„Gavrilo Princip“ – Versionsunterschied
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Manfred Görtemaker: Geschichte Europas 1850 – 1918, Kohlhammer-Verlag, Stuttgart 2002, S. 262. |
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'''Gavrilo |
'''Gavrilo Prinćip''' ({{srS|Гаврило Принцип}}; * {{JULGREGDATUM|25|07|1894|Link="true"}} in [[Obljaj]], [[Vilâyet Bosnien]]; † [[28. April]] [[1918]] in [[Theresienstadt]], [[Österreich-Ungarn]], heute [[Tschechien]]) war ein [[Bosnier|bosnisch]]-[[Serben|serbischer]] [[Nationalismus|nationalistischer]] Attentäter, der am 28. Juni 1914 in [[Sarajevo]] den [[Attentat von Sarajevo|Mordanschlag]] auf den [[Österreich-Ungarn|österreichisch-ungarischen]] Thronfolger [[Franz Ferdinand von Österreich-Este|Franz Ferdinand]] und dessen Ehefrau [[Sophie Chotek von Chotkowa|Sophie]] verübte. Dadurch wurde die [[Julikrise]] ausgelöst, die zum [[Erster Weltkrieg|Ersten Weltkrieg]] führte. |
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Prinćip war Mitglied der [[Mlada Bosna]] (''Junges Bosnien''), eines [[revolutionär]]en, nationalistischen [[Geheimbund]]s aus Schülern und Studenten, der im von Österreich-Ungarn [[Bosnienkrise|1908 annektierten]] [[Österreichisch-Ungarische Besetzung Bosniens und Herzegowinas 1878–1918|Bosnien-Herzegowina]] aktiv war. In [[Jugoslawien]] sowie in [[Serbien]] galt bzw. gilt Prinćip als [[Volksheld]] und wird teilweise noch heute als solcher verehrt. |
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== Leben == |
== Leben == |
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[[Datei:Gavrilo Princip's parents.jpg|mini|Gavrilo Prinćips Eltern]] |
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Prinćip stammte aus einer Familie bosnischer Serben, die seit Generationen in der [[Krajina]], dem Grenzland zwischen Bosnien und dem heutigen [[Kroatien]], siedelte.<ref>[[David Fromkin]]: ''Europas letzter Sommer. Die scheinbar friedlichen Wochen vor dem Ersten Weltkrieg''. Karl Blessing, München 2005, S. 154; {{BibISBN|9783421043597|Seiten=80}}</ref> Daher besaß er die 1910 eingeführte bosnisch-herzegowinische Landesangehörigkeit. Prinćip wurde in dem Dorf Obljaj geboren, heute ein Ortsteil von [[Bosansko Grahovo]], und verbrachte einen Teil seiner Jugend im zentralbosnischen [[Hadžići]], einem Vorort von Sarajevo, wo sich seine Eltern kennengelernt hatten.<ref name="Standard" /> Er war eines von neun Kindern eines [[Post]]mitarbeiters, von denen sechs bereits im Kindesalter starben. Auch Gavrilo war immer klein und schwächlich gewesen. Seine älteren Brüder waren Jovo, später [[Sägewerk]]sbesitzer sowie [[Holz]]exportunternehmer in Hadžići, und Nikola Prinćip.<ref name="Standard" /> Jovo wurde zum Patriarchen der Familie, der für die anderen sorgte, und so kam auch der jüngste Bruder, Gavrilo, zu ihm nach Hadžići.<ref name="Standard" /> Später benannte Jovo einen seiner Söhne nach seinem verstorbenen Bruder Gavrilo.<ref name="Standard" /> |
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Prinćip galt als intelligent und machte in der Schule durch gute Leistungen auf sich aufmerksam. Obwohl der Vater gegen die Ausbildung seines Sohnes war,<ref>[[Gunnar Hering]]: '' Prinćip, Gavrilo.'' In: Matthias Bernath und Felix von Schröder (Hrsg.): ''Biographisches Lexikon zur Geschichte Südosteuropas.'' Oldenbourg, München 1978, Bd. 3, S. 483.</ref> besuchte Gavrilo nach der [[Grundschule]] eine [[Handelsschule]] in [[Tuzla]] und anschließend ein [[Gymnasium]] in Sarajevo. In Hadžići kam er erstmals mit Mitgliedern der serbisch-[[Irredenta|irredentistischen]] Schüler- und Studentenbewegung Mlada Bosna ''(Junges Bosnien)'' in Kontakt, zu der bosnische [[Serben]], [[Kroaten in Bosnien und Herzegowina|Kroaten]] und [[Bosnische Muslime|Muslime]] gehörten,<ref>Dennison Rusinov: ''The Yugoslav Idea before Yugoslavia.'' In: Dejan Djokić (Hrsg.): ''Yugoslavism. Histories of a Failed Idea, 1918–1992''. London 2003, S. 24.</ref> und wurde deren Mitglied. Sie hatte das Ziel, Bosnien-Herzegowina von der österreichisch-ungarischen [[Okkupation|Besatzung]] zu befreien, den Zusammenschluss der südslawischen Provinzen mit [[Serbien]] und [[Montenegro]] und die damit verbundene Bildung [[Jugoslawien]]s, sowie Bildungsmöglichkeiten für die Armen und die politische und ökonomische Einbeziehung in der österreichischen Quasi-Kolonie Bosnien-Herzegowina.<ref name="Standard">Adelheid Wölfl: [http://derstandard.at/1373513848601/Treffen-mit-Gavrilo-Princip-in-Sarajevo ''Treffen mit Gavrilo Prinćip in Sarajevo.''] In: [[Der Standard]], 27. Juli 2013, Beilage ''Album'', S. A3.</ref> Im Februar 1912 nahm er an regierungsfeindlichen Demonstrationen in Sarajevo teil und wurde dafür der Schule verwiesen.<ref>Gunnar Hering: ''Prinćip, Gavrilo.'' In: Matthias Bernath, Felix von Schröder (Hrsg.): ''Biographisches Lexikon zur Geschichte Südosteuropas.'' Oldenbourg, München 1978, Band 3, S. 483.</ref> |
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[[Datei:Gavrilo Princip young.jpg|mini|hochkant|Gavrilo |
[[Datei:Gavrilo Princip young.jpg|mini|hochkant|Gavrilo Prinćip als Jugendlicher]] |
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Im Mai 1912 zog der Fünfzehnjährige nach [[Belgrad]], um dort das Gymnasium zu besuchen und anschließend zu studieren. Zunächst schlug er sich als Hilfsarbeiter durch und pflasterte Straßen, weil er die geringe Unterstützung, die er von seinen Eltern erhielt, mit mittellosen Freunden teilte. Hier geriet er in das Umfeld der serbischen Nationalistenorganisation [[Narodna Odbrana]], wo serbische Nationalisten ihm und seinen jugendlichen Mitattentätern – Nedeljko Čabrinović, einem 19-jährigen Druckergesellen, und Trifko Grabež, einem 18-jähriger Schulabbrecher – materiell und emotional unter die Arme griffen. Die jungen Leute berauschten sich am [[Nationalmythos]], wonach Serbien seit seiner heroischen [[Schlacht auf dem Amselfeld (1389)|Niederlage auf dem Amselfeld 1389]] stets das Opfer ausländischer Umtriebe gewesen sei, den sie auf die österreichische Fremdherrschaft übertrugen: Danach würden die Wiener Behörden die Serben in ihrem Herrschaftsbereich wirtschaftlich kleinhalten. In Wirklichkeit war Bosnien stärker industrialisiert und hatte ein höheres [[Pro-Kopf-Einkommen]] als Serbien. |
Im Mai 1912 zog der Fünfzehnjährige nach [[Belgrad]], um dort das Gymnasium zu besuchen und anschließend zu studieren. Zunächst schlug er sich als Hilfsarbeiter durch und pflasterte Straßen, weil er die geringe Unterstützung, die er von seinen Eltern erhielt, mit mittellosen Freunden teilte. Hier geriet er in das Umfeld der serbischen Nationalistenorganisation [[Narodna Odbrana]], wo serbische Nationalisten ihm und seinen jugendlichen Mitattentätern – Nedeljko Čabrinović, einem 19-jährigen Druckergesellen, und Trifko Grabež, einem 18-jähriger Schulabbrecher – materiell und emotional unter die Arme griffen. Die jungen Leute berauschten sich am [[Nationalmythos]], wonach Serbien seit seiner heroischen [[Schlacht auf dem Amselfeld (1389)|Niederlage auf dem Amselfeld 1389]] stets das Opfer ausländischer Umtriebe gewesen sei, den sie auf die österreichische Fremdherrschaft übertrugen: Danach würden die Wiener Behörden die Serben in ihrem Herrschaftsbereich wirtschaftlich kleinhalten. In Wirklichkeit war Bosnien stärker industrialisiert und hatte ein höheres [[Pro-Kopf-Einkommen]] als Serbien. Prinćip lernte in dieser Zeit [[Petar II.|Petrović-Njegoš‘]] Epos [[Bergkranz]] über den heroischen Abwehrkampf gegen die Türken im Spätmittelalter auswendig, in dem der serbische Nationalheld [[Miloš Obilić]] den türkischen Sultan [[Murad I.]] ersticht. Prinćip und seine Freunde sahen ihr Vorbild außerdem in Bogdan Žerajić, der am 15. Juni 1910 nach einem gescheiterten Attentat auf den [[Statthalter]] Österreich-Ungarns in Bosnien und Herzegowina [[Marijan Freiherr Varešanin von Vareš]] [[Suizid|Selbstmord]] begangen hatte, und hielten sich öfters an dessen Grab auf.<ref>{{BibISBN|9783421043597|Seiten=81ff.}}</ref> Prinćips Ideal war der [[Jugoslawismus]]: die Vereinigung aller Südslawen in einem eigenen Staat.<ref>Gunnar Hering: ''Prinćip, Gavrilo.'' In: Matthias Bernath und Felix von Schröder (Hrsg.): ''Biographisches Lexikon zur Geschichte Südosteuropas''. Oldenbourg, München 1978, Bd. 3, S. 483.</ref> Während seines Prozesses erklärte er: „Ich bin ein jugoslawischer Nationalist mit der Vereinigung aller Jugoslawen als Ziel, mir ist es egal in welcher Staatsform, jedoch muss er von Österreich befreit werden.“<ref name="malcolm">{{cite book |last=Malcolm |first=Noel |title=Bosnia: A Short History |publisher=New York University Press |year=1996 |pages=153 |isbn=978-0814755617}}</ref> Dabei war es für ihn aber selbstverständlich, dass die Hauptstadt dieses Jugoslawiens Belgrad und die Serben darin das dominierende Element sein würden.<ref>[http://www.faz.net/aktuell/politik/der-erste-weltkrieg/attentat-von-sarajevo-franz-ferdinand-erschossen-13012144.html Michael Martens: ''Das Attentat von Sarajevo. Kriegsfalken im Aufwind''], ''[[Frankfurter Allgemeine Zeitung|faz.net]]'' vom 28. Juni 2014, Zugriff am 1. Juli 2014.</ref> |
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Der serbische Offizier und Führungskader der Geheimorganisation „[[Schwarze Hand]]“ (''Crna ruka'', auch ''Ujedinjenje ili Smrt!'', „Vereinigung oder Tod!“), [[Vojislav Tankosić]], nahm sich seiner an. Zu Beginn des [[Balkankriege#Erster Balkankrieg|Ersten Balkankriegs]] reiste |
Der serbische Offizier und Führungskader der Geheimorganisation „[[Schwarze Hand]]“ (''Crna ruka'', auch ''Ujedinjenje ili Smrt!'', „Vereinigung oder Tod!“), [[Vojislav Tankosić]], nahm sich seiner an. Zu Beginn des [[Balkankriege#Erster Balkankrieg|Ersten Balkankriegs]] reiste Prinćip im Oktober 1912 in das südserbische [[Prokuplje]], wo er sich als [[Tschetnik]] freiwillig melden wollte. Er hatte vor, das [[Kosovo|Amselfeld]], die mythische Wiege Serbiens, von der Herrschaft der [[Osmanisches Reich|Osmanen]] zu befreien, doch sein Freund Major Vojislav Tankosić, der kommandierende Tschetnik, lehnte ihn wegen seiner schwachen Konstitution als [[Untauglichkeit|untauglich]] ab. Wahrscheinlich litt Prinćip schon damals an Knochen[[tuberkulose]], einer Krankheit, an der er sechs Jahre später sterben sollte.<ref>{{BibISBN|9783421043597|Seiten=81-84}}; [[Michael Thumann]]: ''Kult um einen Mörder''. In: ''[[Die Zeit]]'' vom 26. Juni 2014, S. 16.</ref> Als Ersatz für die Demütigung seiner militärischen Untauglichkeit begann er, Attentatspläne zu schmieden.<ref>Michael Thumann: ''Kult um einen Mörder''. In: ''Die Zeit'' vom 26. Juni 2014, S. 16.</ref> |
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== Attentat von Sarajevo == |
== Attentat von Sarajevo == |
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{{Hauptartikel|Attentat von Sarajevo}} |
{{Hauptartikel|Attentat von Sarajevo}} |
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Als Prinćip im März 1914 erfuhr, dass Franz Ferdinand im Anschluss an die Sommermanöver, die die [[Landstreitkräfte Österreich-Ungarns 1867–1914|k.u.k. Armee]] in Bosnien durchzuführen plante, Sarajevo besuchen werde, entschloss er sich zu einem Attentat. [[Terrorismus|Terroristische]] Anschläge auf hochgestellte Persönlichkeiten waren in dieser Epoche nicht selten: So waren der russische Zar [[Alexander II. (Russland)|Alexander II.]] (1866), Franz Ferdinands Tante [[Elisabeth von Österreich-Ungarn]] (1898) und der amerikanische Präsident [[William McKinley]] (1901) Attentaten zum Opfer gefallen.<ref>[[John Keegan]]: ''Der Erste Weltkrieg. Eine europäische Tragödie''. Rowohlt, Reinbek 2001, S. 80.</ref> (siehe auch [[Liste bekannter Attentate]]). Prinćip überredete seine Freunde Čabrinović und Grabež mitzutun; bei seinen Vernehmungen und im Prozess beharrte er darauf, dass der Anschlag allein seine Idee gewesen sei.<ref>[[David Fromkin]]: ''Europas letzter Sommer. Die scheinbar friedlichen Wochen vor dem Ersten Weltkrieg''. Karl Blessing, München 2005, S. 155.</ref> Warum er den Erzherzog als Opfer auswählte, ist umstritten. [[Gunnar Hering]] nimmt an, sie hätten Franz Ferdinand als Verfechter eines harten Kurses angesehen,<ref>[[Gunnar Hering]]: ''Prinćip, Gavrilo.'' In: Matthias Bernath und Felix von Schröder (Hrsg.): ''Biographisches Lexikon zur Geschichte Südosteuropas''. Oldenbourg, München 1978, Bd. 3, S. 483.</ref> wohingegen sie nach [[Christopher Clark]] befürchteten, er würde als Kaiser Strukturreformen im Sinne des [[Trialismus]] durchführen, die ihre Pläne durchkreuzen würden: Ein Zusammenschluss von Kroatien, Bosnien und Dalmatien zu einem eigenständigen, dritten Reichsteil der k.u.k. Monarchie hätte dem Projekt einer Vereinigung aller Serben in einem eigenen Staat das Wasser abgegraben.<ref>{{BibISBN|9783421043597|Seiten=80f.}}</ref> Es gibt auch die These, Prinćip habe irrtümlich angenommen, die Manöver dienten einem Überfall Österreich-Ungarns auf Serbien, den er verhindern wollte.<ref>David Fromkin: ''Europas letzter Sommer. Die scheinbar friedlichen Wochen vor dem Ersten Weltkrieg''. Karl Blessing, München 2005, S. 155 f.</ref> |
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Milan Ciganović wurde der Führungsoffizier der jugendlichen Verschwörer. Ciganović unterstand Tankosić; Tankosić unterstützte |
Milan Ciganović wurde der Führungsoffizier der jugendlichen Verschwörer. Ciganović unterstand Tankosić; Tankosić unterstützte Prinćip und seine Freunde (wie er später sagte, um den serbischen Ministerpräsidenten [[Nikola Pašić]] in Schwierigkeiten zu bringen). Der Chef des serbischen Militärgeheimdienstes [[Dragutin Dimitrijević]], ein führendes Mitglied der Schwarzen Hand, sagte dagegen 1915, Tankosić habe ihm von Prinćips Vorhaben berichtet, woraufhin er entschieden habe, ihm „eine Chance zu geben“. Nachher habe er das Attentat doch von professionelleren Männern ausführen lassen wollen, doch Prinćip habe sich nicht mehr bremsen lassen.<ref>David Fromkin: ''Europas letzter Sommer. Die scheinbar friedlichen Wochen vor dem Ersten Weltkrieg''. Karl Blessing, München 2005, S. 157.</ref> |
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Prinćip, Čabrinović und Grabež wurden in Belgrad für den Anschlag trainiert. Prinćip galt als der beste Schütze unter ihnen. In Belgrad erhielten sie vier [[FN Browning Modell 1910]]-Pistolen, sechs Bomben und [[Phiole]]n mit [[Cyanide|Zyanid]]. Geheimdienstchef Dimitrijević wies sie an, sich nach dem Anschlag umzubringen, damit sie keine belastenden Informationen über ihre serbischen Hintermänner abgeben könnten. Da alle drei tuberkulosekrank waren und wussten, dass sie nicht mehr allzu lange zu leben hätten, waren sie damit einverstanden. Vom 26. Mai bis zum 4. Juni reisten die Verschwörer auf zum Teil abenteuerlichen Wegen zurück nach Sarajevo, serbische [[Zöllner (Beruf)|Zöllner]] ermöglichten ihnen, die Grenze nach Bosnien unkontrolliert zu überschreiten. Unterwegs wurden sie von serbischen Landsleuten versteckt, denen Prinćip seine Pistole zeigte und mit seinem Auftrag angab, was den Zuhörern nachher langjährige Haftstrafen einbrachte.<ref>David Fromkin: ''Europas letzter Sommer. Die scheinbar friedlichen Wochen vor dem Ersten Weltkrieg''. Karl Blessing, München 2005, S. 160 f.; {{BibISBN|9783421043597|Seiten=85ff.}}</ref> |
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In Sarajevo schloss sich den Verschwörern Danilo Ilić an, ein 23-jähriger [[Lehrer]], der drei weitere Mitglieder anwarb, Vaso Čubrilović und Cvetko Popović, zwei 17-jährige Gymnasiasten, sowie Muhamed Mehmedbašić, einen 27-jährigen muslimischen Serben, der von Beruf [[Tischler]] war. Alle vier waren nicht geeignet für gewalttätige Aktionen und wurden beim Attentat nicht aktiv. Ihr Zweck war anscheinend lediglich, eine falsche Fährte zu legen und die Spuren der eigentlichen Attentäter zu verwischen.<ref>{{BibISBN|9783421043597|Seiten=8}}</ref> Ilić versuchte vergeblich, |
In Sarajevo schloss sich den Verschwörern Danilo Ilić an, ein 23-jähriger [[Lehrer]], der drei weitere Mitglieder anwarb, Vaso Čubrilović und Cvetko Popović, zwei 17-jährige Gymnasiasten, sowie Muhamed Mehmedbašić, einen 27-jährigen muslimischen Serben, der von Beruf [[Tischler]] war. Alle vier waren nicht geeignet für gewalttätige Aktionen und wurden beim Attentat nicht aktiv. Ihr Zweck war anscheinend lediglich, eine falsche Fährte zu legen und die Spuren der eigentlichen Attentäter zu verwischen.<ref>{{BibISBN|9783421043597|Seiten=8}}</ref> Ilić versuchte vergeblich, Prinćip von dem Attentat abzuhalten, das er für unzweckmäßig hielt.<ref>Gunnar Hering: ''Prinćip, Gavrilo.'' In: Matthias Bernath und Felix von Schröder (Hrsg.): ''Biographisches Lexikon zur Geschichte Südosteuropas''. Oldenbourg, München 1978, Bd. 3, S. 484.</ref> |
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An der Verschwörung waren auch andere Mitglieder von Mlada Bosna beteiligt, die nicht unmittelbar oder bewaffnet in Erscheinung traten: Veljko Čubrilović, Vasos Bruder und Lehrer aus [[Priboj]], Miško Jovanović, [[Kaufmann]] und [[Bank]]direktor, Mladen Stojaković, [[Arzt]] und später Volksheld im Zweiten Weltkrieg, sein Bruder Sreten, [[Bildhauer]]; Jezdimir Dangić, Gendarmerie-Oberstleutnant und später [[Tschetnik]]-Wojwode, Mitar Kerović und sein Sohn Neđa sowie Jakov Milović, ein [[Landwirt]] aus Ostbosnien. |
An der Verschwörung waren auch andere Mitglieder von Mlada Bosna beteiligt, die nicht unmittelbar oder bewaffnet in Erscheinung traten: Veljko Čubrilović, Vasos Bruder und Lehrer aus [[Priboj]], Miško Jovanović, [[Kaufmann]] und [[Bank]]direktor, Mladen Stojaković, [[Arzt]] und später Volksheld im Zweiten Weltkrieg, sein Bruder Sreten, [[Bildhauer]]; Jezdimir Dangić, Gendarmerie-Oberstleutnant und später [[Tschetnik]]-Wojwode, Mitar Kerović und sein Sohn Neđa sowie Jakov Milović, ein [[Landwirt]] aus Ostbosnien. |
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[[Datei:Gavrilo Princip assassinates Franz Ferdinand.jpg|mini| |
[[Datei:Gavrilo Princip assassinates Franz Ferdinand.jpg|mini|Prinćip erschießt Erzherzog Franz Ferdinand und dessen Frau. Darstellung eines unbekannten österreichischen Zeitungszeichners aus dem Jahr 1914.]] |
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Das Attentat, das die Gruppe absichtlich auf den 28. Juni 1914 gelegt hatte, den [[Vidovdan]], an dem die Serben traditionell der Schlacht auf dem Amselfeld gedenken, verlief chaotisch. Ein erster Bombenwurf durch Čabrinović missglückte ebenso wie dessen Versuch, sich zu vergiften. |
Das Attentat, das die Gruppe absichtlich auf den 28. Juni 1914 gelegt hatte, den [[Vidovdan]], an dem die Serben traditionell der Schlacht auf dem Amselfeld gedenken, verlief chaotisch. Ein erster Bombenwurf durch Čabrinović missglückte ebenso wie dessen Versuch, sich zu vergiften. Prinćip wurde durch herannahende Autos daran gehindert, seinen Freund zu erschießen. Kurz vor 11 Uhr vormittags sah Prinćip zu seiner Überraschung den Wagen mit dem Erzherzog, der von der ursprünglich geplanten Route abgewichen war, in seiner Nähe halten. Er zog seine Pistole und schoss aus anderthalb Metern Entfernung auf Franz Ferdinand und seine Frau. Die Erzherzogin erlitt einen [[Bauchschuss]], der zu einer [[Ruptur]] der [[Aorta|Bauchaorta]] führte, die andere Kugel zerfetzte die [[Vena jugularis interna|Halsvene]] ihres Mannes. Beide verbluteten noch im Wagen, der mit großer Geschwindigkeit davonraste. Prinćips Versuch, sich verabredungsgemäß umzubringen, scheiterte: Er erbrach das Gift, das er geschluckt hatte; Passanten hielten ihn fest und verprügelten ihn mit ihren Spazierstöcken. Die herbeigerufene Polizei verhinderte einen möglichen [[Lynchmord]] und nahm Prinćip in Gewahrsam.<ref>David Fromkin: ''Europas letzter Sommer. Die scheinbar friedlichen Wochen vor dem Ersten Weltkrieg''. Karl Blessing, München 2005, S. 171 f.; {{BibISBN|9783421043597|Seiten=480-485}}</ref> |
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== Prozess, Haft und Tod == |
== Prozess, Haft und Tod == |
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In der Untersuchungshaft stellte sich |
In der Untersuchungshaft stellte sich Prinćip zunächst als Einzeltäter dar, musste aber nach Čabrinovićs Teilgeständis einräumen, mit diesem gemeinsam das Attentat geplant zu haben. Über ihre Mitverschwörer und Hintermänner konnten sie den Ermittlungsrichter im Dunkeln lassen, da beide über geheime Klopfzeichen ihre Aussagen miteinander absprachen. Bei den Verhören wurde Prinćip nicht psychisch unter Druck gesetzt oder mit [[Folter]] bedroht.<ref>Gunnar Hering: ''Prinćip, Gavrilo.'' In: Matthias Bernath und Felix von Schröder (Hrsg.): ''Biographisches Lexikon zur Geschichte Südosteuropas''. Oldenbourg, München 1978, Bd. 3, S. 484.</ref> Erst die Festnahme Iliićs führte zur Aufdeckung der Verschwörung bis hin zur Verstrickung Tankosićs; die noch weitergehende Mitverantwortung serbischer Behörden an dem Attentat blieb aber wegen Prinćips und Čabrinovićs raffinierter Strategie der bewussten Verschleierung unbekannt.<ref>{{BibISBN|9783421043597|Seiten=492-498}}</ref> |
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Im Prozess, der vom 12. bis zum 23. Oktober 1914 dauerte, bekannte sich |
Im Prozess, der vom 12. bis zum 23. Oktober 1914 dauerte, bekannte sich Prinćip zu seinen Idealen und zum Gedanken des [[Tyrannenmord]]s; er bedauerte lediglich, die Erzherzogin erschossen zu haben. Als sein Ziel gab er die Zerstörung der Habsburgermonarchie an, die einem Zusammenschluss aller südslawischen Völker im Wege stünde.<ref>Gunnar Hering: ''Prinćip, Gavrilo.'' In: Matthias Bernath und Felix von Schröder (Hrsg.): ''Biographisches Lexikon zur Geschichte Südosteuropas''. Oldenbourg, München 1978, Bd. 3, S. 484.</ref> Da Prinćip zum Zeitpunkt der Tat noch nicht 20 Jahre alt war, konnte er nach österreichischem Recht nicht zum [[Todesstrafe|Tode verurteilt]] werden. Dem vorausgegangen war ein Missverständnis, das auf einem Schreibfehler beruhte. Bei der Geburt trug der Pfarrbeamte in Prinćips [[Geburtsurkunde]] irrtümlich „Juni“ ein, in den kirchlichen Büchern trug er jedoch das richtige Datum (Juli) ein. Der [[Staatsanwalt]] hatte die [[Todesstrafe]] für Prinćip gefordert, weil er nach der amtlichen Geburtsurkunde zum Tatzeitpunkt genau 20 Jahre und 15 Tage alt gewesen wäre. Das Gericht folgte jedoch den Angaben in den kirchlichen Unterlagen und wies den Antrag des Staatsanwalts ab. Prinćip wurde zu zwanzig Jahren schwerer [[Zwangsarbeit]] in der [[Kleine Festung Theresienstadt|Kleinen Festung Theresienstadt]] verurteilt.<ref>Gunnar Hering: ''Prinćip, Gavrilo.'' In: Matthias Bernath und Felix von Schröder (Hrsg.): ''Biographisches Lexikon zur Geschichte Südosteuropas''. Oldenbourg, München 1978, Bd. 3, S. 484.</ref> |
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Zahlreiche Familienmitglieder |
Zahlreiche Familienmitglieder Prinćips, darunter seine Brüder Jovo und Nikola, wurden nach dem Attentat unter dem Verdacht der Mitwisserschaft verhaftet. Die Familie ist aber heute der Ansicht, dass keiner der damaligen Verwandten in Gavrilo Prinćips Plan eingeweiht war. Die Brüder seien einige Zeit in einem Lager in [[Arad (Rumänien)|Arad]] im heutigen [[Rumänien]] gewesen.<ref name="Standard" /> |
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[[Datei:Gavrilo-cel.jpg|mini| |
[[Datei:Gavrilo-cel.jpg|mini|Prinćips Zelle in Theresienstadt]] |
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In Theresienstadt wurde |
In Theresienstadt wurde Prinćip in [[Isolationshaft]] in einer sehr engen, feuchten, dunklen Zelle gehalten, war bis 1916 ständig angekettet und durfte nicht einmal Verwandte als Besucher empfangen.<ref name="Standard" /> Infolge der Haftbedingungen verfiel Prinćip gesundheitlich. Mehrfach versuchte er sich umzubringen. Ein Arm musste ihm amputiert werden.<ref>Michael Thumann: ''Kult um einen Mörder''. In: ''Die Zeit'' vom 26. Juni 2014, S. 16.</ref> |
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Schließlich starb er am 28. April 1918 im Gefängnislazarett.<ref name="Standard" /> In seiner Zelle fand man nach seinem Tod folgende Zeilen, die er mit dem Stiel eines Löffels in die Wand geritzt hatte: „Unsere Geister schleichen durch Wien und raunen durch die Paläste und lassen die Herren erzittern“.<ref>[[Vladimir Dedijer]]: ''Die Zeitbombe – Sarajewo 1914'', Europa-Verlag, Wien 1967, S. 668.</ref> |
Schließlich starb er am 28. April 1918 im Gefängnislazarett.<ref name="Standard" /> In seiner Zelle fand man nach seinem Tod folgende Zeilen, die er mit dem Stiel eines Löffels in die Wand geritzt hatte: „Unsere Geister schleichen durch Wien und raunen durch die Paläste und lassen die Herren erzittern“.<ref>[[Vladimir Dedijer]]: ''Die Zeitbombe – Sarajewo 1914'', Europa-Verlag, Wien 1967, S. 668.</ref> |
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Prinćips Leichnam wurde in Theresienstadt anonym bestattet. František Löbl, österreichischer Soldat tschechischer Nationalität, fand [[Vladimir Dedijer]] zufolge das Grab und erhielt mit vier Kameraden den Befehl, Prinćip im katholischen Ortsfriedhof zu begraben und die Grabstelle geheim zu halten. Löbl machte aber eine Skizze von der Lage des Grabes und schickte sie sicherheitshalber seinem Vater. Nach dem Krieg identifizierte Löbl die Grabstelle. Am 9. Juni 1920 wurden die Gebeine [[Exhumierung|exhumiert]] und mit denen anderer toter Verschwörer auf dem Friedhof Koševo in Sarajevo neu beigesetzt.<ref>Vladimir Dedijer: ''Die Zeitbombe – Sarajewo 1914'', Europa-Verlag, Wien 1967, S. 668</ref> |
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Heute befindet sich dort an einer Kapelle eine Gedenkinschrift für |
Heute befindet sich dort an einer Kapelle eine Gedenkinschrift für Prinćip und andere Mlada-Bosna-Mitglieder.<ref name="Standard" /> „Hätte er ein paar Monate länger gelebt, wäre er wahrscheinlich als Held ins Königreich Jugoslawien zurückgekehrt“, schrieb 2013 die Journalistin Adelheid Wölfl in der österreichischen Zeitung ''[[Der Standard]]''.<ref name="Standard" /> |
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== Nachwirkung == |
== Nachwirkung == |
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Nach dem Ersten Weltkrieg galten die Attentäter von Sarajevo im [[Königreich Jugoslawien]], das vier Jahre nach dem Mordanschlag gegründet wurde, bereits als Helden.<ref name="Standard" /> Während des [[Zweiter Weltkrieg|Zweiten Weltkriegs]] wurde |
Nach dem Ersten Weltkrieg galten die Attentäter von Sarajevo im [[Königreich Jugoslawien]], das vier Jahre nach dem Mordanschlag gegründet wurde, bereits als Helden.<ref name="Standard" /> Während des [[Zweiter Weltkrieg|Zweiten Weltkriegs]] wurde Prinćips Bruder Nikola, zu dem Zeitpunkt ein Arzt, von den kroatisch-faschistischen [[Ustascha]] erschossen, dies angeblich nur, weil er den Namen Prinćip trug.<ref name="Standard" /> In der [[Sozialistische Föderative Republik Jugoslawien|SFRJ]] entstand ein Prinćip-Kult,<ref name="Standard" /> wenn auch der Staat [[Sozialismus|sozialistische]] Helden bevorzugte.<ref>Michael Thumann: ''Kult um einen Mörder''. In: ''Die Zeit'' vom 26. Juni 2014, S. 16.</ref> Prinćips Deutung als jugoslawischer Volksheld lässt sich einer Rede Borko Vukobrats, eines bosnischen Kommunisten, anlässlich der Enthüllung einer [[Gedenktafel]] zu Ehren Prinćips in Sarajevo am 7. Mai 1945 entnehmen, in der er ihn als „die Saat, der viele Volkshelden entsprossen“ rühmte: Die [[Partisan]]en von [[Josip Broz Tito|Titos]] [[Volksbefreiungsarmee (Jugoslawien)|Volksbefreiungsarmee]], „von der Idee Gavrilo Prinćips und seiner Kameraden von ‚Mlada Bosna‘ beseelt“, hätten „unsere liebe Stadt wieder befreit, ja unsere ganze Heimat. Die Ideen, für die Prinćip kämpfte, wurden verwirklicht“.<ref>Kamberović, S. 14.</ref> |
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Im heutigen Bosnien und Herzegowina sind in der [[Republika Srpska]] in den Städten [[Banja Luka]], [[Bijeljina]], [[Modriča]], [[Pale (Bosnien und Herzegowina)|Pale]], [[Gradiška]], [[Teslić]], [[Višegrad]] und [[Derventa]] Straßen nach |
Im heutigen Bosnien und Herzegowina sind in der [[Republika Srpska]] in den Städten [[Banja Luka]], [[Bijeljina]], [[Modriča]], [[Pale (Bosnien und Herzegowina)|Pale]], [[Gradiška]], [[Teslić]], [[Višegrad]] und [[Derventa]] Straßen nach Prinćip benannt. Einen Tag vor dem 100. Jahrestag des Attentats enthüllten bosnisch-serbische Spitzenpolitiker am 27. Juni 2014 ein Denkmal für Prinćip in [[Istočno Sarajevo|Ost-Sarajevo]].<ref>[http://www.spiegel.de/politik/ausland/erster-weltkrieg-serben-errichten-denkmal-fuer-princip-in-sarajevo-a-977937.html Serben errichten Denkmal für Sarajevo-Attentäter.] In: [[Spiegel Online]] vom 27. Juni 2014 (abgerufen am 27. Juni 2014).</ref> Es war von der bosnischen Republika Srpska, der [[Serbien|Republik Serbien]] und dem Filmemacher [[Emir Kusturica]] finanziert worden, der ein weiteres Prinćip-Denkmal in dem von ihm geplanten [[Küstendorf]] aufstellen will. Am 28. Juni 2015, dem 101. Jahrestag des Attentats, wurde in der Innenstadt von Belgrad im Finanzpark in der Nähe des Regierungsviertels ein Denkmal für Prinćip enthüllt.<ref>{{Webarchiv | url=http://www.tagesschau.de/ausland/serbien-denkmal-101.html | wayback=20150630220126 | text=Ein Denkmal für den Attentäter}} auf: [[Tagesschau.de]], 28. Juni 2015, abgerufen am 28. Juni 2015</ref> |
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Prinćip gilt unter den Serben als unabhängig handelnder bosnischer Revolutionär, seine Verbindungen zum Belgrader Geheimdienst und zur Schwarzen Hand werden geleugnet: „Sonst hätte Serbien ja eine Mitschuld am Ausbruch des Ersten Weltkriegs“, wie der deutsche Journalist [[Michael Thumann]] bemerkt.<ref>Michael Thumann: ''Kult um einen Mörder''. In: ''Die Zeit'' vom 26. Juni 2014, S. 16.</ref> Im [[Föderation Bosnien und Herzegowina|bosniakisch-kroatischen Landesteil]] und in [[Kroatien]] dagegen distanziert man sich überwiegend von dieser Verklärung. Hier sieht man Prinćip eher als [[Terrorist]]en, als Werkzeug Serbiens, das eigene Territorium auszuweiten.<ref>Michael Thumann: ''Kult um einen Mörder''. In: ''Die Zeit'' vom 26. Juni 2014, S. 16.</ref> |
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1990 wurde |
1990 wurde Prinćips Leben unter dem Titel „Gavre Prinćip – Himmel unter Steinen“ von dem österreichischen Regisseur [[Peter Patzak]] verfilmt.<ref>{{Internetquelle | url=http://www.imdb.com/title/tt0099638 | titel=Gavre Prinćip – Himmel unter Steinen | hrsg=[[Internet Movie Database]] | zugriff=2015-06-10| sprache=en}}</ref> |
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Welche historische Bedeutung Prinćip zukommt, hängt von der jeweiligen Beantwortung der [[Kriegsschuldfrage]] ab. Nimmt man an, dass das Deutsche Reich den Krieg anstrebte, um sich aus seiner angenommen Umklammerung durch die [[Triple Entente]] zu befreien oder den „Griff nach der Weltmacht“ ([[Fritz Fischer (Historiker)|Fritz Fischer]]) zu wagen, kommt Prinćip nur die unbedeutende Rolle zu, einen Anlass geliefert zu haben, der bei gleichem Ergebnis auch ein anderer hätte sein können. Glaubt man dagegen, dass der Weltkrieg nicht auf Absichten, sondern auf eine Verkettung unglücklicher Umstände zurückzuführen ist, wird seine Bedeutung ungleich größer. In diesem Sinne bezeichnet der amerikanische Sozialwissenschaftler [[Steven Pinker]] Prinćip als „wichtigste Person des 20. Jahrhunderts“.<ref>Zitiert nach [[Herfried Münkler]]: ''Der Große Krieg. Die Welt 1914–1918''. Rowohlt, Berlin 2013, S. 29.</ref> |
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* [[Vladimir Dedijer]]: ''The Road to Sarajevo.'' Simon & Schuster, New York 1966. Deutsch: ''Die Zeitbombe – Sarajewo 1914'', übertragen von [[Tibor Simányi]], Europa-Verlag, Wien 1967. |
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* G. Hering: ''[http://www.biolex.ios-regensburg.de/BioLexViewview.php?ID=1556 Prinćip, Gavrilo].'' In: ''Biographisches Lexikon zur Geschichte Südosteuropas''. Band 3. München 1979, S. 483–485 |
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* ''Gavrilo Prinćips Bekenntnisse. Ein geschichtlicher Beitrag zur Vorgeschichte des Attentates von Sarajevo. Zwei Manuskripte Prinćips. Aufzeichnungen seines Gefängnispsychiaters [[Martin Pappenheim|Pappenheim]] aus Gesprächen von Feber bis Juni 1916 über das Attentat, Prinćips Leben und seine politischen und sozialen Anschauungen.'' R. Lechner & Sohn in Kommission, Wien 1926. |
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* [http://anno.onb.ac.at/anno-suche/#searchMode=simple&query=%22Gavrilo+Princip%22&resultMode=list&from=1&sort=date+asc Presseberichte] über Gavrilo Prinćip in [[ANNO – AustriaN Newspapers Online|ANNO]] |
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== Einzelnachweise == |
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Version vom 1. Mai 2017, 22:18 Uhr

Gavrilo Prinćip (serbisch-kyrillisch Гаврило Принцип; * 13. Julijul. / 25. Juli 1894greg. in Obljaj, Vilâyet Bosnien; † 28. April 1918 in Theresienstadt, Österreich-Ungarn, heute Tschechien) war ein bosnisch-serbischer nationalistischer Attentäter, der am 28. Juni 1914 in Sarajevo den Mordanschlag auf den österreichisch-ungarischen Thronfolger Franz Ferdinand und dessen Ehefrau Sophie verübte. Dadurch wurde die Julikrise ausgelöst, die zum Ersten Weltkrieg führte.
Prinćip war Mitglied der Mlada Bosna (Junges Bosnien), eines revolutionären, nationalistischen Geheimbunds aus Schülern und Studenten, der im von Österreich-Ungarn 1908 annektierten Bosnien-Herzegowina aktiv war. In Jugoslawien sowie in Serbien galt bzw. gilt Prinćip als Volksheld und wird teilweise noch heute als solcher verehrt.
Leben

Prinćip stammte aus einer Familie bosnischer Serben, die seit Generationen in der Krajina, dem Grenzland zwischen Bosnien und dem heutigen Kroatien, siedelte.[1] Daher besaß er die 1910 eingeführte bosnisch-herzegowinische Landesangehörigkeit. Prinćip wurde in dem Dorf Obljaj geboren, heute ein Ortsteil von Bosansko Grahovo, und verbrachte einen Teil seiner Jugend im zentralbosnischen Hadžići, einem Vorort von Sarajevo, wo sich seine Eltern kennengelernt hatten.[2] Er war eines von neun Kindern eines Postmitarbeiters, von denen sechs bereits im Kindesalter starben. Auch Gavrilo war immer klein und schwächlich gewesen. Seine älteren Brüder waren Jovo, später Sägewerksbesitzer sowie Holzexportunternehmer in Hadžići, und Nikola Prinćip.[2] Jovo wurde zum Patriarchen der Familie, der für die anderen sorgte, und so kam auch der jüngste Bruder, Gavrilo, zu ihm nach Hadžići.[2] Später benannte Jovo einen seiner Söhne nach seinem verstorbenen Bruder Gavrilo.[2]
Prinćip galt als intelligent und machte in der Schule durch gute Leistungen auf sich aufmerksam. Obwohl der Vater gegen die Ausbildung seines Sohnes war,[3] besuchte Gavrilo nach der Grundschule eine Handelsschule in Tuzla und anschließend ein Gymnasium in Sarajevo. In Hadžići kam er erstmals mit Mitgliedern der serbisch-irredentistischen Schüler- und Studentenbewegung Mlada Bosna (Junges Bosnien) in Kontakt, zu der bosnische Serben, Kroaten und Muslime gehörten,[4] und wurde deren Mitglied. Sie hatte das Ziel, Bosnien-Herzegowina von der österreichisch-ungarischen Besatzung zu befreien, den Zusammenschluss der südslawischen Provinzen mit Serbien und Montenegro und die damit verbundene Bildung Jugoslawiens, sowie Bildungsmöglichkeiten für die Armen und die politische und ökonomische Einbeziehung in der österreichischen Quasi-Kolonie Bosnien-Herzegowina.[2] Im Februar 1912 nahm er an regierungsfeindlichen Demonstrationen in Sarajevo teil und wurde dafür der Schule verwiesen.[5]

Im Mai 1912 zog der Fünfzehnjährige nach Belgrad, um dort das Gymnasium zu besuchen und anschließend zu studieren. Zunächst schlug er sich als Hilfsarbeiter durch und pflasterte Straßen, weil er die geringe Unterstützung, die er von seinen Eltern erhielt, mit mittellosen Freunden teilte. Hier geriet er in das Umfeld der serbischen Nationalistenorganisation Narodna Odbrana, wo serbische Nationalisten ihm und seinen jugendlichen Mitattentätern – Nedeljko Čabrinović, einem 19-jährigen Druckergesellen, und Trifko Grabež, einem 18-jähriger Schulabbrecher – materiell und emotional unter die Arme griffen. Die jungen Leute berauschten sich am Nationalmythos, wonach Serbien seit seiner heroischen Niederlage auf dem Amselfeld 1389 stets das Opfer ausländischer Umtriebe gewesen sei, den sie auf die österreichische Fremdherrschaft übertrugen: Danach würden die Wiener Behörden die Serben in ihrem Herrschaftsbereich wirtschaftlich kleinhalten. In Wirklichkeit war Bosnien stärker industrialisiert und hatte ein höheres Pro-Kopf-Einkommen als Serbien. Prinćip lernte in dieser Zeit Petrović-Njegoš‘ Epos Bergkranz über den heroischen Abwehrkampf gegen die Türken im Spätmittelalter auswendig, in dem der serbische Nationalheld Miloš Obilić den türkischen Sultan Murad I. ersticht. Prinćip und seine Freunde sahen ihr Vorbild außerdem in Bogdan Žerajić, der am 15. Juni 1910 nach einem gescheiterten Attentat auf den Statthalter Österreich-Ungarns in Bosnien und Herzegowina Marijan Freiherr Varešanin von Vareš Selbstmord begangen hatte, und hielten sich öfters an dessen Grab auf.[6] Prinćips Ideal war der Jugoslawismus: die Vereinigung aller Südslawen in einem eigenen Staat.[7] Während seines Prozesses erklärte er: „Ich bin ein jugoslawischer Nationalist mit der Vereinigung aller Jugoslawen als Ziel, mir ist es egal in welcher Staatsform, jedoch muss er von Österreich befreit werden.“[8] Dabei war es für ihn aber selbstverständlich, dass die Hauptstadt dieses Jugoslawiens Belgrad und die Serben darin das dominierende Element sein würden.[9]
Der serbische Offizier und Führungskader der Geheimorganisation „Schwarze Hand“ (Crna ruka, auch Ujedinjenje ili Smrt!, „Vereinigung oder Tod!“), Vojislav Tankosić, nahm sich seiner an. Zu Beginn des Ersten Balkankriegs reiste Prinćip im Oktober 1912 in das südserbische Prokuplje, wo er sich als Tschetnik freiwillig melden wollte. Er hatte vor, das Amselfeld, die mythische Wiege Serbiens, von der Herrschaft der Osmanen zu befreien, doch sein Freund Major Vojislav Tankosić, der kommandierende Tschetnik, lehnte ihn wegen seiner schwachen Konstitution als untauglich ab. Wahrscheinlich litt Prinćip schon damals an Knochentuberkulose, einer Krankheit, an der er sechs Jahre später sterben sollte.[10] Als Ersatz für die Demütigung seiner militärischen Untauglichkeit begann er, Attentatspläne zu schmieden.[11]
Attentat von Sarajevo
Als Prinćip im März 1914 erfuhr, dass Franz Ferdinand im Anschluss an die Sommermanöver, die die k.u.k. Armee in Bosnien durchzuführen plante, Sarajevo besuchen werde, entschloss er sich zu einem Attentat. Terroristische Anschläge auf hochgestellte Persönlichkeiten waren in dieser Epoche nicht selten: So waren der russische Zar Alexander II. (1866), Franz Ferdinands Tante Elisabeth von Österreich-Ungarn (1898) und der amerikanische Präsident William McKinley (1901) Attentaten zum Opfer gefallen.[12] (siehe auch Liste bekannter Attentate). Prinćip überredete seine Freunde Čabrinović und Grabež mitzutun; bei seinen Vernehmungen und im Prozess beharrte er darauf, dass der Anschlag allein seine Idee gewesen sei.[13] Warum er den Erzherzog als Opfer auswählte, ist umstritten. Gunnar Hering nimmt an, sie hätten Franz Ferdinand als Verfechter eines harten Kurses angesehen,[14] wohingegen sie nach Christopher Clark befürchteten, er würde als Kaiser Strukturreformen im Sinne des Trialismus durchführen, die ihre Pläne durchkreuzen würden: Ein Zusammenschluss von Kroatien, Bosnien und Dalmatien zu einem eigenständigen, dritten Reichsteil der k.u.k. Monarchie hätte dem Projekt einer Vereinigung aller Serben in einem eigenen Staat das Wasser abgegraben.[15] Es gibt auch die These, Prinćip habe irrtümlich angenommen, die Manöver dienten einem Überfall Österreich-Ungarns auf Serbien, den er verhindern wollte.[16]
Milan Ciganović wurde der Führungsoffizier der jugendlichen Verschwörer. Ciganović unterstand Tankosić; Tankosić unterstützte Prinćip und seine Freunde (wie er später sagte, um den serbischen Ministerpräsidenten Nikola Pašić in Schwierigkeiten zu bringen). Der Chef des serbischen Militärgeheimdienstes Dragutin Dimitrijević, ein führendes Mitglied der Schwarzen Hand, sagte dagegen 1915, Tankosić habe ihm von Prinćips Vorhaben berichtet, woraufhin er entschieden habe, ihm „eine Chance zu geben“. Nachher habe er das Attentat doch von professionelleren Männern ausführen lassen wollen, doch Prinćip habe sich nicht mehr bremsen lassen.[17]
Prinćip, Čabrinović und Grabež wurden in Belgrad für den Anschlag trainiert. Prinćip galt als der beste Schütze unter ihnen. In Belgrad erhielten sie vier FN Browning Modell 1910-Pistolen, sechs Bomben und Phiolen mit Zyanid. Geheimdienstchef Dimitrijević wies sie an, sich nach dem Anschlag umzubringen, damit sie keine belastenden Informationen über ihre serbischen Hintermänner abgeben könnten. Da alle drei tuberkulosekrank waren und wussten, dass sie nicht mehr allzu lange zu leben hätten, waren sie damit einverstanden. Vom 26. Mai bis zum 4. Juni reisten die Verschwörer auf zum Teil abenteuerlichen Wegen zurück nach Sarajevo, serbische Zöllner ermöglichten ihnen, die Grenze nach Bosnien unkontrolliert zu überschreiten. Unterwegs wurden sie von serbischen Landsleuten versteckt, denen Prinćip seine Pistole zeigte und mit seinem Auftrag angab, was den Zuhörern nachher langjährige Haftstrafen einbrachte.[18]
In Sarajevo schloss sich den Verschwörern Danilo Ilić an, ein 23-jähriger Lehrer, der drei weitere Mitglieder anwarb, Vaso Čubrilović und Cvetko Popović, zwei 17-jährige Gymnasiasten, sowie Muhamed Mehmedbašić, einen 27-jährigen muslimischen Serben, der von Beruf Tischler war. Alle vier waren nicht geeignet für gewalttätige Aktionen und wurden beim Attentat nicht aktiv. Ihr Zweck war anscheinend lediglich, eine falsche Fährte zu legen und die Spuren der eigentlichen Attentäter zu verwischen.[19] Ilić versuchte vergeblich, Prinćip von dem Attentat abzuhalten, das er für unzweckmäßig hielt.[20]
An der Verschwörung waren auch andere Mitglieder von Mlada Bosna beteiligt, die nicht unmittelbar oder bewaffnet in Erscheinung traten: Veljko Čubrilović, Vasos Bruder und Lehrer aus Priboj, Miško Jovanović, Kaufmann und Bankdirektor, Mladen Stojaković, Arzt und später Volksheld im Zweiten Weltkrieg, sein Bruder Sreten, Bildhauer; Jezdimir Dangić, Gendarmerie-Oberstleutnant und später Tschetnik-Wojwode, Mitar Kerović und sein Sohn Neđa sowie Jakov Milović, ein Landwirt aus Ostbosnien.

Das Attentat, das die Gruppe absichtlich auf den 28. Juni 1914 gelegt hatte, den Vidovdan, an dem die Serben traditionell der Schlacht auf dem Amselfeld gedenken, verlief chaotisch. Ein erster Bombenwurf durch Čabrinović missglückte ebenso wie dessen Versuch, sich zu vergiften. Prinćip wurde durch herannahende Autos daran gehindert, seinen Freund zu erschießen. Kurz vor 11 Uhr vormittags sah Prinćip zu seiner Überraschung den Wagen mit dem Erzherzog, der von der ursprünglich geplanten Route abgewichen war, in seiner Nähe halten. Er zog seine Pistole und schoss aus anderthalb Metern Entfernung auf Franz Ferdinand und seine Frau. Die Erzherzogin erlitt einen Bauchschuss, der zu einer Ruptur der Bauchaorta führte, die andere Kugel zerfetzte die Halsvene ihres Mannes. Beide verbluteten noch im Wagen, der mit großer Geschwindigkeit davonraste. Prinćips Versuch, sich verabredungsgemäß umzubringen, scheiterte: Er erbrach das Gift, das er geschluckt hatte; Passanten hielten ihn fest und verprügelten ihn mit ihren Spazierstöcken. Die herbeigerufene Polizei verhinderte einen möglichen Lynchmord und nahm Prinćip in Gewahrsam.[21]
Prozess, Haft und Tod
In der Untersuchungshaft stellte sich Prinćip zunächst als Einzeltäter dar, musste aber nach Čabrinovićs Teilgeständis einräumen, mit diesem gemeinsam das Attentat geplant zu haben. Über ihre Mitverschwörer und Hintermänner konnten sie den Ermittlungsrichter im Dunkeln lassen, da beide über geheime Klopfzeichen ihre Aussagen miteinander absprachen. Bei den Verhören wurde Prinćip nicht psychisch unter Druck gesetzt oder mit Folter bedroht.[22] Erst die Festnahme Iliićs führte zur Aufdeckung der Verschwörung bis hin zur Verstrickung Tankosićs; die noch weitergehende Mitverantwortung serbischer Behörden an dem Attentat blieb aber wegen Prinćips und Čabrinovićs raffinierter Strategie der bewussten Verschleierung unbekannt.[23]
Im Prozess, der vom 12. bis zum 23. Oktober 1914 dauerte, bekannte sich Prinćip zu seinen Idealen und zum Gedanken des Tyrannenmords; er bedauerte lediglich, die Erzherzogin erschossen zu haben. Als sein Ziel gab er die Zerstörung der Habsburgermonarchie an, die einem Zusammenschluss aller südslawischen Völker im Wege stünde.[24] Da Prinćip zum Zeitpunkt der Tat noch nicht 20 Jahre alt war, konnte er nach österreichischem Recht nicht zum Tode verurteilt werden. Dem vorausgegangen war ein Missverständnis, das auf einem Schreibfehler beruhte. Bei der Geburt trug der Pfarrbeamte in Prinćips Geburtsurkunde irrtümlich „Juni“ ein, in den kirchlichen Büchern trug er jedoch das richtige Datum (Juli) ein. Der Staatsanwalt hatte die Todesstrafe für Prinćip gefordert, weil er nach der amtlichen Geburtsurkunde zum Tatzeitpunkt genau 20 Jahre und 15 Tage alt gewesen wäre. Das Gericht folgte jedoch den Angaben in den kirchlichen Unterlagen und wies den Antrag des Staatsanwalts ab. Prinćip wurde zu zwanzig Jahren schwerer Zwangsarbeit in der Kleinen Festung Theresienstadt verurteilt.[25]
Zahlreiche Familienmitglieder Prinćips, darunter seine Brüder Jovo und Nikola, wurden nach dem Attentat unter dem Verdacht der Mitwisserschaft verhaftet. Die Familie ist aber heute der Ansicht, dass keiner der damaligen Verwandten in Gavrilo Prinćips Plan eingeweiht war. Die Brüder seien einige Zeit in einem Lager in Arad im heutigen Rumänien gewesen.[2]

In Theresienstadt wurde Prinćip in Isolationshaft in einer sehr engen, feuchten, dunklen Zelle gehalten, war bis 1916 ständig angekettet und durfte nicht einmal Verwandte als Besucher empfangen.[2] Infolge der Haftbedingungen verfiel Prinćip gesundheitlich. Mehrfach versuchte er sich umzubringen. Ein Arm musste ihm amputiert werden.[26] Schließlich starb er am 28. April 1918 im Gefängnislazarett.[2] In seiner Zelle fand man nach seinem Tod folgende Zeilen, die er mit dem Stiel eines Löffels in die Wand geritzt hatte: „Unsere Geister schleichen durch Wien und raunen durch die Paläste und lassen die Herren erzittern“.[27]
Prinćips Leichnam wurde in Theresienstadt anonym bestattet. František Löbl, österreichischer Soldat tschechischer Nationalität, fand Vladimir Dedijer zufolge das Grab und erhielt mit vier Kameraden den Befehl, Prinćip im katholischen Ortsfriedhof zu begraben und die Grabstelle geheim zu halten. Löbl machte aber eine Skizze von der Lage des Grabes und schickte sie sicherheitshalber seinem Vater. Nach dem Krieg identifizierte Löbl die Grabstelle. Am 9. Juni 1920 wurden die Gebeine exhumiert und mit denen anderer toter Verschwörer auf dem Friedhof Koševo in Sarajevo neu beigesetzt.[28] Heute befindet sich dort an einer Kapelle eine Gedenkinschrift für Prinćip und andere Mlada-Bosna-Mitglieder.[2] „Hätte er ein paar Monate länger gelebt, wäre er wahrscheinlich als Held ins Königreich Jugoslawien zurückgekehrt“, schrieb 2013 die Journalistin Adelheid Wölfl in der österreichischen Zeitung Der Standard.[2]
Nachwirkung
Nach dem Ersten Weltkrieg galten die Attentäter von Sarajevo im Königreich Jugoslawien, das vier Jahre nach dem Mordanschlag gegründet wurde, bereits als Helden.[2] Während des Zweiten Weltkriegs wurde Prinćips Bruder Nikola, zu dem Zeitpunkt ein Arzt, von den kroatisch-faschistischen Ustascha erschossen, dies angeblich nur, weil er den Namen Prinćip trug.[2] In der SFRJ entstand ein Prinćip-Kult,[2] wenn auch der Staat sozialistische Helden bevorzugte.[29] Prinćips Deutung als jugoslawischer Volksheld lässt sich einer Rede Borko Vukobrats, eines bosnischen Kommunisten, anlässlich der Enthüllung einer Gedenktafel zu Ehren Prinćips in Sarajevo am 7. Mai 1945 entnehmen, in der er ihn als „die Saat, der viele Volkshelden entsprossen“ rühmte: Die Partisanen von Titos Volksbefreiungsarmee, „von der Idee Gavrilo Prinćips und seiner Kameraden von ‚Mlada Bosna‘ beseelt“, hätten „unsere liebe Stadt wieder befreit, ja unsere ganze Heimat. Die Ideen, für die Prinćip kämpfte, wurden verwirklicht“.[30]
Im heutigen Bosnien und Herzegowina sind in der Republika Srpska in den Städten Banja Luka, Bijeljina, Modriča, Pale, Gradiška, Teslić, Višegrad und Derventa Straßen nach Prinćip benannt. Einen Tag vor dem 100. Jahrestag des Attentats enthüllten bosnisch-serbische Spitzenpolitiker am 27. Juni 2014 ein Denkmal für Prinćip in Ost-Sarajevo.[31] Es war von der bosnischen Republika Srpska, der Republik Serbien und dem Filmemacher Emir Kusturica finanziert worden, der ein weiteres Prinćip-Denkmal in dem von ihm geplanten Küstendorf aufstellen will. Am 28. Juni 2015, dem 101. Jahrestag des Attentats, wurde in der Innenstadt von Belgrad im Finanzpark in der Nähe des Regierungsviertels ein Denkmal für Prinćip enthüllt.[32]
Prinćip gilt unter den Serben als unabhängig handelnder bosnischer Revolutionär, seine Verbindungen zum Belgrader Geheimdienst und zur Schwarzen Hand werden geleugnet: „Sonst hätte Serbien ja eine Mitschuld am Ausbruch des Ersten Weltkriegs“, wie der deutsche Journalist Michael Thumann bemerkt.[33] Im bosniakisch-kroatischen Landesteil und in Kroatien dagegen distanziert man sich überwiegend von dieser Verklärung. Hier sieht man Prinćip eher als Terroristen, als Werkzeug Serbiens, das eigene Territorium auszuweiten.[34]
1990 wurde Prinćips Leben unter dem Titel „Gavre Prinćip – Himmel unter Steinen“ von dem österreichischen Regisseur Peter Patzak verfilmt.[35]
Welche historische Bedeutung Prinćip zukommt, hängt von der jeweiligen Beantwortung der Kriegsschuldfrage ab. Nimmt man an, dass das Deutsche Reich den Krieg anstrebte, um sich aus seiner angenommen Umklammerung durch die Triple Entente zu befreien oder den „Griff nach der Weltmacht“ (Fritz Fischer) zu wagen, kommt Prinćip nur die unbedeutende Rolle zu, einen Anlass geliefert zu haben, der bei gleichem Ergebnis auch ein anderer hätte sein können. Glaubt man dagegen, dass der Weltkrieg nicht auf Absichten, sondern auf eine Verkettung unglücklicher Umstände zurückzuführen ist, wird seine Bedeutung ungleich größer. In diesem Sinne bezeichnet der amerikanische Sozialwissenschaftler Steven Pinker Prinćip als „wichtigste Person des 20. Jahrhunderts“.[36]
Literatur
- Tim Butcher: The Trigger. Hunting the Assassin who Brought the World to War. Chatto & WindusLondon, London 2014, ISBN 978-0-7011-8794-1.
- Arnold Suppan: Princip Gavrilo. In: Österreichisches Biographisches Lexikon 1815–1950 (ÖBL). Band 8, Verlag der Österreichischen Akademie der Wissenschaften, Wien 1983, ISBN 3-7001-0187-2, S. 282 f. (Direktlinks auf S. 282, S. 283).
- Vladimir Dedijer: The Road to Sarajevo. Simon & Schuster, New York 1966. Deutsch: Die Zeitbombe – Sarajewo 1914, übertragen von Tibor Simányi, Europa-Verlag, Wien 1967.
- G. Hering: Prinćip, Gavrilo. In: Biographisches Lexikon zur Geschichte Südosteuropas. Band 3. München 1979, S. 483–485
- Husnija Kamberović: Ubojstvo Franza Ferdinanda u Sarajevu 1914. – devedeset godina poslije. In: Prilozi (Contributions). 34. Jahrgang, 2005, S. 13–22 (ceeol.com).
- Albert Mousset: L’attentat de Sarajevo : un drame historique : documents inédits et texte intégral des sténogrammes du procès. Ed. Payot, 1930, (686 Seiten)
- Gavrilo Prinćips Bekenntnisse. Ein geschichtlicher Beitrag zur Vorgeschichte des Attentates von Sarajevo. Zwei Manuskripte Prinćips. Aufzeichnungen seines Gefängnispsychiaters Pappenheim aus Gesprächen von Feber bis Juni 1916 über das Attentat, Prinćips Leben und seine politischen und sozialen Anschauungen. R. Lechner & Sohn in Kommission, Wien 1926.
Weblinks
- Gavrilo Prinćips Aussage vom 12. Oktober 1914 vor Gericht in Sarajevo (nach Dolph Owings) (engl.) ( vom 16. Oktober 2015 im Internet Archive)
- Presseberichte über Gavrilo Prinćip in ANNO
Einzelnachweise
- ↑ David Fromkin: Europas letzter Sommer. Die scheinbar friedlichen Wochen vor dem Ersten Weltkrieg. Karl Blessing, München 2005, S. 154; Christopher Clark: Die Schlafwandler: wie Europa in den Ersten Weltkrieg zog. 1. Auflage. Deutsche Verlags-Anstalt, München 2013, ISBN 978-3-421-04359-7, S. 80 (englisch: The Sleepwalkers: How Europe Went to War in 1914. Übersetzt von Norbert Juraschitz).
- ↑ a b c d e f g h i j k l m Adelheid Wölfl: Treffen mit Gavrilo Prinćip in Sarajevo. In: Der Standard, 27. Juli 2013, Beilage Album, S. A3.
- ↑ Gunnar Hering: Prinćip, Gavrilo. In: Matthias Bernath und Felix von Schröder (Hrsg.): Biographisches Lexikon zur Geschichte Südosteuropas. Oldenbourg, München 1978, Bd. 3, S. 483.
- ↑ Dennison Rusinov: The Yugoslav Idea before Yugoslavia. In: Dejan Djokić (Hrsg.): Yugoslavism. Histories of a Failed Idea, 1918–1992. London 2003, S. 24.
- ↑ Gunnar Hering: Prinćip, Gavrilo. In: Matthias Bernath, Felix von Schröder (Hrsg.): Biographisches Lexikon zur Geschichte Südosteuropas. Oldenbourg, München 1978, Band 3, S. 483.
- ↑ Christopher Clark: Die Schlafwandler: wie Europa in den Ersten Weltkrieg zog. 1. Auflage. Deutsche Verlags-Anstalt, München 2013, ISBN 978-3-421-04359-7, S. 81 ff. (englisch: The Sleepwalkers: How Europe Went to War in 1914. Übersetzt von Norbert Juraschitz).
- ↑ Gunnar Hering: Prinćip, Gavrilo. In: Matthias Bernath und Felix von Schröder (Hrsg.): Biographisches Lexikon zur Geschichte Südosteuropas. Oldenbourg, München 1978, Bd. 3, S. 483.
- ↑ Noel Malcolm: Bosnia: A Short History. New York University Press, 1996, ISBN 978-0-8147-5561-7, S. 153.
- ↑ Michael Martens: Das Attentat von Sarajevo. Kriegsfalken im Aufwind, faz.net vom 28. Juni 2014, Zugriff am 1. Juli 2014.
- ↑ Christopher Clark: Die Schlafwandler: wie Europa in den Ersten Weltkrieg zog. 1. Auflage. Deutsche Verlags-Anstalt, München 2013, ISBN 978-3-421-04359-7, S. 81–84 (englisch: The Sleepwalkers: How Europe Went to War in 1914. Übersetzt von Norbert Juraschitz). ; Michael Thumann: Kult um einen Mörder. In: Die Zeit vom 26. Juni 2014, S. 16.
- ↑ Michael Thumann: Kult um einen Mörder. In: Die Zeit vom 26. Juni 2014, S. 16.
- ↑ John Keegan: Der Erste Weltkrieg. Eine europäische Tragödie. Rowohlt, Reinbek 2001, S. 80.
- ↑ David Fromkin: Europas letzter Sommer. Die scheinbar friedlichen Wochen vor dem Ersten Weltkrieg. Karl Blessing, München 2005, S. 155.
- ↑ Gunnar Hering: Prinćip, Gavrilo. In: Matthias Bernath und Felix von Schröder (Hrsg.): Biographisches Lexikon zur Geschichte Südosteuropas. Oldenbourg, München 1978, Bd. 3, S. 483.
- ↑ Christopher Clark: Die Schlafwandler: wie Europa in den Ersten Weltkrieg zog. 1. Auflage. Deutsche Verlags-Anstalt, München 2013, ISBN 978-3-421-04359-7, S. 80 f. (englisch: The Sleepwalkers: How Europe Went to War in 1914. Übersetzt von Norbert Juraschitz).
- ↑ David Fromkin: Europas letzter Sommer. Die scheinbar friedlichen Wochen vor dem Ersten Weltkrieg. Karl Blessing, München 2005, S. 155 f.
- ↑ David Fromkin: Europas letzter Sommer. Die scheinbar friedlichen Wochen vor dem Ersten Weltkrieg. Karl Blessing, München 2005, S. 157.
- ↑ David Fromkin: Europas letzter Sommer. Die scheinbar friedlichen Wochen vor dem Ersten Weltkrieg. Karl Blessing, München 2005, S. 160 f.; Christopher Clark: Die Schlafwandler: wie Europa in den Ersten Weltkrieg zog. 1. Auflage. Deutsche Verlags-Anstalt, München 2013, ISBN 978-3-421-04359-7, S. 85 ff. (englisch: The Sleepwalkers: How Europe Went to War in 1914. Übersetzt von Norbert Juraschitz).
- ↑ Christopher Clark: Die Schlafwandler: wie Europa in den Ersten Weltkrieg zog. 1. Auflage. Deutsche Verlags-Anstalt, München 2013, ISBN 978-3-421-04359-7, S. 8 (englisch: The Sleepwalkers: How Europe Went to War in 1914. Übersetzt von Norbert Juraschitz).
- ↑ Gunnar Hering: Prinćip, Gavrilo. In: Matthias Bernath und Felix von Schröder (Hrsg.): Biographisches Lexikon zur Geschichte Südosteuropas. Oldenbourg, München 1978, Bd. 3, S. 484.
- ↑ David Fromkin: Europas letzter Sommer. Die scheinbar friedlichen Wochen vor dem Ersten Weltkrieg. Karl Blessing, München 2005, S. 171 f.; Christopher Clark: Die Schlafwandler: wie Europa in den Ersten Weltkrieg zog. 1. Auflage. Deutsche Verlags-Anstalt, München 2013, ISBN 978-3-421-04359-7, S. 480–485 (englisch: The Sleepwalkers: How Europe Went to War in 1914. Übersetzt von Norbert Juraschitz).
- ↑ Gunnar Hering: Prinćip, Gavrilo. In: Matthias Bernath und Felix von Schröder (Hrsg.): Biographisches Lexikon zur Geschichte Südosteuropas. Oldenbourg, München 1978, Bd. 3, S. 484.
- ↑ Christopher Clark: Die Schlafwandler: wie Europa in den Ersten Weltkrieg zog. 1. Auflage. Deutsche Verlags-Anstalt, München 2013, ISBN 978-3-421-04359-7, S. 492–498 (englisch: The Sleepwalkers: How Europe Went to War in 1914. Übersetzt von Norbert Juraschitz).
- ↑ Gunnar Hering: Prinćip, Gavrilo. In: Matthias Bernath und Felix von Schröder (Hrsg.): Biographisches Lexikon zur Geschichte Südosteuropas. Oldenbourg, München 1978, Bd. 3, S. 484.
- ↑ Gunnar Hering: Prinćip, Gavrilo. In: Matthias Bernath und Felix von Schröder (Hrsg.): Biographisches Lexikon zur Geschichte Südosteuropas. Oldenbourg, München 1978, Bd. 3, S. 484.
- ↑ Michael Thumann: Kult um einen Mörder. In: Die Zeit vom 26. Juni 2014, S. 16.
- ↑ Vladimir Dedijer: Die Zeitbombe – Sarajewo 1914, Europa-Verlag, Wien 1967, S. 668.
- ↑ Vladimir Dedijer: Die Zeitbombe – Sarajewo 1914, Europa-Verlag, Wien 1967, S. 668
- ↑ Michael Thumann: Kult um einen Mörder. In: Die Zeit vom 26. Juni 2014, S. 16.
- ↑ Kamberović, S. 14.
- ↑ Serben errichten Denkmal für Sarajevo-Attentäter. In: Spiegel Online vom 27. Juni 2014 (abgerufen am 27. Juni 2014).
- ↑ Ein Denkmal für den Attentäter ( vom 30. Juni 2015 im Internet Archive) auf: Tagesschau.de, 28. Juni 2015, abgerufen am 28. Juni 2015
- ↑ Michael Thumann: Kult um einen Mörder. In: Die Zeit vom 26. Juni 2014, S. 16.
- ↑ Michael Thumann: Kult um einen Mörder. In: Die Zeit vom 26. Juni 2014, S. 16.
- ↑ Gavre Prinćip – Himmel unter Steinen. Internet Movie Database, abgerufen am 10. Juni 2015 (englisch).
- ↑ Zitiert nach Herfried Münkler: Der Große Krieg. Die Welt 1914–1918. Rowohlt, Berlin 2013, S. 29.
Personendaten | |
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NAME | Princip, Gavrilo |
ALTERNATIVNAMEN | Princip, Gavre; Принцип, Гаврило (kyrillische Schrift) |
KURZBESCHREIBUNG | bosnisch-serbischer Unabhängigkeitskämpfer, Attentäter Franz Ferdinands von Österreich-Este |
GEBURTSDATUM | 25. Juli 1894 |
GEBURTSORT | Obljaj bei Bosansko Grahovo, Bosnien |
STERBEDATUM | 28. April 1918 |
STERBEORT | Theresienstadt, Böhmen |