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„Nordsternhaus (Berlin)“ – Versionsunterschied

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Entworfen wurde der Stahlbetonskelettbau,<ref>Stahlbetonskelettbau laut ''Berlin und seine Bauten'' (vgl. Literatur) – Die zeitgenössischen Veröffentlichungen lassen jedoch eher auf einen Massivbau mit gemauerten Wänden, Eisenbeton-Decken und eisernem Dachstuhl schließen.</ref> der Büroraum für 900&nbsp;Mitarbeiter bieten sollte, von den Architekten [[Paul Mebes]] und [[Paul Emmerich]] (Architekturbüro ''Mebes und Emmerich''); die Statik berechnete der Berliner Bauingenieur Otto Leitholf. Das Gebäude steht auf einem dreieckigen Grundstück, zur spitzwinkligen Ecke hin ist die mit [[Langensalzaer Travertin]] verkleidete Fassade großzügig abgerundet, sodass ein kleiner Vorplatz entstand, der inoffiziell ''Nordsternplatz'' genannt wurde. Zwischen den beiden den Straßen zugewandten Gebäudeflügeln spannen sich zwei ebenfalls gerundete Querriegel, die einen kleinen und einen größeren Hof umfassen. Die vier großen Skulpturen, die ursprünglich die drei Türöffnungen des Haupteingangs an der abgerundeten Ecke flankierten, sind nicht mehr vorhanden.<ref>In dem sonst sehr ins Detail gehenden Aufsatz von Paul Westheim (vgl. Literatur) werden die Figuren und ihr Bildhauer nicht erwähnt, obwohl sie auf den Abbildungen dieser Veröffentlichung deutlich zu erkennen sind.</ref> Die Fassade des fünfgeschossigen Gebäudes ist horizontal mit verschiedenen Fensterformen und Brüstungen untergliedert. Im Inneren führt eine ovale Vorhalle zum Haupttreppenhaus mit aufwendig gestalteten [[Puddelverfahren|schmiedeeisernen]] Geländern mit Pflanzenornamenten. Das zweite Obergeschoss, das die repräsentativen Räume der Unternehmensleitung beherbergte (darunter den ebenfalls ovalen [[Aufsichtsrat]]s-Sitzungssaal), war 4,70&nbsp;Meter hoch, die anderen Geschosse 4&nbsp;Meter.
Entworfen wurde der Stahlbetonskelettbau,<ref>Stahlbetonskelettbau laut ''Berlin und seine Bauten'' (vgl. Literatur) – Die zeitgenössischen Veröffentlichungen lassen jedoch eher auf einen Massivbau mit gemauerten Wänden, Eisenbeton-Decken und eisernem Dachstuhl schließen.</ref> der Büroraum für 900&nbsp;Mitarbeiter bieten sollte, von den Architekten [[Paul Mebes]] und [[Paul Emmerich]] (Architekturbüro ''Mebes und Emmerich''); die Statik berechnete der Berliner Bauingenieur Otto Leitholf. Das Gebäude steht auf einem dreieckigen Grundstück, zur spitzwinkligen Ecke hin ist die mit [[Langensalzaer Travertin]] verkleidete Fassade großzügig abgerundet, sodass ein kleiner Vorplatz entstand, der inoffiziell ''Nordsternplatz'' genannt wurde. Zwischen den beiden den Straßen zugewandten Gebäudeflügeln spannen sich zwei ebenfalls gerundete Querriegel, die einen kleinen und einen größeren Hof umfassen. Die vier großen Skulpturen, die ursprünglich die drei Türöffnungen des Haupteingangs an der abgerundeten Ecke flankierten, sind nicht mehr vorhanden.<ref>In dem sonst sehr ins Detail gehenden Aufsatz von Paul Westheim (vgl. Literatur) werden die Figuren und ihr Bildhauer nicht erwähnt, obwohl sie auf den Abbildungen dieser Veröffentlichung deutlich zu erkennen sind.</ref> Die Fassade des fünfgeschossigen Gebäudes ist horizontal mit verschiedenen Fensterformen und Brüstungen untergliedert. Im Inneren führt eine ovale Vorhalle zum Haupttreppenhaus mit aufwendig gestalteten [[Puddelverfahren|schmiedeeisernen]] Geländern mit Pflanzenornamenten. Das zweite Obergeschoss, das die repräsentativen Räume der Unternehmensleitung beherbergte (darunter den ebenfalls ovalen [[Aufsichtsrat]]s-Sitzungssaal), war 4,70&nbsp;Meter hoch, die anderen Geschosse 4&nbsp;Meter.


Das Gebäude war mit moderner Bürotechnik ausgestattet. Neben einer von der Berliner Firma ''Paul Hardegen & Co.'' ausgeführten, zum damaligen Zeitpunkt in Europa einzigartigen Paket-[[Rohrpost]]anlage, mit der bis zu zwei Kilogramm schwere Akten verschickt werden konnten,<ref>Axel Mauruszat: ''Die Paket-Rohrpostanlage der Nordstern-Versicherung in Berlin-Schöneberg.'' In: ''Schattenwelt'', Mitteilungsblatt des [[Berliner Unterwelten]] e.&nbsp;V., Ausgabe 4/2006, S. 44–47</ref> standen den Mitarbeitern der Nordstern-Versicherungen verschiedene Aktenaufzüge, ein internes Telefonnetz, eine zentral gesteuerte Uhrenanlage und eine Frischluftanlage zur Verfügung. Diese Haustechnik verläuft in den Fluren und ist durch hölzerne [[Gesims]]e verborgen. Auch die Inneneinrichtung und Ausstattung der Großraumbüros war größtenteils von Paul Mebes eigens für das Nordsternhaus entworfen worden, ist jedoch heute nicht mehr erhalten. Aber auch andere Künstler waren an der Ausstattung beteiligt, so beispielsweise [[Bruno Paul]], H. Vauk, [[Karl Rickelt]], [[Hans Krückeberg]], [[Walther Schmarje]] und [[Franz Mutzenbecher]]. Außerdem gehörte zur künstlerischen Ausstattung auch Baukeramik von der ''Veltener Ofenfabrik AG'' unter der künstlerischen Leitung von [[John Martens]].
Das Gebäude war mit moderner Bürotechnik ausgestattet. Neben einer von der Berliner Firma ''Paul Hardegen & Co.'' ausgeführten, zum damaligen Zeitpunkt in Europa einzigartigen Paket-[[Rohrpost]]anlage, mit der bis zu zwei Kilogramm schwere Akten verschickt werden konnten,<ref>Axel Mauruszat: ''Die Paket-Rohrpostanlage der Nordstern-Versicherung in Berlin-Schöneberg.'' In: ''Schattenwelt'', Mitteilungsblatt des [[Berliner Unterwelten]] e.&nbsp;V., Ausgabe 4/2006, S. 44–47</ref> standen den Mitarbeitern der Nordstern-Versicherungen verschiedene Aktenaufzüge, ein internes Telefonnetz, eine zentral gesteuerte Uhrenanlage und eine Frischluftanlage zur Verfügung. Diese Haustechnik verläuft in den Fluren und ist durch hölzerne [[Gesims]]e verborgen. Auch die Inneneinrichtung und Ausstattung der Großraumbüros war größtenteils von Paul Mebes eigens für das Nordsternhaus entworfen worden, ist jedoch heute nicht mehr erhalten. Aber auch andere Künstler waren an der Ausstattung beteiligt, so beispielsweise [[Bruno Paul]], H. Vauk, [[Karl Rickelt]], [[Hans Krückeberg]], [[Walther Schmarje]] und [[Franz Mutzenbecher]]. Außerdem gehörte zur künstlerischen Ausstattung des Beamteneingangbereichs an der Badenschenstraße auch Baukeramik von der ''Veltener Ofenfabrik AG'' unter der künstlerischen Leitung von [[John Martens]]. Er entwarf auch den im Beamtenhof befindlichen Frischluftbrunnen aus Majolika, der von der [[Karlsruher Majolika-Manufaktur]] gefertigt wurde.


Das Haus erlitt im [[Zweiter Weltkrieg|Zweiten Weltkrieg]] Schäden, die allerdings bald beseitigt wurden. Da der Versicherung die politische Lage im geteilten Berlin zu unsicher war, zog sie sich aus der Stadt zurück und verkaufte das Haus später an den [[Senat von Berlin|Berliner Senat]].<ref>[http://www.bim-berlin.de/bimnews12008.html BIM-Newsletter 1/2008]</ref> Im Jahr 2006 wurde auf das Nordsternhaus ein Brandanschlag verübt, zu dem sich die ''[[militante gruppe (mg)|militante gruppe]]'' (mg) bekannt haben soll.<ref>[http://www.welt.de/welt_print/article1086156/Brandanschlag_auf_die_Justizverwaltung.html Brandanschlag auf die Justizverwaltung]</ref>
Das Haus erlitt im [[Zweiter Weltkrieg|Zweiten Weltkrieg]] Schäden, die allerdings bald beseitigt wurden. Da der Versicherung die politische Lage im geteilten Berlin zu unsicher war, zog sie sich aus der Stadt zurück und verkaufte das Haus später an den [[Senat von Berlin|Berliner Senat]].<ref>[http://www.bim-berlin.de/bimnews12008.html BIM-Newsletter 1/2008]</ref> Im Jahr 2006 wurde auf das Nordsternhaus ein Brandanschlag verübt, zu dem sich die ''[[militante gruppe (mg)|militante gruppe]]'' (mg) bekannt haben soll.<ref>[http://www.welt.de/welt_print/article1086156/Brandanschlag_auf_die_Justizverwaltung.html Brandanschlag auf die Justizverwaltung]</ref>

Version vom 3. Juni 2012, 14:47 Uhr

Nordsternhaus, Haupteingang und Westseite

Das 1913 bis 1914 erbaute Nordsternhaus ist das ehemalige Verwaltungsgebäude des Nordstern-Versicherungskonzerns im Berliner Ortsteil Schöneberg. Das Gebäude steht an der Badenschen /Ecke Salzburger Straße, nahe dem Rathaus Schöneberg. Genutzt wurde es als Hauptverwaltung der drei Versicherungsgesellschaften des Nordstern-Konzerns: der Nordstern Lebensversicherungs-Gesellschaft, der Nordstern Unfall- und Haftpflicht-Versicherungs-Gesellschaft und der Nordstern Feuerversicherungs-Gesellschaft. Es beherbergt seit den 1950er Jahren die Berliner Senatsverwaltung für Justiz und steht unter Denkmalschutz.

Architektur und Geschichte

Entworfen wurde der Stahlbetonskelettbau,[1] der Büroraum für 900 Mitarbeiter bieten sollte, von den Architekten Paul Mebes und Paul Emmerich (Architekturbüro Mebes und Emmerich); die Statik berechnete der Berliner Bauingenieur Otto Leitholf. Das Gebäude steht auf einem dreieckigen Grundstück, zur spitzwinkligen Ecke hin ist die mit Langensalzaer Travertin verkleidete Fassade großzügig abgerundet, sodass ein kleiner Vorplatz entstand, der inoffiziell Nordsternplatz genannt wurde. Zwischen den beiden den Straßen zugewandten Gebäudeflügeln spannen sich zwei ebenfalls gerundete Querriegel, die einen kleinen und einen größeren Hof umfassen. Die vier großen Skulpturen, die ursprünglich die drei Türöffnungen des Haupteingangs an der abgerundeten Ecke flankierten, sind nicht mehr vorhanden.[2] Die Fassade des fünfgeschossigen Gebäudes ist horizontal mit verschiedenen Fensterformen und Brüstungen untergliedert. Im Inneren führt eine ovale Vorhalle zum Haupttreppenhaus mit aufwendig gestalteten schmiedeeisernen Geländern mit Pflanzenornamenten. Das zweite Obergeschoss, das die repräsentativen Räume der Unternehmensleitung beherbergte (darunter den ebenfalls ovalen Aufsichtsrats-Sitzungssaal), war 4,70 Meter hoch, die anderen Geschosse 4 Meter.

Das Gebäude war mit moderner Bürotechnik ausgestattet. Neben einer von der Berliner Firma Paul Hardegen & Co. ausgeführten, zum damaligen Zeitpunkt in Europa einzigartigen Paket-Rohrpostanlage, mit der bis zu zwei Kilogramm schwere Akten verschickt werden konnten,[3] standen den Mitarbeitern der Nordstern-Versicherungen verschiedene Aktenaufzüge, ein internes Telefonnetz, eine zentral gesteuerte Uhrenanlage und eine Frischluftanlage zur Verfügung. Diese Haustechnik verläuft in den Fluren und ist durch hölzerne Gesimse verborgen. Auch die Inneneinrichtung und Ausstattung der Großraumbüros war größtenteils von Paul Mebes eigens für das Nordsternhaus entworfen worden, ist jedoch heute nicht mehr erhalten. Aber auch andere Künstler waren an der Ausstattung beteiligt, so beispielsweise Bruno Paul, H. Vauk, Karl Rickelt, Hans Krückeberg, Walther Schmarje und Franz Mutzenbecher. Außerdem gehörte zur künstlerischen Ausstattung des Beamteneingangbereichs an der Badenschenstraße auch Baukeramik von der Veltener Ofenfabrik AG unter der künstlerischen Leitung von John Martens. Er entwarf auch den im Beamtenhof befindlichen Frischluftbrunnen aus Majolika, der von der Karlsruher Majolika-Manufaktur gefertigt wurde.

Das Haus erlitt im Zweiten Weltkrieg Schäden, die allerdings bald beseitigt wurden. Da der Versicherung die politische Lage im geteilten Berlin zu unsicher war, zog sie sich aus der Stadt zurück und verkaufte das Haus später an den Berliner Senat.[4] Im Jahr 2006 wurde auf das Nordsternhaus ein Brandanschlag verübt, zu dem sich die militante gruppe (mg) bekannt haben soll.[5]

Literatur

Commons: Nordsternhaus – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien

Einzelnachweise

  1. Stahlbetonskelettbau laut Berlin und seine Bauten (vgl. Literatur) – Die zeitgenössischen Veröffentlichungen lassen jedoch eher auf einen Massivbau mit gemauerten Wänden, Eisenbeton-Decken und eisernem Dachstuhl schließen.
  2. In dem sonst sehr ins Detail gehenden Aufsatz von Paul Westheim (vgl. Literatur) werden die Figuren und ihr Bildhauer nicht erwähnt, obwohl sie auf den Abbildungen dieser Veröffentlichung deutlich zu erkennen sind.
  3. Axel Mauruszat: Die Paket-Rohrpostanlage der Nordstern-Versicherung in Berlin-Schöneberg. In: Schattenwelt, Mitteilungsblatt des Berliner Unterwelten e. V., Ausgabe 4/2006, S. 44–47
  4. BIM-Newsletter 1/2008
  5. Brandanschlag auf die Justizverwaltung

Koordinaten: 52° 29′ 9,4″ N, 13° 20′ 34,6″ O