„Lamu-Archipel“ – Versionsunterschied
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Die Geschichte der durch die [[Swahili (Gesellschaft)|Swahili-Gesellschaft]] geprägten Inselgruppe ist durch den Handel mit arabischen und portugiesischen Kaufleuten verbunden.<ref name=":0" /><ref name=":1" /> |
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== Die Moscheen des Lamu-Archipels == |
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Seit Jahrhunderten ist die Suaheli-Küste Ostafrikas ein kultureller Kreuzungspunkt. Die Moscheen, die im Mittelpunkt des religiösen Lebens der Region stehen, zeugen von diesem reichen Erbe. Ihre Architektur spiegelt nicht nur die islamischen Traditionen wider, sondern auch die künstlerischen Einflüsse der verschiedenen Handelspartner. Besonders deutlich wird dies in der Gestaltung der Mihrab, der Gebetsnische von symbolischer Bedeutung innerhalb einer Moschee.<ref>Pradines, Stéphane. "The Mosques of the Indian Ocean Coast". Historical Mosques of Sub-Saharan Africa. Brill, 2022. 146-289.</ref> |
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Das 18. und 19. Jahrhundert war eine Zeit bedeutender Veränderungen an der Suaheli-Küste, insbesondere auf dem Lamu-Archipel. Der Aufstieg von Pate zu einer wichtigen politischen Kraft, die die portugiesische Kontrolle über Mombasa herausforderte, soll der Katalysator für einen ausgeprägten "neuen Swahili Mihrab"-Stil gewesen sein<ref>Lienhardt and Phil, "The mosque college of Lamu and its social background" (1959): 228-242.</ref>. Dieser Aufsatz beleuchtet die Entwicklung dieses einzigartigen Stils und untersucht seine wichtigsten Merkmale, die Einflüsse, die ihn geprägt haben, sowie prominente Beispiele. |
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Die Periode war durch einen starken Anstieg der Moscheen gekennzeichnet. Zwischen 1750 und 1820 wurden 22 Moscheen in Lamu Stadt und 12 in Pate gebaut<ref>Ghaidan, Lamu. A study in conservation (1976): 35.</ref>. Es wurde ein neuer Stil der Mihrab (Gebetsnische) entwickelt, der sich durch zwei Schlüsselelemente auszeichnet: eine ausgeprägte Verwendung von Stuck für die Dekoration und die Übernahme des Dreibogens. |
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Der Trilobalbogen, eine aufwändigere Konstruktion als der zuvor verwendete gebrochene Bogen, entstand im 17. Jahrhundert unter dem Einfluss indischer Händler<ref>Allen, "Swahili architecture in the later Middle Ages" (1974): 42-47, 66-68, 83-84.</ref>. Bis zum späten 18. Jahrhundert hatte sich diese Form zu einem polygamen Design entwickelt. Die Konstruktionstechniken für die Mihrab-Bögen bestanden aus mit Mörtel gebundenen Korallenquadern, die mit einer dicken Stuckschicht überzogen und mit Spitzbögen mit einem zentralen Vorsprung gekrönt wurden<ref>Ghaidan, "Swahili plasterwork" (1973): 46-49.</ref>. |
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Die Dekoration spielte eine wichtige Rolle in dem neuen Stil. Die Tympanons, die vertieften Bereiche oberhalb des Bogens, setzten die Tradition der eingelegten Keramik fort, wie sie in Pate zu sehen war. Allerdings änderte sich das Material, das für den zentralen Buckel verwendet wurde, von Koralle zu Stuck. Der Rahmen der Mihrab selbst war mit Stucktafeln mit geometrischen Mustern verziert. Das Innere der Mihrab-Apsis war mit dreieckigen Stuckleisten verziert, während das Halbkuppelgewölbe eine kannelierte Oberfläche aufwies. |
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Beispiele für diesen Stil sind eine Mihrab in Lamu mit einer Inschrift aus dem Jahr 1753 und Mihrab in Simambaya und Utondwe (Tansania) aus den Jahren 1796 bzw. 1782<ref>Siravo and Pulver, Planning Lamu: conservation of an East African Seaport (1986): 57.</ref>. Interessanterweise wiesen die omanischen Moscheen, die in dieser Zeit gebaut wurden, eine starke Ähnlichkeit mit den Swahili-Modellen auf, mit Erkern parallel zur Qibla-Wand und einer vorspringenden Mihrab<ref>Costa & Kite, "The Architecture of Salalah and the Dhofar Littoral" (1985): 148-149.</ref>. Die omanische Simambaya-Moschee, die zwischen 1725 und 1765 erbaut wurde, ist ein Beispiel für diese Ähnlichkeit. |
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Ein späteres Beispiel, die Swahili Wa Deule Moschee in Shela (Lamu), die laut einer Inschrift in der Mihrab im Jahr 1848 erbaut wurde, zeigt die fortgesetzte Verwendung des Dreibogens<ref>Ghaidan, Lamu. A study in conservation (1976).</ref>. Diese besondere Mihrab wurde von halbrunden Leisten eingerahmt und mit Tafeln mit floralen und geometrischen Motiven verziert. |
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Der Einfluss externer Faktoren ist bei dieser architektonischen Entwicklung ebenfalls offensichtlich. Die Blüte dieses neuen Stils findet Parallelen in jemenitischen Moscheen, insbesondere in Surat, wo Mihrabs mit fein geschnitzten Trilobalbögen auf eine wachsende wirtschaftliche Beziehung zu Indien hinweisen<ref>Bonnenfant, "La marque de l'Inde à Zabîd" (2000). Pradines, "L'influence indienne dans l'architecture swahili" (1999 b): 103-120.</ref>. Die Ndia Kuu Moschee in Mombasa, die 1985 ausgegraben wurde, unterstreicht diesen äußeren Einfluss. Diese Moschee aus dem 17. Jahrhundert, die wahrscheinlich von indischen und pakistanischen Söldnern genutzt wurde, hatte einen quadratischen Grundriss, eine kleine Mihrab, die mit Voluten und blinden Arkaden im indischen Stil verziert war, und zwei kleine Säulen, die den Mihrab-Vorsprung flankierten</ref>Abungu, Islam on the Kenyan coast: an archaeological study of mosques (1986).</ref>. |
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Zusammenfassend lässt sich sagen, dass das 18. und 19. Jahrhundert einen dynamischen Wandel in der Gestaltung der Mihrabs in den Moscheen des Lamu-Archipels erlebte. Das Aufkommen von Pate, sich verändernde politische Landschaften und äußere Einflüsse aus Indien und Oman trugen zur Entwicklung eines ausgeprägten 'Lamu-Stils' bei, der sich durch die weit verbreitete Übernahme des Trilobalbogens und die Verwendung von Stuckverzierungen auszeichnet. |
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== Einzelnachweise == |
== Einzelnachweise == |
Version vom 9. März 2024, 14:46 Uhr
Lamu-Archipel | ||
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Gewässer | Indischer Ozean | |
Geographische Lage | 2° 6′ S, 41° 1′ O | |
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Anzahl der Inseln | 5 |
Der Lamu-Archipel liegt im Indischen Ozean an der Nordküste Kenias.[1][2] Der Archipel besteht aus den Inseln Lamu, Pate, Mande und gehört zum kenianischen Lamu County.[1][3] Neben den drei größeren Inseln gehören zum Lamu-Archipel noch einige kleinere Eilande, wie Kiwayu und Manda Toto.[3] Der wichtigste Ort des Archipels, Lamu Town ist Teil des UNESCO-Welterbes.[4][5]
Die Geschichte der durch die Swahili-Gesellschaft geprägten Inselgruppe ist durch den Handel mit arabischen und portugiesischen Kaufleuten verbunden.[4][5]
Die Moscheen des Lamu-Archipels
Seit Jahrhunderten ist die Suaheli-Küste Ostafrikas ein kultureller Kreuzungspunkt. Die Moscheen, die im Mittelpunkt des religiösen Lebens der Region stehen, zeugen von diesem reichen Erbe. Ihre Architektur spiegelt nicht nur die islamischen Traditionen wider, sondern auch die künstlerischen Einflüsse der verschiedenen Handelspartner. Besonders deutlich wird dies in der Gestaltung der Mihrab, der Gebetsnische von symbolischer Bedeutung innerhalb einer Moschee.[6]
Das 18. und 19. Jahrhundert war eine Zeit bedeutender Veränderungen an der Suaheli-Küste, insbesondere auf dem Lamu-Archipel. Der Aufstieg von Pate zu einer wichtigen politischen Kraft, die die portugiesische Kontrolle über Mombasa herausforderte, soll der Katalysator für einen ausgeprägten "neuen Swahili Mihrab"-Stil gewesen sein[7]. Dieser Aufsatz beleuchtet die Entwicklung dieses einzigartigen Stils und untersucht seine wichtigsten Merkmale, die Einflüsse, die ihn geprägt haben, sowie prominente Beispiele.
Die Periode war durch einen starken Anstieg der Moscheen gekennzeichnet. Zwischen 1750 und 1820 wurden 22 Moscheen in Lamu Stadt und 12 in Pate gebaut[8]. Es wurde ein neuer Stil der Mihrab (Gebetsnische) entwickelt, der sich durch zwei Schlüsselelemente auszeichnet: eine ausgeprägte Verwendung von Stuck für die Dekoration und die Übernahme des Dreibogens.
Der Trilobalbogen, eine aufwändigere Konstruktion als der zuvor verwendete gebrochene Bogen, entstand im 17. Jahrhundert unter dem Einfluss indischer Händler[9]. Bis zum späten 18. Jahrhundert hatte sich diese Form zu einem polygamen Design entwickelt. Die Konstruktionstechniken für die Mihrab-Bögen bestanden aus mit Mörtel gebundenen Korallenquadern, die mit einer dicken Stuckschicht überzogen und mit Spitzbögen mit einem zentralen Vorsprung gekrönt wurden[10].
Die Dekoration spielte eine wichtige Rolle in dem neuen Stil. Die Tympanons, die vertieften Bereiche oberhalb des Bogens, setzten die Tradition der eingelegten Keramik fort, wie sie in Pate zu sehen war. Allerdings änderte sich das Material, das für den zentralen Buckel verwendet wurde, von Koralle zu Stuck. Der Rahmen der Mihrab selbst war mit Stucktafeln mit geometrischen Mustern verziert. Das Innere der Mihrab-Apsis war mit dreieckigen Stuckleisten verziert, während das Halbkuppelgewölbe eine kannelierte Oberfläche aufwies.
Beispiele für diesen Stil sind eine Mihrab in Lamu mit einer Inschrift aus dem Jahr 1753 und Mihrab in Simambaya und Utondwe (Tansania) aus den Jahren 1796 bzw. 1782[11]. Interessanterweise wiesen die omanischen Moscheen, die in dieser Zeit gebaut wurden, eine starke Ähnlichkeit mit den Swahili-Modellen auf, mit Erkern parallel zur Qibla-Wand und einer vorspringenden Mihrab[12]. Die omanische Simambaya-Moschee, die zwischen 1725 und 1765 erbaut wurde, ist ein Beispiel für diese Ähnlichkeit.
Ein späteres Beispiel, die Swahili Wa Deule Moschee in Shela (Lamu), die laut einer Inschrift in der Mihrab im Jahr 1848 erbaut wurde, zeigt die fortgesetzte Verwendung des Dreibogens[13]. Diese besondere Mihrab wurde von halbrunden Leisten eingerahmt und mit Tafeln mit floralen und geometrischen Motiven verziert.
Der Einfluss externer Faktoren ist bei dieser architektonischen Entwicklung ebenfalls offensichtlich. Die Blüte dieses neuen Stils findet Parallelen in jemenitischen Moscheen, insbesondere in Surat, wo Mihrabs mit fein geschnitzten Trilobalbögen auf eine wachsende wirtschaftliche Beziehung zu Indien hinweisen[14]. Die Ndia Kuu Moschee in Mombasa, die 1985 ausgegraben wurde, unterstreicht diesen äußeren Einfluss. Diese Moschee aus dem 17. Jahrhundert, die wahrscheinlich von indischen und pakistanischen Söldnern genutzt wurde, hatte einen quadratischen Grundriss, eine kleine Mihrab, die mit Voluten und blinden Arkaden im indischen Stil verziert war, und zwei kleine Säulen, die den Mihrab-Vorsprung flankierten</ref>Abungu, Islam on the Kenyan coast: an archaeological study of mosques (1986).</ref>.
Zusammenfassend lässt sich sagen, dass das 18. und 19. Jahrhundert einen dynamischen Wandel in der Gestaltung der Mihrabs in den Moscheen des Lamu-Archipels erlebte. Das Aufkommen von Pate, sich verändernde politische Landschaften und äußere Einflüsse aus Indien und Oman trugen zur Entwicklung eines ausgeprägten 'Lamu-Stils' bei, der sich durch die weit verbreitete Übernahme des Trilobalbogens und die Verwendung von Stuckverzierungen auszeichnet.
Einzelnachweise
- ↑ a b LAMU. In: Kenia Safari. Abgerufen am 21. Dezember 2023.
- ↑ Lamu-Archipel: Hakuna matata. In: Spiegel. Abgerufen am 21. Dezember 2023.
- ↑ a b La Mu. In: coastalguidekenya. Abgerufen am 21. Dezember 2023.
- ↑ a b Alte Stadt Lamu. In: UNESCO-Welterbe. 9. Januar 2023, abgerufen am 21. Dezember 2023 (englisch).
- ↑ a b Welterbe-Komitee nimmt 31 neue Stätten in die Welterbeliste auf. In: UNESCO. 9. Januar 2023, abgerufen am 21. Dezember 2023 (englisch).
- ↑ Pradines, Stéphane. "The Mosques of the Indian Ocean Coast". Historical Mosques of Sub-Saharan Africa. Brill, 2022. 146-289.
- ↑ Lienhardt and Phil, "The mosque college of Lamu and its social background" (1959): 228-242.
- ↑ Ghaidan, Lamu. A study in conservation (1976): 35.
- ↑ Allen, "Swahili architecture in the later Middle Ages" (1974): 42-47, 66-68, 83-84.
- ↑ Ghaidan, "Swahili plasterwork" (1973): 46-49.
- ↑ Siravo and Pulver, Planning Lamu: conservation of an East African Seaport (1986): 57.
- ↑ Costa & Kite, "The Architecture of Salalah and the Dhofar Littoral" (1985): 148-149.
- ↑ Ghaidan, Lamu. A study in conservation (1976).
- ↑ Bonnenfant, "La marque de l'Inde à Zabîd" (2000). Pradines, "L'influence indienne dans l'architecture swahili" (1999 b): 103-120.