Background Imaging of Cosmic Extragalactic Polarization
Background Imaging of Cosmic Extragalactic Polarization (BICEP) ist ein Experiment zur Messung der Polarisation der kosmischen Hintergrundstrahlung (CMB) in der Antarktis. Die verschiedenen Stufen des Experiments bestehen jeweils aus Mikrowellenantennen mit polarisationssensitiven Bolometern. Zu dem System von Teleskopen am Südpol gehört neben BICEP auch das Keck Array.

Hauptteil
Dazu gehören BICEP1 (operierte von Januar 2006 bis Dezember 2008, mit 98 Detektoren), BICEP2 (Januar 2010 bis Dezember 2012, mit 512 Detektoren) und das 2014 in Konstruktion befindliche BICEP3 (soll ab 2015 operieren, 2560 Detektoren) sowie das Keck Array (seit 2011 mit drei von fünf geplanten Teleskopen in Dienst, jedes mit 512 Detektoren). Die BICEP-Teleskope befinden sich in der Amundsen-Scott-Südpolstation im Dark Sector Laboratory, wo auch das South Pole Telescope untergebracht ist. Das Keck Array befindet sich im Martin A. Pomerantz Observatory (MAPO) der Station. Beobachtet wurde jeweils bei Frequenzen von 100 bzw. 150 GHz und ein Gebiet um den Himmels-Südpol.

Beteiligt sind das Caltech und das Jet Propulsion Laboratory, die Cardiff University, die University of Chicago, das Harvard-Smithsonian Center for Astrophysics, das CEA Grenoble (Frankreich), die University of Minnesota, die Stanford University, die University of California, San Diego (BICEP1, BICEP2), das National Institute of Standards and Technology (NIST), die University of British Columbia und die University of Toronto (Kanada, BICEP2, BICEP3, Keck Array) und die Case Western Reserve University (Keck Array).

Leitende Wissenschaftler von BICEP und Keck Array sind John Kovac (Harvard Smithsonian Center), Jamie Bock (Caltech, Jet Propulsion Laboratory), Clem Pryke (University of Minnesota), und Chao-Lin Kuo (Stanford/SLAC).
Meldung über die eBestätigung von kosmologischer Inflation und Gravitationswellen
Die Anlagen wurden speziell dafür ausgelegt, die sogenannte B-Mode in der CMB zu entdecken, den „Nachhall“ von Gravitationswellen-Signalen im Cosmic Gravitational Wave Background (CGB) aus der frühen inflationären Phase des Universums, die ihre Spuren im Verteilungsmuster der Polarisation der CMB als spezielle „Verwirbelungskomponente“ hinterließen.[1][2] Die Kollaboration von BICEP2 gab im März 2014 die Entdeckung der B-Mode im CMB bekannt.[3][4][5] Die B-Mode ist eine Signatur für Geschehnisse im Universum, die noch in der Inflationsperiode bis etwa 10-31 Sekunden nach dem Big Bang stattfanden und damit der früheste Blick ins Universum. Der CMB selbst stammte aus der Zeit der Rekombination der Elektron-Positron-Paare etwa 380.000 Jahre nach dem Big Bang, als Strahlung und Materie entkoppelten. Die Entdeckung der primordialen B-Moden war eines der Hauptziele kosmologischer Forschung. Sie liefern sowohl erste Bilder von Gravitationswellen als auch der inflationären Phase des Universums und wurden populärwissenschaftlich als erstes Zittern des Big Bang[6] umschrieben. Das Signal fiel stärker aus als von den Theoretikern erwartet mit einem Parameter r=0,2, wobei r das Verhältnis von Tensor- zu Skalaramplituden angibt (die Tensoramplitude stammt von Gravitationswellen, die Skalaramplitude von Dichtefluktuationen). Vor Bekanntgabe der Entdeckung eines B-Moden-Signals wurden die Daten drei Jahre lang genau analysiert, um Fehler und deren Herkunft aus späteren Verzerrungen etwa durch die Staubmassen oder Synchrotronstrahlung in unserer Galaxie auszuschließen. Atmosphärische Störungen der Messung zu vermeiden war ein Hauptgrund, die Teleskope am Südpol zu installieren. BICEP konnte dort rund um die Uhr[7] einen besonders störungsfreien Bereich des Südhimmels (Southern Hole) beobachten, der allerdings nur rund 2 Grad Ausdehnung hatte. Nach der Bekanntgabe der Resultate wird jetzt auf unabhängige Bestätigung der Ergebnisse zum Beispiel durch das Planck-Weltraumteleskop gewartet, das zudem auch im Gegensatz zu BICEP den gesamten Himmelsbereich abdeckt und bei unterschiedlichen Frequenzen misst. Das Planck-Teleskop liefert zudem genauere Aussagen zum Beispiel über den Gravitationslinsen-Hintergrund, der von den Messungen abzuziehen ist.
Im September 2014 veröffentlichte die Planck Collaboration (Planck-Teleskop) eine Zwischenanalyse ihrer Daten[8] nach der die fraglichen Bicep2-Daten durch polarisierte thermische Emission von kosmischem Staub der Milchstraße verursacht worden sein könnten, der durch das Magnetfeld der Milchstraße und dessen Fluktuationen beeinflusst wird.[9]
Literatur
- D. Barkats u. a.: Degree-Scale CMB Polarization Measurements from Three Years of BICEP1 Data. Astrophysical Journal, Arxiv 2013 (Ergebnisse von Bicep1)
- P. A. R. Ade u. a.: BICEP2 I: Detection Of B-mode Polarization at Degree Angular Scales. Arxiv 2014 (Entdeckung der B-Mode)
Weblinks
- Harvard Smithsonian Center for Astrophysics: BICEP2
- BICEP2 2014 Results Release
- Markus Pössel: BICEP2, Inflation, Kosmologie: Eine Expertenmeinung(Prof. Bartelmann) Scilog, 29. März 2014.
- Markus Pössel: BICEP2-Update: Wie steht’s mit Inflation und Gravitationswellen? Scilog, 23. März 2014.
- Markus Pössel: BICEP2 und die ersten Sekundenbruchteile nach dem Urknall. Scilog, 17. März 2014.
- Sean Carroll: Gravitational waves in the cosmic microwave background. 16. März 2014.
- Sean Carroll: BICEP2 Updates, 16. März 2014.
Einzelnachweise und Anmerkungen
- ↑ Das B stammt aus der Analogie zum magnetischen Feld, da es im Gegensatz zu den E-Feldkonfigurationen stets quellenfrei ist und folglich ein „Wirbelfeld“ darstellt, mathematisch also mit dem Rotations-Operator der Vektoranalysis gebildet wird (im Englischen daher auch curl-mode genannt). Die E-Mode ist das Analogon zum elektrischen Feld, das in der Elektrostatik sowie im Nahbereich elektrischer Dipolstrahlung stets wirbelfrei ist und somit über den Gradienten definiert werden kann. Die E-Mode aus der Zeit kurz vor der Rekombination (Zeit der letzten Streuung vor der Entkopplung von Strahlung und Materie) hatte bereits das DASI-Experiment (Degree Angular Scale Interferometer) 2002 nachgewiesen, der Vorgänger von BICEP. Die E-Mode gibt Hinweise auf den Gradienten der Geschwindigkeit des Plasmas vor der Entkopplung und damit auf die Dichtefluktuationen. Die B-Mode wurde schon 2013 vom konkurrierenden South Pole Telescope entdeckt, allerdings stammten die damals entdeckten B-Moden aus Gravitationslinseneffekten und waren somit nicht primordialen Ursprungs wie die von BICEP nachgewiesenen B-Moden, die aber ebenfalls von Gravitationslinsen-Beiträgen und anderen Effekten überlagert sind.
- ↑ Für eine anschauliche Darstellung von E- und B-Moden siehe auch
Shari Balouchi: Seeking the cosmic dawn. Sky and Telescope, 31. Juli 2013. - ↑ Stuart Clark: Gravitational waves: have US scientists heard echoes of the big bang? The Guardian, 14. März 2014.
- ↑ Harvard Smithsonian Center for Astrophysics: First Direct Evidence of Cosmic Inflation. 17. März 2014.
- ↑ Felicitas Mokler: Fingerabdruck der Inflation gemessen. Pro Physik, 18. März 2014.
- ↑ Max Rauner, Ulrich Schnabel: Urknall: der Geburtsschrei des Universums erreicht die Erde. Zeit Online, 17. März 2014.
- ↑ Wegen der Beobachtungen am Himmels-Südpol vom Südpol aus gingen die Sterne dort nie unter.
- ↑ R. Adam u.a., Planck intermediate results. XXX. The angular power spectrum of polarized dust emission at intermediate and high Galactic latitudes, Arxiv, 2014
- ↑ Natalie Wolchover, Big Bang Signal’ Could All Be Dust, Quanta Magazine, 21. September 2014