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„Projekt A119“ – Versionsunterschied

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{{Zitat-en|It is obscene. To think that the first contact human beings would have had with another world would have been to explode a nuclear bomb. Had they gone ahead, we would never have had the romantic image of Neil Armstrong taking 'one giant step for mankind'.|Übersetzung=Es ist obszön. Zu denken, dass der erste Kontakt der Menschheit mit einer anderen Welt die Explosion einer Nuklearwaffe gewesen wäre. Wären sie so vorgegangen, hätten wir nie das romantische Bild von Neil Armstrong gehabt, welcher "einen großen Schritt für die Menschheit" tat.|Autor=David Lowry|ref=<ref name="The Guardian"/>}}
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== Anmerkungen ==
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== Literatur ==
== Literatur ==
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* Lillian Hoddeson, Paul W. Henriksen, Roger A. Meade und Catherine L. Westfall: ''Critical Assembly: A Technical History of Los Alamos During the Oppenheimer Years, 1943–1945''. Cambridge University Press, 1993, ISBN 0-521-54117-4.
* Lillian Hoddeson, Paul W. Henriksen, Roger A. Meade und Catherine L. Westfall: ''Critical Assembly: A Technical History of Los Alamos During the Oppenheimer Years, 1943–1945''. Cambridge University Press, 1993, ISBN 0-521-54117-4.
* Paolo Ulivi, David Michael Harland und Chaochen Zhou: ''Lunar Exploration: Human Pioneers and Robotic Surveyors''. Springer, 2004, ISBN 978-1-85233-746-9.
* Paolo Ulivi, David Michael Harland und Chaochen Zhou: ''Lunar Exploration: Human Pioneers and Robotic Surveyors''. Springer, 2004, ISBN 978-1-85233-746-9.

== Einzelnachweise ==
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Version vom 30. Dezember 2011, 01:45 Uhr

Deckblatt von A Study of Lunar Research Flights - Vol. I

Projekt A119, auch bekannt als A Study of Lunar Research Flights (englisch für Eine Studie über lunare Forschungsflüge) war ein Ende der 1950er Jahre von der United States Air Force entwickelter, streng geheimer Plan, eine Atombombe auf dem Mond zu zünden. Ziel war es, durch eine solche Detonation die technische Überlegenheit der Vereinigten Staaten gegenüber der Sowjetunion und dem Rest der Welt während des Kalten Krieges zu demonstrieren. Die heute bekannten Details des Programms stammen vom ehemaligen NASA-Angestellten Leonard Reiffel, welcher 1958 als Leiter des Projekt A119 fungierte. Ebenfalls beteiligt war der bekannte Astrophysiker Carl Sagan, welcher in einem Team die theoretischen Effekte einer Nuklearexplosion bei geringer Schwerkraft erforschte.

Eine Durchführung von Projekt A119 fand niemals statt, hauptsächlich da man einer bemannten Mondlandung eine sehr viel positivere Wirkung auf die US-amerikanische Öffentlichkeit zusprach. Die entsprechenden Dokumente blieben für beinahe 45 Jahre geheim, und auch nach der Veröffentlichung des Projekts durch Reiffel Anfang der 2000er Jahre hat die US-Regierung bis heute eine Beteiligung an einer solchen Studie offiziell nicht bestätigt.

Hintergrund

Während des Kalten Krieges gelang es der Sowjetunion, mit Sputnik 1 am 4. Oktober 1957 den ersten Satelliten ins Weltall zu schießen. Dies führte gemeinsam mit bereits zwei gescheiterten Testläufen des Vanguard-Projekts auf US-amerikanischer Seite zum sogenannten Sputnikschock und befeuerte den Wettlauf ins All. Um den sowjetischen Vorsprung wettzumachen, setzten die US-Amerikaner eine Reihe neuer Projekte an, die unter anderem im Start von Explorer 1 und der Gründung der DARPA und der NASA mündeten.[1]

Projekt

Projekt A119 stellte eine zusätzliche Möglichkeiten dar, mit welcher die US-Amerikaner ihre technische Überlegenheit im All beweisen wollten. Im Mai 1958 begann die Armour Research Foundation am Illinois Institute of Technology, bezüglich der Auswirkungen einer Nuklearexplosion auf dem Mond zu forschen. Hauptgegenstand der Forschung, die von der Air Force überwacht wurde, sollte der benötigte Umfang sein, den eine konventionelle oder nukleare Bombe auf dem Mond haben müsste, um die Explosion von der Erde aus sichtbar zu machen. Man hoffte, solch eine für alle sichtbare Machtdemonstration könnte die Moral der US-amerikanischen Bevölkerung, welche unter dem Sputnikschock litt, wieder heben.[2]

Das Projekt stand möglicherweise unter dem Einfluss einer ähnlichen Studie der RAND Corporation von 1956, deren Erkenntnisse jedoch bis heute der Geheimhaltung unterliegen. Außerdem hatte im Februar 1957 Edward Teller, der Vater der Wasserstoffbombe, die Detonation mehrerer Bomben auf und über der Oberfläche des Mondes vorgeschlagen, um die Effekte solcher Explosionen bei geringer Schwerkraft analysieren zu können.[3]

Forschung

Unter der Leitung von Leonard Reiffel stellte man am Illinois Institute of Technology in Chicago ein zehnköpfiges Team zusammen, welches die Sichtbarkeit einer Explosion, Erkenntnisse für die Wissenschaft und Auswirkungen auf die Mondoberfläche untersuchte. Unter den Mitgliedern befanden sich der Astronom Gerard Kuiper und dessen damaliger Doktorand Carl Sagan, der mathematisch die Ausdehnung einer Staubwolke um den Mond als Folge der Explosion an der Mondoberfläche untersuchte. Diese Berechnungen stellten ein essentielles Element für den Grad der Sichtbarkeit von der Erde aus dar.[2][3][4]

Die Explosion sollte an der Tag-Nacht-Grenze des Mondes stattfinden, um eine maximale Sichtbarkeit auf der Erde zu gewährleisten.

Die Wissenschaftler empfahlen die Nutzung einer Wasserstoffbombe, was die Air Force jedoch ablehnte. Als Grund nannte sie die Tatsache, dass die vorgesehene Rakete das enorme Gewicht damaliger Wasserstoffbomben nicht tragen konnte.[5] Daher beschloss man, einen kleinen Atomsprengkopf vom Typ W25 zu verwenden, welcher eine Sprengkraft von 1,7 Kilotonnen hatte.[3] Im Vergleich hierzu besaß die 1945 auf Hiroshima abgeworfene Bombe Little Boy eine Sprengkraft von etwa 13–18 Kilotonnen.[6] Der Plan sah vor, den W25-Sprengkopf mittels einer Rakete auf die dunkle Seite des Mondes zu bringen und nahe der Tag-Nacht-Grenze beim Aufprall auf die Oberfläche explodieren zu lassen. Die durch die Explosion entstehende Staubwolke würde durch die Sonne angestrahlt und damit von der Erde aus sichtbar sein.[3][4] Laut Reiffel hätte der Fortschritt der Air Force bei der Entwicklung von Interkontinentalraketen eine solche Mission ab dem Jahr 1959 möglich gemacht.[7]

Abbruch

Im Januar 1959 erfolgte letztlich die Einstellung des Projektes durch die Air Force, da Zweifel am positiven Öffentlichkeitseffekt einer Atomexplosion auf dem Mond bestanden und man bei technischen Problemen bei der Durchführung des Projekts eine Gefahr für die Zivilbevölkerung befürchtete. Einen weiteren Faktor stellte laut Reiffel der Radioaktive Fallout dar, welcher eine Gefahr für zukünftige bemannte Mondmissionen und eine mögliche Kolonisierung bedeutete.[7][5]

Sowjetisches Programm

Ende 1957 gab es Presseberichte, nach denen eine anonyme Quelle dem United States Secret Service enthüllt habe, dass die Sowjetunion zur Feier der Oktoberrevolution die Detonation einer Wasserstoffbombe auf dem Mond plane, die am 7. November sichtbar sein sollte. Die Presse berichtete weiterhin, dass die Detonation an der dunklen Seite der Tag-Nacht-Grenze stattfinden sollte, derselben Region die das Projekt A119 als Ziel vorsah. Weiter berichtete die Presse, dass die Rakete, falls sie den Mond verfehlen sollte, auf die Erde zurückstürzen könnte, was der Grund für den Abbruch der sowjetischen Planungen gewesen sei.[8]

Spätere Medienberichte zeigten, dass das sowjetische Programm tatsächlich existierte, jedoch vom 1957 berichteten Szenario abwich. Es startete erst im Januar 1958 und stellte einen Teil einer Serie von Vorschlägen unter dem Codenamen E dar. Projekt E-1 enthielt Pläne, den Mond zu erreichen, während die Projekte E-2 und E-3 eine Umrundung des Mondes durch eine Sonde und die Aufnahme einer Reihe von Fotos der dortigen Oberfläche zum Ziel hatten. Das letzte Projekt, E-4, sah einen Nuklearschlag auf der Mondoberfläche zum Zweck der Machtdemonstration vor. Wie das US-amerikanische Projekt wurde auch das sowjetische Programm bereits in der Planungsphase eingestellt. Grund hierfür waren Sicherheitsbedenken. So fürchtete man, dass bei einer Fehlfunktion der Rakete diese mitsamt dem enthaltenen Sprengkopf auf das Territorium der Sowjetunion oder einer anderen Nation zurückfallen könnte. Weitere Gründe sollen, je nach Quelle, die Tatsachen gewesen sein, dass aufgrund der fehlenden Mondatmosphäre eine Explosion nur eine sehr kurze Sichtbarkeitszeit aufgewiesen hätte[9] beziehungsweise man sich keines wirksamen Mittels wusste, die Weltöffentlichkeit unauffällig über die bevorstehende Explosion zu informieren und damit weltweit die Aufmerksamkeit von Astronomen und ihrer Geräte auf den Mond zu richten.[10]

Konsequenzen

Projekt A119 wurde durch Nachforschungen für eine Biografie über Carl Sagan bekannt.

Die Unterzeichnung des Vertrag über das Verbot von Kernwaffenversuchen in der Atmosphäre, im Weltraum und unter Wasser im Jahr 1963 und des Weltraumvertrags 1967 verhinderten die Wiederaufnahme von Planungen zur Herbeiführung einer Atomexplosion auf dem Mond. Sowohl die USA als auch die Sowjetunion hatten bis dahin jedoch bereits versuchsweise in Operationen wie Hardtack, Argus und Dominic mehrere Kernwaffen in der Erdatmosphäre gezündet.[3]

Im Jahr 1969 hatten die Vereinigten Staaten durch den Erfolg von Apollo 11 einen entscheidenden Sieg im Wettlauf ins All errungen. Im Dezember 1969 forderte der am Apolloprogramm beteiligte Wissenschaftler Gary Latham die Zündung einer Miniatur-Atombombe auf dem Mond, um Informationen über dessen geologische Zusammensetzung zu gewinnen.[11] Der Plan wurde jedoch verworfen, da man in Zukunft plante, die natürliche Hintergrundstrahlung des Mondes zu messen.[12]

Die Existenz von Projekt A119 blieb bis in die Mitte der 1990er Jahre geheim, als der Autor Keay Davidson es bei Nachforschungen für seine Biografie über Carl Sagan entdeckte. Sagans Beteiligung am Projekt wurde in seiner Bewerbung um eine Dozentenstelle an der University of California, Berkeley im Jahr 1959 offenkundig. In seiner Bewerbung gab Sagan Details des Projektes preis, was Davidson als Gefährdung der nationalen Sicherheit durch Sagan wertete.[13] Die Indiskretion Sagans bestand darin, dass er die Titel zweier mit dem Projekt A119 verbundener Thesenpapiere nannte. Einmal das Papier von 1958 mit dem Titel Possible Contribution of Lunar Nuclear Weapons Detonations to the Solution of Some Problems in Planetary Astronomy und das Thesenpapier von 1959 mit Namen Radiological Contamination of the Moon by Nuclear Weapons Detonations.[14] Insgesamt existierten acht solcher Thesenpapiere, die allesamt 1987 vernichtet wurden.[2]

Davidsons Forschungen resultierten 1999 in der Biografie Carl Sagan - A Life. Kurz nach der Veröffentlichung hob das Magazin Nature in einer Rezension die Entdeckung Davidsons hervor.[15] Diese Buchbesprechung führte dazu, dass Leonard Reiffel seine Anonymität aufgab und einen Brief an Nature schrieb, in welchem er Sagans Beteiligung am Projekt bestätigte und angab, dass dessen Verhalten eine Verletzung der Vertraulichkeit über den Inhalt des Projekts dargestellt hatte. Reiffel nutzte die Gelegenheit, Details der Forschungen bekanntzugeben, welche später von weiten Pressekreisen aufgegriffen wurden.[4][16] Neben der Bestätigung der Existenz von Projekt A119 gab Reiffel seine Rolle in den Planungen bekannt und dass er entsetzt sei, dass solch eine Tat zur Beeinflussung der öffentlichen Meinung jemals erwogen worden sei.[2]

Als Resultat der Veröffentlichung Reiffels wurde eine Anfrage gemäß dem Freedom of Information Act gestellt, um die Akten zu Projekt A119 freigeben zu lassen. Etwa zur selben Zeit wurde A Study of Lunar Research Flights - Volume I nach etwa vierzig Jahren freigegeben.[17] Die Suche nach den weiteren Bänden ergab, dass diese in den 1980er Jahren am Illinois Institute of Technology vernichtet worden waren.[3] Der britische Nuklearhistoriker David Lowry meinte dazu:

“It is obscene. To think that the first contact human beings would have had with another world would have been to explode a nuclear bomb. Had they gone ahead, we would never have had the romantic image of Neil Armstrong taking 'one giant step for mankind'.”

„Es ist obszön. Zu denken, dass der erste Kontakt der Menschheit mit einer anderen Welt die Explosion einer Nuklearwaffe gewesen wäre. Wären sie so vorgegangen, hätten wir nie das romantische Bild von Neil Armstrong gehabt, welcher "einen großen Schritt für die Menschheit" tat.“

David Lowry[2]

Anmerkungen

  1. 50th Anniversary of the Space Age. Website der NASA. Abgerufen am 23. Oktober 2011.
  2. a b c d e US planned one big nuclear blast for mankind. In: The Guardian, 14. Mai 2000. Abgerufen am 23. Oktober 2011.
  3. a b c d e f Paolo Ulivi et.al.: Lunar Exploration: Human Pioneers and Robotic Surveyors. 2004, S. 19–21.
  4. a b c U.S. Planned Nuclear Blast On the Moon, Physicist Says. In: The New York Times, 16. Mai 2000. Abgerufen am 23. Oktober 2011.
  5. a b U.S. Wighed A-Blast on Moon in 1950s. In: Los Angeles Times, 18. Mai 2000. Abgerufen am 23. Oktober 2011.
  6. Lillian Hoddeson et.al.: Critical Assembly: A Technical History of Los Alamos During the Oppenheimer Years, 1943–1945. 1993, S. 392–393.
  7. a b U.S. consideres lunar a-bomb blast. In Pittsburgh Post-Gazette, 18. Mai 2000. Abgerufen am 23. Oktober 2011.
  8. Lates Red Rumor: They'll Bomb Moon. In: Pittsburgh Press, 1. November 1957. Abgerufen am 23. Oktober 2011.
  9. Russia wanted nuclear bomb on moon. In: Independent Online, 9. Juli 1999. Abgerufen am 23. Oktober 2011.
  10. The E-4 project - exploding a nuclear bomb on the Moon. In: Seven Grahn. Abgerufen am 1. Dezember 2011.
  11. Moon madness. In: The Sydney Morning Herald, 21. Dezember 1969. Abgerufen am 23. Oktober 2011.
  12. Scientist Withdraws Plans for Nuclear Blast on Moon. In: St. Petersburg Times, 7. Januar 1970. Abgerufen am 23. Oktober 2011.
  13. Keay Davidson: Carl Sagan - A Life. 1999, S. 95.
  14. Matthias Dörries: The Politics of Atmospheric Sciences: “Nuclear Winter” and Global Climate Change". In: Osiris. Nr. 26, 2011, S. 198–223.
  15. An exobiologist's life search. In: Nature. Nr. 401, 28. Oktober 1999, Abgerufen am 23. Oktober 2011.
  16. Sagan breached security by revealing US work on a lunar bomb project. In: Nature. Nr. 405, 4. Mai 2000. Abgerufen am 23. Oktober 2011.
  17. A Study of Lunar Research Flights, Volume I. Defense Technical Information Center Abgerufen am 23. September 2011.

Literatur

  • Keay Davidson: Carl Sagan - A Life. Willey, 1999, ISBN 0-471-25286-7.
  • Lillian Hoddeson, Paul W. Henriksen, Roger A. Meade und Catherine L. Westfall: Critical Assembly: A Technical History of Los Alamos During the Oppenheimer Years, 1943–1945. Cambridge University Press, 1993, ISBN 0-521-54117-4.
  • Paolo Ulivi, David Michael Harland und Chaochen Zhou: Lunar Exploration: Human Pioneers and Robotic Surveyors. Springer, 2004, ISBN 978-1-85233-746-9.

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