„Graphen“ – Versionsunterschied
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'''Graphen''' ({{IPA|gʀaːfeːn}}, [[Englische Sprache|englisch]] ''Graphene'') ist sowohl die Bezeichnung für eine der Kohlenstoffschichten mit der [[Wabe]]nstruktur des [[Graphit]]s ([[Einlagerungsmischkristall|Einlagerungsverbindung]]). Es besteht aus monoatomar dünnen Schichten von [[Hybrid-Orbital|sp<sup>2</sup>-hybridisiertem]] [[Kohlenstoff]], was zu der ebenen, wabenförmigen Anordnung der Atome führt. |
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Wie bei [[Alkene|Alkenen]] oder [[Benzol|Benzen]] verweist die Endung ''en'' des Namens auf ungesättigte Doppelbindungen in den Kohlenstoff-Ringen. Graphen-Flächeneinkristalle sind innerhalb der Flächen außerordentlich steif und fest. Die [[Elastizitätsmodul|Steifigkeit]] entspricht der von normalen Graphit entlang der [[Basal]]ebenen ca. 1020 GPa und ist fast so groß wie die des Diamants. |
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Wissenschaftler der New Yorker Columbia University veröffentlichten im Juli 2008 in [[Science]] weitergehende Messergebnisse. Sie hoben hervor, dass Graphen die höchste Rissfestigkeit aufwiese, die je ermittelt wurde.<ref>Changgu Lee, Xiaoding Wei, Jeffrey W. Kysar, James Hone: ''Measurement of the Elastic Properties and Intrinsic Strength of Monolayer Graphene'' |
Wissenschaftler der New Yorker Columbia University veröffentlichten im Juli 2008 in [[Science]] weitergehende Messergebnisse. Sie hoben hervor, dass Graphen die höchste Rissfestigkeit aufwiese, die je ermittelt wurde.<ref>Changgu Lee, Xiaoding Wei, Jeffrey W. Kysar, James Hone: ''Measurement of the Elastic Properties and Intrinsic Strength of Monolayer Graphene.'' In: ''[[Science]]'' 321, Nr. 5887, 2008, S. 385–388 ({{DOI|10.1126/science.1157996}})''</ref> |
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Die Darstellung von Graphen erfolgt durch Aufspalten von Graphit in seine |
Die Darstellung von Graphen erfolgt durch Aufspalten von Graphit in seine Basalebenen. Dabei wird zunächst Sauerstoff [[Interkalation (Chemie)|interkaliert]]. Das Diagramm rechts zeigt vier Graphit-Basalebenen eingezeichnet. Die blauen Kugeln stehen für Sauerstoff. Der Sauerstoff reagiert partiell mit dem Kohlenstoff und führt zu einer gegenseitigen Abstoßung der Schichten. Anschließend werden die Graphene suspendiert und je nach Verwendungszweck zum Beispiel in Polymeren eingebettet. |
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Eine weitere Möglichkeit der Darstellung einzelner Graphen-Lagen ist das Erhitzen hexagonaler [[Siliciumcarbid]]-Oberflächen auf Temperaturen oberhalb 1400 °C. Aufgrund des höheren [[Dampfdruck|Dampfdruckes]] des [[Silicium]]s evaporieren die Silicium-Atome schneller als die Kohlenstoff-Atome. Auf der Oberfläche bilden sich dann dünne Schichten einkristallinen [[Graphit|Graphits]], die aus wenigen Graphen-Monolagen bestehen. |
Eine weitere Möglichkeit der Darstellung einzelner Graphen-Lagen ist das Erhitzen hexagonaler [[Siliciumcarbid]]-Oberflächen auf Temperaturen oberhalb 1400 °C. Aufgrund des höheren [[Dampfdruck|Dampfdruckes]] des [[Silicium]]s evaporieren die Silicium-Atome schneller als die Kohlenstoff-Atome. Auf der Oberfläche bilden sich dann dünne Schichten einkristallinen [[Graphit|Graphits]], die aus wenigen Graphen-Monolagen bestehen. |
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Der [[Einzelelektronentransistor]] aus Graphen könnte Silicium als Transistormaterial ablösen. <ref>Nico Ernst: ''[http://www.golem.de/0703/50897.html Briten entwickeln Ein-Elektron-Transistor aus Graphen: Zweidimensionaler Kohlenstoff als neuer Halbleiter]''. Auf: ''www.golem.de''. 06.03.2007</ref><ref>{{Literatur |Autor=Kevin Bullis, Wolfgang Stieler |Titel=Magischer Halbleiter-Stoff |Sammelwerk=[[Technology Review]] |Band=4 |Jahr=2008 |Online=[http://www.heise.de/tr/Magischer-Halbleiter-Stoff--/artikel/105085/] |Zugriff=2008-03-28}}</ref> |
Der [[Einzelelektronentransistor]] aus Graphen könnte Silicium als Transistormaterial ablösen. <ref>Nico Ernst: ''[http://www.golem.de/0703/50897.html Briten entwickeln Ein-Elektron-Transistor aus Graphen: Zweidimensionaler Kohlenstoff als neuer Halbleiter]''. Auf: ''www.golem.de''. 06.03.2007</ref><ref>{{Literatur |Autor=Kevin Bullis, Wolfgang Stieler |Titel=Magischer Halbleiter-Stoff |Sammelwerk=[[Technology Review]] |Band=4 |Jahr=2008 |Online=[http://www.heise.de/tr/Magischer-Halbleiter-Stoff--/artikel/105085/] |Zugriff=2008-03-28}}</ref> |
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<ref>{{Literatur |Autor=Zhihong Chen, Yu-Ming Lin, Michael J. Rooks, Phaedon Avouris |Titel=Graphene nano-ribbon electronics |Sammelwerk=Physica E: Low-dimensional Systems and Nanostructures |Band=40 |Nummer=2 |Jahr=2007 |
<ref>{{Literatur |Autor=Zhihong Chen, Yu-Ming Lin, Michael J. Rooks, Phaedon Avouris |Titel=Graphene nano-ribbon electronics |Sammelwerk=Physica E: Low-dimensional Systems and Nanostructures |Band=40 |Nummer=2 |Jahr=2007|Seiten=228-232 |DOI=10.1016/j.physe.2007.06.020}}</ref> |
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Hier bezeichnet <math>v_F\approx 10^6\ \mathrm{m/s}</math> die [[Fermi-Geschwindigkeit]] in Graphen, die an die Stelle der Lichtgeschwindigkeit tritt; <math>\vec{\sigma}</math> bezeichnet die [[Pauli-Matrizen]], <math>\psi(\mathbf{r})</math> die zweikomponentige [[Wellenfunktion]] der Elektronen und <math>E</math> ihre Energie. <ref>{{Literatur |Autor=A. H. Castro Neto, F. Guinea, N. M. R Peres, K. S. Novoselov, A. K. Geim |Titel=The electronic properties of graphene |Sammelwerk= |
Hier bezeichnet <math>v_F\approx 10^6\ \mathrm{m/s}</math> die [[Fermi-Geschwindigkeit]] in Graphen, die an die Stelle der Lichtgeschwindigkeit tritt; <math>\vec{\sigma}</math> bezeichnet die [[Pauli-Matrizen]], <math>\psi(\mathbf{r})</math> die zweikomponentige [[Wellenfunktion]] der Elektronen und <math>E</math> ihre Energie. <ref>{{Literatur |Autor=A. H. Castro Neto, F. Guinea, N. M. R Peres, K. S. Novoselov, A. K. Geim |Titel=The electronic properties of graphene |Sammelwerk=Arxiv preprint|Jahr=2007 |arxiv=0709.1163v2}}</ref> |
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*{{Literatur |Autor = Björn Trauzettel |Titel = Von Graphit zu Graphen |Sammelwerk = [[Physik Journal]] |Band = 6 |Nummer = 7 |
*{{Literatur |Autor = Björn Trauzettel |Titel = Von Graphit zu Graphen |Sammelwerk = [[Physik Journal]] |Band = 6 |Nummer = 7 |Jahr = 2007 |Seiten = 39–44 |ISSN = 1617-9439 |Online = [http://www.pro-physik.de/Phy/leadArticle.do?laid=9385]}} |
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|Verlag = Wiley-VCH |Ort = Weinheim |Jahr = 2007 |Monat = Juli |Seiten = 39–44 |ISSN = 1617-9439 |Kommentar = |
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*{{Literatur |Autor=Mikhail I. Katsnelson |Titel=Graphene: carbon in two dimensions |Sammelwerk=Materials Today |Band=10 |Nummer=1-2 |Jahr=2007 |Seiten=20–27 |ISSN = 1369-7021 |DOI=10.1016/S1369-7021(06)71788-6}} |
*{{Literatur |Autor=Mikhail I. Katsnelson |Titel=Graphene: carbon in two dimensions |Sammelwerk=Materials Today |Band=10 |Nummer=1-2 |Jahr=2007 |Seiten=20–27 |ISSN = 1369-7021 |DOI=10.1016/S1369-7021(06)71788-6}} |
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*{{Literatur |Autor=Phaedon Avouris, Zhihong Chen, Vasili Perebeinos |Titel=Carbon-based electronics |Sammelwerk=Nat Nano |Band=2 |Nummer=10 |Jahr=2007 |
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* {{Literatur | Autor= Andre K. Geim, Philip Kim | Titel= Wunderstoff aus dem Bleistift | Sammelwerk= [[Spektrum der Wissenschaft]] | Nummer=8 | Jahr=2008 | Seiten=86-93}} |
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* {{Literatur | Autor= Andre K. Geim, Philip Kim |
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| Titel= Wunderstoff aus dem Bleistift |
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| Sammelwerk= [[Spektrum der Wissenschaft]] | Nummer=8/08 |
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| Verlag=[[Spektrum der Wissenschaft (Verlag)|Spektrum]] |
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| Ort=Heidelberg | Jahr=2008 | Seiten=86-93 |
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== Einzelnachweise == |
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Version vom 3. Oktober 2008, 17:10 Uhr
Graphen (englisch Graphene) ist sowohl die Bezeichnung für eine der Kohlenstoffschichten mit der Wabenstruktur des Graphits (Einlagerungsverbindung). Es besteht aus monoatomar dünnen Schichten von sp2-hybridisiertem Kohlenstoff, was zu der ebenen, wabenförmigen Anordnung der Atome führt.
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Struktur
Wie bei Alkenen oder Benzen verweist die Endung en des Namens auf ungesättigte Doppelbindungen in den Kohlenstoff-Ringen. Graphen-Flächeneinkristalle sind innerhalb der Flächen außerordentlich steif und fest. Die Steifigkeit entspricht der von normalen Graphit entlang der Basalebenen ca. 1020 GPa und ist fast so groß wie die des Diamants.
Wissenschaftler der New Yorker Columbia University veröffentlichten im Juli 2008 in Science weitergehende Messergebnisse. Sie hoben hervor, dass Graphen die höchste Rissfestigkeit aufwiese, die je ermittelt wurde.[1]
Die Darstellung von Graphen erfolgt durch Aufspalten von Graphit in seine Basalebenen. Dabei wird zunächst Sauerstoff interkaliert. Das Diagramm rechts zeigt vier Graphit-Basalebenen eingezeichnet. Die blauen Kugeln stehen für Sauerstoff. Der Sauerstoff reagiert partiell mit dem Kohlenstoff und führt zu einer gegenseitigen Abstoßung der Schichten. Anschließend werden die Graphene suspendiert und je nach Verwendungszweck zum Beispiel in Polymeren eingebettet.
Eine weitere Möglichkeit der Darstellung einzelner Graphen-Lagen ist das Erhitzen hexagonaler Siliciumcarbid-Oberflächen auf Temperaturen oberhalb 1400 °C. Aufgrund des höheren Dampfdruckes des Siliciums evaporieren die Silicium-Atome schneller als die Kohlenstoff-Atome. Auf der Oberfläche bilden sich dann dünne Schichten einkristallinen Graphits, die aus wenigen Graphen-Monolagen bestehen.
Neben den Anwendungsmöglichkeiten in Verbundwerkstoff dient Graphen in der Grundlagenforschung als Modellsubstanz für zweidimensionale Kristalle: Es ist schwierig, das System in dieser Form zu erhalten, d. h. als Einzelschicht. Erst im Jahre 2004 gelang dies einer Arbeitsgruppe an der Universität Manchester, was zu kontaktierbaren „Graphen-Flocken“ führte.
Der Einzelelektronentransistor aus Graphen könnte Silicium als Transistormaterial ablösen. [2][3] [4]
Eigenschaften
Die elektrischen Eigenschaften von Graphen lassen sich gut durch ein Tight-Binding-Modell beschreiben. Im Rahmen dieses Modells ergibt sich die Energie der Elektronen mit Impuls zu
- [5],
mit der Nächsten-Nachbar-Hopping-Energie und der Gitterkonstante . Leitungs- und Valenzband (entsprechen Plus bzw. Minus in der obigen Dispersionsrelation) berühren sich in Graphen in sechs ausgezeichneten Punkten, den sogenannten K-Punkten, von denen jedoch nur zwei voneinander unabhängig sind (die übrigen sind durch die Gittersymmetrie zu diesen beiden äquivalent). In ihrer Umgebung hängt die Energie wie bei einem relativistischen Teilchen linear vom Impuls ab. Da die Basis zweiatomig ist, hat die Wellenfunktion sogar eine Spinorstruktur. Dies führt dazu, dass die Elektronen bei niedrigen Energien durch eine Gleichung, die formal äquivalent zur Dirac-Gleichung ist, beschrieben werden können, und zwar im sogenannten chiralen Limes, d. h. für verschwindende Ruhemasse , was einige Besonderheiten ergibt:
Hier bezeichnet die Fermi-Geschwindigkeit in Graphen, die an die Stelle der Lichtgeschwindigkeit tritt; bezeichnet die Pauli-Matrizen, die zweikomponentige Wellenfunktion der Elektronen und ihre Energie. [6]
Literatur
- Björn Trauzettel: Von Graphit zu Graphen. In: Physik Journal. Band 6, Nr. 7, 2007, ISSN 1617-9439, S. 39–44 ([2]).
- Mikhail I. Katsnelson: Graphene: carbon in two dimensions. In: Materials Today. Band 10, Nr. 1-2, 2007, ISSN 1369-7021, S. 20–27, doi:10.1016/S1369-7021(06)71788-6.
- Phaedon Avouris, Zhihong Chen, Vasili Perebeinos: Carbon-based electronics. In: Nat Nano. Band 2, Nr. 10, 2007, ISSN 1748-3387, S. 605–615, doi:10.1038/nnano.2007.300.
- Andre K. Geim, Philip Kim: Wunderstoff aus dem Bleistift. In: Spektrum der Wissenschaft. Nr. 8, 2008, S. 86–93.
Einzelnachweise
- ↑ Changgu Lee, Xiaoding Wei, Jeffrey W. Kysar, James Hone: Measurement of the Elastic Properties and Intrinsic Strength of Monolayer Graphene. In: Science 321, Nr. 5887, 2008, S. 385–388 (doi:10.1126/science.1157996)
- ↑ Nico Ernst: Briten entwickeln Ein-Elektron-Transistor aus Graphen: Zweidimensionaler Kohlenstoff als neuer Halbleiter. Auf: www.golem.de. 06.03.2007
- ↑ Kevin Bullis, Wolfgang Stieler: Magischer Halbleiter-Stoff. In: Technology Review. Band 4, 2008 ([1] [abgerufen am 28. März 2008]).
- ↑ Zhihong Chen, Yu-Ming Lin, Michael J. Rooks, Phaedon Avouris: Graphene nano-ribbon electronics. In: Physica E: Low-dimensional Systems and Nanostructures. Band 40, Nr. 2, 2007, S. 228–232, doi:10.1016/j.physe.2007.06.020.
- ↑ P. R. Wallace: The Band Theory of Graphite. In: Physical Review. Band 71, Nr. 9, 1947, S. 622–634, doi:10.1103/PhysRev.71.622.
- ↑ A. H. Castro Neto, F. Guinea, N. M. R Peres, K. S. Novoselov, A. K. Geim: The electronic properties of graphene. In: Arxiv preprint. 2007, arxiv:0709.1163v2.