„Männlichkeitsforschung“ – Versionsunterschied
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'''Männerforschung''' ist eine [[interdisziplinäre Wissenschaft]], die sich mit dem Thema [[Mann]] und [[Männlichkeit]]en befasst. Dazu gehören [[sozialwissenschaften|sozialwissenschaftliche]], [[Erziehungswissenschaften|erziehungswissenschaftliche]], [[Psychologie|psychologische]] und [[Geschichte|historische]] Untersuchungen. Die Forschung findet analog zur [[Frauenforschung]] vor allem im Rahmen der [[Geschlechterforschung]] statt. Als eigenständige Disziplin konnte sie sich jedoch im deutschsprachigen Raum bislang nicht etablieren. |
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Version vom 4. Februar 2013, 15:44 Uhr
Männerforschung ist eine interdisziplinäre Wissenschaft, die sich mit dem Thema Mann und Männlichkeiten befasst. Dazu gehören sozialwissenschaftliche, erziehungswissenschaftliche, psychologische und historische Untersuchungen. Die Forschung findet analog zur Frauenforschung vor allem im Rahmen der Geschlechterforschung statt. Als eigenständige Disziplin konnte sie sich jedoch im deutschsprachigen Raum bislang nicht etablieren.
Kritische Männerforschung
Forschung ist aufgrund des systematischen Ausschlusses von Frauen aus den Universitäten bis in die Mitte des zwanzigsten Jahrhunderts hinein zumeist Forschung von Männern (Androzentrismus) gewesen, da eben nur Männer an ihr teilnehmen durften. In Abgrenzung zur männerdominierten Wissenschaft gab sich die in den 1980er Jahren entstehende Forschung über Männer und Männlichkeiten den Namen Kritische Männerforschung.
Die Kritische Männerforschung geht weitgehend von einem emanzipatorischen, teilweise auch von einem feministischen Ansatz aus. Das heißt sie hinterfragt bestehende Rollenbilder und teilt zentrale Konzepte, welche in feministischen Ansätzen der Geschlechterforschung begründet sind und entwickelt diese für ihre Zwecke weiter.
Innerhalb der Kritischen Männerforschung ist allerdings umstritten, in welchem Verhältnis sie zur feministischen Frauen- und Geschlechterforschung steht. In den Anfängen gab es prominente Stellungnahmen von profeministischen Männerforschern, welche eine Unter- oder Nachordnung von Männerforschung postulierten. Andere sahen und sehen Kritische Männerforschung als wichtige Ergänzung zur feministischen Frauenforschung, welche sich ggf. auch kritisch mit den Blinden Flecken auseinandersetzen müsse.
Prinzipien der Kritischen Männerforschung nach Jeff Hearn
Jeff Hearn entwickelte 1987 im Magazin der englischen Männerbewegung "Achilles Heel" fünf Prinzipien, die für eine zukünftige kritische Männerforschung Anwendung finden sollten:
- Männer sollten die Autonomie der Frauenforschung respektieren, was nicht heißen soll, umgekehrt eine Autonomie der Männerforschung einzufordern.
- Männerforschung soll Frauen und Männern offen stehen.
- Das vorrangige Ziel der Männerforschung ist die Entwicklung einer Kritik an männlicher Praxis, zumindest teilweise aus feministischer Sichtweise.
- Männerforschung ist interdisziplinär anzulegen.
- Männer, die Männerforschung betreiben, müssen ihre Praxis des Forschens, Lernens, Lehrens und Theoretisierens hinterfragen, um nicht die patriarchale Form eines desinteressierten Positivismus zu reproduzieren. Ziel sei eine Bewusstseinserweiterung der Männer.
1990 ergänzte Jeff Hearn zusammen mit David Morgan in „The critique of men“ diese Prinzipien noch um die Punkte, dass (heterosexuelle) Männer sich nicht um Forschungsgelder und Universitätsposten bewerben sollen, die für Geschlechterforschung ausgeschrieben wurden, und dass feministische Wissenschaft und Frauenforschung in der eigenen Forschung und in den Institutionen zu unterstützen sei.
Diese profeministischen Prinzipien wurden in den 1990er Jahren auch von Teilen der frühen deutschen Männerforschung übernommen, von anderen jedoch kritisch diskutiert.[1]
Kritische Männerforschung nach Raewyn Connell
Die australische Soziologin Raewyn Connell (ehemals Robert Connell) vertritt die Position, dass seit der frühen Moderne verschiedene Männlichkeiten nebeneinander existieren. Männlichkeit definiert Connell als Praxis, hierunter versteht sie mehr als das Konzept der Rollentheorie, welches sie kritisiert. Sie versucht Männlichkeiten als Dominanzverhältnis unter Männern, gegenüber Frauen und im Zusammenhang mit anderen Unterdrückungsverhältnissen herauszuarbeiten. Darüber hinaus bestimmt sie den historischen Wandel der vorherrschenden Männlichkeit als bedingt durch das jeweilige Produktionsverhältnis der Gesellschaft. Gemeinsam ist den Männlichkeiten die patriarchale Dividende, das heißt der Profit, den Männer in einer patriarchal strukturierten Gesellschaft erhalten.
Connell unterscheidet zunächst zwei Männlichkeitstypen:
- autorisierte Männlichkeit
- marginalisierte Männlichkeit
Marginalisierte Männlichkeiten sind Männlichkeiten von Männern, die aufgrund ihrer ethnischen oder ihrer Klassenzugehörigkeit weniger anerkannt sind. In unserer Gesellschaft können beispielsweise Arbeiter oder türkische Männer keine autorisierte Männlichkeit aufweisen, da sie entweder die "falsche" Klassenzugehörigkeit beziehungsweise die "falsche" Ethnizität haben.
Daneben lassen sich drei weitere Männlichkeitsformen unterscheiden:
- hegemoniale Männlichkeit
- komplizenhafte Männlichkeit
- untergeordnete Männlichkeit
Hegemonial ist die Männlichkeit, die am effektivsten das Patriarchat aufrechterhält. Diese geschlechtliche Hegemonie findet meist unter Zustimmung und Mitarbeit derjenigen statt, die beherrscht werden. Den diesbezüglichen Begriff Hegemonie hat Connell vom Marxisten Gramsci übernommen.
Ein historisch früher Typus, den Connell als hegemoniale Männlichkeit ausmachte, war der Conquistador, der an der Grenze, an der „frontier“, seine Männlichkeit zum Ausdruck brachte. Sie wurde abgelöst durch die „gentry masculinity“ (zum Beispiel George Washington). Heute lassen sich in der Bundesrepublik Deutschland Veränderungen der hegemonialen Männlichkeiten beispielsweise im Management (Ralf Lange) und in der "Forschungs- und Technologiepolitik" (Peter Döge) nachweisen. Untergeordnete Männlichkeiten sind beispielsweise schwule oder transgender Männlichkeitsentwürfe. Komplizenhafte Männlichkeiten arbeiten der hegemonialen Männlichkeit zu und profitieren von ihr.
Themen
- Geschlechterrollen
- Persönlichkeitsentwicklung
- Erziehung und Bildung von Jungen
Siehe auch
Liste bekannter Männerforscher und -forscherinnen
Literatur
- Mechthild Bereswill, Michael Meuser, Sylka Scholz (Hrsg.): Dimensionen der Kategorie Geschlecht: der Fall Männlichkeit. Westfälisches Dampfboot, Münster 2007, ISBN 978-3-89691-222-0.
- Brigitte Aulenbacher (Hrsg.): FrauenMännerGeschlechterforschung. State of Art. Westfälisches Dampfboot, Münster 2006, ISBN 978-3-89691-220-6.
- Pierre Bourdieu: Die männliche Herrschaft, Frankfurt a. M. 2005, ISBN 3518584359.
- Robert W. Connell (Raewyn Connell): Der gemachte Mann. Konstruktion und Krise von Männlichkeiten, Opladen 1999, ISBN 3810018058.
- Peter Döge, Michael Meuser (Hrsg.): Männlichkeit und soziale Ordnung. Neuere Beiträge zur Geschlechterforschung Opladen 2001, ISBN 3810030368.
- David D. Gilmore (1990): Manhood in the Making. Cultural Concepts of Masculinity. New Haven: Yale University Press.
- Michael S. Kimmel und Jeff Hearn Hrsg.) (2004): Handbook of Studies on Men & Masculinities. Thousand Oaks/London/New Delhi: Sage.
- Hans-Joachim Lenz: Zwischen Men’s Studies und männlicher Verletzungsoffenheit – Zur kurzen Geschichte der Männerforschung in Deutschland. In: Freiburger GeschlechterStudien, Band 21, 2007
- Dieter Schnack, Rainer Neutzling: Kleine Helden in Not - Jungen auf der Suche nach Männlichkeit. Reinbek 1990. ISBN 3-499-18257-2 (3. überarbeitete Auflage ab Februar 2011)
- Klaus Theweleit ([1977/78] 2000): Männerphantasien. Bd. 1-2, München/Zürich: Piper.
- Toni Tholen: Verlust der Nähe. Reflexion von Männlichkeit in der Literatur, Heidelberg 2005, ISBN 3825350738.
- Marie-Theres Wacker und Stefanie Rieger-Goertz (Hrsg.) (2006): 'Mannsbilder. Kritische Männerforschung und theologische Frauenforschung im Gespräch.' Münster: LIT.
- Paul M. Zulehner, Rainer Volz: Männer im Aufbruch. Wie Deutschlands Männer sich selbst und wie Frauen sie sehen. Ein Forschungsbericht. Ostfildern 1998, ISBN 3796609384.
Einzelnachweise
- ↑ Vgl. BauSteine Männer, Kritische Männerforschung: Neue Ansätze in der Geschlechtertheorie, Hamburg 1996
Weblinks
- Geschichte der Männerforschung unter dem Blickwinkel der Erwachsenenbildung
- XY Online (engl. Onlinezeitschrift)
- Journal of Men's studies (engl. Fachzeitschrift)
- Men and Masculinities (engl. Fachzeitschrift)
- EU-Forschung zu Männern und Erwerbsarbeit