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„Baader-Befreiung“ – Versionsunterschied

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Version vom 16. März 2007, 22:38 Uhr

Die Baader-Befreiung gilt als Geburtsstunde der linksextremen terroristischen Rote Armee Fraktion. Am 14. Mai 1970 wurde Andreas Baader auf einem Ausführungstermin in Berlin von Ulrike Meinhof und anderen befreit. Für Meinhof bedeutete dies den Gang in die Illegalität.


Hintergrund

Andreas Baader war an den Brände in zwei Frankfurter Kaufhäusern beteiligt und dafür zu drei Jahren Haft verurteilt worden. Baader, Gudrun Ensslin und Thorwald Proll erschienen nicht zum Haftantritt und setzten sich ab. Ensslin und Baader hielten sich zeitweilig bei Ulrike Meinhof in Hamburg auf. Zusammen mit Baaders Anwalt Horst Mahler und anderen hatte die Gruppe beschlossen eine terroristische Vereinigung nach dem Vorbild der Tupamaros in Uruquay zu gründen. Diese Pläne wurden jedoch durchkreuzt als Baader am 4. April 1970 in Berlin erneut verhaftet wurde. Die Gruppe beschloß ihn zu befreien.

Vorbereitungen

Da eine Befreiung direkt aus der JVA Tegel unrealistisch war, kam die Idee zur Ausführung. Meinhofs Verleger Klaus Wagenbach beantragte Baaders "Ausführung zum Quellenstudium" in das Berliner Institut für Soziale Fragen, angeblich planen Meinhof und Baader ein Buch mit dem Arbeitsstitel Organisation anständiger Jugendlicher. In dem Schreiben vom 10. Mai 1970 bittet der Verleger um die Ausführung Baaders, um Zeitschriften einzusehen, die nicht in die Haftanstalt gebracht werden könnten. Eile sei geboten. Denn das Werk solle bereits im Herbst erscheinen. Der Justizoberinspektor lehnt zunächst ab. Der Gefängnisdirektor der JVA Tegel gibt allerdings zwei Tage später nach einem Gespräch mit Baaders Anwalt Horst Mahler nach und stimmt einer einmaligen Ausführung für drei Stunden am 14. Mai zu.

Um den Kauf von Waffen hatte sich zuvor schon die 18jährige Irene Goergens, eine Heimjugendliche, die Meinhof besonders nahe stand, bemüht. In dem Berliner Lokal "Wolfschanze" in der Charlottenburger Grolmannstrasse kauft sie für 1000 Mark von einem Unbekannten eine Pistole vom Typ Beretta, Kaliber 6,35 mm und einen Schalldämpfer. Weitere Waffen werden von Astrid Proll und Ingrid Schubert besorgt.

In der Charlottenburger Kantstraße wird am 13. Mai von einem Gruppenmitglied ein Alfa Romeo Guilia Sprint gestohlen und mit falschen Kennzeichen versehen, der später zur Flucht benutzt wird.

Goergens und Schubert besuchen am 13. Mai das Berliner Institut für Soziale Fragen, spähen es aus und kündigen an am nächsten Tag wiederzukommen. Auch Ulrike Meinhof erscheint am 13. Mai im Institut und fragt nach, ob für den Baader-Termin alles vorbereitet sei.

Der 14. Mai 1970

An dem Donnerstag wird Andreas Baader gegen 9.45 Uhr von zwei Wachtmeistern in den Lesesaal des Institutes gebracht. Er trägt Handschellen. Ulrike Meinhof erwartet ihn dort. Die zwei Polizeibeamten, Baader, Meinhof und ein Institutsangestellter sind im Raum. Für etwa 75 Minuten sitzen Baader und Meinhof an einem Tisch, tauschen Zeitschriften und machen Notizen. Es wird geraucht. In dieser Zeit betreten Goergens und Schubert das Gebäude. Gegen 11 Uhr gewähren sie zwei weiteren Personen Einlaß, indem sie eine Tür von innen öffnen. Die Identität dieser zwei ist bis heute ungeklärt. Kurz darauf stürmen die zwei Unbekannten den Lesesaal. Eine der unbekannten Personen, die mit einer Wollmaske maskiert ist, treibt den Justizangestellten Georg Linke (62) vor sich her und schießt, als dieser flüchtet. Linke erleidet einen Leberdurchschuß und wird lebensgefährlich verletzt. Währenddessen zieht Goergens eine "Maschinenpistolen-ähnliche" Waffe aus ihrer Aktentasche und Schubert eine Pistole Reck P 8, Kaliber 6.35. Mit dem Ruf "Hände hoch, hinsetzen, keine Bewegung" halten sie die Institutsmitarbeiter in Schach. Beide Frauen geben je einen Schuß in die Luft ab. Der Polizist Günter Wetter (28) stürzt sich auf den Maskierten, der Linke niedergeschossen hat. Es kommt zu einem heftigen Handgemenge. Der zweite Unbekannte schießt Wetter mit einer Gaspistole zweimal ins Gesicht, woraufhin dieser zusammenbricht. Gleichzeitig kommt es zu einem weiteren Handgemenge mit dem zweiten Polizisten und Goergens. Ingrid Schubert schlägt dem Polizisten einen Stuhl vors Schienbein. Dieser greift nach den Haaren der Frau und hat eine Perücke in der Hand. In der allgemeinen Verwirrung gelingt es allen Tätern aus den Fenstern zu springen und zu entkommen. Die Fenster lagen etwa eineinhalb Meter über dem Erdboden. Draußen laufen sie zu dem vorher abgestellten Alfa Romeo mit Astrid Proll am Steuer.

Folgen

Der Institutsangestellte Georg Linke ist erst 14 Tage später außer Lebensgefahr und muss wegen der Folgen der Schußverletzung seine Arbeit aufgeben. Der Polizist Günter Wetter bleibt sechs Wochen im Krankenhaus.

In direkter Folge der Ereignisse setzt die ARD die Ausstrahlung des Meinhof-Films Bambule, die für den 24. Mai 1970 geplant war, ab.

Für Meinhof bedeutete diese Tat den Sprung in die Illegalität. Sie wandelte sich von der anerkannten Chefredakteurin der linken Zeitschrift konkret zu einer steckbrieflich gesuchten Terroristin. Das Ereignis ist die Geburtsstunde der Rote Armee Fraktion. Von nun an wird nach der Gruppe und nicht mehr nach Einzeltätern gefandet. Zwei Monate nach der Baader-Befreiung besucht die Gruppe ein Camp der Al Fatah in Jordanien und lässt sich militärisch terroristisch ausbilden. 1972 begeht die Gruppe mehrere Anschläge. Im Juni 1972 werden Baader und Meinhof verhaftet. Meinhof stirbt 1975, Baader stirbt 1977 durch Selbstmord.