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„Nahtoderfahrung“ – Versionsunterschied

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Dieser Artikel setzt sich kritisch mit den Erlebnissen von Pam Reynolds auseinander:
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* [[http://www.heise.de/tp/r4/artikel/21/21392/1.html]]
* [[http://www.heise.de/tp/r4/artikel/21/21392/1.html Grenzerfahrung auf dem Operationstisch]]


== Michael Schröter-Kunhardt zur Abneigung der Schulmediziner ==
== Michael Schröter-Kunhardt zur Abneigung der Schulmediziner ==

Version vom 18. Januar 2006, 01:00 Uhr

Der Flug zum Himmel (Hieronymus Bosch)

Unter einer Nahtod-Erfahrung (Todesnäheerfahrung, engl. near-death experience, near death experience, NDE) versteht man ein Phänomen, bei dem Menschen für begrenzte Zeit in die Situation des klinischen Todes gerieten – beispielsweise während einer Operation, eines Verkehrsunfalls oder beim beinahigen Ertrinken. Viele Betroffene berichten darüber in ähnlicher Weise. Diese Berichte wurden teilweise religiös gedeutet, können jedoch mittlerweile auch wissenschaftlich interpretiert werden. Nahetoderfahrungen sind Gegenstand von Untersuchungen im Rahmen der Transpersonalen Psychologie. In diesem Zusammenhang sei auch auf den nachgelagerten Diskurs zum Thema Reinkarnationstheorie und der damit im engen Zusammenhang stehenden Außerkörperlichen Erfahrung (engl. Out-of-the-body experience, abgekürzt OBE bzw. OOBE) verwiesen.

Was berichtet wurde

Menschen, die nach einer Phase des klinischen Todes reanimiert wurden, berichten vom Fortbestehen des Gefühls der eigenen Identität, einem Gefühl des umfassenden Begreifens und der universalen Erkenntnis oder der Gewissheit, Teil des Universums zu sein, mitunter auch von Wahrnehmungen wunderbarer Landschaften, einem veränderten Zeit- und Schweregefühl oder dem Eindruck rasender Geschwindigkeit, der Vision einer Grenze und zuletzt einer Phase der "Rückkehr" ins reale Leben.

Auch wird davon berichtet, dass man seinen Körper verlassen konnte, durch eine Art Tunnel einem hellen Licht entgegenschwebte, vormals nahestehenden Verstorbenen begegnete, wie in einem schnellen Film auf das ganze vergangene Leben zurückblickte und grenzenlose Liebe in Form einer Lichtgestalt erfuhr (je nach Religionszugehörigkeit identifiziert mit Christus, einem anderen Propheten, einem Energieball oder Gott verbunden).

Die Wahrnehmungen erfolgen optisch, akustisch und auch über den Tast-, Geruchs- und Geschmackssinn. Ein spezielles Phänomen ist auch die so genannte Lebensbilderschau bzw. das panoramatische Erlebnis, bei dem das Leben vor dem inneren Auge eines Sterbenden im Zeitraffer vorbeizuziehen scheint.

Interessant ist, dass das Alter, das Geschlecht, die berufliche Laufbahn des Einzelnen, sein kulturelles Umfeld oder seine Religion für die Nahtod-Erfahrungen eine Rolle zu spielen scheinen: So bewegen sich Menschen unterschiedlicher Kulturkreise auf verschiedene Weisen durch den Tunnel: Europäer schweben, New-Yorker werden in einem gelben Taxi gefahren und Inder reiten auf einer - bei ihnen heiligen - Kuh. Bei Überlebenden mit Nahtod-Erfahrungen löst das transzendente Erlebnis meist einschneidende Veränderungen ihres persönlichen Lebens aus, und niemand vermag ihnen die Überzeugung zu nehmen, dass das, was sie erlebt haben, real war. Besonders in den 80er Jahren entwickelte sich eine Art neue religiöse Bewegung, die glaubte, in den Nahtod-Erfahrungen einen Beweis für das Leben nach dem Tode gefunden zu haben.

Die Überlebenden mit Nahtoderfahrungen berichten häufig, dass diese Erfahrungen eine sehr lange Zeit – etwa mehrere Wochen – zu dauern geschienen haben.

Weniger bekannt ist, dass ein größerer Teil der klinisch Toten, die reanimiert werden konnten, gar keine Nahtodeserlebnisse hatte, oder aber dass diese Wahrnehmungen gar nicht positiv, sondern extrem negativ erlebt wurden und bei den Betroffenen Ängste hervorriefen.

Medizinische Deutung

Die Medizin deutet die Nahtod-Erfahrungen als bedingt durch absterbende Hirnzellen oder durch eine Veränderung in der Blutzufuhr des Gehirns während der Sterbephase. Die Erlebnisse werden als Halluzinationen gedeutet, die der Sauerstoffmangel im Gehirn des klinisch Toten hervorruft. Piloten und Astronauten, die hohen Beschleunigungen ausgesetzt gewesen sind und dabei für kurze Zeit ihr Bewusstsein verloren haben, berichten von ähnlichen "Wahrnehmungen". Auch unter LSD-Einfluss kommt es zu vergleichbaren Halluzinationen. Allerdings gibt es in der Medizin auch gegenteilige Meinungen. Sie berufen sich zum einen auf Messungen während Nahtoderfahrungen, die neben Sauerstoffmangel durchaus auch normale Werte oder sogar einen Überschuss aufweisen. Zum anderen ist es Schweizer Forschern gelungen, diese Erlebnisse künstlich herbeizuführen, während die Sauerstoffversorgung normal funktioniert.

Basierend auf einer repräsentativen Befragung von 4.000 Deutschen müssten knapp 5 Prozent aller Menschen in Deutschland Nahtoderfahrungen erlebt haben. Bereits im 5000 Jahre alten Gilgamesch-Epos wie auch im Tibetischen Totenbuch sind derlei Berichte nachzulesen, obwohl es damals noch keine Reanimationstechniken gab. Die weltweite "International Association for Near Death Studies" (IANDS) untersucht mit renommierten Wissenschaftlern verschiedenster Disziplinen Nahtoderfahrungen, von denen rund um den Globus berichtet wird. Der Repräsentant der deutschen Sektion, der Arzt, Neurologe und Psychiater Dr. Michael Schröter-Kunhardt, hält es für sehr wahrscheinlich, dass Nahtoderfahrungen auf ein mögliches Leben nach dem Tod hindeuten.

Nahtoderfahrungen von Hirntoten (Pam-Reynolds-Fall)

Immer wieder ist auch die Rede von Nahtoderfahrungen hirntoter Patienten. Erste stichhaltige Argumente hierfür lieferte ein Fall aus den USA von 1991. Während die Patientin Pam Reynolds einer schweren Gehirnoperation unterzogen wurde, zeigten mehrere Messinstrumente eindeutig, dass im Gehirn keinerlei Aktivität vor sich ging. Und obwohl die Augen der Patientin zugeklebt waren und die Ohren zwecks der Hirnstrommessungen zugestöpselt, konnte Reynolds hinterher detailgenau berichten, was sie etwa zwei Meter über dem OP-Tisch schwebend erlebt hatte. Sie konnte die Gespräche während der Operation wiedergeben und von den Eingriffen an ihrem Gehirn sehr genau berichten. Sollten die Fakten dieses Falls – der unter anderem von der BBC und der ARD auf Video dokumentiert wurde – tatsächlich so zutreffen, würde das weitgehend alle Argumente der Kritiker entkräften. Eine Existenz des Wesens müsste dann auch ohne Gehirn als denkbar erachtet werden.

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Michael Schröter-Kunhardt zur Abneigung der Schulmediziner

In einem Telepolis-Interview auf die Frage der unabhängigen Forschungsmittel und seine Reputation angesprochen sagt Dr. Schröter-Kunhardt: (Zitat): "Besonders von Schulmedizinern wird man schnell als Esoteriker abgestempelt – und noch mehr in der Psychiatrie, wo häufig alles, was religiös gefärbt ist, als krankhaft abqualifiziert wird. Einerseits fehlt es am Geld, andererseits hat die Wissenschaft geradezu Angst vor solchen Erfahrungen. Das Thema ist einfach zu heikel. Um ein Beispiel zu nennen: Der Heidelberger Ärzteschaft habe ich einmal diese Thematik als Fortbildung angeboten. Dabei wurde mir versichert, dass meine Offerte dem Vorstand unterbreitet werden würde. Doch gerade die psychotherapeutischen Mediziner lehnten dies mit dem Hinweis ab, dass das NDE-Phänomen letzten Endes reine Weltanschauung sei – was Bände gegen sie spricht. Aber auch in den Kliniken, in denen ich gearbeitet habe, wird das Thema grundsätzlich ignoriert. Es mangelt also sowohl an Geld als auch an wissenschaftlicher Förderung. Es gibt keine Kliniken, die dieses Phänomen ernsthaft untersuchen: Sterbeerfahrungen sind immer noch ein Tabu-Thema, obwohl diese einen geradezu sensationellen Erkenntnisgewinn versprechen."

Schröter-Kunhardt spricht in seiner Forschung durchaus von neuronalen Reizen, die real verarbeitet werden und widerspricht damit nicht der herrschenden Gegenargumentation. Seine Forschungsansätze integrieren die Argumente beider Seiten. Unabhängig von einer wirklichen Auseinandersetzung mit dem Thema wird in westlichen wissenschaftlichen Kreisen das Phänomen jedoch noch immer belächelt, und Forscher, die sich damit befassen, müssen mit der Streichung ihrer Forschungsetats rechnen. Dies erklärt vielleicht die Zurückhaltung mancher Menschen, darüber zu berichten, sowie die geringe Bereitschaft auf universitärer Ebene, an der wissenschaftlichen Forschung mitzuarbeiten.

Reaktion von Wissenschaftlern

Die Abneigung empirisch quantitativ arbeitender Wissenschaftler gegenüber dem Thema Nahtoderfahrungen hat verschiedene Gründe:

  1. Die subjektiven geschilderten Eindrücke sind praktisch nicht objektivierbar, somit eher unergiebig für quantitative Forschung.
  2. Der Psychologie, Neurologie und Psychiatrie (und anderen Fachgebieten) ist im Laufe ihrer Entwicklung immer bewusster geworden, wie leicht täuschbar das menschliche Gehirn ist und wie subjektiv eingefärbt alles Erleben ist, wobei weiterhin große Uneinigkeit über die Verfasstheit des "Bewusstseins" besteht.
  3. Als Tod gilt in der Biologie der unumkehrbar bleibende Zusammenbruch aller biologischen und neurologischen Funktionen. Das Weiterbestehen einer wie immer gearteten psychischen Funktion ohne funktionierendes Gehirn wird als unmöglich angesehen, da es allen bisherigen objektivierbaren Erfahrungen widerspricht.
  4. Das Thema wird von einigen Autoren dazu ausgenutzt, um mit zweifelhaften Buchveröffentlichungen und anderen medienwirksamen Auftritten viel Geld zu verdienen.

Positronen-Emissions-Tomographie

Da man mittels PET mittlerweile dem Gehirn – wenn auch nur sehr grob – beim Denken zuschauen kann, kann es vielleicht sein, dass über diesen Weg neue objektivierbare Erkenntnisse über das sterbende Gehirn gewonnen werden können. Ganz egal wie die Ergebnisse dieser Forschungen sein werden, der gesellschaftliche Nutzen hält sich in Grenzen und die dazu notwendigen Methoden wären ein Anlass langer Diskussionen über den Sinn und Nutzen und die ethische Berechtigung dieser Untersuchungen.

Herzschrittmacher

Interessant sind auch Erfahrungen von Patienten mit Herzschrittmachern. Sind diese Patienten völlig schrittmacherabhängig und haben keine eigene Herzaktion, kann man im Rahmen der Herzschrittmacherkontrolle einen circa 10 – 15 sekündigen Herzstillstand auslösen, ohne dass der Patient Schaden leidet. In dieser Phase kann man dann die auftretenden Körper- und Gehirnreaktionen messen. Allerdings sind dabei sehr schnelle Messmethoden notwendig und eine längere Ausdehnung des Herzstillstandes ist ethisch nicht zu rechtfertigen.

Es kommt in dieser Phase zu einem maximalen Adrenalinausstoß im Körper. Es wird dem Betroffenen sehr heiß, dann wird ihm schwarz vor Augen. Ein Helligkeitserlebnis und die typischen Nahtoderfahrungen werden nicht berichtet. Nach so einer Schrittmacherpause kann es durch das freigesetzte Adrenalin zu einem erhöhten Blutdruck kommen.

Literatur

  • Evelyn Elsaesser-Valarino, Erfahrungen an der Schwelle des Todes. Wissenschaftler äußern sich zur Nahtodeserfahrung., ISBN 3720518892
  • Werner Thiede, Die mit dem Tod spielen. Okkultismus – Reinkarnation – Sterbeforschung, ISBN 3579009753
  • Raymond A. Moody Leben nach dem Tod
  • Elisabeth Kübler-Ross Geborgen im Leben

Siehe auch