„Personalunion“ – Versionsunterschied
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Version vom 22. Oktober 2006, 19:24 Uhr
Bei einer Personalunion haben mehrere, voneinander unabhängige Staaten das gleiche Staatsoberhaupt.
In einem weiteren Sinne wird der Begriff verwendet, wenn verschiedene Ämter oder Funktionen derart gekoppelt sind, dass sie stets oder auf Zeit von derselben Person wahrgenommen werden.
Vereinigung von Ländern
Die Regierung mehrerer Länder in Personalunion spielte vor allem in der Feudalzeit eine große Rolle. Bis weit ins 18. und 19. Jahrhundert hinein gab es in der Regel keinen einheitlichen „Staat“, sondern ein größerer Monarch regierte eine Mehr- oder Vielzahl von Ländern mit je eigenen Verfassungen, Regierungssystemen und ständischen Partizipationsrechten.
Die moderne Staatsbildung seit dem 18. Jahrhundert setzte auf Vereinheitlichung dieser Vielfalt. Doch auch dann gab es verschiedentlich weiterhin Personalunionen. Die davon betroffenen modernen Staaten hatten zwar denselben Herrscher, wurden aber ebenfalls nach verschiedenen Gesetzen geführt und blieben rechtlich getrennt. Der moderne Trend zur Staatsvereinheitlichung verband sich jedoch seit dem 19. Jahrhundert mit dem des Nationalismus, und im Zuge der damals vorherrschenden Nationalstaatsbildung zerfielen entweder die noch bestehenden Personalunionen, oder sie wurden zu einer Realunion verfestigt. Bei der Realunion entstand ein neuer, vereinigter Gesamtstaat, der nicht nur über die Person des Monarchen, sondern über weitere Institutionen (Verfassung, Parlament, Armee etc.) fest integriert wurde.
Beispiele für Personalunionen sind:
- Israel in der Zeit von ca. 1025–926 v. Chr. unter den Königen Saul, David und Salomo
- Österreich-Ungarn zwischen 1867 und 1918; der Kaiser von Österreich war in Personalunion auch König von Ungarn. Die beiden Staaten waren jedoch auch durch Realunions-Elemente verklammert, etwa durch eine gemeinsame Außenpolitik, eine gemeinsame Armee und gemeinsame parlamentarische Beratungsorgane.
- Personalunion zwischen den Königreichen Ungarn und Kroatien von 1102 bis 1918 (siehe Geschichte Kroatiens)
- 1386 Polnisch-Litauische Personalunion (Jagiellonen-Dynastie) und ab 1569 Polnisch-Litauische Realunion (siehe auch Adelsrepublik)
- Personalunion zwischen England und Schottland von 1603 bis 1707 (ab 1707 Realunion Großbritannien, also staatsrechtliche Vereinigung)
- ähnlich Personalunion zwischen England (bzw. ab 1707 Großbritannien) und Irland bereits seit dem Mittelalter, zuletzt militärisch erzwungen um 1690 und um 1740, seit 1801 als Realunion zwischen Großbritannien und Irland („Vereinigtes Königreich“), nach längerem Bürgerkrieg 1922 – unter Entlassung des Freistaates Irland in die Unabhängigkeit – Reduzierung zur Realunion zwischen Großbritannien und Nordirland
- Personalunion zwischen Großbritannien und Hannover von Georg I. bis William IV. Durch unterschiedliche Nachfolgeregelungen in Hannover und Großbritannien (weibliche Thronfolge oder nicht) wurde die Personalunion 1837 gelöst
- Personalunion zwischen Spanien und Portugal (1580–1640)
- Skandinavien
- Kalmarer Union zwischen Dänemark, Norwegen und Schweden (1389–1521) (siehe Geschichte Norwegens)
- Union zwischen Dänemark und Norwegen (1521–1814)
- Union zwischen Norwegen und Schweden (1814–1905)
- Island war – nachdem es 1918 als eigener Staat von Dänemark anerkannt wurde – bis 1944 weiterhin über die Person des gemeinsamen Königs mit Dänemark verbunden (seither Republik)
- Kurfürstentum Sachsen und Polen unter August dem Starken und August III. (da Polen Wahlmonarchie war, bestand mehrfach Personalunion mit anderen Ländern)
- Vereinigung der Mark Brandenburg und Preußens 1701 durch Krönung Friedrich III. von Brandenburg zum König Friedrich I. in Preußen
- die Könige Karl XI. und der XII. waren zugleich Könige von Schweden und Herzöge von Pfalz-Zweibrücken
- die Könige von Dänemark waren bis 1864 auch Herzöge von Schleswig und Holstein und von 1667 bis 1773 regierende Grafen von Oldenburg
- die russischen Zaren regierten von 1793 bis 1807 die Herrschaft Jever
- Herzogtum Warschau und Sachsen zur Zeit Napoleons
Vereinigung von Funktionen
Monarchie
- Die Königin des Vereinigten Königreichs von Großbritannien und Nordirland (UK) ist zugleich:
- Staatsoberhaupt von Großbritannien und Nordirland
- Oberhaupt der Anglikanischen Kirche
- Oberhaupt des Commonwealth und dadurch u.a. in Personalunion auch
- Königin von Kanada, Australien, Neuseeland etc.
Kirche
- Der Papst ist:
- Bischof von Rom
- als Heiliger Stuhl Oberhaupt der katholischen Kirche (dem Selbstverständnis nach nicht nur der Konfession, sondern der gesamten christlichen Kirche)
- Patriarch des Abendlandes
- Primas von Italien
- Erzbischof bzw. Metropolit der römischen Kirchenprovinz
- Souverän des Staates der Vatikanstadt
- Jeder Kardinal ist zugleich über eine römische Titelkirche Mitglied des Klerus von Rom.
- Der Patriarch von Konstantinopel ist:
- Patriarch des Ökumenischen Patriarchats von Konstantinopel
- Oberhaupt der Weltorthodoxie
Deutsches Kaiserreich (1871–1918)
- Der Deutsche Kaiser war gleichzeitig auch König von Preußen.
- Der deutsche Reichskanzler bekleidete auch immer das Amt des preußischen Ministerpräsidenten.
Politik
- Wird der Begriff Personalunion sehr weit gefasst, kann man ihn auch anwenden, wenn ein Minister (ggf. vorübergehend) mehrere Ministerien leitet.
- Der österreichische Bundespräsident ist auch Oberbefehlshaber des Bundesheeres.
Öffentlicher Dienst
- Der Präsident des Statistischen Bundesamts ist stets auch Bundeswahlleiter: Hier liegt de facto, aber nicht de jure, eine Personalunion vor.
- Bestimmte Amtsträger im Öffentlichen Dienst sind Ermittlungspersonen der Staatsanwaltschaft.