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Teilwertabschreibung

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Die Teilwertabschreibung ist ein Begriff aus dem Steuerrecht und bezeichnet eine außerordentliche Abschreibung auf ein Wirtschaftsgut auf den am Bilanzstichtag niedrigeren Teilwert. Im Handelsgesetzbuch ist eine entsprechende Abschreibung vorgesehen, die als außerplanmäßige Abschreibung bezeichnet wird, § 253 Abs. 3 Satz 3 HGB.

Begriff des Teilwerts

Für den Teilwertbegriff existiert eine Legaldefinition im Einkommensteuergesetz:

„Teilwert ist der Betrag, den ein Erwerber des ganzen Betriebs im Rahmen des Gesamtkaufpreises für das einzelne Wirtschaftsgut ansetzen würde; dabei ist davon auszugehen, dass der Erwerber den Betrieb fortführt.“ (§ 6 Abs.1 Nr.1 Satz 3 EStG)

Es handelt sich somit von der Konzeption her um einen Nutzungswert im Kontext des gesamten ökonomischen Vermögens. Obwohl dieses Wertkonzept theoretisch nicht zu beanstanden ist, stellte sich schnell heraus, dass es praktisch weitgehend nutzlos ist: Die Teilwertdefinition würde jedes Mal, wenn Anhaltspunkte für eine Wertminderung vorliegen, eine Bewertung des gesamten Betriebs notwendig machen; in einem zweiten Schritt müsste dann der anteilige Wert des betreffenden Wirtschaftsgutes ermittelt werden. Dies ist nicht praktikabel.

Daher wurden als Ersatz sog. Teilwertvermutungen geschaffen:[1]

  • Im Zeitpunkt der Anschaffung oder Herstellung eines Wirtschaftsguts gelten die Anschaffungs- oder Herstellungskosten als Teilwert
  • Für die Folgebewertung gelten bei abnutzbaren Wirtschaftsgütern des Anlagevermögens die um lineare AfA verringerten Anschaffungs- oder Herstellungskosten als Teilwert
  • Bei nicht abnutzbaren Wirtschaftsgütern des Anlagevermögens gelten auch nach dem erstmaligen Ansatz die Anschaffungs- oder Herstellungskosten als Teilwert
  • Bei Wirtschaftsgütern des Umlaufvermögens gelten grundsätzlich die Wiederbeschaffungskosten als Teilwert. Bei zum Verkauf bestimmten Wirtschaftsgütern hängt der Teilwert auch von deren voraussichtlichen Veräußerungserlös (Börsen- oder Marktpreis) ab
  • Die Wiederbeschaffungskosten bilden die Obergrenze des Teilwerts, der Einzelveräußerungspreis abzüglich Veräußerungskosten und ggfs. der Gewinnspanne ist die Wertuntergrenze

Faktisch wird das Teilwertkonzept also aufgegeben und es wird auf kosten- oder marktbasierte Wertkonzepte ausgewichen.

Der Teilwert ist der Marktwert des Wirtschaftsguts am Abschlussstichtag. Bei Aktien ist dies der aktuelle Kurs, bei Maschinen der Wiederverkaufswert. Für Ladenhüter ist in den Einkommensteuerrichtlinien ein Berechnungschema zur Ermittlung des Teilwerts vorgegeben. Allgemein ist der Teilwert der Betrag, den ein Fremder bezahlen würde, wenn er das Unternehmen übernehmen würde. Der Teilwert eines Grundstücks steigt zum Beispiel, wenn die Verkehrsanbindung verbessert wird, und sinkt, wenn eine Bodenverseuchung festgestellt wird.

Regelung der Teilwertabschreibung vor dem Bilanzrechtsmodernisierungsgesetz

Dieser Abschnitt bezieht sich auf die Rechtslage vor Geltung des Bilanzrechtsmodernisierungsgesetzes (BilMoG), also keine Anwendung mehr findet bei der Bilanzierung für Geschäftsjahre, die nach dem 31. Dezember 2009 beginnen.

Handelsrechtlich musste das Umlaufvermögen immer auf den niedrigeren beizulegenden Wert abgeschrieben werden. Bei einer dauernden Wertminderung musste, ansonsten konnte das Anlagevermögen auf einen niedrigeren Wert abgeschrieben werden. Einkommensteuerlich war die Teilwertabschreibung nur bei einer dauernden Wertminderung zulässig. Aufgrund des Maßgeblichkeitsprinzips war der handelsrechtliche Abschreibungszwang auf den niedrigeren Teilwert, bei einer dauerhaften Wertminderung, auch für das Steuerrecht über § 5 EStG maßgebend. Das steuerliche Wahlrecht zur Teilwertabschreibung für das Anlagevermögen, bei dauerhafter Wertminderung, wurde somit in einen Zwang umgewandelt. Bei der Abschreibung auf Umlaufvermögen konnten Differenzen zwischen der Handels- und Steuerbilanz auftreten, da handelsrechtlich unabhängig von einer dauernden Wertminderung abgeschrieben werden musste, steuerrechtlich die Abschreibung bei vorübergehender Wertminderung allerdings verboten war. Nach dem Imparitätsprinzip sind die Regelungen über die Teilwertabschreibung auf die Bewertung von Verbindlichkeiten entsprechend anzuwenden.

Regelung unter Berücksichtigung des Bilanzrechtsmodernisierungsgesetz

Anlagevermögen

Nach wie vor ist ohne dauernde Wertminderung keine Teilwertabschreibung zulässig. Bei einer dauernden Wertminderung können Abschreibungen vorgenommen werden gemäß § 6 Abs. 1 Nr. 1 S. 2 EStG, im Gegensatz zum Handelsrecht ist die Abschreibung aber freiwillig. Es besteht ein Wahlrecht nach § 5 Abs. 1 S. 1 EStG. Das Maßgeblichkeitsprinzip wurde aufgehoben, sodass steuerlich nun anders abgeschrieben werden kann als handelsrechtlich. Somit kann man in der Handelsbilanz eine außerplanmäßige Abschreibung ausweisen, in der Steuerbilanz aber die planmäßige Abschreibung weiterlaufen lassen.

Umlaufvermögen

Wie beim Anlagevermögen darf nur bei einer voraussichtlich dauernden Wertminderung abgeschrieben werden, gemäß § 6 Abs. 1 Nr. 2 S. 2 EStG. In diesem Punkt kann sich deswegen eine Zwangsabweichung zwischen der Handels- und Steuerbilanz ergeben.

Zuschreibungen

Generell darf, sowohl handels- als auch steuerrechtlich, niemals ein höherer Wert als die ursprünglichen Anschaffungskosten, minus die planmäßige Abschreibung, ausgewiesen werden. Steigt der Teilwert im Jahr nach der erfolgten außerplanmäßigen Abschreibung überraschend wieder, muss sowohl handels- als auch steuerrechtlich auf den höheren neuen Wert zugeschrieben werden (auch Wertaufholung genannt), und zwar maximal bis zu den Anschaffungskosten minus planmäßiger Abschreibung. Ist der Teilwert unverändert, muss der Wertansatz wie im Vorjahr beibehalten werden. Sinkt der Teilwert weiter, sind die oben genannten Voraussetzungen (dauernde Wertminderung usw.) nochmals durchzugehen.

Einzelnachweise

  1. H 6.7 EStH Teilwertvermutungen