„St. Martini (Bremen)“ – Versionsunterschied
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Die '''St. Martini-Kirche''' in der Altstadt von [[Bremen]] liegt in unmittelbarer Nähe zur [[Weser]] über dem nach ihr benannten Schiffsanleger an der [[Schlachte (Bremen)|Schlachte]] und gehört mit zu den ältesten Kirchen der Stadt. Der [[Backsteingotik|spätgotische Backsteinbau]] erlitt 1944 schwere Zerstörungen und wurde nach dem Krieg wieder aufgebaut. |
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Im Bereich des Turmes befindet sich der auf den Beginn des [[13. Jahrhundert]]s zurückgehende älteste Teil dieses Gotteshauses. Der Einturm (62 m hoch) ist nicht mittig angeordnet, sondern an der Nordwestecke in die Gesamtanlage eingefügt. 1384 wurden der Umbau von der [[Basilika]] zur [[Hallenkirche]] und die Entstehung des feingliedrigen [[Chor (Architektur)|Chores]] mit seinem reichen plastischen Dekor im Osten der Kirche beendet. |
Im Bereich des Turmes befindet sich der auf den Beginn des [[13. Jahrhundert]]s zurückgehende älteste Teil dieses Gotteshauses. Der Einturm (62 m hoch) ist nicht mittig angeordnet, sondern an der Nordwestecke in die Gesamtanlage eingefügt. 1384 wurden der Umbau von der [[Basilika]] zur [[Hallenkirche]] und die Entstehung des feingliedrigen [[Chor (Architektur)|Chores]] mit seinem reichen plastischen Dekor im Osten der Kirche beendet. |
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Der nach Osten weisende, erhöht angeordnete spätgotische Chor entstand in den Jahren 1376 bis 1384. Jeder der unteren Rippenabschlusssteine ([[Kapitell]]e) zeigt ein anderes Motiv. Im Gewölbe stellt der [[Schlussstein]] die segnende Gestalt Christi als [[Jüngstes Gericht|Weltenrichter]] dar. |
Der nach Osten weisende, erhöht angeordnete spätgotische Chor entstand in den Jahren 1376 bis 1384. Jeder der unteren Rippenabschlusssteine ([[Kapitell]]e) zeigt ein anderes Motiv. Im Gewölbe stellt der [[Schlussstein]] die segnende Gestalt Christi als [[Jüngstes Gericht|Weltenrichter]] dar. |
Version vom 25. November 2006, 17:40 Uhr

Die St. Martini-Kirche in der Altstadt von Bremen liegt in unmittelbarer Nähe zur Weser über dem nach ihr benannten Schiffsanleger an der Schlachte und gehört mit zu den ältesten Kirchen der Stadt. Der spätgotische Backsteinbau erlitt 1944 schwere Zerstörungen und wurde nach dem Krieg wieder aufgebaut.
Geschichte
Die Gründungsgeschichte von St. Martini geht zurück auf Klagen aus der damals 10.000-15.000 Einwohner zählenden Bevölkerung Bremens über geistliche Unterversorgung. Die Pfarrrechte für die ganze Stadt Bremen hatte um 1200 Unser Lieben Frauen erhalten; der Dom war Kirche und Sitz des Erzbischofs und gehörte somit nicht zur Stadt sondern zum Bistum Bremen.
Am 31. Juli 1227 befahl Papst Gregor IX. dem Bremer Erzbischof Gerhard II., die Stadt Bremen in drei Pfarrbezirke zu teilen und durch eigene Pfarrer versorgen zu lassen. Die Aufteilung erfolgte dann 1229 in die Kirchspiele: Unser Lieben Frauen (St. Marien, frühere St. Veits Kapelle, war vorhanden), sowie St. Ansgarii und St. Martini die hinzu kamen (St. Stephani lag damals noch außerhalb der Stadtmauer, die Kirche wurde 1140 auf der Düne im Westen der Stadt gegründet).
Die erste urkundliche Erwähnung von St. Martini als selbständige Pfarrgemeinde datiert demzufolge aus dem Jahre 1229 und ihren Namen erhielt sie nach dem in Frankreich beheimateten Nationalheiligen Sankt Martin (um 316 bis 397), einem der Bischöfe Tours.
Die erste Kirche war zunächst eine Kapelle, die den Schiffern und reisenden Kaufleuten jederzeit – auch nach dem Schluss der Stadttore (Fischertor) – Gelegenheit zum Kirchgang und zum Hören der Messe gab. Im Gegensatz zum Bremer Dom, der auf einer Düne liegt, hatte St. Martin von Anbeginn an eine exponierte und wegen der Gefahr durch Hochwasser unsichere Lage im Westteil der damaligen Balgeinsel direkt am unbefestigten Ufer der Weser. Das spiegelt sich auch in alten Reimen wieder: „Sunt Marten – wo de Wind döer weit; wo´t Water döer geiht“ (Sankt Martin - wo der Wind durch weht; wo das Wasser durch geht).
Später wurde die Balgeinsel wegen der sich regelmäßig wiederholenden Überschwemmungen erhöht und ab 1247 mehr und mehr besiedelt, die ursprüngliche Kapelle wurde in eine Kirche umgebaut. Doch immer wieder gab es Hochwasser mit Schäden an Kirche und Friedhof, bis schließlich 1371 eine Wehrmauer an der Flussseite gebaut wurde.
St. Martini galt jahrhundertelang als die Kirche der Kaufleute. Im Volksmund nannte man sie „Ollermannskarken“ - nach den Elterleuten der Kaufmannschaft, die als das Collegium Seniorum (die spätere Handelskammer) ihren Sitz im zum Gemeindesprengel gehörenden nahegelegenen Haus Schütting hatten.
Geistliches Leben in St. Martini
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Bereits 1524 – also nur sieben Jahre nach dem Anschlag der 95 Thesen durch Martin Luther zu Wittenberg und nur drei Jahre nach dem Reichstag zu Worms – stand mit Johann Timann aus Amsterdam in den Niederlanden erstmals ein lutherischer Prediger auf der Kanzel von St. Martini. 1534 schuf Timann Bremens erste reformatorische Kirchenordnung, die er sich von Luther persönlich bestätigen ließ. Er pflegte enge Kontakte zu den reformatorischen Kreisen in den Niederlanden, die auch in der Folgezeit erhalten blieben. So unterschrieb neben anderen der Martini-Prediger Ludwig Crocius für Bremen die 1618/19 erarbeiteten Dordrechter Artikel, in denen die Theologie des Reformators Johannes Calvin, nach der der irdische Weg des Menschen durch Gott von Geburt an vorherbestimmt ist (Prädestinationslehre), ihren Ausdruck fand.
In St. Martini haben nach der Reformation viele Glaubensrichtungen den Weg der Gemeinde bestimmt. Bekannte Prediger in der pietistischen Periode waren Theodor Undereyck (1670 bis 1693) und Joachim Neander (1679 bis 1680). Gottfried Menken und Georg Gottfried Treviranus vertraten im 19. Jahrhundert den Biblizismus, die buchstäbliche Auslegung des Wortlautes der Heiligen Schrift. Treviranus war Mitbegründer der Inneren Mission, der Evangelischen Allianz und des Deutschen Evangelischen Kirchentages; er führte in Norddeutschland die Konfirmation ein.
1867 trat mit Treviranus’ Nachfolger, Pastor Moritz Schwalb, ein Umschwung ein, wie er sich dramatischer kaum denken lässt. Schwalb vertrat eine freisinnige, später sogar radikal-sozialistische Theologie, die bis in das 20. Jahrhundert auch von den Pastoren Albert Kalthoff und Emil Felden fortgesetzt wurde.
Die St. Martini-Gemeinde vertritt heute die Verkündigung des unverfälschten biblischen Wortes. Ihr 1979 aufgenommenes Bekenntnis fußt auf den Inhalten des Heidelberger Katechismus, den drei altkirchlichen Symbolen (Apostolikum, Athanasianum und Nicänum), und sie weiß sich der Theologischen Erklärung von Barmen von 1934 verpflichtet.
Aus der Baugeschichte

Im Bereich des Turmes befindet sich der auf den Beginn des 13. Jahrhunderts zurückgehende älteste Teil dieses Gotteshauses. Der Einturm (62 m hoch) ist nicht mittig angeordnet, sondern an der Nordwestecke in die Gesamtanlage eingefügt. 1384 wurden der Umbau von der Basilika zur Hallenkirche und die Entstehung des feingliedrigen Chores mit seinem reichen plastischen Dekor im Osten der Kirche beendet.
Durch die unmittelbare Lage am Weserfluss musste das unsichere Ufergelände beim Bau des ersten Gotteshauses erheblich aufgeschüttet und befestigt werden und im Laufe der Zeit bestand mehrmals akute Einsturzgefahr. Den Hochwasserstand im Kirchenraum vom März 1881 zeigt eine Beschilderung im vorderen Teil des Südschiffes. Die infolge der 1887 bis 1892 vorgenommenen Weserregulierung eingetretene Grundwasserabsenkung beseitigte zwar die Überschwemmungsgefahr, sie konnte aber der auf Eichenpfahlrosten gegründeten Kirche auf dem labilen Baugrund keine höhere bauseitige Stabilität verleihen.
Im Oktober 1944 erlitt dieser spätgotische Backsteinbau in einer der Bombennächte des Zweiten Weltkrieges schwerste Zerstörungen. Alle Dächer, fast sämtliche markanten Kreuzgewölbe und die Giebelreihe an der Weserseite lagen in Schutt und Asche. Auch der Turmhelm und die Glockenanlage überstanden den Feuersturm nicht. Nur die Umfassungsmauern ragten noch auf.
Gegen Ende der fünfziger Jahre des 20. Jahrhunderts begann der Wiederaufbau der Ruine. Die ursprünglich die Sprechakustik so positiv beeinflussenden hölzernen Emporen und das Chorgestühl an der Nordseite des Kirchenraumes blieben bei den Bauarbeiten unberücksichtigt, so dass die Hörbarkeit des gesprochenen Wortes heute mit Hilfe einer Verstärkeranlage unterstützt werden muss.
Der Orgelprospekt, die hölzerne Kanzel und weiteres Inventar wurden vor dem Krieg ausgelagert und gehören heute zu den Kleinodien der Kirche.
Ein Rundgang durch die Kirche
Der Vorraum mit den steinernen Wappen zweier Bremer Geschlechter, durch den der Besucher die Kirche betritt und wieder verlässt, diente in vorprotestantischer Zeit als Marienkapelle.
An den Beschlägen der Kircheneingangstür befinden sich die Symbole der vier Evangelisten, Matthäus mit dem Zeichen des Engels, Markus (Löwe), Lukas (Stier) und Johannes (Adler), die auch im sechsten Fenster des Chores zu sehen sind.
Die Orgel
Die erste Orgel von St. Martini wurde bereits 1563 urkundlich erwähnt. Der aus den Niederlanden stammende Orgelbauer Marten de Mare erhielt 1603 den Auftrag die Orgel zu erneuern. Christian Bockelmann aus Lüneburg erweiterte zwischen 1616 und 1619 den Orgelprospekt in der heute noch erhaltenen Form. Der berühmte Hamburger Orgelbaumeister Arp Schnitger hat in den Jahren 1707 bis 1709 die Orgel repariert und teilweise erneuert.
Der Orgelprospekt auf der Schwelle zwischen Renaissance und Frühbarock gilt als einer der schönsten seiner Art in Nordeuropa. Er wurde im Zweiten Weltkrieg ausgelagert und blieb dadurch bis heute erhalten. Er zeigt die Verbindung zwischen dem irdischen und dem himmlischen Jerusalem. Zwei Engel und der Psalmsänger König David krönen das Rückpositiv. Darüber thront die himmlische Stadt mit ihren Türmen.
Das alte Orgelwerk (Furtwängler und Hammer, 1894) wurde durch Kriegseinwirkungen 1944 völlig zerstört, da es nicht ausgebaut werden konnte. Beim Wiederaufbau der Kirche gegen Ende der fünfziger Jahre des 20. Jahrhunderts schufen die Orgelbauer Jürgen Ahrend und Gerhard Brunzema aus Leer in Ostfriesland ein neues Instrument. Es besitzt drei Manuale, Pedal, 33 Register und zeichnet sich durch einen besonders farbigen, milden Klang mit ausgeprägtem Grundton und brillanten Obertönen aus und erreicht damit eine Annäherung an das Klangideal des 17. und 18. Jahrhunderts. In den Jahren 2004/05 wurde die Orgel gründlich renoviert und mit einer Bach/Kellner-Stimmung versehen. Sie gilt nun als eine Orgel, die vorzüglich für die Wiedergabe Bach´scher Orgelwerke geeignet ist.
Die Martini-Orgel zeigt heute folgende Dispositionen:
Hauptwerk | Rückpositiv | Brustpositiv | Pedal | ||||
---|---|---|---|---|---|---|---|
Praestant | 8' | Praestant | 4' | Gedackt | 8' | Praestant | 16' |
Bordun | 16' | Gedackt | 8' | Blockflöte | 4' | Octave | 8' |
Hohlflöte | 8' | Rohrflöte | 4' | Principal | 2' | Octave | 4' |
Octave | 4' | Octave | 2' | Flöte | 2' | Nachthorn | 2' |
Spitzflöte | 4' | Nasat | 1 1/3' | Cimbel | Mixtur | ||
Octave | 2' | Waldflöte | 2' | Regal | 8' | Posaune | 16' |
Rauschpfeife | Sesquialtera | Trompete | 8' | ||||
Mixtur | Scharf | Trompete | 4' | ||||
Dulcian | 16' | Krummhorn | 8' | ||||
Trompete | 8' | ||||||
Rp/Hw | Bp/Hw | Hw/Pd | Rp/Pd |
-
Orgelprospekt von 1619
-
Orgel mit 3 Manualen, Pedal und 33 Registern
Die Kanzel
Die Kanzel gehört zu den wertvollsten Kleinodien von St. Martini. Aus einer alten Urkunde geht hervor, dass „de nie predichstoel“ (der neue Predigtstuhl) – so in der Rechnung bezeichnet – in der Werkstatt des Bremer Holzschnitzers Hermen Wulff angefertigt wurde. Er stammt somit aus der „Goldenen Zeit Bremens”. Dieser Wendezeit vom 16. zum 17. Jahrhundert verdankt die Stadt viele noch heute existierende Zeugen des einheimischen Kunstwerks.
Auf den Seitenflächen des Kanzelkorbes sind von den sieben Tugenden fünf dargestellt - von links nach rechts: Klugheit, Liebe Gottes, Gerechtigkeit, Hoffnung, Tapferkeit. Zum Teil waren die Schnitzarbeiten früher unter Farben und Vergoldungen verborgen. Während der Generalrenovierung des Kirchenraumes 1980 wurde die Kanzel wieder in die Mitte des Kirchenschiffes gesetzt und erhielt eine neue Treppe. Beim Schalldeckel, der früher wie eine Krone gestaltet war, sind nur die bekrönenden Ornamentteile erhalten geblieben. Die alte Kanzeltreppe führt jetzt zur Orgel hinauf.
Der Chor

Der nach Osten weisende, erhöht angeordnete spätgotische Chor entstand in den Jahren 1376 bis 1384. Jeder der unteren Rippenabschlusssteine (Kapitelle) zeigt ein anderes Motiv. Im Gewölbe stellt der Schlussstein die segnende Gestalt Christi als Weltenrichter dar.
Die acht farbigen Fenster des Chorraumes wurden 1959 bis 1960 von der Bremer Künstlerin Elisabeth Steineke (†2003) gestaltet, wobei handbemaltes Glas Verwendung fand.
Als Ausdruck reformierter Nüchternheit und Strenge von St. Martini steht lediglich im vorderen Teil dieses Raumes ein schlichtes griechisches Messingkreuz, das über einer lichtdurchfluteten „Weltkugel” thront.
Die Scheidelinie zwischen Chorraum und dem übrigen Kirchenschiff bildet der hölzerne Hauptaltar mit dem die Fülle und Vollkommenheit Gottes symbolisierenden schweren, bronzenen, siebenarmigen Tischleuchter. Die in den Gottesdiensten ausliegende große Altarbibel trägt auf ihrem Deckblatt folgende handsignierte Inschrift des verstorbenen Urwaldarztes Albert Schweitzer: „Welche der Geist Gottes treibt, die sind Gottes Kinder. Möge von dieser Bibel, wenn aus ihr im Gottesdienst gelesen wird, der Geist Gottes die Herzen der Menschen bewegen und fähig machen, sich von ihm regieren zu lassen.”
Das Hohe Fenster
An der dem Eingang gegenüberliegenden Südwand befindet sich das Hohe Fenster, das ebenfalls von Elisabeth Steineke gestaltet wurde. Es erinnert an Joachim Neander, der 1679-1680 Prediger an St.Martini war und seinen hier zum ersten Mal erklungenen Choral Lobe den Herren, den mächtigen König der Ehren. Im unteren Teil des Bildes sieht man Neander an der Orgel, von musizierenden und singenden Menschen umgeben. Darüber Posaunenengel und ein die Herrlichkeit Gottes versinnbildlichendes strahlendes Gelb.
Die farbigen Fenster im Chorraum

Das erste Fenster stellt die Schöpfungsgeschichte dar. Den Sündenfall und die Vertreibung aus dem Paradies, Adam arbeitet im Schweiße seines Angesichts auf dem Felde, Kain erschlägt seinen Bruder aus Missgunst und wird aus dem Frieden in die Ruhelosigkeit hinausgetrieben. Die Sintflut vernichtet die Menschheit, nur Noah, der auf Gottes Geheiß eine Arche baut, überlebt mit den Seinen und je einem Paar Tieren die Katastrophe.
Im zweiten Fenster wird der Glaube an den Allmächtigen benannt. Eine Gegenüberstellung des Alten und des Neuen Bundes Gottes mit den Menschen. Im oberen Teil des Fensters ist dieses durch Mose mit den Gesetzestafeln und die Auslegung der Gesetze durch die Bergpredigt Christi veranschaulicht.
Das dritte Fenster zeigt Gestalten aus dem Alten Testament. Es berichtet verständlich von den Prophezeiungen über den verheißenen Messias.
Das vierte Fenster in seiner violetten Grundtönung zeigt neben der Verkündigung der Maria, der Geburt Jesu Christi, der Hochzeit zu Kana, einer Krankenheilung, der Speisung der 5000, der Auferweckung des Lazarus, der Salbung in Bethanien, der Fußwaschung, des Judaskusses sowie der Verleugnung des Heilandes durch Petrus das Leiden und die Kreuzigung des Gottessohnes.
„Auferstanden von den Toten!” Das fünfte Fenster ist das Osterfenster. Es zeigt die Auferstehungsgeschichte nach dem Johannes-Evangelium Kapitel 20 und 21. Das leere Grab, die Erscheinungen des auferstandenen Christus und seine Himmelfahrt in einen goldfarbenen Himmel, wobei das Gold die Weisheit und das Reich Gottes ausdrücken soll.
Das sechste Fenster symbolisiert die Pfingstfreude. Der Heilige Geist gießt aus dem pfingstlichen Rot des Maßwerkes sein Licht über die Jünger aus. Die vier Evangelisten, Matthäus mit dem Zeichen des Engels, Markus (Löwe), Lukas (Stier) und Johannes (Adler) – deren Symbole sich auch an den Beschlägen der Kircheneingangstür befinden – schreiben ihr Wissen über Jesus Christus auf. Aus den ersten Gemeinden von Petrus und Paulus entsteht die Kirche. Auch die römisch-katholische Kirche mit ihrer Hierarchie ist in den Bildern vertreten: Papst, Kardinal, Bischof, Mönch und Nonne. Das Leben in der Gemeinde wird dargestellt durch die Predigt, die Erteilung der Sakramente, das Wirken der Diakonie und das Eingehen der Menschen in die ewige Heimat.
Das siebte Fenster gibt Zeugnis vom Text der Offenbarung des Apostels Johannes Kapitel 1, Vers 12 bis 16. Darunter sind die Engel des Gerichts und das Gleichnis von den klugen und törichten Jungfrauen, Jesus Christus mit den Kindern, die anvertrauten Pfunde und der verlorene Sohn abgebildet. Am Fenstergrund liegt in Form eines Drachens das Böse in Ketten gebunden.
Im achten Fenster kommen die Menschen aus allen Nationen, um den Herrn, ihren Gott, anzubeten. Darüber befindet sich eine Stadt mit herrlich geschmückten Toren und dem Strom des lebendigen Wassers, der vom Throne Gottes und des Lammes ausgeht, das himmlische Jerusalem.
Das Martinsfenster und das Martinsrelief
An der Ostseite des Nordschiffes befindet sich das größte Einzelfenster der Kirche. Es erzählt in vielen separaten Bildern die Legende des heiligen Martin, der im Jahre 375 Bischof von Tours in Frankreich wurde und später der Nationalheilige der Franken war. Die Begebenheit, wie Martin seinen Mantel mit einem ihn anflehenden Bettler teilt wird auch und in dem mittelalterlichen Sandsteinrelief darunter dargestellt.
Im Fenster befindet sich weiter die Darstellung des Offizierssohnes Martin nachdem er Christ geworden war und den Wehrdienst mit der Waffe verweigerte. Als man ihm Feigheit vorgeworfen hatte, gelobte er vor dem römischen Kaiser, waffenlos in den Kampf zu ziehen. Er ist ohne Schwert und Harnisch, nur ein Kreuz in den Händen haltend, inmitten der umstehenden bewaffneten Kriegsleute abgebildet. Eine andere Darstellungen zeigt ihn als Begründer einer Klosterschule und auf der Flucht über das Meer anlässlich theologischer Auseinandersetzungen.
Weitere Sehenswürdigkeiten
Die Fenster in den Seitenschiffen sind mit Wappen der Bauherren versehen, die in der Zeit von 1376 – 1959 im Dienst von St. Martini standen. Es handelt sich um Neuschaffungen des Worpsweder Künstlers Werner Rohde. In einem Fenster des Südschiffes findet man mit der Jahreszahl 1591, dem Beginn seines Bauherren-Amtes, das Wappen von Henrich Zobel. 1597 zum bremischen Bürgermeister gewählt, stiftete er das Portal zum Neanderhaus an der Südostseite der Kirche, das der Martini-Prediger durchschreiten musste, wenn er zum 5-Uhr-Morgengottesdienst für das Herrschaftsgesinde von seiner Wohnung aus das Gotteshaus betrat. Der über dem Portal angebrachte Zobel-Epitaph entstand 1598.
An der Südwand, rechts und links der Tür zum Kirchgarten mit ihrem schmiedeeisernen Gitter, lehnen zwei wuchtige Wandgrabmäler aus dem frühen Mittelalter.
An der gleichen Wand ist ein Kastenrelief, die Kreuzigung Christi sowie Maria und den Jünger Johannes darstellend, angebracht. Nur schwer lesbar ist die Inschrift ANNO DOMINI 1474.
Die beiden Messing-Kronenleuchter, die von der Kreuzgewölbedecke des Mittelschiffes herabhängen und deren vordere als sogenanntes Aufsteckschild den Heiligen Martin trägt, werden in alten Inventaren immer wieder mit Stolz erwähnt und sind flämische Arbeiten aus der Zeit um 1650.
Das Taufbecken aus Sandstein, in unmittelbarer Nähe der Kanzeltreppe, befand sich bis vor 20 Jahren als Dekoration im Kirchgarten. Seine Entstehungszeit ist unbekannt.
Um 1440 muss die kleine Kreuzigungsgruppe aus Sandstein entstanden sein, die an der Nordwand platziert ist und in der flächigen, volkstümlichen Weise der frühen Holzschnitte angefertigt wurde.
Von großer bildnerischer Kraft zeugt der Opferstock am ersten Pfeiler zum Ausgang hin. Er ist ein Werk reinsten Rokokos aus dem Jahre 1766. Die asymmetrische Wandplatte mit der Inschrift Milde Gaben werden von Gott vergolten verbindet sich gediegen mit der rankenbedeckten Steinkommode. Dieser Almosenstock ist wahrscheinlich in der Werkstatt des bedeutendsten Rokoko-Bildhauers Bremens, Theophilus Wilhelm Freese, entstanden.
Das Fresko gleich links neben der Ausgangstür stammt aus der Zeit um 1300. Es stellt eine stark fragmentierte Kreuzigungsgruppe dar, die den Brand der Kirche im Oktober 1944, in der Nacht in der die Bomben fielen, als einzige Abbildung ihrer Art im Gotteshaus einigermaßen überstanden hat. Dieses Fresko wird zu den ältesten im norddeutschen Raum gerechnet.
Die Weltgerichtsdarstellung befindet sich über der Pforte zum Kirchgarten an der Außenfront der Südseite. Von einem aus farbig glasierten Ziegeln aufgemauerten Gewände gerahmt und mit einem Spitzbogen überdacht, wird der Hintergrund des gesamten Feldes von viereckigen Blumenmustern ausgefüllt. Christus thront unter einem Baldachin mit dem aufgeschlagenen Buch des Lebens in der rechten und einem Bischofsstab in der linken Hand. Er wird eingerahmt von zwei Engeln. Zwei Auferstehende erheben sich aus ihren Gräbern. Das dargestellte Thema, Christus als Bischof der Seelen, ist in Deutschland höchst selten in bildlicher Form zu finden. Die Entstehungszeit wird von Fachleuten in das 13. Jahrhundert datiert.
Eine Kopie des Jakobusbrunnen - „Jacobus der Jüngere”, Schutzheiliger der Pilger und Schutzpatron der Bruderschaft „Sancti Jacobi minoris” - steht seit 1957 an der Frontseite des Neanderhauses, nachdem das mittelalterliche Original, das heute im Bremer Landesmuseum für Kunst- und Kulturgeschichte (Focke-Museum) beheimatet ist, im Zweiten Weltkrieg schwer beschädigt worden war.
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Zobel-Epitaph von 1598
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Kreuzigungsgruppe aus Sandstein (um 1440)
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Opferstock von 1766
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Fresko aus der Zeit um 1300
Das Glockengeläut
St. Martini besitzt mit sieben großen Glocken und zwölf zusätzlichen Spielglocken das größte Geläut aller Kirchen in der Hansestadt. Nachdem die Glocken den Feuersturm von 1944 nicht überstanden hatten, wurden sie nach dem Kriege neu gegossen. Alle Glocken sind mit denen vom nahen Dom abgestimmt, um Dissonanzen beim gleichzeitigen Läuten zu vermeiden.
Hier einige Inschriften:
- Zerstört am 5. Oktober 1944 – neugegossen im Advent 1957
- Ich will dich ehren mit jedem Ton, gib uns, o Herr, den Frieden zum Lohn
- Wo aber der Geist des Herrn ist, da ist Freiheit
- Stund um Stunde geht dahin, denk, o Mensch, an ihren Sinn
Läuteordnung
Jeden Sonntag zwischen 9.45 Uhr und 10:00 Uhr wird der Gottesdienst eingeläutet.
Täglich um 9:15 Uhr, 12:15 Uhr, 15:15 Uhr und 18:15 Uhr sind auf den zwölf Spielglocken, die noch durch fünf der sieben Läuteglocken erweitert werden, in der Adventszeit die Lieder „Macht hoch die Tür, die Tor macht weit“ oder „Es kommt ein Schiff, geladen bis an sein’ höchsten Bord“ zu hören. Zwischen Weihnachten und dem Epiphaniastag erklingen „Vom Himmel hoch, da komm ich her“ oder „Lobt Gott, ihr Christen alle gleich, in seinem höchsten Thron“. „Mit Freuden zart zu dieser Fahrt laßt uns zugleich fröhlich singen“ oder „Auf, auf mein Herz mit Freuden, nimm wahr, was heut’ geschieht“ sind die Lieder der Osterzeit, während zu Pfingsten die Melodie von „O Heilger Geist, kehr’ bei uns ein“ intoniert wird. An allen anderen Tagen des Jahres ertönt der Choral, den Joachim Neander 1680 in St. Martini schuf: „Lobe den Herren, den mächtigen König der Ehren“.
Bekannte ehemalige Pastoren
- Theodor Undereyck (1670-1693)
- Joachim Neander (1679-1680), Schöpfer des Chorales Lobe den Herren, den mächtigen König der Ehren
- Georg Gottfried Treviranus (1814-1866), Mitbegründer der Inneren Mission, der Evangelischen Allianz und des Deutschen Evangelischen Kirchentages
- Albert Kalthoff (1888-1906)
- Emil Felden (1907-1933)
- Georg Huntemann (1957 - 1958, 1974 — 1987)
Siehe auch
Quellen
- Kirchenführer St. Martini (Erweiterte Neuauflage 2003)
- Überarbeitung / Aktualisierung St. Martini (Dr. Eberhard Hagemann)
Schrifttum
- Friedrich Gläbe: Bremen einst und jetzt. Bremen 1955
- Friedrich Gläbe: Die Unterweser. Bremen 1963
- Claus Heitmann: Von Abraham bis Zion, Die Ortsgemeinden der Bremischen Evangelischen Kirche. Bremen 1985
- Bodo Heyne: Hospitium Ecclesiae, Forschungen zur Bremischen Kirchengeschichte. Bd. 8, Bremen 1973
- Dr. Dr. Georg H. Huntemann: Diese Kirche muß anders werden. Bad Liebenzell 1979
- Fr. Iken: Joachim Neander, Sein Leben und seine Lieder. Bremen 1880
- Friedrich Krüger: Joachim Neander, Aus seinem Leben und seinem Wirken. Hilden 1957
- Dr. Walter Schäfer: Georg Gottfried Treviranus. Verden 1963
- Hans Scheidulin / Dr. Werner Kloos / Dr. Jürgen Wittstock: Alte Kirchen in und um Bremen. Bremen 1982
- Otto Veek: Geschichte der Reformierten Kirche Bremens. Bremen 1909
- Wolfgang Wehowsky (Hrsg.): St. Martini zu Bremen, Eine Gemeinde und eine Kirche im Wandel der Zeiten. Bremen 1960