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MAB-Programm

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Das Programm Der Mensch und die Biosphäre (Man and the Biosphere Programme, MAB-Programm) der UNESCO erkennt Biosphärenreservate an, sorgt für ihre Weiterentwicklung, evaluiert und vernetzt sie weltweit und erforscht im globalen Maßstab die wichtigsten Ökosysteme. Auf der 16. Generalkonferenz der UNESCO 1970 ins Leben gerufen, war es das erste zwischenstaatliche Umweltprogramm, das der Weiterentwicklung und der Erforschung der Mensch-Umwelt-Beziehungen diente.

In MAB geht es nicht um Naturschutz im üblichen Sinn, sondern um einen interdisziplinären Ansatz, d.h. gesellschaftliche und ökonomische Fragen, z.B. auch die Schaffung von Einkommen, Probleme der Verstädterung und Demographie, insbesondere der Mensch selbst als Bestandteil der Biosphäre, stehen im Vordergrund. Übergeordnete Ziele sind, biologische Vielfalt und Ökosystemfunktionen zu erhalten, Kulturlandschaften partizipativ zu bewirtschaften und weiterzuentwickeln, für Klimaschutz durch Landnutzung und Anpassung an den Klimawandel zu werben sowie die sozialen, wirtschaftlichen und kulturellen Voraussetzungen für ökologische Nachhaltigkeit weiterzuentwickeln.

Am MAB-Programm beteiligen sich über 150 Staaten.

Entwicklung

Seit der Gründung standen die auf der ersten Sitzung des zwischenstaatlichen MAB-Koordinierungsrates 1971 festgelegten 14 Großforschungsprojekte zu Themen wie tropische Regenwälder, Wüsten, Gebirgsregionen oder Küstenlandschaften, im Vordergrund des Programms. Seit 1993 fokussierte sich MAB auf das Weltnetz der Biosphärenreservate.

Mit der Konferenz von Sevilla März 1995 wurde das Programm völlig neu gestaltet, und folgt seither dem Paradigma, dass der Schutz der biologischen Vielfalt nicht isoliert von den Bedürfnissen der Menschen gesehen werden kann. Seither sind Biosphärenreservate dem Wesen nach Schutzgebiete für das gemeinsame Habitat von Mensch und restlicher „Natur“ als ein System, der Biosphäre. Neben naturschützerischem Anliegen kamen auch Kulturgutschutz und Bildungsziele hinzu. Nach der Konferenz wurde die Sevilla-Strategie (1996) beschlossen, ein 90-Punkte-Programm mit Empfehlungen für globale, nationale und regionale Ebene. Die Strategie umfasst vier Leitziele:[1]

  1. Nutzung der Biosphärenreservate zur Erhaltung der natürlichen und kulturellen Vielfalt
  2. Nutzung der Biosphärenreservate als Modelle für die Landbewirtschaftung und für Ansätze der nachhaltigen Entwicklung
  3. Nutzung der Biosphärenreservate zur Forschung, Umweltbeobachtung, Bildung und Ausbildung
  4. Umsetzung des Konzepts der Biosphärenreservate

Zurzeit (Stand August 2012) sind von der UNESCO weltweit 597 Biosphärenreservate in 117 Staaten anerkannt worden. Sie bilden in ihrer Gesamtheit das Weltnetz der Biosphärenreservate. 1995 beschloss der zweite Weltkongress der Biosphärenreservate die Sevilla-Strategie. Spätestens seitdem sind Biosphärenreservate aus Sicht der UNESCO nicht mehr auf Naturschutz ausgerichtete Forschungsregionen, sondern vielmehr Modellgebiete und Lernregionen für nachhaltige Entwicklung.

Jedes Biosphärenreservat hat eine Schutzfunktion, eine Entwicklungsfunktion und eine Forschungs- und Bildungsfunktion. Die Biosphärenreservate sind in drei Zonen eingeteilt, eine Kern-, eine Pflege- und eine Entwicklungszone. Biosphärenreservate stehen für eine global repräsentative Auswahl aller Ökosysteme; sie werden gemäß international einheitlichen Kriterien anerkannt; die Pflege von Kulturlandschaften rangiert in der Bedeutung vor dem Schutz von Wildnisgebieten. In einigen Ländern sind Biosphärenreservate gesetzlich geschützt; alle Gebiete müssen partizipativ einen Rahmenaktionsplan erarbeiten; sie werden regelmäßig evaluiert. Im Februar 2008 wurde der Aktionsplan von Madrid als politisches Rahmendokument bis 2013 beschlossen.

Organe

MAB-ICC: Das MAB-Programm wird in erster Linie durch den ICC (International Coordinating Council) gesteuert. Die Mitglieder des ICC sind Staaten, welche für vier Jahre von der Generalkonferenz der UNESCO gewählt werden. Alle zwei Jahre wird die Hälfte der Mitgliedstaaten des ICC neu gewählt, dabei sind alle Weltregionen (nach UNESCO-Definition) angemessen vertreten. Der ICC tagt jährlich und wählt aus den Delegierten der Mitgliedstaaten des ICC seinen Vorsitzenden und dessen 5 Stellvertreter, die ein 6-köpfiges Bureau bilden, welches zwischen den jährlichen Treffen die Geschäfte führt. Der ICC berät über die fachliche Weiterentwicklung und Ausrichtung des MAB-Programms. Derzeit ist Boshra Salem aus Ägypten Vorsitzender dieses Bureau. Der ICC entscheidet über die Anerkennung neuer Gebiete als UNESCO-Biosphärenreservate und diskutiert Evaluierungen von Biosphärenreservaten, welche auf nationaler Ebene durchgeführt werden.

Zusammensetzung des MAB-ICC:

Mitgliedsstaaten bis zur UNESCO-Generalkonferenz 2013: Äthiopien, Australien, Bahrain, Benin, Indien, Jamaika, Jordanien, Kasachstan, Libanon, Litauen, Mexiko, Nigeria, Norwegen, Portugal, Türkei

Mitgliedsstaaten bis zur UNESCO-Generalkonferenz 2015: Ägypten, Chile, Costa Rica, Côte d'Ivoire, Estland, Ghana, Großbritannien, Haiti, Honduras, Iran, Israel, JApan, Kenia, Korea, Luxemburg, Tansania, Thailand, Ukraine, Weißrussland

Das MAB-Sekretariat: Das Sekretariat des MAB-Programms, das die alltägliche Arbeit leistet, ist Teil der UNESCO-Abteilung für "Ökologische- und Erdwissenschaften" im Sektor Naturwissenschaften. Der Leiter des Sekretariats ist seit Sommer 2012 Dr. Thomas Schaaf. Etwa 20 Mitarbeiter sind in dieser Abteilung tätig.

Der Internationale Beirat für Biosphärenreservate setzt sich aus Praktikern zusammen, die den MAB-ICC und das MAB-Sekretariat fachlich beraten.

Viele Staaten haben zur Mitwirkung im MAB-Programm Nationalkomitees gegründet, andere Staaten haben nur einen nationalen Kontaktpunkt (focal point). Oft sind die Nationalkomitees an UNESCO-Nationalkommissionen angegliedert. In Deutschland ist das MAB-Nationalkomitee ein unabhängiges Gremium von derzeit 13 Experten aus allen für MAB einschlägigen Fachbereichen, das vom Bundesumweltminister berufen wird und dem ein Vertreter des Ministeriums vorsitzt. Das deutsche MAB-Nationalkomitee begutachtet und berät Vorschläge für neue Biosphärenreservate, begleitet bestehende bei der Weiterentwicklung als Modellregionen für nachhaltige Entwicklung und evaluiert sie alle 10 Jahre in einem aufwändigen Prozess. Die Geschäftsstelle des deutschen MAB-Nationalkomitees ist beim Bundesamt für Naturschutz angesiedelt. Auch Österreich hat ein MAB-Nationalkomitee.

Einzelnachweise

  1. Ingrid Klaffl, Irene Oberleitner, Maria Tiefenbach: Biogenetische Reservate und Biosphärenreservate in Österreich. Umweltbundesamt: Report R-161, Wien 1999, Abschnitt 3. Biosphärenreservate, S. 216 ff, insb. 3.3 Sevilla-Strategie (Unesco, 1996), S. 218 (pdf, umweltbundesamt.at).