„Pythagoreisches Tripel“ – Versionsunterschied
[ungesichtete Version] | [gesichtete Version] |
FranzR (Diskussion | Beiträge) K Änderungen von 88.117.31.131 (Diskussion) auf die letzte Version von 80.121.100.86 zurückgesetzt |
|||
Zeile 22: | Zeile 22: | ||
Die Formeln <ref>Diese Formeln werden auch ''indischen Formeln'' genannt, da sie explizit schon von dem indischen Mathematiker [[Brahmagupta]] (598 - 668) angegeben werden; vgl. {{Literatur| Autor= Scheid| Seiten=225}}</ref> |
Die Formeln <ref>Diese Formeln werden auch ''indischen Formeln'' genannt, da sie explizit schon von dem indischen Mathematiker [[Brahmagupta]] (598 - 668) angegeben werden; vgl. {{Literatur| Autor= Scheid| Seiten=225}}</ref> |
||
: <math> x = u^2-v^2, y = 2uv, z |
: <math> x = u^2-v^2, y = 2uv, z = u^2+v^2 \ </math> |
||
liefern für beliebige <math> u,v \in \N, u>v </math> |
liefern für beliebige <math> u,v \in \N, u>v </math> |
||
ein pythagoreisches Tripel. Es ist genau dann primitiv, wenn <math>u, v</math> [[Teilerfremdheit|teilerfremd]] sind und <math>u+v</math> ungerade ist. |
ein pythagoreisches Tripel. Es ist genau dann primitiv, wenn <math>u, v</math> [[Teilerfremdheit|teilerfremd]] sind und <math>u+v</math> ungerade ist. |
Version vom 23. November 2014, 12:51 Uhr


Die Spiegelung an der 45°-Achse veranschaulicht das Kommutativgesetz.

In der Zahlentheorie wird ein pythagoreisches Tripel oder pythagoreisches Zahlentripel von drei natürlichen Zahlen gebildet, die als Längen der Seiten eines rechtwinkeligen Dreiecks vorkommen können.
Sie finden sich bereits auf babylonischen Tontafeln, die in die Zeit der Hammurabi-Dynastie datiert werden (1829 bis 1530 v. Chr). Die Keilschrifttafel Plimpton 322 enthält 15 verschiedene pythagoreische Tripel,[1] u. a. , und , was darauf schließen lässt, dass bereits vor mehr als 3500 Jahren ein Verfahren zur Berechnung solcher Tripel bekannt gewesen sein muss.
Das indische Baudhayana-Sulbasutra aus dem 6. Jahrhundert vor Christus enthält fünf pythagoreische Tripel.[2]
Pythagoreische Tripel wurden auch von Diophant behandelt. Wegen des pythagoreischen Lehrsatzes sind sie genau die positiven ganzzahligen Lösungen der diophantischen Gleichung
- .
Wenn x, y und z keinen gemeinsamen Teiler haben, spricht man von einem primitiven pythagoreischen Tripel. Bei jedem primitiven Tripel ist z ungerade, und von den Zahlen x und y ist eine gerade und die andere ungerade.
Beispiele
- Das kleinste pythagoreische Tripel ist (3,4,5). Es ist primitiv. Es wird in der Zwölfknotenschnur zur Herstellung eines rechten Winkels benutzt.
- (5,12,13)
- (15,20,25) und (15,36,39) sind nicht primitiv.
Erzeugung der pythagoreischen Tripel
Die Formeln [3]
liefern für beliebige ein pythagoreisches Tripel. Es ist genau dann primitiv, wenn teilerfremd sind und ungerade ist.
Umgekehrt lässt sich jedes primitive Tripel mit Hilfe dieser Formeln aus teilerfremden erzeugen. Dieses Resultat taucht schon in Euklids Elementen auf.[4]
Jedes pythagoreische Tripel (X,Y,Z) kann aus einem primitiven Tripel (x,y,z) als (X = nx, Y = ny, Z = nz) mit einer ganzen Zahl n größer als null berechnet werden. Die natürliche Zahl n ist der größte gemeinsame Teiler von X, Y, Z und damit eindeutig bestimmt.
Beispiele:
- 2,1 liefert das Tripel (3,4,5)
- 3,1 liefert das Tripel (6,8,10), welches nicht primitiv ist, weil 3 und 1 beide ungerade sind. Es ist das mit 2 multiplizierte Tripel (3,4,5).
- 3,2 liefert das Tripel (5,12,13)
- Multiplikation mit 7 liefert (35,84,91)
Herleitung der Formel zur Bildung der pythagoreischen Tripel
Ist ein pythagoreisches Tripel, so ergibt die Division der zugehörigen Gleichung durch
Die Zahlen und sind rational und positiv und erfüllen die Koordinatengleichung des Einheitskreises
Also ist (x,y) ein Punkt mit rationalen Koordinaten auf dem Einheitskreis. Die Gerade durch die Punkte (-1,0) und (x,y) schneidet die y-Achse im Punkt (0,t). Für die Steigung dieser Gerade gilt
- ,
wobei t eine rationale Zahl ist und u, v teilerfremde natürliche Zahlen sind.
Setzt man diese Gleichung in die Gleichung des Einheitskreises ein, erhält man:
also
- .
Da die erste Lösung x=-1 wegen nicht interessiert, folgt:
Die Koordinaten (x,y) sind damit:
oder
Damit erhält man das pythagoreische Tripel:
Es kann vorkommen, dass , und einen gemeinsamen Teiler D besitzen. Aus würde beispielsweise
- folgen.
Als einzige Möglichkeit hierfür kommt jedoch D=2 in Betracht, denn, angenommen eine Primzahl teilte sowohl als auch , so gilt
- und ,
woraus man
schließen kann. Aufgrund der Teilerfremdheit von und ist , woraus sich ergeben würde, nicht möglich, und es bleibt zusammen mit als einzige Lösungsmöglichkeit.
Man kann solche , die teilerfremd und beide ungerade sind, jedoch aussortieren, ohne primitive pythagoreische Tripel zu verlieren, denn wenn und das Tripel ergeben, so ergeben und das Tripel , sind teilerfremd, und sie sind nicht beide ungerade.
Die ersten primitiven pythagoreischen Tripel
Nach diesen Regeln erhält man als primitive pythagoreische Tripel zum Beispiel (geordnet nach u+v):
u | v | x | y | z |
---|---|---|---|---|
2 | 1 | 3 | 4 | 5 |
4 | 1 | 15 | 8 | 17 |
3 | 2 | 5 | 12 | 13 |
6 | 1 | 35 | 12 | 37 |
5 | 2 | 21 | 20 | 29 |
4 | 3 | 7 | 24 | 25 |
8 | 1 | 63 | 16 | 65 |
7 | 2 | 45 | 28 | 53 |
5 | 4 | 9 | 40 | 41 |
10 | 1 | 99 | 20 | 101 |
9 | 2 | 77 | 36 | 85 |
8 | 3 | 55 | 48 | 73 |
7 | 4 | 33 | 56 | 65 |
6 | 5 | 11 | 60 | 61 |
Zwei Folgen von pythagoreischen Tripeln sind noch bemerkenswert:
- für v = u-1:
(3, 4, 5), (5, 12, 13), (7, 24, 25), (9, 40, 41), (11, 60, 61), (13, 84, 85),…, (2n+1, 2n²+2n, 2n²+2n+1),…
[5], also für jede ungerade Zahl 2n+1 (außer 1) ein Tripel, bei dem die Zahl 2n+1 die kleinste Zahl ist und sich die beiden anderen Zahlen um genau 1 unterscheiden: x = 2n+1; y, z = x²/2 ± ½. Dies hängt damit zusammen, dass gemäß der ersten binomischen Formel (m+1)²=m²+2m+1 ist und deshalb jede ungerade Zahl 2m+1 die Differenz zweier Quadratzahlen ist. Da das Quadrat einer ungeraden Zahl 2n+1 auch ungerade ist, gibt es zu jeder ungeraden Zahl 2n+1 ein pythagoreisches Tripel (2m+1 = (2n+1)²). - für v = 1 (und gerades u):
(3, 4, 5), (15, 8, 17), (35, 12, 37), (63, 16, 65), (99, 20, 101), (143, 24, 145),…, (4n²-1, 4n, 4n²+1),…
also für jede natürliche Zahl n ein Tripel, das die Zahl 4n enthält, und bei dem sich die beiden anderen Zahlen um genau 2 unterscheiden: x = 4n; y, z = x²/4 ± 1. Auch dieses ergibt sich aus der ersten binomischen Formel: (m+2)²=m²+4m+4. Jede durch 16 teilbare Quadratzahl lässt sich als 4m+4 schreiben, so dass zu jeder Zahl 4n ein pythagoreisches Tripel existiert (4m+4 = (4n)²).
Auch für jede gerade Zahl x größer als 2, die kein Vielfaches von 4 ist, kann man mit der ersten Folge ein pythagoreisches Tripel bilden (2n+1 = x/2) und die Zahlen dann verdoppeln. Somit kann man zu jeder natürlichen Zahl x, die größer als 2 ist, ein Zahlenpaar y, z finden, welches sich bei ungeradem x um 1, bei geradem x um 2 unterscheidet:
x | y | z |
---|---|---|
3 | 4 | 5 |
4* | 3 | 5 |
5 | 12 | 13 |
6* | 8 | 10 |
7 | 24 | 25 |
8 | 15 | 17 |
9 | 40 | 41 |
10* | 24 | 26 |
11 | 60 | 61 |
12 | 35 | 37 |
13 | 84 | 85 |
14* | 48 | 50 |
15 | 112 | 113 |
16 | 63 | 65 |
17 | 144 | 145 |
18* | 80 | 82 |
19 | 180 | 181 |
20 | 99 | 101 |
* nicht primitive Tripel. Die Fälle für x=4n+2 sind redundant, da sie eine Verdoppelung von x=2n+1 darstellen.
Zusammenhang mit den heronischen Dreiecken
Jedes zu einem pythagoreischen Tripel gehörige Dreieck ist ein heronisches Dreieck, das heißt sowohl die Seitenlängen als auch der Flächeninhalt sind rationale Zahlen. Jedes heronische Dreieck lässt sich in zwei rechtwinklige Dreiecke zerlegen, die durch pythagoreische Tripel aus rationalen Zahlen gegeben sind.
Die Fermatsche Gleichung
Eine Verallgemeinerung der pythagoreischen Tripel erhält man, wenn man den Exponenten 2 durch eine natürliche Zahl n ersetzt. Man untersucht also die diophantische Gleichung
und sucht nach Lösungen durch natürliche (oder ganze) Zahlen x,y,z unter Ausschluss der trivialen Lösungen, bei denen eine der drei Zahlen gleich Null ist.
Pierre de Fermat stellte um das Jahr 1637 die Behauptung auf, dass es keine derartigen Tripel gibt. Obwohl er keinen Beweis angab, wird diese Vermutung als großer Fermatscher Satz bezeichnet. Jahrhundertelang konnte kein Beweis gefunden werden. Die Suche danach führte aber zu vielen interessanten Ergebnissen, insbesondere in der Zahlentheorie. 1995 konnte der Mathematiker Andrew Wiles den Satz von Fermat schließlich beweisen.
Algorithmus
Ein möglicher Algorithmus in der Programmiersprache Haskell könnte folgendermaßen aussehen:
pythTripels n = [(k*x, k*y, k*z) | (x,y,z) <- primitives, k <- [1..n`div`z]] where
primitives = [(p^2-q^2, 2*p*q, p^2+q^2) | p <- takeWhile (\p -> p^2+1 <= n) [1..], q <- takeWhile (\q -> p^2+q^2 <= n) [1..p], odd (p+q) && gcd p q == 1]
Er erstellt für eine natürliche Zahl n alle möglichen Tripel, deren Hypotenuse n nicht überschreitet.
Weblinks
Literatur
- Peter Bundschuh: Einführung in die Zahlentheorie. 6., überarbeitete und aktualisierte Auflage. Springer-Verlag, Berlin [u.a.] 2008, ISBN 978-3-540-76490-8.
- Helmuth Gericke: Mathematik in Antike, Orient und Abendland. Matrix-Verlag, Wiesbaden 2005, ISBN 3-937715-71-1.
- Georges Ifrah: The Universal History of Computing. From Prehistory to the Invention of the Computer. Translated from the French by David Bellos, E. F. Harding, Sophie Wood, and Ian Monk. First published in France with the title "Histoire universelle des chiffres" by Editions Robert Laffont, Paris, in 1994. Harvill Press, London 1998, ISBN 1-86046-324-X.
- Harald Scheid: Zahlentheorie. 3. Auflage. Spektrum Akademischer Verlag, Heidelberg u. a. 2003, ISBN 3-8274-1365-6.
Einzelnachweise
- ↑ Ifrah: S. 151.
- ↑ Gericke: S. 68.
- ↑ Diese Formeln werden auch indischen Formeln genannt, da sie explizit schon von dem indischen Mathematiker Brahmagupta (598 - 668) angegeben werden; vgl. Scheid: S. 225.
- ↑ Scheid: S. 226.
- ↑ Die letztgenannte Formel nennt schon Pythagoras (etwa 570 - 510 v. Chr.); vgl. Scheid: S. 225.