Zum Inhalt springen

„Türkische Streitkräfte“ – Versionsunterschied

aus Wikipedia, der freien Enzyklopädie
[ungesichtete Version][ungesichtete Version]
Inhalt gelöscht Inhalt hinzugefügt
Landstreitkräfte neu
Zeile 6: Zeile 6:
Der Oberbefehl über die türkischen Streitkräfte liegt beim Generalstabschef, der üblicherweise auf Weisung des Präsidenten handelt, der seinerseits sehr oft zuvor hoher Militär war. Zur Zeit ([[2006]]) hat den Oberbefehl [[General]] [[Ya%C5%9Far B%C3%BCy%C3%BCkan%C4%B1t]] inne.
Der Oberbefehl über die türkischen Streitkräfte liegt beim Generalstabschef, der üblicherweise auf Weisung des Präsidenten handelt, der seinerseits sehr oft zuvor hoher Militär war. Zur Zeit ([[2006]]) hat den Oberbefehl [[General]] [[Ya%C5%9Far B%C3%BCy%C3%BCkan%C4%B1t]] inne.
Er ist der 25. Oberbefehlshaber seit Ende des Osmanischen Reiches.
Er ist der 25. Oberbefehlshaber seit Ende des Osmanischen Reiches.


== Die Landstreitkräfte ==
Das [[Heer]] ist mit 391.000 die größte Teilstreitkraft und gliedert sich wie folgt:
* 4 [[Armee|Armee - Hauptquartiere]]
* 10 [[Armeekorps]]
* 2 [[Mechanisierte Infanterie|mechanisierte Infanteriedivisionsstäbe]]
* 14 [[Mechanisierte Infanterie|mechanisierte Infanteriebrigaden]]
* 14 [[Panzertruppe|Panzerbrigaden]]
* 11 Infanterie/Kommando - Brigaden

Die Truppen sind ausgerüstet mit 3.306 [[Kampfpanzer]]n ([[Patton (Panzer)|M-48]], [[Patton (Panzer)|M-60]] und [[Leopard 1]]), 4.829 [[Schützenpanzer]]n, 1.647 Geschützen und 43 [[Kampfhubschrauber]]n. Eine mechanisierte Infanteriedivision ist einem multinationalen NATO - Kommando unterstellt.


== Geschichte ==
== Geschichte ==

Version vom 26. Oktober 2006, 17:52 Uhr

Die türkischen Streitkräfte (TSK, türkisch: Türk Silahlı Kuvvetleri) umfassen die militärische Organisationen Heer, Marine und Luftwaffe. Sie genießen unter der türkischen Bevölkerung hohes Ansehen und verfügen mit 511.000 Mann über die zweitgrößte Mannstärke der NATO hinter den USA. Von diesen sind zur Zeit 35.000 in Nordzypern stationiert. Das Militärbudget beträgt 8.300.000.000 US-Dollar.

In Friedenszeiten unterstehen Gendarmerie und Küstenwache dem Innenministerium der Türkei, werden im Kriegsfall aber dem Heereskommando bzw. dem Marinekommando unterstellt.

Der Oberbefehl über die türkischen Streitkräfte liegt beim Generalstabschef, der üblicherweise auf Weisung des Präsidenten handelt, der seinerseits sehr oft zuvor hoher Militär war. Zur Zeit (2006) hat den Oberbefehl General Yaşar Büyükanıt inne. Er ist der 25. Oberbefehlshaber seit Ende des Osmanischen Reiches.


Die Landstreitkräfte

Das Heer ist mit 391.000 die größte Teilstreitkraft und gliedert sich wie folgt:

Die Truppen sind ausgerüstet mit 3.306 Kampfpanzern (M-48, M-60 und Leopard 1), 4.829 Schützenpanzern, 1.647 Geschützen und 43 Kampfhubschraubern. Eine mechanisierte Infanteriedivision ist einem multinationalen NATO - Kommando unterstellt.

Geschichte

Der Beginn der Geschichte des modernen türkischen Militärs lässt sich auf das Ende des Ersten Weltkrieges und den dadurch ausgelösten Zerfall des Osmanischen Reiches festlegen, nachdem das bereits geschwächte Sultanat noch auf Seiten der Mittelmächte in den Krieg gezogen war. Mit dem Verlust des Krieges wurde das türkische Kernland besetzt und die Osmanische Armee wurde aufgelöst. Gazi Mustafa Kemal Pascha (genannt Atatürk) formierte nach der Republik die Streitkräfte neu. Während des Zweiten Weltkriegs war die Türkei mit Hitler-Deutschland paktiert, türkische Soldaten nahmen jedoch nicht an Kampfhandlungen teil. Auf Druck der Alliierten erklärte die Türkei Anfang 1945 dem Deutschen Reich den Krieg, um einen Sitz in den Vereinten Nationen zu bekommen und etwaige kriegerische Akte gegen das Land abzuwehren.

Am 17. Oktober 1950 trat die Türkei mit einer Brigade, bestehend aus 5.090 Mann, auf Seiten der USA in den Koreakrieg ein. Im Laufe des Krieges starben 731 türkische Soldaten, wobei etwa 2.000 verwundet wurden. Insgesamt wurden etwa 50.000 türkische Soldaten nach Korea entsandt.

Durch die strategisch günstige Lage zwischen Europa, Asien und Afrika, umringt vom Schwarzen, Ägäischen und Mittelmeer steht die Türkei in einer besonderen geopolitischen Situation. Sie birgt aufgrund der Nähe zu den permanenten Krisenherden Balkan, Naher Osten und dem Kaukasus auch besondere Risiken. Aus diesem Grund wurde die Türkei am 18. Februar 1952 Mitglied der NATO. Auf Initiative der USA wurde ein NATO - Südostkommando eingerichtet, welches von einem amerikanischen General und jeweils einem türkischen und einem griechischen Stellvertreter geführt wurde. Im Zuge der Eingliederung in die NATO - Struktur begann die Türkei mit der Modernisierung ihrer Streitkräfte.

Am 20. Juli 1974 besetzten türkische Truppen, im Rahmen der Operation Kıbrıs barış harekatı (Friedensbewegung Zypern), den Nordteil der Insel Zypern.

Der Zusammenbruch der Sowjetunion 1990 löste ein Macht-Vakuum in Zentralasien, auf dem Balkan, im Orient und im Kaukasus aus.

Kemalismus

Die türkischen Streitkräfte sehen sich seit Jahrzehnten als Wächter der von Atatürk eingeführten neuen Staatsordnung. Gegen das Militär war in den vergangenen 80 Jahren keine dauerhaft andere Politik möglich.

Wesentlicher Punkt vieler Auseinandersetzungen um das Primat in der Politik war im Sinne Atatürks die klare Trennung zwischen Staat und Religion. An der Aufhebung der einschlägigen Gesetze sind bislang alle religiös-konservativen Regierungen gescheitert.

Der Kurs des derzeitigen konservativ-religiösen Ministerpräsidenten, Tayyip Erdoğan, beinhaltet jedoch auch die Zurückdrängung des traditionell starken Einflusses des Militärs auf die türkische Politik.

Insofern ist die Bedeutung der türkischen Streitkräfte in den Zeiten der interkulturellen Konflikte zwischen Westen und Nahem Osten zweischneidig: die Streitkräfte stehen einerseits für die westliche Orientierung der Trennung von Religion und Staat, andererseits stehen sie gegen das westliche Prinzip des Primats der Politik über das Militär.


Kritik

1960, 1971 und 1980 griffen die türkischen Generäle jeweils aktiv in das politische Geschehen ein, erließen eine neue Verfassung und erlaubten dann über Neuwahlen, dem türkischen Staatsvolk wieder eine genehme Regierung zu wählen, ohne sich ein Letztentscheidungsrecht in zentralen Fragen nehmen zu lassen. Die Politik im Staat wird faktisch vom Nationalen Sicherheitsrat, auf den das türksiche Militär enormen Einfluss übt, diktiert, der zu einer Art Staat im Staat geworden ist.

Der 1961 gegründete ehemalige Armeehilfsdienst OYAK, welcher mit diversen Steuerprivilegien begünstigt war, gehört mit Milliardenumsätzen inzwischen zu den größten Investoren und Mischkonzernen (Banken, Versicherungen, Autos, Konserven, Zement) des Landes.

Menschenrechtsverletzungen

Seit der Gründung der PKK 1979 werden regelmäßig Razzien des Militärs in den kurdischen Dörfern durchgeführt, um den Anschlägen dieser in den östlichsten Regionen der Türkei liegenden Gebiete entgegenzuwirken und Präsenz zu zeigen. Der Aufstand der PKK wird von der türkischen Regierung nicht mit politischen Mitteln unter Einbeziehung der politisch arbeitenden kurdischen Opposition geführt, sondern mit militärischem Einsatz. Dem Bericht einer Untersuchungskommission des türkischen Parlamentes von 1998 zufolge wurden insgesamt 3.428 Dörfer zerstört und drei Millionen Kurden zu Flüchtlingen. So musste die Provinzhauptstandt Diyarbakir ca. eine Million Flüchtlinge auf nehmen. Hinzu kamen Maßnahmen des Staates wie Weideverbot und Verminung der Almwege.[1]

Einschüchterung der Kurden anhand deutscher Waffen

Besonders in Deutschland stößt die Hilfe zur Lizenzfertigung modernster Waffensysteme wegen des Kurdenkonfliktes in der Türkei immer wieder auf Kritik.

Dass deutsche Waffen vielfach bei jenen Menschenrechtsverletzungen eingesetzt wurden, die die Türkei für die EU diskreditierte, ist mehrfach dokumentiert. So belegen beispielsweise aktuelle Bilder, die von Frontal21-Kamerateam im Kurdengebiet (Provinz Sirnak) heimlich gedreht worden sind, dass deutsche Schützenpanzer im Einsatz gegen aufständische Kurden eingesetz werden. Oft ändert die türkische Streitkräfte die Erkennungsmerkmale der deutschen Militärausrüstung, um ihre Herkunft zu verschleiern Trotzdem konten die heimlich gefilmten Fahrzeuge eindeutig als deutsche Panzer indentifizieren werden.[2]

Auf die Frage, welche Vereinbarungen die Bundesregierung mit der Türkei getroffen habe, um auszuschließen, daß G36-Gewehre der Firma Heckler & Koch und Leopard Testpanzer nicht gegen die kurdische Bevölkerung zum Einsatz kommen würden, antwortete die Bundesregierung, Vereinbarungen dieser Art seien bei kommerziellen Lieferungen nicht üblich.

Im Jahre 1999 wurde vom „Netzwerk Friedensinitiative“ nicht weniger als 25 angebliche türkische Wünsche zur Rüstungskooperationen aufgelistet:

  • 800-1.000 Transportpanzer Fuchs (Thyssen-Henschel) (davon ca. 800 Lizenzbau)
  • 1.000 Kampfpanzer Leopard IIA5 (Krauss-Maffei-Wegmann)
  • 120mm Panzermunition im MKEK-Lizenzbau (evtl. Rheinmetall)
  • ca. 500.000 Gewehre HK33E oder G36 (Heckler&Koch/Royal Ordnance)
  • SS 109 5,56mm Munition (Metallwerk Elisenhütte)
  • 1.500 Granatwerfer (Heckler&Koch/Royal Ordnance)
  • max. 145 Kampfhubschrauber Tiger (Eurocopter [DASA/Aérospatiale]) (ein Testmodell wurde 1999 über Frankreich geliefert)
  • 150 Leopard I (Krauss-Maffei aus Bundeswehrbeständen)
  • Panzerhaubitze 2000 (Krauss-Maffei-Wegmann) (z.T. Lizenzbau)
  • Brückenlegepanzer (Rheinmetall)
  • Bergepanzer Büffel (MaK/Rheinmetall)
  • Flak-Panzer auf Leo I-Basis oder Gepard (Krauss-Maffei)
  • 6 TF 2.000 Fregatten
  • 6 Minenjagdboote (Abeking & Rasmussen/Lürssen)
  • 3 Schnellboote FPB 57 Dogan-Kl. (Lürssen/Taskizak)
  • 4 U-Boote Kl. 209 (HDW/Thyssen Nordseewerke)
  • 42 Torpedos DM2A4 (Systemtechnik Nord/DASA)
  • 6 Marineaufklärungsflugzeuge CN 235 (CASA/DASA)
  • 2 MEKO 200T-Fregatten (Blohm&Voss)
  • 12 Korvetten zur U-Boot-Abwehr
  • 8 Patrouillenboote
  • 80 Raketenwarnsysteme für Kampfflugzeuge (DASA)
  • 25 mittlere Transportflugzeuge/FTA
  • 500 Unimog-LKWs (Daimler-Chrysler)
  • C-Waffenlabor [3]

Siehe auch

Quellenangaben

  1. Militärputsch krisen-und-konflikte.de
  2. Frontal2: Deutsche Panzer gegen Kurden
  3. Türkei: Panzer statt Menschenrechte: friedenskooperative.de

Literatur

  • The World Defence Almanac 2006, Mönch Publishing Group, Bonn 2006