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„Homöopathie“ – Versionsunterschied

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Viele Homöopathen lehnen [[Impfung|Schutzimpfungen]] ganz oder teilweise ab. Wer sich aufgrund dessen nicht impfen lässt, geht das nicht zu unterschätzende Risiko gefährlicher [[Infektionskrankheit]]en ein. Gelegentlich werden von Homöopathen auch „homöopathische Impfungen“ (orale Gaben von [[Krankheitsprodukt]]en, „[[Nosode]]n“, in [[Potenzierung|Potenz]]) oder „homöopathische [[Malaria]]prophylaxe“ angeboten. Derartige Praktiken werden jedoch von den Dachverbänden (etwa dem [[Deutscher Zentralverein homöopathischer Ärzte|Deutschen Zentralverein homöopathischer Ärzte]]) abgelehnt, weil sie prinzipiell keine [[Immunisierung]] bewirken können.
Viele Homöopathen lehnen [[Impfung|Schutzimpfungen]] ganz oder teilweise ab. Wer sich aufgrund dessen nicht impfen lässt, geht das nicht zu unterschätzende Risiko gefährlicher [[Infektionskrankheit]]en ein. Gelegentlich werden von Homöopathen auch „homöopathische Impfungen“ (orale Gaben von [[Krankheitsprodukt]]en, „[[Nosode]]n“, in [[Potenzierung|Potenz]]) oder „homöopathische [[Malaria]]prophylaxe“ angeboten. Derartige Praktiken werden jedoch von den Dachverbänden (etwa dem [[Deutscher Zentralverein homöopathischer Ärzte|Deutschen Zentralverein homöopathischer Ärzte]]) abgelehnt, weil sie prinzipiell keine [[Immunisierung]] bewirken können.


Da auch Gifte in hochverdünnter Form verabreicht werden, können nach längerer Einnahme von Potenzen bis D12 Vergiftungserscheinungen auftreten.
Da auch Gifte oder Schwermetelle wie [[Quecksilber]] in hochverdünnter Form verabreicht werden, können nach längerer Einnahme von Potenzen bis D12 Vergiftungserscheinungen auftreten.


=== Andere Kritikpunkte ===
=== Andere Kritikpunkte ===

Version vom 22. April 2006, 09:04 Uhr

Samuel Hahnemann, der Begründer der Homöopathie, 1841

Die Homöopathie [ˌhomøopaˈtiː] („ähnliches Leiden“, von griech. όμοιος homoῖos „gleich, gleichartig“ und πάθος páthos „Leid, Krankheit“) ist eine kontrovers diskutierte alternative Heilmethode, deren Prinzipien um 1800 formuliert wurden.

Homöopathen behandeln ihre Patienten nach dem vom Begründer der Homöopathie, Samuel Hahnemann, aufgestellten Grundsatz: „Ähnliches werde durch Ähnliches geheilt“. Zu diesem Zweck werden Substanzen, von denen bekannt ist oder angenommen wird, sie könnten bei gesunden Menschen der Krankheit ähnelnde Symptome hervorrufen, in starker Verdünnung verabreicht. Das Verfahren zur Verdünnung wird von Homöopathen „Potenzieren“ genannt, weil sie glauben, dass die Wirkung der verdünnten Substanz durch dieses Verfahren nicht abgeschwächt, sondern verstärkt wird.

Die den heutigen wissenschaftlichen Anforderungen genügenden Studien zeigen in der Gesamtbetrachtung, dass die untersuchten homöopathischen Behandlungen keine signifikant über den Placebo-Effekt hinausgehende medizinische Wirksamkeit haben. Die zentralen Aussagen der Homöopathie über ihre allgemeinen Grundsätze (Potenzierung, Ähnlichkeit, Lebenskraft) sind mangels Überprüfbarkeit pseudowissenschaftlich.

Grundsätze

Lebenskraft

Seit dem Altertum wurde im von Aristoteles begründeten Vitalismus davon ausgegangen, dass lebenden Wesen eine so genannte Lebenskraft innewohne. Diese Lebenskraft, aufgeteilt in Entelechie und Dynamis, belebt nach Aristoteles den materiellen Körper (Organismus) und lässt ihn empfinden und tätig sein. Samuel Hahnemann übernahm die Vorstellung einer nicht-materiellen Lebenskraft und machte sie zu einem Grundbegriff seiner homöopathischen Krankheitslehre.

„Der materielle Organism, ohne Lebenskraft gedacht, ist keiner Empfindung, keiner Thätigkeit, keiner Selbsterhaltung fähig; nur das immaterielle, den materiellen Organism im gesunden und kranken Zustande belebende Wesen (das Lebensprincip, die Lebenskraft) verleiht ihm alle Empfindung und bewirkt seine Lebensverrichtungen.“

Samuel Hahnemann: Organon § 10

Krankheit, die nicht der Chirurgie anheimfalle, sei die Verstimmung dieser „geistartigen Kraft“ (Hahnemann) und damit eine Befindensänderung des Gesunden.

„Das Leiden der krankhaft verstimmten, geistartigen, unsern Körper belebenden Dynamis (Lebenskraft) im unsichtbaren Innern und der Inbegriff der von ihr im Organism veranstalteten, äußerlich wahrnehmbaren, das vorhandene Uebel darstellenden Symptome, bilden nämlich ein Ganzes, sind Eins und Dasselbe.“

Samuel Hahnemann: Organon § 15

Krankheit äußere sich somit in einer Gesamtheit von Krankheitszeichen und Symptomen und sei mit einer Verstimmung der Lebenskraft gleichzusetzen. Die Heilung, so Hahnemann, geschehe einzig durch die Umstimmung der Lebenskraft und „Befindensveränderung des Kranken in den gesunden Zustand“ (Organon, § 19). Deren Wirkung sei die Aufhebung der Gesamtheit der Symptome. Diese Umstimmung der Lebenskraft sei durch kleine, geschüttelte oder verriebene („dynamisierte“) Gaben von Substanzen zu erreichen.

Der Begriff der Lebenskraft macht einen wesentlichen Unterschied der Homöopathie zur wissenschaftlichen Medizin aus, indem die Grundlage für Krankheit und Heilung nicht in den Körperfunktionen des Organismus, sondern in einer den individuellen Menschen belebenden „nicht-materiellen“ Kraft gesehen wird. Dass Krankheiten materieller Natur seien, stritt Hahnemann stets vehement ab. Allerdings vermutete er „feinste Thiere niederer Ordnung“ als Ursache der Cholera.

Die seinerzeit weit verbreitete Vorstellung einer Lebenskraft, die u. a. auch Christoph Wilhelm Hufeland (Leibarzt des preußischen Königs) vertrat, stellte sich gegen eine medizingeschichtliche Entwicklung, in der zunehmend reale, beobachtbare Phänomene ausschlaggebend für die Beschreibung des Lebens wurden. So begannen weite Teile der Medizin schon vor Hahnemanns Zeiten seit der Entdeckung des Blutkreislaufs sich allmählich von der Idee einer von der materiellen Welt getrennten Lebenskraft zu verabschieden. Ein weiterer, wichtiger Grund für diesen Paradigmenwechsel war die Verfügbarkeit des Mikroskops, mit dem viele grundlegende Entdeckungen der Medizin gemacht werden konnten. Es entwickelten sich u. a. die mikroskopische Anatomie und Zellbiologie, sodass für viele Vorgänge im menschlichen Körper Erklärungen gefunden wurden, welche die Annahme einer separaten Lebenskraft überflüssig machten; die Naturwissenschaften im allgemeinen und die Medizin im besonderen kamen ohne sie aus. Bakterien waren trotzdem als Krankheitserreger noch lange Zeit weitgehend unbekannt (siehe Henle-Koch-Postulate).

Einige Homöopathen arbeiten aber auch heute noch mit dem auf der Lebenskraft basierenden Krankheitskonzept. Aus ihrer Sicht ist dieser Begriff dazu geeignet, das individuelle Krankheitsbild ohne Berücksichtigung der materiellen Krankheitsursachen zu erkennen und zu heilen. Der Begriff dient hier dazu, die Gesamtheit der beobachteten Symptome zugleich als eine Veränderung der den Menschen belebenden Kraft wahrzunehmen und das Ziel der Heilung als die Wiederherstellung dieser Kraft festzulegen.

Andere Homöopathen des zwanzigsten Jahrhunderts, im deutschen Sprachraum etwa Otto Leeser, Julius Mezger und Mathias Dorcsi, reformulierten die Homöopathie als eine Regulationstherapie und das „Lebensprincip“ (durch diesen Ausdruck ersetzte Hahnemann in späteren Auflagen des Organon den Begriff der „Lebenskraft“) als die Fähigkeit des Organismus zur Selbstregulation bzw. Homöostase (Immunabwehr, Temperaturregulation, Schmerzempfindung u. dgl.). Durchaus an Hahnemanns Überlegungen anschließend geht etwa Dorcsi davon aus, dass Krankheit wesentlich eine gestörte Fähigkeit des Organismus zur Selbstregulation darstelle, die unter Umständen durch einen minimalen Reiz, eben das homöopathische Heilmittel, korrigiert werden könne. Daraus folgt, dass nicht alle Krankheitserscheinungen mit Aussicht auf Erfolg homöopathisch behandelt werden können, sondern nur diejenigen, bei denen eine solche Regulationsstörung zentral ist.

Ähnlichkeitsprinzip (Simile-Prinzip)

Gemäß Hahnemanns Organon sind sowohl Krankheiten als auch deren Behandlungen als „Verstimmungen“ oder „Affectionen“ der Lebenskraft zu verstehen. Eine solche Verstimmung kann nur durch eine andere, der Art nach von ihr abweichende, aber in ihrer Äußerung sehr ähnliche „Affection“ dauerhaft ausgelöscht werden (§ 26). Daher sei ein Krankheitszustand durch eine Arznei zu heilen, die bei Gesunden diesem Zustand ähnliche Symptome hervorruft: similia similibus curentur („Ähnliches werde durch Ähnliches geheilt“). „Der Art nach abweichend“ bedeutet hier, dass Arzneien nicht Krankheit erzeugen, sondern eine „künstliche“, kurzfristige Affektion („Kunstkrankheit“). Die Homöopathie versucht bei der Diagnose das gesamte individuelle Symptomenbild des Patienten zu berücksichtigen, da dieses in seiner Totalität als Ausdruck der Verstimmung der Lebenskraft gilt. Zu den Symptomen zählen dabei im Wesentlichen alle Abweichungen vom früheren gesunden Zustand des Kranken, die durch Patientenbericht, Befragung und Beobachtung zugänglich sind, samt ihren „Modalitäten“ (Besserung und Verschlimmerung). Auch und gerade entlegene Symptome, die scheinbar mit der Hauptbeschwerde nichts zu tun haben, werden erhoben und für die Arzneiverordnung genutzt. In jedem Fall wird besonderer Wert auf die Art der Verstimmung des Befindens gelegt, zum Beispiel mit dem Infekt einhergehende Nervosität, Schwäche, Schlaflosigkeit oder Traurigkeit.

Voraussetzung für die Anwendung des Ähnlichkeitsprinzips ist zum einen die Kenntnis der homöopathischen Arzneimittel (Arzneimittelprüfung) und zum anderen die exakte Erfassung des Symptombildes des Patienten (Anamnese, siehe: Wahl des Mittels).

Arzneimittelprüfung

Eine homöopathische Behandlung beruht auf der Kenntnis der Symptome, die eine Arznei bei einem gesunden Menschen auslösen kann. Deshalb werden in der Homöopathie Arzneimittelprüfungen nur mit gesunden Menschen durchgeführt. Viele in der Homöopathie als Ursubstanzen verwendete Stoffe sind giftig oder können aufgrund ihrer Herkunft und Weiterverarbeitung gesundheitsschädlich sein. Für eine homöopathische Arzneimittelprüfung werden deshalb entsprechend geringe Dosen der Ursubstanz oder Verdünnungen verwendet. Während der Prüfung werden die am gesunden Menschen festgestellten Veränderungen (Symptome) festgehalten. Das Ergebnis dieser Prüfungen wird in Arzneimittellehren (Materiae medicae) zusammengestellt. Für die Auswahl des passenden Arzneimittels erleichtern nach Symptomen geordnete Repertorien die Auswahl.

Homöopathische Arzneimittelprüfungen sind nicht mit Arzneimittelprüfungen nach dem Arzneimittelgesetz (AMG) zu vergleichen. Bei homöopathischen Arzneimittelprüfungen wird nicht eine erwartete Wirksamkeit überprüft, sondern beobachtet, ob und welche Symptome durch ein homöopathisches Arzneimittel hervorgerufen werden können.

Potenzierung

Der nächste wichtige Grundsatz der Homöopathie ist die Verwendung „potenzierter“ Arzneimittel. Unter Potenzierung ist die starke Verdünnung bei gleichzeitiger Dynamisierung (Verschüttelung oder Verreibung siehe unten) zu verstehen. Die Arzneimittel werden durch stufenweise durchgeführtes Potenzieren aus Urtinkturen (pflanzlichen und tierischen Ursprungs: Symbol: Ø oder mineralischen und chemischen Ursprungs: Symbol O) und aus indifferenten Verdünnungsmitteln wie Alkohol, destilliertem Wasser, Glycerin und Milchzucker hergestellt. Das Verfahren ist unter Potenzieren (Homöopathie) genauer dargestellt.

Homöopathische Arzneimittel werden flüssig (Dilution) oder als Globuli, in tiefen Potenzen auch in Form von Tabletten angewendet.

Aus der Sicht der Homöopathen ist die Wirkung einer bloßen Verdünnung nicht mit einem potenzierten, also verschüttelten oder verriebenen Mittel vergleichbar. Im Organon der Heilkunst (Anmerkung zu § 11) wird die Wirkung eines potenzierten Mittels nicht der körperlichen Substanz oder physischen Wirkung eines Arzneistoffes, sondern der immateriellen, daraus freigewordenen „spezifischen Arzneikraft“ zugeschrieben.

Die Verdünnung unter die chemische Auflösungsgrenze (siehe auch Avogadro-Konstante) ist jedoch kein zwingendes Element der Homöopathie. Viele Heilpraktiker und einige Ärzte arbeiten in Deutschland auch mit Niedrigpotenzen (D4, D6), in denen die Stoffe noch in nennenswerter Konzentration vorliegen. Eine D6 enthält den Ausgangsstoff in der Verdünnung von 1:1.000.000, also in µg/g. Bei diesen nur schwach verdünnten Mitteln sind die regulären Dosis-Wirkungs-Beziehungen des verwendeten Stoffes zu beachten und unerwünschte Wirkungen möglich.

Potenzierung als Verdünnung in Dezimalschritten
Potenz Verdünnung Das entspricht durchschnittlich
einem Tropfen auf einem Wassermolekül in
D1 1 : 10 das Volumen einer Erbse
D2 1 : 100 einen halben Esslöffel
D3 1 : 1.000 zweieinhalb Schnapsgläser
D6 1 : 1 Million den Inhalt einer kleinen Mülltonne
D9 1 : 1 Milliarde einen Öltanklaster samt Anhänger
D12 1 : 1 Billion 25 olympische Schwimmbecken
D20 1 : 100 Trillionen den Michigansee in den USA
D23 1 : 100 Trilliarden das Mittelmeer 3 g Wasser (Fingerhut)
D30 1 : 1 Quintillion 50-mal das Volumen der Erde 30 t Wasser (Tanklastzug)
D78 1 : 1 Tredezillion gesamten Universum (Das Universum wird auf etwa 1078 Teilchen geschätzt)

Die Lehre der chronischen Krankheiten

Nach jahrelangen praktischen Erfahrungen mit der Homöopathie stellte Hahnemann fest, dass bestimmte Krankheitsverläufe homöopathisch nicht zu heilen waren. Ab 1816 entwickelt er deshalb eine Methode zur Behandlung chronischer Krankheiten. 1828 veröffentlichte er die Ergebnisse seiner Forschung in einem fünfbändigen Werk mit dem Titel Die chronischen Krankheiten. Nach seiner Theorie liegt den chronischen Krankheiten ein Miasma, eine Art tief liegendes „Ur-Übel“, zugrunde. Hahnemann unterteilte die Miasmen in Psora (als Folge der Krätzekrankheit), Sykosis (Feigwarzenkrankheit als Folge der Gonorrhoe) und Syphilis. Hahnemanns Arbeit nach der Erkenntnis der Miasmen war der Versuch, die Psora auszumerzen, wie er schrieb.

Sein Verständnis der chronischen Krankheiten bewegt sich im Rahmen der damaligen medizinischen Erkenntnisse. Die praktischen Konsequenzen seiner Theorie werden jedoch in der klassischen Homöopathie bis heute berücksichtigt.

Entwicklung

Geschichte

Schon im Altertum wusste man um das Prinzip des Heilens durch gleiche oder ähnliche Substanzen, die in „verdünnter“ Dosis eingenommen werden. So ließ Gott Moses in Ägypten eine eherne (metallische) Schlange herstellen (4Mo 21, 8-9). Jeder der von einer Schlange gebissen wurde, sollte durch den Anblick dieser Nachbildung geheilt werden.

Samuel Hahnemann übersetzte eine englische Abhandlung über die Heilweise von Chinarinde bei Malaria. Er empfand die in dem Artikel bemühten Erklärungen als willkürlich und verfiel deshalb auf die Idee, als gesunder Mensch Chinarinde einzunehmen. Daraufhin beobachtete er, dass er einige der bekannten Malaria-Symptome bekommen hatte. Seine Beobachtungen stellten sich später als Irrtum heraus: Die beobachteten Wirkungen von Chinarinde konnten in späteren Versuchen nicht festgestellt werden. Hinzu kommt, dass das Fieberthermometer zu Hahnemanns Zeiten noch nicht gebräuchlich war - es wurde von der gefühlten Temperatur ausgegangen. Jedenfalls löste diese Zufallsentdeckung seinen Forscherdrang aus, und er begann, weitere giftige Substanzen selbst einzunehmen, wie zum Beispiel viele giftige Heilpflanzen. Die darauf auftretenden Symptome notierte er. Später behandelte er Kranke mit ähnlichen Symptombildern mit diesen Stoffen. Um sie ihrer Toxizität zu berauben, verdünnte er die Stoffe. Zu seinem eigenen Erstaunen beobachtete er, dass die Heilwirkung nicht verschwand, sondern sich zu verstärken schien.

Als historisches Verdienst der Lehre Hahnemanns gelten eine Reihe von Innovationen, die eine sinnvolle Alternative zu den damaligen medizinischen Heilverfahren (die von ihm „Allopathie“ genannt wurden) darstellten. Mikroorganismen waren damals noch nicht als Krankheitserreger erkannt worden. Viele damals gängige Mittel und Behandlungen, die oft keineswegs auf uralter Erfahrung beruhten, sondern erst im 17. Jahrhundert nach der alchimistisch geprägten Lehre des Paracelsus eingeführt worden waren, gefährdeten den Patienten mehr, als sie halfen – nicht ganz umsonst nannte man diese Art der Medizin auch „heroische Medizin“. Das heißt, so genannte Drastika mit Wirkstoffen, wie beispielsweise Bleiacetat oder Quecksilberchlorid, wurden den Patienten verabreicht, was nicht wenige Patienten tötete. Dies erklärt die Bestimmung Hahnemanns, nur jeweils ein einziges Mittel geduldig anzuwenden, und die eingehende Beschäftigung mit dem Patienten. Seine (aus chemischer Sicht) oftmals fast wirkstofflosen „Mittel“ trugen ebenfalls zur Durchsetzung eines „sanfteren“ Weges der Medizin generell bei.

Status im deutschsprachigen Raum

Homöopathie ist in Deutschland eine anerkannte Besondere Therapieform im Sinne des Sozialgesetzbuches. Seit 1978 bekennt sich der deutsche Gesetzgeber im Arzneimittelgesetz zum Wissenschaftspluralismus der Medizin. Darunter werden derzeit die Schulmedizin einerseits und andererseits drei Besondere Therapierichtungen verstanden:

Die Arzneimittel der besonderen Therapierichtungen können zugelassen und dürfen verordnet werden, auch ohne dass für sie ein Wirksamkeitsnachweis erbracht wurde.

In Österreich ist die Homöopathie seit dem Arzneimittelgesetz 1983 ein anerkannter Teil der Medizin.

In der Schweiz wurden seit 1999 Arzneimittel der fünf Klassen der Komplementärmedizin, darunter die der Homöopathie, von der Krankenkassen-Grundversicherung übernommen, sofern sie von einem Arzt verschrieben wurden. Zum 30. Juni 2005 hat das Bundesamt für Gesundheit, Teil des EDI, diese Leistungspflicht nach den Ergebnissen der von ihm in Auftrag gegebenen Studie „Programm Evaluation Komplementärmedizin“ wieder gestrichen.

Die europäische Gesetzgebung sieht seit der Richtlinie 2001/83 ein eigenes Zulassungsverfahren für homöopathische Arzneimittel vor. In der Novelle zu dieser Richtlinie (2004/27) wird dieses vereinfachte Zulassungsverfahren erstmals für alle Mitgliedsländer verpflichtend. Die Richtlinie verlangt den Aufdruck (Zitat) „Homöopathisches Arzneimittel ohne genehmigte Heilanzeigen“.

Homöopathie in weiteren Ländern

Seit etwa Mitte der 1820er Jahre breitete sich die Homöopathie in den deutschlandnahen Ländern aus, seit Mitte der 1830er auch darüber hinaus. Hahnemanns Werke wurden früh in verschiedene Fremdsprachen übersetzt, erstmals 1824 ins Französische und Italienische. In einzelnen Ländern gab es mitunter aber erhebliche Widerstände. So war die Homöopathie in Österreich zwischen 1819 und 1837 durch Metternich behördlich verboten. In den USA gab es zeitweise Regelungen, nach denen Mitglieder aus medizinischen Gesellschaften rigoros ausgeschlossen wurden, wenn sie mit Homöopathen zusammengearbeitet haben. Die Entwicklung der Homöopathie in den USA verlief stürmisch: die erste homöopathische Zeitung in den USA wurde 1835 von Hans Burch Gram gegründet. Der in Sachsen geborene Constantin Hering kam 1833 nach Amerika und gründete mit anderen Homöopathen die erste homöopathische Hochschule in den USA (Nordamerikanische Akademie der homöopathischen Heilkunst, Allentown). 1844 wurde, ebenfalls unter Herings Beteiligung, als erste nationale Ärztevereinigung das American Institute of Homeopathy gegründet. 1848 entstand die erste Ausbildungsstätte für Frauen, das Homoeopathic Boston Female Medical College. Für große Teile der Bevölkerung galt die Homöopathie in dieser Zeit als wissenschaftlicher als die „Schulmedizin“, weil sie auf festen Prinzipien aufbaut. Heilerfolge bei Gelbfieber- und Choleraepidemien trugen zu ihrer Etablierung bei. Eine Laienbewegung wie in Deutschland entstand jedoch nicht. Nach dem amerikanischen Bürgerkrieg (1861-1864) begann die Blütezeit der Homöopathie in den USA. In den späten 1870er Jahren gab es rund 4000 homöopathisch Tätige; 1898 wurden 20 homöopathische Colleges, 140 homöopathische Krankenhäuser und 57 homöopathische Ambulatorien betrieben; es gab mehr als 100 homöopathische Gesellschaften und 31 homöopathische Zeitschriften. Ein 1876 erstmals in Philadelphia ausgerichteter internationaler homöopathischer Ärztekongress unterstreicht die Bedeutung der Homöopathie in den USA. Ungeachtet der Quantität der Verbreitung wird die Qualität der Ausbildung und Praxis rückblickend aber kritisch beurteilt. Trotzdem entstanden wichtige Arbeiten, von denen unter anderen die James Tyler Kents weltweit Bedeutung gewinnen. Kents Hauptwerke sind bis heute neben Hahnemanns Schriften für viele Homöopathen maßgeblich; am verbreitetsten ist sein Repertorium. Mit der Jahrhundertwende kam es zu einem Niedergang der Homöopathie in den USA. Seit den 1970er Jahren ist wieder ein Aufschwung zu beobachten. Die Zahl der in den USA praktizierenden Homöopathen stieg von weniger als 200 in den 1970ern auf etwa 3000 im Jahr 1996.

Diese Renaissance fand sich auch in anderen Ländern. Sie ist mitgeprägt durch den Einfluss charismatischer Persönlichkeiten, vor allem durch Georgos Vithoulkas. Vithoulkas, 1932 in Athen geboren, arbeitete ursprünglich als Ingenieur in Südafrika und kam dort mit der Homöopathie in Berührung. 1966 wurde er am Indian Institute of Homeopathy approbiert. 1967 begann er mit der Ausbildung griechischer Ärzte in Athen. Seine 1970 gegründete Athenian School of Homeopathic Medicine wurde zu einer Keimzelle der Homöopathie-Renaissance. 1996 wurde ihm der Alternative Nobelpreis verliehen. Auch in Deutschland gewann Vithoulkas eine große Anhängerschaft.

Ein zweites international bekanntes Zentrum der Homöopathie wurde Indien. Dort war sie schon während der Kolonialzeit in der ersten Hälfte des 19. Jahrhunderts von europäischen Medizinern eingeführt worden. Behandlungen erfolgten hier auch im Bereich der Bekämpfung von Seuchen, wie asiatische Cholera und häufig wiederkehrenden Pestwellen. Bald interessierten sich auch einheimische Ärzte und Laienheiler für die Homöopathie, da sich deren medizinische Konzepte mit der indischen Heiltradition und den Methoden der modernen westlichen Medizin verbinden ließen. Seit 1973 ist die Homöopathie voll staatlich anerkannt. In Indien arbeiten ca. 300.000 qualifizierte Homöopathen; es gibt 180 Colleges, 7.500 government clinics und 307 Krankenhäuser.

In Frankreich werden homöopathische Medikamente von ungefähr einem Drittel der Hausärzte angewandt. Da das französische staatliche Gesundheitssystem die Homöopathie 1965 anerkannt hat, werden die Kosten der Medikamente und der Behandlung erstattet.

In Großbritannien praktizieren homöopathische Ärzte seit den 1830er Jahren. An der Faculty of Homoeopathy kann nach einer dreijährigen Ausbildung ein staatlich anerkanntes Examen abgelegt werden. Seit 1950 werden die Kosten einer homöopathischen Behandlung vom staatlichen Gesundheitswesen getragen. Das relativ hohe gesellschaftliche Prestige der Homöopathie wird dadurch unterstützt, dass die englische Königsfamilie öffentlich für diese Therapieform eintritt.

In Brasilien hat die Homöopathie eine lange Tradition. In Rio de Janeiro wurde bereits 1843 ein homöopathisches Ausbildungsinstitut gegründet. Seit 1980 ist die Homöopathie staatlich anerkannt und an den Universitäten vertreten. Sie spielt auch in den medizinisch unterversorgten Regionen des Landes eine wachsende Rolle.

Richtungen in der Homöopathie

Homöopathie ist keine einheitliche Lehre. Es gibt verschiedene Richtungen, die sich teilweise gegenseitig bekämpfen. Auch können Heilpraktiker oder Schulmediziner, die Homöopathie anwenden, nicht generell einer Richtung zugeordnet werden. Die folgende Aufzählung deutet nur das große Spektrum an: Klassische Homöopathie, genuine Homöopathie, Bönninghausen-Methode, Boger-Methode, miasmatische Homöopathie, wissenschaftliche Homöopathie, naturwissenschaftlich-kritische Richtung, prozessorientierte und kreative Homöopathie, Impuls-Homöopathie, Resonanzhomöopathie, Seghal-Methode, Herscue-Methode, central delusion, C4-Homöopathie, quantenlogische Homöopathie usw.

Klassische Homöopathie

Der Begriff „Klassische Homöopathie“ entstand aus der Not, sich vom großen Spektrum der als „homöopathisch“ bezeichneten Heilmethoden abzugrenzen. Grundlagen der Klassischen Homöopathie sind die Lehre Hahnemanns und die sich daran orientierenden Weiterentwicklungen der Heilmethode (zum Beispiel durch Bönninghausen, Hering, Kent u. a.). Im Gegensatz zu vielen anderen Richtungen der Homöopathie wird in der Klassischen Homöopathie immer nur ein Mittel auf einmal verabreicht, meistens in einer mittleren oder hohen Potenz. Arzneimittel werden nach gründlicher Anamnese grundsätzlich nach dem individuellen Symptombild des Kranken ausgewählt.

Klassische Homöopathen behandeln sowohl akute Krankheiten als auch chronische Leiden (konstitutionelle Behandlung).

„Wissenschaftlich-Kritische“ Homöopathie

Die sogenannte „wissenschaftlich-kritische“ Homöopathie ist eine Richtung der Homöopathie, die auf der Grundlage der schulmedizinischen Lehre homöopathische Arzneimittel als Ergänzung zu anderen Therapieformen einsetzt. Häufig werden niedrige Potenzen bis D12 verwendet, in denen noch ein chemisch nachweisbarer Rest der Arzneisubstanz vorhanden ist. Arzneimittel werden außerdem nicht nach dem oft sehr komplexen gesamten Symptombild des Kranken, sondern nach Pathologie (Krankheit) verordnet. Das erleichtert besonders die Findung des passenden Arzneimittels, weil zum Beispiel für eine Erkältungskrankheit nur noch aus einer Liste von wenigen Mittel ausgewählt werden muss. Beliebt ist auch die Verwendung von „Komplexmitteln“, d. h. einer Vermengung von verschiedenen Mitteln, die für eine bestimmte Krankheit zusammengestellt wird.

Die Therapie mit Komplexmitteln widerspricht jedoch grundlegend dem Wesen der ursprünglichen Homöopathie; Hahnemann selbst schreibt in seinem Organon:

„§ 273: In keinem Fall von Heilung ist es nöthig und deßhalb allein schon unzulässig, mehr als eine einzige, einfache Arzneisubstanz auf einmal beim Kranken anzuwenden. Es ist nicht einzusehen, wie es nur dem mindesten Zweifel unterworfen sein könne, ob es naturgemäßer und vernünftiger sey, nur einen einzelnen, einfachen, wohl gekannten Arzneistoff auf einmal in einer Krankheit zu verordnen, oder ein Gemisch von mehreren, verschiednen. In der einzig wahren und einfachen, der einzig naturgemäßen Heilkunst, in der Homöopathie, ist es durchaus unerlaubt, dem Kranken zwei verschiedne Arzneisubstanzen auf einmal einzugeben.“

Laienhomöopathie

Zur Ausbreitung der Homöopathie haben nicht nur Ärzte beigetragen, sondern auch Patienten und Laienbehandler. Im 19. Jahrhundert gewann die Homöopathie besonders in Kreisen des Adels und bei gebildeten Bürgern Anhänger und Multiplikatoren. Auch stand die Homöopathie von Anfang an der Religion nahe. Viele der ersten Homöopathen waren Pfarrerssöhne oder Theologiestudenten. In Frankreich trat der Klerus offen für Hahnemanns Lehre ein. Viele auf dem Land lebende Pfarrer praktizierten Homöopathie, ganz besonders in Österreich. Aber auch Gutsbesitzer, Kaufleute und andere waren an der Verbreitung der Homöopathie beteiligt. Gefördert wurde diese Entwicklung durch die sogenannte homöopathische Hausarztliteratur, die seit Ende der 1820er Jahre erschien. In ihr wurde die Behandlung häufiger Krankheiten mit einfachen Mitteln geschildert. Daneben gab es ab etwa 1830 Zeitschriften, die sich vor allem an Laien richteten. In diese Zeit fallen auch die ersten homöopathischen Vereinsgründungen.

Laienvereine

Die deutschen homöopathischen Laienvereine sind ein weltweit einmaliges Phänomen. Zwischen 1870 und 1933 wurden 444 solcher Vereine gegründet, vor allem in Württemberg, Sachsen, Preußen und Baden. 1914 waren zwei Prozent der württembergischen Bevölkerung Mitglied in einem homöopathischen Verein. Die Vereine boten neben Geselligkeit und Freizeitgestaltung vor allem Zugang zu homöopathischem Wissen und Behandlung in Form von Selbsthilfe. Sie schafften homöopathische Hausarztliteratur an und machten diese ihren Mitgliedern zugänglich. Herzstücke der Vereine waren die homöopathischen Vereinsapotheken mit teilweise großen Vorräten homöopathischer Arzneien (fast immer in tiefen D-Potenzen). Vereinsmitglieder durften sich kostenlos (abgesehen vom Mitgliedsbeitrag) die gewünschten Arzneien herausgeben lassen. Diese Praxis war jedoch von Beginn an juristisch umstrittten und wurde schließlich untersagt.

In der „Krise der Medizin“ in den 1920er Jahren fanden Naturheilkunde, Lebensreformbewegung und alternative Heilverfahren verstärkt Zulauf. Die naturheilkundlichen und homöopathischen Laienverbände gewannen viele Anhänger auch unter Arbeitern und Kleinbürgern. Der Dachverband Reichsbund für Homöopathie und Gesundheitspflege umfasste im Jahr 1930 348 Vereine mit 38.200 Mitgliedern. Der Nationalsozialismus griff mit der „Neuen Deutschen Heilkunde“ diese sich zu einer Massenbewegung entwickelnde Tendenz auf und vereinnahmte sie für seine Ziele. Die homöopathischen Laienvereine wurden davon zunächst mit erfasst. Im Laufe der Zeit nahm ihre Aktivität aber deutlich ab; am Ende des „Dritten Reiches“ war das homöopathische Laienwesen weitgehend zerstört. Nach dem Zweiten Weltkrieg wurden zwar einige Vereine wiedergegründet, erreichten aber nicht annähernd die frühere Bedeutung.

Seit Mitte der 1970er Jahre erlebt die Homöopathie mit der Zunahme der Beliebtheit alternativer Heilmethoden aber auch bei Laien wieder einen Aufschwung. Homöopathische Arzneimittel sind (bis auf Ausnahmen) nicht rezeptpflichtig und können frei in der Apotheke bezogen werden. Der Vorteil der Homöopathie wird besonders darin gesehen, dass geglaubt wird, homöopathische Arzneimittel seien völlig ungefährlich, da sie chemisch gesehen nur minimale Anteile der Arzneisubstanz enthalten. Vor allem Klassische Homöopathen warnen aber vor der Behandlung von mehr als nur harmlosen Erkrankungen durch Laien. Sie weisen darauf hin, dass ein Mittel nicht schon deshalb als „homöopathisch“ zu bezeichnen ist, weil es durch Potenzieren hergestellt wurde, sondern nur, wenn es mit seinen typischen Symptomen zu den Symptomen des Patienten passt. Sonst können auch Homöopathika eine allopathische Wirkung haben.

Homöopathie in der Veterinärmedizin

Die Homöopathie hat in der Tierheilkunde eine fast ebenso lange Tradition wie in der Humanmedizin. Die erste Veröffentlichung (Vorschläge zur zweckmäßigen Behandlung kranker Tiere) stammt aus dem Jahr 1815. Von Samuel Hahnemann selbst ist ein handgeschriebenes Redemanuskript über die Homöopathische Heilkunde der Hausthiere überliefert. Darin vertritt Hahnemann den Standpunkt, dass „… Thiere … mit einem Worte durch die homöopathische Heilart wenigstens ebenso sicher und gewiß, als die Menschen zu heilen (sind)“.

Gustav Wilhelm Groß (1794–1847), Arzt und Mitbegründer der Allgemeinen Homöopathischen Zeitung, veröffentlichte im Jahre 1830 einen Aufsatz, in dem er feststellt, Tierheilungen auf homöopathischem Wege wären der beste Beweis, dass die Wirkung der Homöopathie nicht auf Suggestion beruhe.

Einzelne Autoren bezweifeln jedoch besonders im Hinblick auf die tierartspezifischen Unterschiede eine Übertragbarkeit der „Arzneimittelbilder“ vom Menschen auf das Tier und fordern vor der Anwendung homöopathischer Arzneimittel die Durchführung von Arzneimittelprüfungen am Tier.

Im 19. Jahrhundert war es den Tierärzten nicht überall erlaubt, Tiere homöopathisch zu behandeln. Ende des Jahrhunderts ließ das Interesse an der Tierhomöopathie nach und setzte erst in den 1920er Jahren wieder ein. Neben Haustieren werden auch Nutztiere homöopathisch behandelt.

In Deutschland, in den USA, in Brasilien und in der Slowakei gibt es spezielle Homöopathieschulen für Tierärzte. In Frankreich werden Homöopathieausbildungen in staatlichen tierärztlichen Hochschulen sowie in den Landwirtschaftskammern und Fachbereichen der biologischen Viehhaltung angeboten. Außerdem gibt es mehrere Privatschulen, die Homöopathieausbildungen für Tierärzte anbieten. In Österreich wird an der Veterinärmedizinischen Universität Wien eine Vorlesung zum Thema „Homöopathie für Nutztiere“ gehalten. Darüber hinaus gibt es in Österreich seit einiger Zeit Fachtierärzte für Homöopathie.

Anwendung

Wahl des Mittels

Grundlage für die Wahl des Mittels ist einerseits die Kenntnis der Wirkungen und Symptome, die eine Arznei bei einem gesunden Menschen auslösen kann. Um diese Kenntnisse zu erlangen, werden Arzneimittelprüfungen durchgeführt. Andererseits beruht die Mittelwahl auf einer homöopathischen Anamnese des Patienten, d.h. einer Beobachtung und Befragung, in der das gesamte Symptombild und die Art der „Verstimmung der Lebenskraft“ erfasst wird (Repetorisierung). Im Unterschied zur Anamnese der naturwissenschaftlichen Medizin wird in der homöopathischen Anamnese der Patient über eine Vielzahl von Sachverhalten befragt, die aus naturwissenschaftlicher Sicht unerheblich sind. Ziel ist es, dasjenige Mittel herauszufinden, bei welchem die beim gesunden Menschen beobachteten Symptome möglichst mit denen übereinstimmen, die bei der Anamnese des Kranken erfasst wurden.

Als Hilfsmittel zur Wahl des Mittels dienen Arzneimittellehren und Repertorien. In Arzneimittellehren werden die Mittel mit allen bei der Arzneimittelprüfung beobachteten Symptomen beschrieben. Repertorien sind nach Symptomen hierarchisch gegliedert. Hier werden zu jedem Symptom alle Mittel genannt, bei denen das Symptom beobachtet wurde. Die sogenannte Wertigkeit eines Mittels (1-wertig bis 4-wertig) gibt einen Hinweis darauf, wie bewährt das Mittel bei der Heilung dieses Symptoms ist. Eine hohe Wertigkeit im Repertorium erhält ein Mittel nur, wenn es einerseits bei der Arzneimittelprüfung bei einer hohen Zahl von gesunden Probanden dieses Symptom hervorrief und wenn es andererseits auch viele Berichte erfolgreicher Heilung von Fällen mit diesem Symptom gibt.

Eine klare statistische Definition für die „hohe Anzahl“ gibt es nicht. Deshalb werden in modernen Repertorien auch Kennzeichnungen für bewährte Mittel geführt, die auf die Erfahrung einzelner Homöopathen mit hohem Ansehen zurückgehen. Die so genannten Künzli-Punkte werden zum Beispiel von vielen Autoren zitiert. Dadurch wird die empirische Belastbarkeit verwässert. Statt eine Wertigkeit zu erhalten, die auf einer Kombination von vielen Arzneimittelprüfungen und vielen Behandlungsverläufen beruht, wird die Aussage in die Nähe von Einzelfallkenntnissen gerückt (en:anecdotal evidence).

Dosierung

Potenzierte Mittel gibt es in Form von alkoholischen Lösungen, Tabletten und Globuli (mit homöopathischer Lösung imprägnierte Kügelchen aus Zucker). Bei der Einnahme von Lösungen sollte nach Empfehlung von manchen Homöopathen auf die Verwendung eines metallenen Löffels verzichtet werden, da dieser die vermeintlichen „Erinnerungseigenschaften“ der Flüssigkeit beeinflussen könne. Statt dessen kann ein Löffel aus Holz oder Plastik verwendet werden. Auch nahm Hahnemann an, dass der Genuss oder Geruch verschiedener Substanzen die Wirkung einiger homöopathischer Mittel beinträchtigen könne (Hahnemann: Organon §§ 259 ff.)

Homöopathische Mittel sind unter die Zunge zu träufeln bzw. unter der Zunge aufzulösen und ca. eine Minute im Mund zu belassen, um die Resorption über die Mundschleimhaut zu verbessern. Das beste Ergebnis soll erreicht werden können, wenn die homöopathischen Arzneimittel sofort nach Auftreten der ersten Symptome eingenommen werden.

Homöopathische Hochpotenzen sollen besonders wirksam sein, weshalb von Seiten der Homöopathen gefordert wird, dass diese immer durch einen versierten Homöopathen verordnet werden und der Verlauf beobachtet wird.

Gegenanzeigen

  • Alkoholismus (bei Einnahme der alkoholischen Lösung)
  • Allergien gegen einen der Inhaltsstoffe (bei niedriger Potenzierung) bzw. den Trägerstoff (zum Beispiel Lactose)
  • in Schwangerschaft und Stillzeit sowie bei Kindern nur in Absprache mit dem Arzt einnehmen

„Homöopathische Verschlimmerung“ / Nebenwirkungen

Als Nebenwirkung wird von Homöopathen die so genannte homöopathische Verschlimmerung (auch Erstverschlimmerung) erwähnt: eine vorübergehende Verstärkung der Symptome. Ob diese tatsächlich existieren, ist nicht dokumentiert.

Bei niedrigen Potenzstufen (bis etwa D6) kann eine reguläre unerwünschte Arzneimittelwirkung auftreten, weil im Arzneimittel noch nennenswerte Stoffmengen enthalten sind. So können z. B. durch die Anwendung von Mercurius (Quecksilber), Arsenicum (Arsen) oder Nux vomica (Brechnuss), einer Pflanze, die Strychnin-Alkaloide enthält, Vergiftungen hervorgerufen werden.

Kritik an der Homöopathie

Bis heute existiert weder ein formaler, reproduzierbarer Nachweis noch eine akzeptable naturwissenschaftliche Begründung für eine Wirksamkeit der Homöopathie, die über den Placeboeffekt hinausgeht. Sie wird deshalb von dem Großteil der wissenschaftlichen Medizin als wirkungslose, in einigen Fällen sogar gefährliche Behandlung abgelehnt. Siehe dazu den Abschnitt Gefahren der Homöopathie.

Hahnemann gründete vor 200 Jahren seine Homöopathie auf zwei Grundsätze. Zum einen sollen Krankheiten durch Medikamente behandelt werden, welche ähnliche Symptome hervorrufen wie die Krankheit selbst. Sein Selbstversuch mit Chinarinde gilt als nutzlos, da er nicht reproduzierbar ist. Hahnemann zeigte möglicherweise eine allergische Reaktion auf die Chinarinde. Der Ansatz der Homöopathie beruht somit auf einem Irrtum und dessen dogmatisch-naiver Generalisierung. Zum anderen werden homöopathische Medikamente in verdünnter („potenzierter“) Form verwendet. Dieser Ansatz ist nach heutigen medizinischen und physikalischen Erkenntnissen unbrauchbar bzw. stützt sich auf den Glauben, dass unbekannte Vorgänge den jeweiligen Stoff beim Potenzieren zum Medikament machen. Für die Existenz dieser Vorgänge gibt es keine Hinweise.

Kein belastbarer Nachweis der Wirksamkeit

In etwa 100 unabhängigen Studien konnten keine Nachweise für eine Wirksamkeit erbracht werden.

Die Heilerfolge der Homöopathie sind vergleichbar mit denen anderer „alternativer“ Therapien (zum Beispiel „Traditionelle Chinesische Medizin“) und bewegen sich im Rahmen der Gesundungsraten einer Placebo-Behandlung. Dieser seitens der Homöopathie oftmals unbewusst angewandte Placebo-Effekt ist eine in der Medizin gut dokumentierte und nachgewiesene psychische Komponente, die bei fast allen medizinischen Behandlungen eine Rolle spielt. Deshalb wird das Augenmerk der Medizin auch zunehmend auf diese Effekte gelenkt, etwa auf eine partnerschaftlichere Arzt-Patienten-Beziehung („Compliance“).

Trotz der deutlichen Beweise bestehen viele Befürworter der Homöopathie darauf, dass eine homöopathische Behandlung über den Placebo-Effekt hinaus wirkt. Oftmals werden dabei jedoch Einzelfälle oder Selbsttests angegeben, die wissenschaftlich keine Relevanz besitzen, da eine Doppelblindstudie mit einer Kontrollgruppe, die Placebos erhält, notwendig wäre. Um festzustellen, ob zwischen einem homöopathischen Wirkstoff und einem Placebo ein nennenswerter Unterschied besteht, benützen Statistiker zum Beispiel den Vierfeldertest.

Auch können respektable Erfolge, die der Homöopathie auch von unabhängigen Studien nachgesagt wurden, nach strengen wissenschaftlichen Anforderungen mit methodischen Schwächen und anderen verzerrenden Einflüssen erklärt werden, wie eine aktuelle Metaanalyse zur Wirksamkeit homöopathischer Behandlungen betont, die im August-Heft der renommierten Medizinzeitschrift The Lancet (2005) dokumentiert ist. Eine schweizerisch-britische Forschergruppe hatte insgesamt 220 Studien in Bezug auf den Behandlungserfolg verschiedenster Erkrankungen mit homöopathischen oder schulmedizinischen Methoden ausgewertet. Hier ergab sich ein vergleichsweise schlechteres Abschneiden der Homöopathie, deren vereinzelte Erfolge mit dem Placebo-Effekt erklärt werden. Auch bestätigte die breitangelegte Metauntersuchung die Vermutung, dass Studien mit wenigen Teilnehmern eher nichtvorhandene Wirkungen vorspiegeln als umfangreiche Untersuchungen. Diese Bestätigung der Wirkung von Placebo-Effekten lenkt jedoch das wissenschaftliche Interesse auf die Wirksamkeit „subjektiver“ Heilung. Neuere Untersuchungen scheinen zu belegen, dass die Placebo-Heilung nicht mit bloßer Einbildung zu erklären ist, sondern substantielle, biochemisch fassbare Wirkungen auf das Zentralnervensystem nachzuweisen sind. Diese Effekte gezielt zur Behandlung zu nutzen, erscheint als lohnende Strategie. Auch gilt als Vorteil der alternativen Heilmethoden, dass ein spezielles Vertrauensklima zwischen Therapeut und Patient aufgebaut würde, der Heilerfolge begünstigen kann. Die Zeitschrift Lancet beurteilt die Ergebnisse zusammenfassend: „Ärzte müssen jetzt mutig und ehrlich sein – mit ihren Patienten in Bezug auf die fehlende Wirkung von Homöopathie als auch mit sich selbst bezüglich des Versagens der modernen Medizin, die Bedürfnisse der Patienten nach eine persönlich ausgerichteten Versorgung zu erfüllen.“

Aufgrund des fehlenden Nachweises der medizinischen Wirksamkeit halten viele Anhänger der Homöopathie die wissenschaftlichen Methoden für nicht ausreichend um die Wirksamkeit nachzuweisen. Da es aber keine andere wissenschaftliche Methode gibt, werden Methoden der Pseudo- oder Parawissenschaft oder der Esoterik herangezogen. Damit wird jedoch das Argument, dass Homöopathie wissenschaftlich sei, aufgegeben. Ein in diesem Zusammenhang oft verwendeter Satz lautet: „Wer heilt, hat Recht“. Diese Betrachtungsweise gibt aber eben keinen Aufschluss darüber, inwieweit Placebo-Effekte oder etwa auch Spontanheilungs-Effekte wirken, die bei allen Behandlungsformen vorkommen. Auch kann der Rechtfertigungsdruck, der auf alternativen Methoden seitens der Wissenschaft lastet, dazu verführen, hauptsächlich Erfolgsgeschichten zirkulieren zu lassen.

Aus Sicht der heutigen naturwissenschaftlichen Medizin ist die Bewertung der Ergebnisse von Arzneimittelprüfungen problematisch, unter anderem, weil die angewendete Dosis bzw. Potenz oft nicht dokumentiert ist und die meisten Prüfungsberichte aus dem 19. Jahrhundert stammen und nicht blind durchgeführt worden sind. Die Arzneimittelprüfungen in der Homöopathie sind also nicht mit den modernen Wirksamkeitsprüfungen in der naturwissenschaftlichen Medizin vergleichbar. Eine wissenschaftlich saubere Prüfung von Pulsatilla 3X ist 1978 von Anne Clover durchgeführt worden, mit dem Ergebnis, dass die beobachteten Placebo-Symptome so stark waren, dass echte Symptome nicht festgestellt werden konnten (siehe Provings in [1]).

Kein plausibler Ansatz eines Mechanismus

Obwohl Hahnemann es hätte wissen können – da zu seiner Zeit schon das Dalton’sche Atommodell als gängige Lehrmeinung eine unendliche Teilbarkeit einer Stoffmenge verbot – ist es heute unbestritten, dass größere Verdünnungen als etwa 1:1024 – was einer Potenzierung von D24 oder C12 entspricht – statistisch gesehen kaum ein einziges Molekül der Ausgangssubstanz enthalten; siehe Potenzieren. Das entspricht ungefähr dem Auflösen einer Kopfschmerztablette im Atlantik. Da die Herstellung der homöopathischen Arzneien üblicherweise nicht in einem Reinraum (keim- und staubgefilterter Arbeitsplatz) durchgeführt wird, muss angenommen werden, dass im Verdünnungsprozess (Öffnen des Mischgefäßes und Zugabe von Verdünnungslösung) die Konzentration der Wirksubstanz zwar abnimmt, aus der Luft aber Verunreinigungen hinzukommen. Dies bewirkt, dass schließlich in den hochpotenzierten Präparaten außer der Trägersubstanz (Wasser, Ethanol oder Milchzucker) nur die Verunreinigung der Trägersubstanzen (alle drei enthalten metallische Verunreinigungen) und die Verunreinigungen aus der Umgebung enthalten sind. Auch die besten Filtrierverfahren lassen manchmal mehr Reststoffe im Wasser zurück, als sich homöopathische Wirkstoffe darin befinden. Somit kann eine Stoff-Wirkungsrelation nicht vernünftig untersucht werden.

Seitens der Homöopathen gibt es Spekulationen, dass eine Wirkung durch Information ermöglicht wird, die nicht molekular gespeichert und übertragen wird (der Franzose Jacques Benveniste hat auf diesem Gebiet geforscht). Wirkstoffe sollen beispielsweise „Abdrücke“ in Wasserclustern hinterlassen, die dann an andere Wassercluster weitergegeben werden. Für diese Theorien gibt es jedoch keine Grundlage. Angenommen, diese Informationsspeicherung würde funktionieren, dann stellt sich sofort die Frage, wie lange eine solche Speicherung erhalten bleibt. Sind diese Cluster stabil, dann muss das Wasser vor der Verwendung gereinigt werden, denn sonst enthält es noch alte Information. Falls sie nicht stabil sind, würde eine homöopathische Arznei schnell unwirksam. Was mit diesen spekulativen Speicherclustern nach der Einnahme durch den Patienten geschieht, bleibt dann aber der reinen Phantasie überlassen. Der Clusteransatz kann jedenfalls die Wirkung homöopathischer Mittel in ungelöster Form (Globuli) nicht erklären und bleibt als generelle Erklärung unzureichend. Wer eine Wirksamkeit homöopathischer Präparate annimmt, akzeptiert damit implizit, dass das naturwissenschaftliche Weltbild, wie es in den Schulen vermittelt wird, falsch oder grob unvollständig ist.

Die homöopathische Medikation nach dem „Ähnlichkeitsprinzip“ ist zudem nicht nachvollziehbar, da sie ausschließlich auf den äußerlich sichtbaren Symptomen des Patienten beruht und keine wissenschaftlichen Untersuchungen wie etwa Röntgenbilder, Ultraschall und Gewebeproben herangezogen werden. So müssen bei konsequenter Durchführung beispielsweise allergisch, bakteriell oder viral hervorgerufene Erkrankungen gleich behandelt werden, wenn sie dieselben Symptome zeigen.

Des weiteren beruht die Medikamentenwahl ausschließlich auf der subjektiven Einschätzung des Homöopathen, ob Dinge äußerlich ähnlich sind oder nicht. Der Rorschachtest beispielsweise zeigt aber, wie unterschiedlich Wahrnehmungen interpretiert werden können und wie diese Interpretationen von Erfahrung und Fantasie abhängig sind. Es muss somit erwartet werden, dass die Behandlung einer Krankheit je nach Biographie des Homöopathen unterschiedlich ausfällt. Eine richtige homöopathische Behandlung gibt es nicht, da es keine einheitliche Vorstellung von Ähnlichkeit gibt.

Interne Widersprüche

An einigen Stellen sehen Kritiker auch Widersprüche in der homöopathischen Theorie und Praxis. So ist fraglich, warum nur die gewünschten Eigenschaften eines jeweiligen Stoffes durch eine „Potenzierung“ ihre Wirkung verstärken und nicht auch die unerwünschten Nebenwirkungen bzw. die Wirkungen und Nebenwirkungen all der anderen Spurenelemente, Reststoffe etc., die sich außerdem noch im Alkohol/Wasser oder im Gefäß befunden haben.

Viele Homöopathen führen an, die Schulmedizin heile keine Krankheiten, sondern unterdrücke nur Symptome, während die Homöopathie die Ursache des Leidens bekämpfe. Nach Hahnemann kann man eine Krankheit aber nur durch ihre Symptome kennen, was sich in der Praxis der homöopathischen Anamnese und Verschreibung nach Symptombild widerspiegelt. Kritiker sehen in der Argumentation, dass das Verschwinden von Symptomen bei schulmedizinischer Behandlung als Unterdrückung, bei homöopathischer als Heilung gewertet wird, ein Messen mit zweierlei Maß.

An der Tierhomöopathie wird kritisiert, dass Arzneimittelprüfungen immer an Menschen ausgeführt werden. Es werde einfach angenommen, dass sie auf Tiere übertragbar sind. Klassische Homöopathen legen Wert darauf, dass die Symptome in der Sprache des Patienten beschrieben werden, und messen mentalen Symptomen ein besonderes Gewicht bei. Beides ist bei Tieren nicht möglich. Außerdem empfehlen viele Homöopathen ihren menschlichen Patienten, nicht zu essen oder trinken, wenn sie homöopathische Mittel einnehmen. Bei Tieren hingegen werden die Mittel üblicherweise dem Futter oder Trinkwasser beigemischt.

Gefahren der Homöopathie

Der Verzicht auf eine normale medizinische Versorgung, der im Regelfall im Zusammenhang einer Behandlung mit Scheinmedikamenten wie Homöopathika geübt wird, kann bei akuten Beschwerden lebensgefährlich sein, da der Einsatz einer wirksamen Therapie verzögert werden kann.

Da das verstärkte Auftreten der Symptome unter dem Begriff Erstverschlimmerung als Teil des Heilungsprozesses verstanden wird, können wichtige Behandlungen versäumt oder erst verspätet vorgenommen werden.

Viele Homöopathen lehnen Schutzimpfungen ganz oder teilweise ab. Wer sich aufgrund dessen nicht impfen lässt, geht das nicht zu unterschätzende Risiko gefährlicher Infektionskrankheiten ein. Gelegentlich werden von Homöopathen auch „homöopathische Impfungen“ (orale Gaben von Krankheitsprodukten, „Nosoden“, in Potenz) oder „homöopathische Malariaprophylaxe“ angeboten. Derartige Praktiken werden jedoch von den Dachverbänden (etwa dem Deutschen Zentralverein homöopathischer Ärzte) abgelehnt, weil sie prinzipiell keine Immunisierung bewirken können.

Da auch Gifte oder Schwermetelle wie Quecksilber in hochverdünnter Form verabreicht werden, können nach längerer Einnahme von Potenzen bis D12 Vergiftungserscheinungen auftreten.

Andere Kritikpunkte

Ein weiterer Kritikpunkt ist die Therapiedauer, die von den Therapeuten meist bei der Gabe der Mittel nicht genannt wird und die in manchen Fällen den Verdacht aufkommen lässt, dass die Therapie bei „Heilung“ einfach beendet wird, egal, ob die Besserung vorübergehend oder dauerhaft ist.

Die so genannte „Erstverschlimmerung“ ist für Homöopathen der Beweis, dass der Körper auf das Heilmittel anspricht. Der Schulmediziner hält diese „Verschlimmerung“ für einen Hinweis darauf, dass das Heilmittel eben nicht wirkt. Dem Homöopathen wird also vorgeworfen, dass er die Unwirksamkeit mit einem „schönen“ Wort wegdefiniert.

Homöopathen behaupten, die Wirkung eines potenzierten Arzneimittels könne durch allgemein schädigende Faktoren in der Lebensweise und durch Reiz- und Genussmittel ungünstig beeinflusst werden. Kritiker sehen darin eine Schutzbehauptung der Anwender für den Fall, dass sich die Beschwerden nicht bessern.

Zitate

„Schon im Jahre 1790 […] machte ich mit der Chinarinde den ersten reinen Versuch an mir selbst […], und mit diesem ersten Versuch ging mir zuerst die Morgenröthe zu der bis zum hellsten Tag sich aufklärenden Heillehre auf. Ich nahm des Versuches halber etliche Tage zweimahl täglich jedesmal vier Quentchen gute China ein; die Füse, die Fingerspitzen usw. wurden mir erst kalt, ich ward matt und schläfrig, mein Puls ward hart und geschwind; eine unleidliche Ängstlichkeit, ein Zittern (aber ohne Schaudern), eine Abgeschlagenheit durch alle Glieder; dann Klopfen im Kopfe, Röthe in Wangen, Durst, kurz alle mir sonst beim Wechselfieber gewöhnlichen Symptome erschienen nacheinander, doch ohne eigentlichen Fieberschauder. Mit kurzem: auch die mir bei Wechselfieber gewöhnlich besonders charakteristischen Symptomen, die Stumpfheit der Sinne, die Art von Steifigkeit in allen Gelenken, besonders aber die taube widrige Empfindung, welche in dem Periostium über allen Knochen des ganzen Körpers ihren Sitz zu haben scheint – alle erschienen. Dieser Paroxysm dauerte zwei bis drei Stunden jedesmahl, und erneuerte sich, wenn ich diese Gabe wiederholte, sonst nicht. Ich hörte auf und war gesund.“

Hahnemann: Originalbeschreibung

„Noch eindeutiger ist die Situation bei der Homöopathie. Für die gläubigen Anhänger dieser Therapieform existiert eine Art Bibel der reinen Lehre, nämlich Hahnemanns Organon. Hahnemann hat vor 200 Jahren ein in sich geschlossenes und von ihm selbst als definitiv erachtetes Lehrgebäude errichtet. Solche geschlossenen Systeme, so unsinnig sie auch sind, üben eine gewisse Faszination auf manche Menschen aus. So haben es die Vertreter dieser Lehre geschafft, dass in der Öffentlichkeit der Eindruck entstanden ist, hier sei eine ernsthafte Alternative zur Medizin zu finden, eine Auffassung die nicht selten auch von sonst kritischen und in anderen Bereichen vernünftigen Menschen geteilt wird. Weder der bekannte Ähnlichkeitssatz noch die Potenzierung durch extremes Verdünnen sind in irgendeiner Weise wissenschaftlich belegt. Erfolgsberichte über homöopathische Heilungen betreffen nie größere Patientengruppen mit bestimmten Krankheiten, sondern bestehen aus einzelnen Fallbeschreibungen. Fallbeschreibungen entziehen sich aber der Falsifikationsmöglichkeit, sie sind prinzipiell wahr.“

Johannes Köberling: Deutsche Gesellschaft für Innere Medizin, 1997, [2]

Verwandte Therapieformen

Literatur

Quellen

  • Samuel Hahnemann: Organon der Heilkunst. Narayana Verlag, Kandern 2004, ISBN 3-92-138380-3
  • Samuel Hahnemann: Reine Arzneimittellehre. 6 Bände. Karl F. Haug Fachbuchverlag, Stuttgart 1995, ISBN 3-83-040263-5
  • Samuel Hahnemann: Die chronischen Krankheiten. Ihre eigentümliche Natur und homöopathische Heilung. 5 Bände. Karl F. Haug Fachbuchverlag, Stuttgart 1995, ISBN 3-83-040264-3
  • Timothy Field Allen: The Encyclopedia of Pure Materia Medica, 10 Bände, Reprint, New Delhi 1995 (ursprünglich: 1874-1879)
  • Richard Hughes, Jabez P. Dake: A Cyclopedia of Drug Pathogenesy, 4 Bände, Reprint, New Delhi 1979 (ursprünglich: 1884-1891)

Sekundärliteratur

  • Martin Dinges (Hrsg): Weltgeschichte der Homöopathie: Länder, Schulen, Heilkundige, Beck, München 1996
  • Martin Dinges: Homöopathie: Patienten, Heilkundige, Institutionen; von den Anfängen bis heute, Haug, Heidelberg 1996
  • Sigrid Heinze (Hrsg.): Homöopathie 1796-1996: eine Heilkunde und ihre Geschichte. Katalog zur Ausstellung des Deutschen Hygiene-Museums Dresden vom 17. Mai bis 20. Oktober 1996, Berlin 1996
  • Robert Jütte: Samuel Hahnemann. Begründer der Homöopathie. dtv – Deutscher Taschenbuch Verlag, München 2005, ISBN 3-42-324447-X
  • Josef M. Schmidt: Taschenatlas Homöopathie in Wort und Bild. Grundlagen, Methodik, Geschichte, Haug, Heidelberg 2001
  • Martin Schmitz (Hrsg.): Strömungen der Homöopathie: Konzepte - Lehrer - Verbreitung, Forum Homöopathie, KVC Verlag Essen, 2. Auflage 2002
  • Rudolf Tischner: Geschichte der Homöopathie in vier Teilen, Leipzig 1932-1939, Faksimile-Nachdruck: Springer, Wien 1998
  • Rudolf Tischner: Das Werden der Homöopathie. Geschichte der Homöopathie vom Altertum bis zur neuesten Zeit, Neuauflage der Ausgabe von 1950. Sonntag, Stuttgart 2001
  • Matthias Wischner: Kleine Geschichte der Homöopathie, Forum Homöopathie, KVC Verlag Essen 2004, ISBN 3-933351-41-3

unterstützend

  • Peter Christian Endler: Expedition Homöopathieforschung. Ein altes Heilsystem wird plausibel. Verlag Wilhelm Maudrich, Wien – München – Berlin 1998, ISBN 3-85-175695-9
  • Walter Köster: Kranke Kinder homöopathisch heilen. rororo Verlag, ISBN 3-499-60151-6

kritisch

  • Wolfgang H. Hopff: Homöopathie kritisch betrachtet. Thieme, Stuttgart 1991, ISBN 3-13-765401-7
  • Otto Prokop: Homöopathie. Was leistet sie wirklich?. Ullstein Taschenbuch, Berlin 1995, ISBN 3-54-835521-8
  • Martin Lambeck: Irrt die Physik? Über alternative Medizin und Esoterik. Verlag CHBeck, München 2003, ISBN 3-40-649469-2
  • Michael Shermer, Lee Traynor: Heilungsversprechen. Alternativmedizin zwischen Versuch und Irrtum. Alibri Verlag Gunnar Schedel, Aschaffenburg 2004, ISBN 3-93-271086-X
  • Hans-Werner Lüdke: Homöopathie: Ein fruchtbarer, kein furchtbarer Irrtum. In: Deutsches Ärzteblatt. 100(3)/2003. Bundesärztekammer und Kassenärztliche Bundesvereinigung, S. A107–A109, ISSN 0012-1207 online: [3]

Wissenschaftliche Metastudien zur Wirksamkeit

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