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„Sein“ – Versionsunterschied

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Version vom 12. November 2007, 19:07 Uhr

Der Begriff Sein (griech. von to einai, lat. esse - Infinitiv) bedeutet in der Philosophie Dasein, Gegebensein, In-der-Welt-sein, etwas Allgemeines, allem Zugrundeliegendes, aber auch das alles umfassende Höchste (Gott). Im Gegensatz dazu kennzeichnet der Begriff des Seienden (griech. von to on, lat. ens - Partizip) einzelne Gegenstände oder Tatsachen. Seiendes kann auch die Gesamtheit des Existierenden, also „die ganze Welt“, bezeichnen, solange dies räumlich und zeitlich bestimmbar ist. Sein ist hingegen das unveränderliche, zeitlose, umfassende Wesen (griech. ousia, lat. essentia) sowohl einzelner Gegenstände als auch der Welt als Ganzes.

Die Begriffe „Seiendes“ und „Sein“ stehen in einem Spannungsverhältnis, da jedem Seiendem in irgendeiner Weise ein Sein zukommt. Seiendes ist im Werden vergänglich. Seiendes ist gewordenes Mögliches. Die Untersuchung des Wesens von allem Seienden ist Hauptgegenstand der Ontologie. Ein weiteres Thema ist die Abgrenzung des Seienden zum Nichtseienden. So betont jede Form des Realismus, dass es sich vor allem beim sinnlich Gegebenen um Seiendes handelt, dagegen bei bloß Gedachtem eher um Nichtseiendes. Seiendes setzt eine existierende Welt von Gegenständen, Eigenschaften oder Beziehungen voraus. Im Gegensatz dazu sehen die verschiedenen Formen des Idealismus das eigentlich Seiende in der Innenwelt des rein gedanklich Vorgestellten, während gerade die Realität einer Außenwelt bestritten und für bloßen Schein gehalten wird.

Der Begriff des Seins hat den weitesten möglichen Bedeutungsumfang (Extension) überhaupt, weil er sich auf alles, was denkbar ist, beziehen kann. Alles, was denkbar ist, meint dabei alles, was nicht „nicht ist“. Für Sein und Nichts gilt der Satz vom ausgeschlossenen Dritten. Erst durch den Begriff des Seins wird die Vorstellung von Negation und Differenz möglich. Differenz ist der Übergang vom Sein zum Seienden. Das Sein und das Seienden stehen in einem dialektischen Verhältnis zueinender. Aus dem Sein (These) und dem Nichts (Antithese) ergibt sich durch die Unterscheidbarkeit das Seiende (Synthese). Der Unterschied von Sein und Existenz besteht darin, dass man mit Existenz ein Sein in der Realität mit einer örtlichen und zeitlichen Bestimmung meint. Demgegenüber kann man auch fiktiven Gegenständen Eigenschaften zuschreiben. Atlantis ist ein untergegangenes Weltreich.

Der Begriff des Seins

Ein erster Zugang zum Verständnis des Seins ist der sprachliche Gebrauch des Begriffs. In der normalen Sprache wird „sein“ als bedeutungslose sprachliche Verknüpfung, als Kopula, zur Verbindung von Subjekt und Prädikat in Sätzen grammatisch oder in Aussagen der Logik verwendet.

"Auch das Sein oder Nichtsein ist kein bedeutungshaltiges Zeichen der Sache [von der es gesagt wird], auch dann nicht, wenn man das "seiend" an sich selbst nackt sagen würde, denn es selbst ist gar nichts, sondern bezeichnet eine gewisse Verbindung [zu etwas] hinzu, welche ohne das Verbundene nicht zu denken ist" (Aristoteles: Peri hermeneias 3. 16 b, 20−25)

Dabei kommt es je nach Aussagekonstellation zu verschiedenen Bedeutungen des Wortes „ist“.[1] „Da aber das Seiende, schlechthin ausgesprochen, in vielfachen Bedeutungen gebraucht wird.“ (Aristoteles: Met. VII 1, 1026a 33)

  1. Existenz, Beispiel: Sokrates ist.
  2. Relation
    1. Identität
      1. mathematische Gleichheit, Beispiel: Zwei mal zwei ist vier.
      2. Kennzeichnung, Beispiel: Aristoteles ist der Lehrer von Alexander.
      3. Definition, Beispiel: Ontologie ist die Lehre vom Seienden.
    2. Prädikation von Eigenschaften, Beispiel: Sokrates ist sterblich.
    3. Klassifizierung, Beispiel: Ein Elefant ist ein Säugetier.

Die Verwendung des „ist“ zur Kennzeichnung von Existenz kann sich auf die Existenz von Gegenständen, aber auch von Sachverhalten (es ist der Fall, dass …) beziehen. Die anderen Verwendungen von „ist“, also Identität, Prädikation oder Klassifizierung kennzeichnen Relationen oder Eigenschaften, wobei sie jeweils die Existenz des Subjektes implizit unterstellen.

Kategoriale Bestimmung des Seienden

Eine erste systematische Analyse des Seienden ist die Schrift Kategorien von Aristoteles. In dieser Schrift untersuchte er grundlegende Aussageweisen über das Seiende. Dabei stellte eine Liste von zehn Begriffen zusammen, die vollständig unabhängig voneinander und aus seiner Sicht nicht mehr auf andere Begriffe zurückführbar sind.

Bezeichnung griechisch Frage Beispiel
Substanz ousia, ti esti Was ist etwas? Mensch, Pferd
Quantität poson Wie viel/groß ist etwas? zwei Ellen lang
Qualitatives poion Wie beschaffen ist etwas? weiß, des Lesens kundig
Relation pros ti In welcher Beziehung steht etwas (zu etwas)? doppelt, halb, größer
Ort pou Wo ist etwas? im Lyzeum, auf dem Marktplatz
Zeit pote Wann ist etwas? gestern, voriges Jahr
Lage keisthai In welcher Position ist etwas? es ist aufgestellt, sitzt
Haben echein Was hat etwas? hat Schuhe an, ist bewaffnet
Tun poiein Was tut etwas? schneidet, brennt
Erleiden paschein Was erleidet etwas? wird geschnitten, gebrannt

Die Kategorienliste enthält zwei Klassen von Begriffen, nämlich die Substanz und die übrigen neun Kategorien, die Akzidenzien. Die Substanz ist das dem Seienden Zugrundeliegende (hypokeimenon). Die Substanz ist jeweils das Subjekt einer Aussage (Prädikation). Akzidenzien existieren hingegen nicht selbständig, sondern nur in einer Substanz. Sie können nur in Verbindung mit einer Substanz ausgesagt werden.

In einem weiteren Schritt unterschied Aristoteles erste Substanzen (prote ousia) von zweiten Substanzen (deutera ousia). Die erste Substanz kann nicht von einem anderen Zugrundeliegenden ausgesagt werden. Sie ist individuell und der Zahl nach eins, also unteilteilbar. Die zweite Substanzen sind die Arten und Gattungen, die von den ersten Substanzen ausgesagt werden. Von Sokrates sagt man, er sei ein Mensch und ein Lebewesen. Die zweiten Substanzen sind keine Akzidenzien, weil sie der ersten Substanz immer zukommen. Sie beschreiben das Wesen der ersten Substanz. Akzidenzien beziehen sich hingegen immer auf einen bestimmten Zustand einer Substanz.

Philosophiegeschichte

Antike

In der griechischen Naturphilosophie bestand die Suche nach dem Urgrund des Seienden in Erklärungen anhand eines Urstoffes (Feuer, Wasser, Luft, Apeiron). Erst bei Parmenides wurde das Sein zu einem abstrakten, jenseits der Naturphilosophie zu bestimmenden Begriff.

„Der eine (zeigt), dass das (Seiende) ist und dass es unmöglich ist, dass es nicht ist. Das ist der Pfad der Überzeugung; folgt er doch der Wahrheit. Der andere aber (behauptet), dass es nicht ist und dass es dieses Nichtsein notwendig geben müsse. Dieser Weg ist – das sage ich dir – völlig unerforschlich. Denn das Nichtseiende kannst du weder erkennen (denn das ist unmöglich) noch aussprechen.“[2]

Indem das Seiende nicht mehr das empirisch Fassbare, sondern das Wahre ist, lehnte Parmenides das Nichtseiende als unmöglich ab. Für ihn galt, „dass Seiendes ungeworden und unvergänglich ist, ganz und einheitlich, und unerschütterlich und vollendet.“ [3] Parmenides unterschied in seinem Lehrgedicht, in dem er auch das Werden und Vergehen der Natur betrachtete, damit erstmals zwischen dem vergänglichen Seienden und dem unvergänglichen metaphysischen Sein, auch wenn er den Begriff des Seins noch nicht explizit verwendete. Was es wirklich gibt, entsteht nicht und vergeht nicht. Gegen Parmenides vertrat Heraklit das Werden als das der Welt zugrunde liegende Prinzip. (panta rhei)

Platon problematisierte im Dialog Sophistes, dass im Nichtseienden Möglichkeit steckt, so dass man auch über Nichtseiendes reden kann. Das Nichtseiende ist nicht Nichts, sondern Verschiedenheit. Wenn man zum Beispiel sagt, dass Ruhe nicht Bewegung ist, dann heißt das nicht, dass Ruhe nichts ist. „Sie ist aber doch wegen ihres Anteils am Seienden“ [4]. Ruhe und Bewegung sind nur nicht identisch. Für Platon war das Seiende als Werden und Vergehen etwas, das am Sein (an den unveränderlichen Ideen) teilhat. Die Existenz von roten Dingen besteht in der Teilhabe an der Röte. Sein ist nach Platon neben Ruhe, Bewegung, Identität und Verschiedenheit eine der fünf Kategorien, an denen alle anderen Ideen teilhaben.

„Und da das Sein und das Verschiedene durch alles und auch durch einander hindurch gehen: so wird nun das Verschiedene als an dem Seienden Anteil habend freilich sein vermöge dieses Anteils, nicht aber jenes, woran es Anteil hat, sondern verschieden; als verschieden aber von dem Seienden seiend ist es aber offensichtlich ganz notwendig nichtseiendes Sein. Wiederum nun das Seiende, als am Verschiedenen Anteil habend, ist ja verschieden von allen anderen Gattungen, und von ihnen insgesamt verschieden ist es ja eine jede von ihnen nicht, noch auch alle anderen insgesamt, sondern nur es selbst.[5]

Auch wenn er das Sein als Abstraktes auffasste, so konzentrierte sich Platon noch auf die Betrachtung des empirisch Fassbaren:

„Ich sage also, was nur irgendeine Wirkkraft (dynamis) besitzt, es sei denn ‚von Natur irgendetwas anderes zu tun‘ (poiein) oder wenn auch nur das geringste vom unbedeutendsten zu erleiden - und wäre es auch nur ein einziges mal -, alles in exakter Weise sei (ontus einai); denn ich setze als Definition (Grenze), um das Seiende in seinem Sein abzugrenzen, nichts anderes als Wirkkraft.“ [6]

Dem den Gesetzen von Ursache und Wirkung unterliegenden Sein stehen als unveränderliche Größen die Ideen gegenüber, deren höchstes Prinzip die Einheit (to hen) ist.

Erst Aristoteles kam zu einer klaren begrifflichen Unterscheidung von Seiendem und Sein. „Von alters her und jetzt und immer ist gefragt und immer schwierig zu fassen, was das Seiende sei.“ (Met. VII 1, 1028 b 2-4) In der Auseinandersetzung mit Platons Ideen entwickelte er in einem frühen Konzept die Strukturierung des Seienden nach Kategorien (siehe oben). Später machte er in der Metaphysik das „Seiendem als Seiendes“ (to ho en on) zum grundlegenden Thema der „ersten Philosophie“[7]. „Es gibt eine Wissenschaft, die das Seiende als Seiendes betrachtet und das, was diesem an sich zukommt.“ (Met. IV 1, 1003a 21)

Über die kategoriale Strukturierung hinaus betrachtete er das Seiende nun als Existenz (to estin), als Wirklichkeit (entelechia) und Möglichkeit (dynamis) und als Wahres und Falsches. Das Sein ist kein Gattungsbegriff, weil es nicht eindeutig (univok), sondern mehrdeutig (äquivok) von den Dingen ausgesagt wird. Der Begriff des Seins fügt der Substanz (ousia) nichts hinzu; es ist das, was in den Einzeldingen immer schon, unveränderlich und wesensmäßig enthalten ist. Das Sein als Allgemeines kann nicht ohne Bezug auf ein Einzelnes ausgesagt werden (siehe Universalienproblem). Alles was über Seiendes ausgesagt wird, hat in sich das Sein als solches, das die Einheit stiftet (pros hen), das oberste und erste Seiende (protos on). „Indem nun in so vielen Bedeutungen das Seiende bezeichnet wird, so ist offenbar von ihnen erstes Seiendes das Was, welches das Wesen (Substanz) bezeichnet.“ (Met. 1028 a 13 – 15). Das absolut Seiende ist bei Aristoteles der „unbewegte Beweger“, die er als die reine, nur sich selbst denkende Vernunft auffasste, zu der alles Seiende strebt und durch die damit das Werden und Vergehen verursacht wird.

Neuplatonismus

Im Neuplatonismus bei Plotin ist der Urgrund, das oberste Prinzip, das Eine (to hen), aus dem sich die Ideen und das empirisch Seiende hierarchisch herleiten. Das Sein wird mit dem Geist (nous) gleichgesetzt. Der Geist ist zugleich das Seiende. Sein und Denken fallen in einem zusammen. Das Sein ist das Denken, das Seiende das Gedachte.

„Das Erste nämlich muss ein Einfaches vor allen Dingen Liegendes sein, verschieden von allem was nach ihm ist, für sich selbst seiend, nicht vermischt mit etwas was von ihm stammt, und dabei doch in anderer Weise fähig, den Dingen beizuwohnen, wahrhaft eines seiend und nicht zunächst etwas anderes und dann erst Eines. […] Denn wenn es nicht einfach wäre, entrückt aller Zufälligkeit und aller Zusammengesetztheit, und wahrhaft eigentlich Eines, dann wäre es nicht mehr der Urgrund; erst dadurch, dass es einfach ist, ist es von allen dingen das Unabhängigste und so das Erste.“[8]

Aus diesem Urgrund fließt alles Seiende durch Emanation. Der Geist selbst ist der erste Schritt der Emanation. Vernunft kann nicht oberste Instanz sein, denn sie beinhaltet stets den Bezug auf etwas, eine Differenz. Diese unspezifizierte Differenz ist das Sein. Die Entfaltung des Seins ist die Welt der Ideen (kosmos noetos), die Weltvernunft. Der Nous erzeugt durch Emanation die Gattungen und Arten des Seienden. Die Ideen sind das Ganze des jeweils Seienden, durch die die Vielheit der Materie zur Einheit gebracht wird. Die Ideen geben dem Seienden die Form und sind damit ontologisch primär. Die Emanation ist ein hierarchischer Prozess der Entwicklung vom obersten Allgemeinen bis hin zur einzelnen Art und zum Individuum. Hierdurch ist zugleich die Ordnung der Welt bestimmt.

„Wenn die Ideen nun viele sind, so muss es notwendig ein Gemeinsames in ihnen geben und auch ein Eigenes, wodurch sich die eine von der anderen unterscheidet. Dies Eigene also, dieser absondernde Unterschied ist die individuelle Gestalt der Idee. Ist aber eine Gestalt da, so gibt es etwas, das gestaltet wird, an dem der spezifische Unterschied ist; es gibt dort also auch Materie welche die Form aufnimmt und für jede das Substrat ist. Ferner wenn es in der oberen Welt einen intelligiblen Kosmos gibt und der irdische sein Abbild ist, dieser aber zusammengesetzt ist unter anderem aus Materie, so muss es auch dort Materie geben.“[9]

Ähnlich wie Plotin unterschied dessen Schüler Porphyrios Sein, Leben und Denken. Hieran anknüpfend verband Augustinus in seiner Trinitätslehre das christliche Denken mit dem Neuplatonismus. Dem ungeschaffenen göttlichen Sein steht das geschaffene weltliche Seiende gegenüber. Das Sein ist der sinnlichen menschlichen Erkenntnis nicht mehr zugänglich. Erkenntnis des Seins wird zu einer glaubenden inneren Erkenntnis (intima cognitio). Auch Boethius vertrat die Abhängigkeit des Seienden vom göttlichen Sein. „Verschieden ist das Sein und das, was ist; das Sein selbst nämlich ist noch nicht, sondern erst das, was ist, indem es die Form des Seins empfangen hat, ist und besteht.“ [10] Jedes Seiende (ens) hat teil am Sein (esse), aber das Sein selbst hat an nichts teil. Die Ideen sind Ideen im Geist Gottes, dessen Wille das erste Prinzip ist.

Hume

Für David Hume war die Existenz einer Außenwelt rational nicht begründbar. Der Glaube an die Außenwelt ist ein natürliches, psychologisch bedingtes menschliches Bedürfnis.

„Die Vorstellung der Existenz muss also genau dasselbe sein wie die Vorstellung dessen, was wir als existierend konzipieren. Sich in der Reflexion auf irgend etwas einfach zu beziehen und sich dabei auf Existierendes zu beziehen, sind nicht zwei verschiedene Dinge. Die Vorstellung der Existenz fügt, wenn sie mit der Vorstellung eines beliebigen Gegenstandes verbunden ist, nichts zu ihr hinzu. Was immer wir vorstellen, stellen wir als existierend vor. Jede Vorstellung, die es uns beliebt zu vollziehen, ist eine Vorstellung von etwas Seiendem. Wer dies bestreitet, muss notwendig auf den bestimmten Eindruck hinweisen können, aus dem die Vorstellung des Seins sich herleiten könnte, und zeigen, dass dieser Eindruck von jeder Perzeption, die wir als existierend betrachten, untrennbar ist.“ [11]

Kant

"Sein ist offenbar kein reales Prädikat, das ist ein Begriff von irgend etwas, was zu dem Begriffe eines Dinges hinzu kommen könnte. Es ist bloß die Position eines Dinges oder gewisser Bestimmungen an sich selbst. Im logischen Gebrauch ist es lediglich die kopula eines Urteils. Der Satz "Gott ist allmächtig" enthält zwei Begriffe, die ihre Objekte haben: Gott und Allmacht; das Wörtchen: ist, ist nicht noch ein Prädikat, sondern nur das, was das Prädikat beziehungsweise auf das Subjekt setzt. Nehme ich nun das Subjekt (Gott) mit all seinen Prädikaten (worunter auch die Allmacht gehöret) zusammen und sage: Gott ist, oder es ist ein Gott, so setze ich kein neues Prädikat zum Begriffe von Gott, sondern nur das Subjekt an sich selbst mit allen seinen Prädikaten, und zwar den Gegenstand in Beziehung auf seinen Begriff . Beide müssen genau einerlei enthalten, und es kann daher zu dem Begriffe, der bloß die Möglichkeit ausdrückt, darum, dass ich dessen Gegenstand als schlechthin gegeben (durch den Ausdruck: er ist) denke, nichts weiter hinzukommen. Und so enthält das Wirkliche nichts mehr als das bloß Mögliche" (Kritik der reinen Vernunft B 627 f.).

Der Begriff der Existenz eines Gegenstandes ist leer. Er bringt zu einem Gegenstand nichts Zusätzliches hinzu. Ob ein Begriff einen Inhalt hat, kann man nur aufgrund von Erfahrung beurteilen. Und diese beruht nach Kant auf Erscheinungen. Ontologie ist daher für Kant eine spekulative, das heißt metaphysische Disziplin.

Hegel

Das Sein ist im System der Hegelschen Dialektik der Anfang des Philosophierens.

"Das reine Sein macht den Anfang, weil es sowohl reiner Gedanke als das unbestimmte, einfache Unmittelbare ist, der erste Anfang aber nichts Vermitteltes und weiter Bestimmtes sein kann." (Enzyklopädie § 86)
  • Bei Hegel ist das Sein ein Gedanke. Dieser Gedanke soll rein sein, wobei "rein" für "einförmig", "ohne Beiwerk" steht. Das Sein ist das Denken selbst.
  • Das Sein ist ein Unmittelbares. "Unmittelbar" heißt "ohne anderes Zutun", "ohne Hilfsmittel", heißt "gegenwärtig aus sich selbst heraus".
  • Das Sein ist untrennbar vom Denken, weil, aber auch: solange es nicht bestimmt, nicht vermittelt ist.
"Das Sein selbst sowie ... die logischen Bestimmungen überhaupt können als Definitionen des Absoluten, als die metaphysischen Definitionen Gottes angesehen werden; ..." (Enzyklopädie § 86)

Das Sein steht, wie alle Begriffe der Logik, in Verbindung mit dem Absoluten, d.h. mit dem, was Subjekt und Objekt aufhebt.

Heidegger

Eines der Grundprobleme des Begriffs Sein besteht in seiner Allgemeinheit. Er ist der allgemeinste Begriff, gleichzeitig der dadurch am schwersten zu fassende. Damit ist allein schon die Sinnbestimmung von Sein eine der schwierigsten Aufgaben der Philosophie. Der Philosoph Martin Heidegger hat die Bestimmung des Sinns von Sein zum zentralen Aspekt seiner Bemühungen gemacht.

Siehe auch

Einzelnachweise

  1. Vgl. Albert Keller: Stichwort „Sein“, in: Hermann Krings, Hans Michael Baumgartner, Christoph Wild: Handbuch philosophischer Grundbegriffe, München 1974
  2. Parmenides: Über die Natur (Fragmente), in: Wilhelm Capelle: Die Vorsokratiker, Kröner, 8. Aufl. 1968, 165
  3. Parmenides: Über die Natur, 169
  4. Platon: Sophistes 256a
  5. Platon: Sophistes, 233
  6. Platon: Sophistes, 247d-e
  7. Zweite Wissenschaft ist hingegen die Physik, die sich mit dem wahrnehmbaren Wesen befasst (Met. VII 11, 1037a 14-16)
  8. Plotin: Enneaden V, 4, 1., Schriften Band 1, Hamburg 1956, 151
  9. Plotin: Enneaden II, 4, 4, 1.c., Schriften Band 1, Hamburg 1956, 249
  10. Boethius: Hebdomadibus, II, in: Theologische Traktate, Meiner 1988, 37
  11. David Hume: Traktat über die menschliche Natur, Meiner, Hamburg 1989, 91

Literatur

Klassiker

Klassiker-Exegesen

  • Karl Albert: Meister Eckharts These vom Sein, Kastellaun 1979, ISBN 3-450-00009-8
  • P. Aubenque: Art. Onto-logique, in: Encyclopédie philosophique universelle
  • L. Azar: 'Esse in the philosophy of Whitehead, in: New Scholasticism 37 (1963), 462–471.
  • Enrico Berti: Multiplicity And Unity Of Being In Aristotle, in: Proceedings of the Aristotelian Society 101/2 (2001), 185–207.
  • Joseph Bobik: (Thomas) Aquinas: On being and essence (De ente et essentia), A translation and interpretation, Notre Dame : University Press 1970
  • S. Brown: Avicenna and the unity of the concept of being, in: Franciscan Studies 25 (1965), 117–150.
  • S. Dumont: The univocity of the concept of being in the 14th century, in: Mediaeval Studies 49 (1987), 1–75.
  • L. J. Elders: The metaphysics of being of St. Thomas Aquinas in a historical perspective, Leiden 1993
  • Kurt Flasch: Sein und Können-selbst bei Nikolaus von Kues, in: Parusia Studien zur Philosophie Platons und zur Problemgeschichte des Platonismus, Frankfurt/M.1965, 407-421.
  • J. de Vries: Das 'esse commune bei Thomas von Aquin, in: Scholastik 39 (1964), 163–177.
  • Etienne Gilson: Being and Some Philosophers, Toronto:Pontifical Institute of Mediaeval Studies 1949
  • Etienne Gilson: L'être et l'essence, 2. A., Paris 1962.
  • Ludger Honnefelder: Ens inquantum ens, Der Begriff des Seienden als solchen als Gegenstand der Metaphysik nach der Lehre des Johannes Duns Scotus, Münster : Aschendorff, 1971, 2. A. 1989.
  • K. Kremer: Die neuplatonische Seinsphilosophie und ihre Wirkung auf Thomas von Aquin, 2. A. Leiden 1971.
  • W. Kluxen: Thomas von Aquin: Das Seiende und seine Prinzipien, in: J. Speck (Hg.): Grundprobleme der großen Philosophen, Altertum und Mittelalter, 1972, 177–220.
  • S. Knuuttila / Jakko Hintikka (Hgg.): The logic of being, Dordrecht 1982
  • Alasdair MacIntyre, Art. Being, in: Donald Borchert (Hg.): Encyclopedia of Philosophy, 2. A., Macmillan 2005, Bd. 1, 527-532, ISBN 9780028657806
  • Gottfried Martin: Immanuel Kant: Ontologie und Wissenschaftstheorie, Köln 1951.
  • S. P. Marrone: Henry of Ghent and Duns Scotus on the knowledge of being, in: Speculum 63 (1988) 22–57.
  • L. Oeing-Hanhoff: Sein und Sprache in der Philosophie des Mittelalters, in: Jan P. Beckmann (Hg.): Sprache und Erkenntnis im Mittelalter, Berlin : De Gruyter 1981 (Miscellanea mediaevalia 13), 165–178.
  • Joseph Owens: The Doctrine of Being in the Aristotelian Metaphysics, Toronto: Pontifical Institute of Mediaeval Studies 1951.
  • L. M. de Rijk: Die Wirkung der neuplatonischen Semantik auf das mittelalterliche Denken über das Sein, in: Jan P. Beckmann (Hg.): Sprache und Erkenntnis im Mittelalter, Berlin : De Gruyter 1981 (Miscellanea mediaevalia 13), 19–35.
  • L. M. de Rijk: Peter Abaelards semantics and his doctrine of being, in: Vivarium 35 (1986), 85–127
  • Barry Smith: Ontologische Aspekte der Husserlschen Phänomenologie, in: Husserl Studies 3 (1986), 115–130.
  • E. Sonderegger: "Denn das Sein oder Nichtsein ist kein Merkmal der Sache", in: Zeitschrift für philosophische Forschung 43 (1989), 489-508.
  • W. Strolz: Sein und Nichts in der abendländischen Mystik. Freiburg/Br. 1984
  • Hans Peter Sturm: Weder Sein noch Nichtsein. Würzburg 1999.
  • Michael Theunissen: Sein und Schein. Die kritische Funktion der Hegelschen Logik, Frankfurt/M. : Suhrkamp 1978.
  • Ernst Tugendhat: Das Sein und das Nichts, in: Durchblicke Martin Heidegger zum 80 Geburtstag. Frankfurt/M. 1980
  • B. Welte: Ens per se subsistens, in: Philosophisches Jahrbuch 71 (1964), 243–252.
  • Albert Zimmermann: Ontologie oder Metaphysik? Die Diskussion über den Gegenstand der Metaphysik im 13. und 14. Jahrhundert ; Texte und Untersuchungen, Leiden: Brill 1965

Neuere systematische Diskussion

  • P. Butchvarov: Being qua Being, A Theory of Identity, Existence, and Predication, Bloomington: Indiana University Press 1979
  • Peter T. Geach: Form and Existence, in: Proceedings of the Aristotelian Society 55 (1954), 251–272.
  • Peter T. Geach / A. J. Ayer / William V. O. Quine: Symposium: On What There Is, in: Aristotelian Society Supplement 25 (1951), 125–160.
  • Peter T. Geach: What Actually Exists, Proceedings of the Aristotlian Society, Supplement 42(1968), 7-16
  • John Mackie: The Riddle of Existence, in: Proceedings of the Aristotelian Society, Supplement 50 (1976), 247-266
  • Alasdair MacIntyre, Art. Being, in: Encyclopedia of Philosophy, 2. A., Bd. 1, 527-532
  • Barry Miller: The Fullness of Being, Notre Dame: University of Notre Dame Press 2002
  • George E. Moore: Is Existence a Predicate?, in: Aristotelian Society Supplement 15 (1936), 175–188.
  • William V. O. Quine: On What There Is, in: Review of Metaphysics 2 (1948), 21–38.
  • Wolfgang Stegmüller: Das Universalienproblem einst und jetzt, 1965
  • P. Weiss: Being, Essence and Existence, in: Review of Metaphysics 1 (1947), 69–92.
  • C. J. F. Williams: Being, Identity, and Truth, Oxford: OUP 1992