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„6. Sinfonie (Haydn)“ – Versionsunterschied

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Joseph Haydn schrieb die '''Sinfonie Nr. 6 D-dur „Le matin“''' (Der Morgen) zusammen mit den [[7. Sinfonie (Haydn)|Nummern 7 „Le midi“]] (Der Mittag) und [[8. Sinfonie (Haydn)|8 „Le soir“]] (Der Abend) im Jahr [[1761]]. Es ist der einzige zusammenhängende Zyklus innerhalb seiner 104 Sinfonien und eine der wenigen Gelegenheiten, wo er eindeutig [[Programmmusik|programmatische]], außermusikalische Inhalte verarbeitet. Die Titel sind wahrscheinlich authentisch; zumindest für „Le midi“ gibt es einen Beleg in Haydns Handschrift auf einem Autograph.


== Allgemeines ==
Am 1. Mai 1761 unterzeichnete Haydn seinen Vertrag als Vize-[[Kapellmeister]] (später Kapellmeister) der Familie [[Esterházy]], der nominell 48 Jahre lang - bis zu seinem Tod - bestand. Prinz Paul Anton gehörte zu einer der wohlhabendsten Familien der österreichisch-ungarischen Monarchie und verfügte über ein ausgezeichnetes Orchester. Die drei Sinfonien sind sehr wahrscheinlich die ersten Werke, die Haydn in seiner neuen Funktion komponierte, möglicherweise sogar auf ausdrücklichen Auftrag seines neuen Dienstherren. Sie unterscheiden sich wesentlich von seinen früher entstandenen Werken. Waren diese dreisätzig schnell – langsam – schnell, haben die neuen bereits die „klassische“ Satzfolge schnell – langsam – Menuett (mit Trio) – schnell. Auffällig ist auch die erweiterte Besetzung: hatte er bislang neben den Streichern und dem [[Continuo]] lediglich je zwei [[Oboe|Oboen]] und [[Horn (Musikinstrument)|Hörner]] verwendet, kommen nun auch [[Flöte]] und [[Fagott]] zum Einsatz (das Fagott war früher nur zur Verdoppelung der Continuostimme besetzt und in der Partitur nicht gesondert notiert). In allen drei Sinfonien sind zahlreiche Soli komponiert, was die Werke in der Nähe des barocken [[Concerto grosso]] rückt; allerdings ist die Trennung von ''[[Concertino]]'' und ''[[Ripieno]]'' nicht mehr sehr ausgeprägt. Es ist zu vermuten, dass der Komponist seine neuen Musikerkollegen mit den vielen Möglichkeiten, ihr technisches Können unter Beweis zu stellen, für sich einnehmen und gleichzeitig seinem Auftraggeber einen Beweis seiner Kreativität bieten konnte.


Joseph Haydn schrieb die Sinfonie Nr. 6 D-Dur "Le matin" (Der Morgen) zusammen mit den Nummern
== Sätze ==
[[7. Sinfonie (Haydn)|Nummern 7 „Le midi“]] (Der Mittag) und 8 [[8. Sinfonie (Haydn)|8 „Le soir“]] (Der Abend) wahrscheinlich im Jahr 1761. Es ist der einzige zusammenhängende Zyklus innerhalb seiner Sinfonien, der als "Die Tageszeiten" bekannt wurde. Pahlen (1978) vermutet, das aus dem Zyklus ein viertes Werk ("La nuit", die Nacht) verloren ging. <br />
Die Titel für diese drei Sinfonien scheinen authentisch zu sein, da das eine vorhandene [[Autograph]] der Sinfonie Nr. 7 den Titel "Le midi" in Haydns Handschrift aufweist. Alle drei Sinfonien beruhen offenbar auf einem [[Programmmusik|programmatischen]], Inhalt, den Haydn aber nicht bekannt gab, jedoch durch die Titel nahe gelegt wird. Der Anfang von "Le matin" z. B. erinnert an einen Sonnenaufgang, während das Finale von "Le soir" mit dem Untertitel "La Tempesta" ein Sommergewitter erinnert darstellt. <br /><br />


Am 1.5.1761 unterzeichnete Haydn seinen Vertrag als Vize-Kapellmeister (später Kapellmeister) der Familie Esterházy, der nominell 48 Jahre lang – bis zu seinem Tod – bestand. Prinz Paul Anton gehörte zu einer der wohlhabendsten Familien der österreichisch-ungarischen Monarchie und verfügte über ein ausgezeichnetes Orchester. Die Sinfonien des "Tageszeiten"-Zyklus sind wahrscheinlich die ersten Werke, die Haydn in seiner neuen Funktion komponierte, nach A. C. Dies (zit. bei Landon o. J.) auf Vorschlag des Fürsten selbst.
Der erste Satz von „Le matin“ in [[Sonatenhauptsatzform]] beginnt D-dur im 4/4-Takt, ''[[Adagio]]'' und ''[[pianissimo]]'', mit einem langsam aufsteigenden [[Motiv]] in den Violinen, bevor im [[Crescendo]] bis zum ''[[Forte]]'' nacheinander die Bläser dazukommen; gut erkennbar wird hier der Sonnenaufgang am Morgen beschrieben. Die [[Exposition (Musik)|Exposition]] des anschließenden [[Allegro]]s im 3/4-Takt eröffnet solistisch die Flöte mit einem tänzerischen [[Hauptsatz (Musik)|Hauptthema]], das von den Oboen aufgenommen wird und in ein lebhaftes [[Tutti]] mündet. Ein [[Seitenthema|zweites Thema]] ist nicht eindeutig zu erkennen; vielmehr werden zahlreiche neue, kleine Elemente vorgestellt. In der [[Durchführung (Musik)|Durchführung]], traditionsgemäß in der [[Dominante]] A-dur, überrascht ein plötzliches Piano mit Streichertremoli und absteigenden Bassnoten, das in ein Fis-dur-Forte führt. Ein zweitaktiges Solo des ersten Horns leitet über in die [[Reprise (Musik)|Reprise]].
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Von vorangegangenen Sinfonien unterscheiden sie sich
*durch den Einbau eines Menuetts als 3. Satz (Pahlen 1978 gibt fälschlicherweise an, das die Sinfonien Nr. 6-8 nur 3 Sätze hätten),
*die erweiterte Besetzung mit Flöte und Fagott (das Fagott war damals meist nur zur Verdoppelung der Continuostimme besetzt und in der Partitur nicht gesondert notiert),
*die zahlreichen Soli für verschiedenste Instrumente, was die Werke in die Nähe des barocken Concerto grosso rückt. Allerdings ist die Trennung von Concertino / Solo und Ripieno (Tutti) nicht mehr sehr ausgeprägt.
Wahrscheinlich wollte Haydn seinen neuen Musikerkollegen mit den vielen Möglichkeiten, ihr technisches Können unter Beweis zu stellen, für sich einnehmen und gleichzeitig seinem Auftraggeber eine Kostprobe seiner Kreativität bieten. <br />
Bezüglich der Struktur sind die Sätze nicht klar in ein Schema einzuordnen. Die "Themen" bzw. treffender: Motive werden kaum verarbeitet. Es sind also Zwischenformen auf dem Weg von der alten Suite zu neuen Formen, aus denen später – auch unter Haydns Beteiligung - die Sonatensatzform hervorging. Solche Zwischenformen finden sich auch in anderen frühen Sinfonien von Haydn (z. B. Sinfonie Nr. 12 E-Dur).
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Besetzung:
[[Querflöte|Flöte]], 2 [[Oboe]]n, [[Fagott]], 2 [[Horn (Musikinstrument)|Hörner]] in D, [[Violine]] Solo, 2 Violinen Ripieno, [[Bratsche|Viola]], [[Cello]] Solo, Cello Ripieno, [[Kontrabass|Bass]] Solo, [[Kontrabass|Bass]] Ripieno, [[Cembalo]]. <br />
Folgende Instrumente treten im Verlauf der Sinfonie als Solo auf (z. T. nur für wenige Takte): Flöte, Oboe, Fagott, Horn, Violine, Viola, Cello, Kontrabass. <br /><br />


Aufführungszeit: Ca. 20-25 Minuten <br /><br />
Im zweiten Satz (G-dur) sind nur Streicher besetzt. Am Anfang im 4/4-Takt steht ein ein leises, fast zögerliches [[Adagio]], das dem [[Konzertmeister]] erstmals die Möglichkeit zum Solo bietet. Nach 14 Takten wird der Satz in einem 3/4-Takt-[[Andante]] fortgesetzt, in dem der Konzertmeister in langen [[Triolen]]ketten bis in sehr hohe Lagen brillieren kann, gelegentlich ergänzt durch ein Solocello. Am Ende wird das Anfangs-Adagio wiederaufgenommen; der Satz schließt mit zwei Pianissimo-Akkorden.


Welcher Satz stellt den Sonnenaufgang dar? <br />
Im robusten D-dur-[[Menuett]] ist die Besetzung wieder vollständig. Wiederum tritt die Flöte solistisch auf. Besonders überraschend ist die Instrumentierung des [[Trio (Musik)|Trios]] (d-moll): im ersten Teil spielt das Fagott zur Begleitung eines Solokontrabasses und leisen Streicher[[pizzicato|pizzicati]] ein charakteristisches Solo, im zweiten Teil wird es unterstützt vom Solocello und kurz sogar einer Solobratsche, später übernimmt wieder der Bass.
Pahlen (1978) konkretisiert den Sonnenaufgang nicht auf einen Satz, Landon (o. J.) sieht den Anfang des 1. Satzes als Sonnenaufgang an. Jedoch enthält auch die Einleitung des 2. Satzes eine aufsteigende Melodik, die als lautmalerischer Sonnenaufgang interpretiert werden kann (aufsteigendes Hauptmotiv zudem auch im 4. Satz). Die Adagio-Teile des 2. Satzes rufen zumindest beim Autor dieser Zeilen die Assoziation einer "verhangen-nebeligen" Morgenstimmung hervor. <br /><br />

Das [[Finale]] (Allegro, G-dur, 2/4-Takt) eröffnet erneut die Flöte mit einer aufsteigenden Tonleiter über eine Oktav, die das charakteristische Element des Satzes bildet. Sie wird zuerst von der Solovioline, dann vom Tutti aufgenommen. Auch dieser Satz wird mehr durch die verschiedenen Soli von Violine, Cello und Flöte geprägt als durch motivische Arbeit.





Version vom 28. Dezember 2007, 15:42 Uhr

Allgemeines

Joseph Haydn schrieb die Sinfonie Nr. 6 D-Dur "Le matin" (Der Morgen) zusammen mit den Nummern Nummern 7 „Le midi“ (Der Mittag) und 8 8 „Le soir“ (Der Abend) wahrscheinlich im Jahr 1761. Es ist der einzige zusammenhängende Zyklus innerhalb seiner Sinfonien, der als "Die Tageszeiten" bekannt wurde. Pahlen (1978) vermutet, das aus dem Zyklus ein viertes Werk ("La nuit", die Nacht) verloren ging.
Die Titel für diese drei Sinfonien scheinen authentisch zu sein, da das eine vorhandene Autograph der Sinfonie Nr. 7 den Titel "Le midi" in Haydns Handschrift aufweist. Alle drei Sinfonien beruhen offenbar auf einem programmatischen, Inhalt, den Haydn aber nicht bekannt gab, jedoch durch die Titel nahe gelegt wird. Der Anfang von "Le matin" z. B. erinnert an einen Sonnenaufgang, während das Finale von "Le soir" mit dem Untertitel "La Tempesta" ein Sommergewitter erinnert darstellt.

Am 1.5.1761 unterzeichnete Haydn seinen Vertrag als Vize-Kapellmeister (später Kapellmeister) der Familie Esterházy, der nominell 48 Jahre lang – bis zu seinem Tod – bestand. Prinz Paul Anton gehörte zu einer der wohlhabendsten Familien der österreichisch-ungarischen Monarchie und verfügte über ein ausgezeichnetes Orchester. Die Sinfonien des "Tageszeiten"-Zyklus sind wahrscheinlich die ersten Werke, die Haydn in seiner neuen Funktion komponierte, nach A. C. Dies (zit. bei Landon o. J.) auf Vorschlag des Fürsten selbst.

Von vorangegangenen Sinfonien unterscheiden sie sich

  • durch den Einbau eines Menuetts als 3. Satz (Pahlen 1978 gibt fälschlicherweise an, das die Sinfonien Nr. 6-8 nur 3 Sätze hätten),
  • die erweiterte Besetzung mit Flöte und Fagott (das Fagott war damals meist nur zur Verdoppelung der Continuostimme besetzt und in der Partitur nicht gesondert notiert),
  • die zahlreichen Soli für verschiedenste Instrumente, was die Werke in die Nähe des barocken Concerto grosso rückt. Allerdings ist die Trennung von Concertino / Solo und Ripieno (Tutti) nicht mehr sehr ausgeprägt.

Wahrscheinlich wollte Haydn seinen neuen Musikerkollegen mit den vielen Möglichkeiten, ihr technisches Können unter Beweis zu stellen, für sich einnehmen und gleichzeitig seinem Auftraggeber eine Kostprobe seiner Kreativität bieten.
Bezüglich der Struktur sind die Sätze nicht klar in ein Schema einzuordnen. Die "Themen" bzw. treffender: Motive werden kaum verarbeitet. Es sind also Zwischenformen auf dem Weg von der alten Suite zu neuen Formen, aus denen später – auch unter Haydns Beteiligung - die Sonatensatzform hervorging. Solche Zwischenformen finden sich auch in anderen frühen Sinfonien von Haydn (z. B. Sinfonie Nr. 12 E-Dur).

Besetzung: Flöte, 2 Oboen, Fagott, 2 Hörner in D, Violine Solo, 2 Violinen Ripieno, Viola, Cello Solo, Cello Ripieno, Bass Solo, Bass Ripieno, Cembalo.
Folgende Instrumente treten im Verlauf der Sinfonie als Solo auf (z. T. nur für wenige Takte): Flöte, Oboe, Fagott, Horn, Violine, Viola, Cello, Kontrabass.

Aufführungszeit: Ca. 20-25 Minuten

Welcher Satz stellt den Sonnenaufgang dar?
Pahlen (1978) konkretisiert den Sonnenaufgang nicht auf einen Satz, Landon (o. J.) sieht den Anfang des 1. Satzes als Sonnenaufgang an. Jedoch enthält auch die Einleitung des 2. Satzes eine aufsteigende Melodik, die als lautmalerischer Sonnenaufgang interpretiert werden kann (aufsteigendes Hauptmotiv zudem auch im 4. Satz). Die Adagio-Teile des 2. Satzes rufen zumindest beim Autor dieser Zeilen die Assoziation einer "verhangen-nebeligen" Morgenstimmung hervor.


Siehe auch: Sinfonien Joseph Haydns