High Tech Champion in Photovoltaic Award (BMBF) andres
  • Materials Science and Technology Prize (FEMS) andres
  • mecs transferpreis löhn preis 2018/19

Einzelnachweise


  1. Laser‐Interference Crystallization of Amorphous Silicon: Applications and Properties. Abgerufen am 18. September 2022.
  2. Andrés F. Lasagni, Carsten Gachot, Kim E. Trinh, Michael Hans, Andreas Rosenkranz: Direct laser interference patterning, 20 years of development: from the basics to industrial applications. In: SPIE Proceedings. Band 10092. SPIE, 17. Februar 2017, S. 186–196, doi:10.1117/12.2252595 (doi.org [abgerufen am 19. September 2022]).
  3. Andrés Fabián Lasagni: Advanced design of periodical structures by laser interference metallurgy in the micro/nano scale on macroscopic areas. 2006, doi:10.22028/D291-22362 (uni-saarland.de [abgerufen am 19. September 2022]).
  4. DLR — Berührungsfeld des Experiments. Abgerufen am 9. Oktober 2022.
  5. Touching Surfaces. In: DLR Event. 19. Mai 2022, abgerufen am 9. Oktober 2022 (deutsch).
  6. ESA Project Euopean Space Agency. In: Institut Polaire. Abgerufen am 9. Oktober 2022 (britisches Englisch).