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„Aktivitätstheorie“ – Versionsunterschied

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Aktivitätstheorie ist eine psychologische Richtung, die die Abhängigkeit zwischen Denken und Handeln des Menschen in den Mittelpunkt der Betrachtung stellt.


==Grundlagen==
==Einführung==


Nach der Aktivitätstheorie agiert ein menschliches Wesen niemals direkt mit seiner Umgebung. Vielmehr kennzeichnet das Verhältnis von Mensch und Umwelt kulturelle Werkzeuge und Zeichen. Menschliche Aktivität sieht [[Lev Vygotsky]] (Vygotsky 1978) in einem Spannungsfeldzwischen Mensch, Objekten und einem [[Hilfsmittel]]. Dabei bearbeitet ein Subjekt mit Hilfe von Hilfsmitteln (=Artefakten) ein Objekt, um ein gewünschtes Resultat zu erzielen.
Aktivitätstheorie ist eine psychologische Richtung, die die Abhängigkeit zwischen Denken und Handeln des Menschen in den Mittelpunkt der Betrachtung stellt. Nach der Aktivitätstheorie agiert ein menschliches Wesen niemals direkt mit seiner Umgebung. Vielmehr kennzeichnet das Verhältnis von Mensch und Umwelt kulturelle Werkzeuge und Zeichen. Menschliche Aktivität sieht [[Lev Vygotsky]] (Vygotsky 1978) in einem Spannungsfeldzwischen Mensch, Objekten und einem [[Hilfsmittel]]. Dabei bearbeitet ein Subjekt mit Hilfe von Hilfsmitteln (=Artefakten) ein Objekt, um ein gewünschtes Resultat zu erzielen.


==Geschichte==
==Geschichte==
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Internationale Aufmerksamkeit erlangte die Aktivitätstheorie in den späten 70er und frühen 80er Jahren. Leontievs ''Aktivität, Bewusstsein und Persönlichkeit'' (Leontiev 1978) wurde ins Englische übersetzt, eine Sammlung von Papieren Leontievs und anderer Aktivitätstheoretiker wurden veröffentlicht (Wertsch 1981). Forscher aus Finnland, Deutschland, Dänemark und den USA waren die ersten einer wachsenden Zahl von Interessenten, die das Wesen der Aktivitätstheorie prägen sollten. Die früheste nicht-sowjetische Arbeit, ''Learning by Expanding'', stammt von [[Yrjö Engeström]] (Engeström 1987).
Internationale Aufmerksamkeit erlangte die Aktivitätstheorie in den späten 70er und frühen 80er Jahren. Leontievs ''Aktivität, Bewusstsein und Persönlichkeit'' (Leontiev 1978) wurde ins Englische übersetzt, eine Sammlung von Papieren Leontievs und anderer Aktivitätstheoretiker wurden veröffentlicht (Wertsch 1981). Forscher aus Finnland, Deutschland, Dänemark und den USA waren die ersten einer wachsenden Zahl von Interessenten, die das Wesen der Aktivitätstheorie prägen sollten. Die früheste nicht-sowjetische Arbeit, ''Learning by Expanding'', stammt von [[Yrjö Engeström]] (Engeström 1987).


Während der 90er Jahre brachte Roth durch das Zitieren mehrerer Schlüsselarbeiten die Aktivitätstheorie in den akademische Diskus (Roth 2004). Mehrere Schriften und Bücher wurden in dieser Zeit publiziert (Engeström 1990; Nardi 1996; Engeström, Miettinen et al. 1999) und trugen zum steigenden Interesse an den Ideen und dem Potenzial der Aktivitätstheorie bei. Schon seit Mitte der 80er Jahre gab es Versuche, den ursprünglichen Anwendungsbereich der Aktivitätstheorie (Entwicklungspsychologie u.ä.) auf andere Gebiete auszudehnen. So wurden Arbeitsaktivitäten analysiert (Engeström, Lompscher et al. 2005) oder das Design von Computer-Software (Kuuti 1991; Kuuti 1996; Nardi 1996).
Während der 90er Jahre brachte Roth durch das Zitieren mehrerer Schlüsselarbeiten die Aktivitätstheorie in den akademische Diskus (Roth 2004). Mehrere Schriften und Bücher wurden in dieser Zeit publiziert (Engeström 1990; Nardi 1996; Engeström, Miettinen et al. 1999). Sie trugen zum steigenden Interesse an den Ideen und dem Potenzial der Aktivitätstheorie bei. Schon seit Mitte der 80er Jahre gab es Versuche, den ursprünglichen Anwendungsbereich der Aktivitätstheorie (Entwicklungspsychologie u.ä.) auf andere Gebiete auszudehnen. Seit Mitte Ende der 80er Jahre bildeten sich drei Hauptzweige heraus, die den Nutzen der Aktivitätstheorie für verschiedene Disziplinen verfolgten.

Seit Mitte Ende der 80er Jahre bildeten sich drei Hauptzweige heraus, die den Nutzen der Aktivitätstheorie für verschiedene Disziplinen verfolgten.


# Die Ursprünge der Aktivitätstheorie in der Lerntheorie wurden fortgeführt, insbesondere für die Zielgruppe der Kinder (Vygotsky 1978; Bruner 1996; Chaiklin, Hedegaard et al. 1999; Engeström, Miettinen et al. 1999) u.a.
# Die Ursprünge der Aktivitätstheorie in der Lerntheorie wurden fortgeführt, insbesondere für die Zielgruppe der Kinder (Vygotsky 1978; Bruner 1996; Chaiklin, Hedegaard et al. 1999; Engeström, Miettinen et al. 1999) u.a.
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# das Prinzip der kontinuierlichen Entwicklung
# das Prinzip der kontinuierlichen Entwicklung


Diese Prinzipien durchziehen jede Handlung einer Aktivität und bilden die Grundlage für das Verständnis seiner erheblichen inneren Dynamik. Die Untersuchungseinheit Aktivität als „des minimalen, bedeutungsvollen Kontextes“, um die Aktion eines Individuums zu beschreiben (Kuutti, 1996, S. 26) ist als Modell zu verstehen. Die Elemente stehen in wechselseitiger Abhängigkeit. Die Aktivität bildet quasi ein Gerüst, in dem die Einzelelemente miteinander interagieren, schwingen und miteinander in Beziehung treten – bildlich ähnlich einem Kristallgitter.
Diese Prinzipien durchziehen jede Handlung einer Aktivität und bilden die Grundlage für das Verständnis seiner erheblichen inneren Dynamik. Die Untersuchungseinheit Aktivität als „des minimalen, bedeutungsvollen Kontextes“, um die Aktion eines Individuums zu beschreiben (Kuutti, 1996, S. 26) ist als Modell zu verstehen. Die Elemente stehen in wechselseitiger Abhängigkeit. Die Aktivität bildet quasi ein Gerüst, in dem die Einzelelemente miteinander interagieren und miteinander in Beziehung treten – bildlich ähnlich einem Kristallgitter.


===Hierarchische Ebenen===
===Hierarchische Ebenen===


Die Aktivitätstheorie unterscheidet drei Ebenen, die aufeinander aufbauen (Leontiev 1978). Leontiev unterscheidet ''Operationen'' auf der untersten Ebene, ''Aktionen'' auf mittlerer und ''Aktivitäten'' höchster Ebene. Die Orientierungen jeder Ebene sind denen der jeweils höheren Ebene untergeordnet.
Die Aktivitätstheorie unterscheidet drei Ebenen, die aufeinander aufbauen (Leontiev 1978). Leontiev unterscheidet ''Operationen'' auf der untersten, ''Aktionen'' auf mittleren und ''Aktivitäten'' auf der höchsten Ebene.

Bewegt man sich innerhalb der Hierarchie aufwärts, gelangt man zur ultimativen Orientierung, dem alle anderen zugeordnet und unterstellt sind. Leontiev schlägt eine dreiteilige Struktur vor, um die Orientierungen jeder Ebene zu bezeichnen: Korrespondierend mit Aktivitäten, Aktionen und Operationen nennt er ''Motive'', ''Ziele'' und ''instrumentale Bedingungen und Zwänge'' als die Orientierungen auf jeder Ebene (Leontiev 1978).


Aktivitäten werden also durch Motive getrieben; diese bauen auf auf Aktionen, die auf Ziele ausgerichtet sind; Aktionen basieren wiederum auf Operationen, die sich aus instrumentellen Bedingungen und Zwängen ergeben.
Die Orientierungen jeder Ebene sind denen der jeweils höheren Ebene untergeordnet. Leontiev schlägt eine dreiteilige Struktur vor, um die Orientierungen jeder Ebene zu bezeichnen: Korrespondierend mit Aktivitäten, Aktionen und Operationen nennt er ''Motive'', ''Ziele'' und ''instrumentale Bedingungen und Zwänge'' als die Orientierungen auf jeder Ebene (Leontiev 1978). Aktivitäten werden also durch Motive getrieben; diese bauen auf auf Aktionen, die auf Ziele ausgerichtet sind; Aktionen basieren wiederum auf Operationen, die sich aus instrumentellen Bedingungen und Zwängen ergeben.


Die Ebenen unterscheiden sich auch durch die ihr zugeordnete Fokusgruppe. Aktivitäten werden von Gemeinschaften ausgeführt, einzelne Aktionen von einem Individuum oder auch einer Gruppe und Operationen entsprechen menschlichen Routinearbeiten oder können auch Prozeduren von Maschinen sein.
Die Ebenen unterscheiden sich auch durch die ihr zugeordnete Fokusgruppe. Aktivitäten werden von Gemeinschaften ausgeführt, einzelne Aktionen von einem Individuum oder auch einer Gruppe und Operationen entsprechen menschlichen Routinearbeiten oder können auch Prozeduren von Maschinen sein.
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===Objektorientierung===
===Objektorientierung===


Objektorientiertheit beschreibt ein zentrales Prinzip der Aktivitätstheorie (Kaptelinin 1992, S. 107). Es erklärt die spezifische Sichtweise der Natur von Objekten, mit denen Menschen interagieren: Menschen leben in einer Welt, die in einem sehr weiten Sinn geprägt ist durch anfassbare Gegenstände. Diese Gegenstände haben aber nicht nur physikalische Eigenschaften (Form, Farbe, Geruch, usw.). Ihnen sind auch Eigenschaften aufgeprägt, die sozial und kulturell festgelegt wurden und sich aus der Geschichte ergeben (die gedruckte Bibel als Grundlage einer Wertegemeinschaft, das Mondgestein als Rarität, der Pokal als Siegestrophäe des Gewinners). Gegenstände werden also nicht nur über ihre materiellen Eigenschaften beschrieben, sondern auch über ihre sozial-kulturellen Eigenschaften wie ihre Entstehungs und Nutzungsgeschichte. Allgemein spielen also Objekte - ob anfassbar (Gabel, Kreissäge, Taschenrechner) oder mental (Schreiben können, Hypothesen formulieren, Probleme lösen) – eine hohe Bedeutung für das Verhältnis von Menschen mit ihrer direkten Umgebung.
Objektorientiertheit beschreibt ein zentrales Prinzip der Aktivitätstheorie (Kaptelinin 1992, S. 107). Menschen leben in einer Welt, die geprägt ist durch anfassbare Gegenstände. Diese Gegenstände haben aber nicht nur physikalische Eigenschaften (Form, Farbe, Geruch, usw.). Ihnen sind auch Eigenschaften aufgeprägt, die sozial und kulturell festgelegt wurden und sich aus der Geschichte ergeben (die gedruckte Bibel als Grundlage einer Wertegemeinschaft, das Mondgestein als Rarität, der Pokal als Siegestrophäe). Gegenstände haben also nicht nur materielle Eigenschaften, sondern sozial-kulturelle wie ihre Entstehungs und Nutzungsgeschichte. Allgemein spielen also Objekte - ob anfassbar (Gabel, Kreissäge, Taschenrechner) oder mental (Schreiben können, Hypothesen formulieren, Probleme lösen) – eine hohe Bedeutung für das Verhältnis von Menschen mit ihrer direkten Umgebung.


===Internalisierung vs. Externalisierung===
===Internalisierung vs. Externalisierung===

Version vom 14. August 2007, 10:03 Uhr

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Einführung

Aktivitätstheorie ist eine psychologische Richtung, die die Abhängigkeit zwischen Denken und Handeln des Menschen in den Mittelpunkt der Betrachtung stellt. Nach der Aktivitätstheorie agiert ein menschliches Wesen niemals direkt mit seiner Umgebung. Vielmehr kennzeichnet das Verhältnis von Mensch und Umwelt kulturelle Werkzeuge und Zeichen. Menschliche Aktivität sieht Lev Vygotsky (Vygotsky 1978) in einem Spannungsfeldzwischen Mensch, Objekten und einem Hilfsmittel. Dabei bearbeitet ein Subjekt mit Hilfe von Hilfsmitteln (=Artefakten) ein Objekt, um ein gewünschtes Resultat zu erzielen.

Geschichte

Die nah an Kultur und gesellschaftlicher Veränderung orientierte Aktivititätstheorie entwickelte eine Gruppe russischer Psychologen. Die Wurzeln der heutigen Aktivitätstheorie reichen zurück in die UdSSR der 20er Jahre des letzten Jahrhunderts. Relevante Konzepte formulierte Lev Vygotsky (1896-1934), der als eigentlicher Gründer der Aktivitätstheorie gelten darf. Unzufrieden mit den zwei in dieser Zeit relevanten psychologischen Richtungen - der Psychoanalyse und dem Behavorismus - entwickelten Vygotsky und seine Kollegen A. R. Luria and A. N. Leontiev eine neue Theorie als Fundament für das Verstehen menschlicher Entwicklung: das Konzept der Objekt-orientierten und –vermittelten Aktivität.

Basierend auf dem Verständnis eines maristisch-lenistischen Zugangs zur menschlichen Arbeit waren russische Forscher auf der Suche nach einem passenden Begriffs- und Bedeutungsrahmen für eine moderne Psychologie. Axiomatisch gingen sie dabei aus von der Untrennbarkeit von Bewusstsein und körperlicher Aktivität. Für viele Jahre entwickelte sich daraus mit der Aktivititätstheorie die führende Richtung der russischen Psychologie (Vygotsky 1962; Leontiev 1978; Vygotsky 1978).

Internationale Aufmerksamkeit erlangte die Aktivitätstheorie in den späten 70er und frühen 80er Jahren. Leontievs Aktivität, Bewusstsein und Persönlichkeit (Leontiev 1978) wurde ins Englische übersetzt, eine Sammlung von Papieren Leontievs und anderer Aktivitätstheoretiker wurden veröffentlicht (Wertsch 1981). Forscher aus Finnland, Deutschland, Dänemark und den USA waren die ersten einer wachsenden Zahl von Interessenten, die das Wesen der Aktivitätstheorie prägen sollten. Die früheste nicht-sowjetische Arbeit, Learning by Expanding, stammt von Yrjö Engeström (Engeström 1987).

Während der 90er Jahre brachte Roth durch das Zitieren mehrerer Schlüsselarbeiten die Aktivitätstheorie in den akademische Diskus (Roth 2004). Mehrere Schriften und Bücher wurden in dieser Zeit publiziert (Engeström 1990; Nardi 1996; Engeström, Miettinen et al. 1999). Sie trugen zum steigenden Interesse an den Ideen und dem Potenzial der Aktivitätstheorie bei. Schon seit Mitte der 80er Jahre gab es Versuche, den ursprünglichen Anwendungsbereich der Aktivitätstheorie (Entwicklungspsychologie u.ä.) auf andere Gebiete auszudehnen. Seit Mitte Ende der 80er Jahre bildeten sich drei Hauptzweige heraus, die den Nutzen der Aktivitätstheorie für verschiedene Disziplinen verfolgten.

  1. Die Ursprünge der Aktivitätstheorie in der Lerntheorie wurden fortgeführt, insbesondere für die Zielgruppe der Kinder (Vygotsky 1978; Bruner 1996; Chaiklin, Hedegaard et al. 1999; Engeström, Miettinen et al. 1999) u.a.
  2. Ein weiterer Zweig entwickelte die Aktivitätstheorie als Methode zur Analyse von Lernprozessen in Arbeitsumgebungen (Boedker 1990; Nardi 1996; Engeström, Lompscher et al. 2005) u.a.
  3. Schließlich beschäftigte sich eine dritte Gruppe mit den Grundlagen für Aktivitäten in Computer Supported Cooperative Work (CSCW) und Human Computer Interaction (HCI) (Kuuti 1991; Korpela and Mursu 2003).

Zentrale Aussage vieler Untersuchungen in jedem dieser Anwendungsbereiche ist, dass Tätigkeiten in einem Aktivitätssystem bestehend aus Elementen sowohl auf der individuellen und als auch auf der sozialen und kulturellen Ebene analysiert werden müssen.

Konzepte der Aktivitätstheorie

Grundannahme der Aktivitätstheorie ist, dass die menschliche Psyche entsteht und sich stets weiter entwickelt. Sie kann dabei aber nur verstanden werden im Kontext mit bedeutungsvollen, zielorientierten und soziologisch relevanten Interaktionen zwischen Menschen und ihrer materialisierten Umgebung (Bannon 1997: S. 1). Die Aktivitätstheorie umfasst fünf Basisprinzipien. Kaptelinin (Kaptelinin 1992, S. 107-109) benennen die wichtigsten:

  1. die hierarchische Struktur von Aktivitäten
  2. das Prinzip der Objektorientiertheit
  3. das duale Konzept Internalisierung versus Externalisierung
  4. Das Prinzip des „Vermittelns“ durch Hilfsmittel
  5. das Prinzip der kontinuierlichen Entwicklung

Diese Prinzipien durchziehen jede Handlung einer Aktivität und bilden die Grundlage für das Verständnis seiner erheblichen inneren Dynamik. Die Untersuchungseinheit Aktivität als „des minimalen, bedeutungsvollen Kontextes“, um die Aktion eines Individuums zu beschreiben (Kuutti, 1996, S. 26) ist als Modell zu verstehen. Die Elemente stehen in wechselseitiger Abhängigkeit. Die Aktivität bildet quasi ein Gerüst, in dem die Einzelelemente miteinander interagieren und miteinander in Beziehung treten – bildlich ähnlich einem Kristallgitter.

Hierarchische Ebenen

Die Aktivitätstheorie unterscheidet drei Ebenen, die aufeinander aufbauen (Leontiev 1978). Leontiev unterscheidet Operationen auf der untersten, Aktionen auf mittleren und Aktivitäten auf der höchsten Ebene.

Die Orientierungen jeder Ebene sind denen der jeweils höheren Ebene untergeordnet. Leontiev schlägt eine dreiteilige Struktur vor, um die Orientierungen jeder Ebene zu bezeichnen: Korrespondierend mit Aktivitäten, Aktionen und Operationen nennt er Motive, Ziele und instrumentale Bedingungen und Zwänge als die Orientierungen auf jeder Ebene (Leontiev 1978). Aktivitäten werden also durch Motive getrieben; diese bauen auf auf Aktionen, die auf Ziele ausgerichtet sind; Aktionen basieren wiederum auf Operationen, die sich aus instrumentellen Bedingungen und Zwängen ergeben.

Die Ebenen unterscheiden sich auch durch die ihr zugeordnete Fokusgruppe. Aktivitäten werden von Gemeinschaften ausgeführt, einzelne Aktionen von einem Individuum oder auch einer Gruppe und Operationen entsprechen menschlichen Routinearbeiten oder können auch Prozeduren von Maschinen sein.

Objektorientierung

Objektorientiertheit beschreibt ein zentrales Prinzip der Aktivitätstheorie (Kaptelinin 1992, S. 107). Menschen leben in einer Welt, die geprägt ist durch anfassbare Gegenstände. Diese Gegenstände haben aber nicht nur physikalische Eigenschaften (Form, Farbe, Geruch, usw.). Ihnen sind auch Eigenschaften aufgeprägt, die sozial und kulturell festgelegt wurden und sich aus der Geschichte ergeben (die gedruckte Bibel als Grundlage einer Wertegemeinschaft, das Mondgestein als Rarität, der Pokal als Siegestrophäe). Gegenstände haben also nicht nur materielle Eigenschaften, sondern sozial-kulturelle wie ihre Entstehungs und Nutzungsgeschichte. Allgemein spielen also Objekte - ob anfassbar (Gabel, Kreissäge, Taschenrechner) oder mental (Schreiben können, Hypothesen formulieren, Probleme lösen) – eine hohe Bedeutung für das Verhältnis von Menschen mit ihrer direkten Umgebung.

Internalisierung vs. Externalisierung

Die Aktivitätstheorie beinhaltet einen dualen Aspekt: sie unterscheidet interne von externen Aktivitäten (Kaptelinin 1992, S. 109; Bannon 1997, S. 2). Der klassische Psychologiebegriff von „mentalen Prozessen“ entspricht in etwa internen Aktivitäten, nach außen gerichtete Handlungen dagegen bezeichnet man als externe Aktivitäten. Interne Aktivitäten stehen allerdings in wechselseitiger Dynamik mit den externen. Sie bedingen sich gegenseitig und können oft auch ineinander überführt werden (z.B. das Beherrschen der Grundrechenarten in einen Abakus, Taschenrechner). Die Dynamik und der Gesamtkontext einer Aktivität bestimmt, wann und warum externe Aktivitäten internalisiert werden oder umgekehrt.

Werkzeugvermittlung

Die Werkzeugvermittlung erklärt ein weiteres zentrales Prinzip der Aktivitätstheorie. Es bezeichnet die Tatsache, dass eine Aktivität dadurch gekennzeichnet ist, dass ein Individuum sich Hilfsmittel bedient, um ein Objekt zu verändern. Dabei kann man unterscheiden zwischen zwei Aspekten für den Einsatz von Hilfsmitteln (Bannon 1997, S. 2):

  1. Hilfsmittel bestimmen die Art und Weise, wie Menschen mit der Realität interagieren
  2. Hilfsmittel reflektieren die Erfahrung von Personen, die schon früher vor ähnlichen Problemen standen. Ein Hammer z.B. beinhaltet die Erfahrung von Menschen, die einen Stein zertrümmern oder einen Nagel in die Wand schlagen wollten.

Das Hilfsmittel und die gesellschaftliche Entwicklung stehen ebenfalls in Wechselwirkung zueinander. Die Dampfmaschine von James Watt z.B. war ein entscheidender Faktor für die industrielle Revolution und veränderte in der Folge nachhaltig die Gesellschaft. Bannon (1997, S. 3) stellt fest, dass Hilfsmittel nie in einem Vakuum benutzt werden. Vielmehr formt sie der soziale und kulturelle Kontext, in dem sie eingesetzt werden.

Kontinuierliche Entwicklung

Die Aktivitätstheorie postuliert, dass die individuelle Interaktion von Aktivitäten mit der Realität im Kontext der Entwicklung analysiert werden soll (Bannon 1997, S. 2). Im Unterschied zu anderen psychologischen Theorien, bei denen die Entwicklung als ein wichtiger Untersuchungsgegenstand angesehen wird, werden bei der Aktivitätstheorie alle Tätigkeiten als das Resultat bestimmter historischer Entwicklungen gesehen. Aktivitäten entwickeln sich außerdem ständig weiter und unterliegen einem ständigen Wandel.

Die hier aufgeführten Prinzipien ergeben die theoretische Basis der Aktivitätstheorie. Sie sollten dabei als dynamisches System verstanden werden: Die Beschäftigung mit einem Prinzip bedingt meist eine Konsequenz für ein anderes. Die sich daraus ergebende Komplexität ist nach Ansicht von Bannon einer der Hauptgründe, warum der breite Praxiseinsatz der Aktivitätstheorie bisher ausgeblieben ist (Bannon 1997, S. 3).

Literatur

  • Bannon, L. (1997). Activity Theory.
  • Boedker, S. (1990). Activity theory as a challenge to systems design. Aarhus, Aarhus University.
  • Engeström, Y. (1987). Learning by expanding. Helsinki, Orienta Consultit.
  • Engeström, Y. (1990). Learning, working and imagining : twelve studies in activity theory. Helsinki, Orienta-konsultit.
  • Engeström, Y. (1993). Developmental studies of work as a testbench of activity theory. Understanding Practice: Perspectives on Activity and Context. S. Chaiklin and J. Lave. Cambridge: 4-103
  • Engeström, Y., J. Lompscher, et al. (2005). Putting activity theory to work : contributions from developmental work research. International cultural-historical human sciences ; Bd. 13. Berlin, Lehmanns Media: 644 s.
  • Engeström, Y., R. Miettinen, et al. (1999). Perspectives on activity theory. Cambridge, Cambridge University Press.
  • Kaptelinin, V. (1992). Activity Theory: Implications for Human-Computer Interaction.
  • Kaptelinin, V., B. Nardi, et al. (1999). The Activity Checklist: A Tool For Representing the "Space" of Context. Interactions. July/August 1999: 27-39.
  • Korpela, M. and A. Mursu (2003). Means for cooperative work and activity networks: An analytical framework. ECSCW'03, 8th European Conference of Computer-Supported Cooperative Work, Helsinki, Finland.
  • Kuuti, K. (1991). Activity Theory and its application to information system research. Amsterdam.
  • Kuuti, K. (1996). Activity Theory as a Potential Framework for Human-Computer Interaction Research. Context and Consciousness. B. A. Nardi. Cambridge, MA: 17-44.
  • Leontiev, A. N. (1978). Activity, Consciousness and Personality. New York, Prentice Hall, Englewood Cliffs.
  • Leontiev, A. N. (1981). Problems of the Development of the Mind. Moscow, Progress.
  • Nardi, B. A. (1996). Context and Consciousness: Activity Theory and Human-Computer Interaction. Cambridge (MA), The MIT Press.
  • Vygotsky, L. S. (1962). Thought and Language. New York, John Wiley & Sons.
  • Vygotsky, L. S. (1978). Mind in society: The development of higher psychological processes. Cambridge, MA, Harvard Business Press.
  • Vygotsky, L. S. (1981). The genesis of higher mental functions. The concept of activity in Soviet psychology. J. V. Wertsch. Armonk, Sharpe.
  • Wertsch, J. V. (1981). The concept of activity in soviet psychology. New York.