„Monte Cervantes (Schiff, 1928)“ – Versionsunterschied
[ungesichtete Version] | [ungesichtete Version] |
Muck31 (Diskussion | Beiträge) |
Muck31 (Diskussion | Beiträge) Rechtschreibung |
||
Zeile 152: | Zeile 152: | ||
===Kollision=== |
===Kollision=== |
||
Gegen 12 |
Gegen 12:40 Uhr gewahrte man auf der Brücke einen unterseeischen Felsen direkt voraus und der Kapitän befahl eine sofortige Kursänderung. Diese wurde um 12:43 Uhr von Reiling per Kreuzpeilung bestätigt. Sekunden später lief das Schiff mittig auf den damals noch nicht in den Seekarten eingezeichneten Felsen auf. Die Außenhaut der Monte Cervantes riss auf und Wasser drang ein. Durch die Erschütterungen gingen unzählige Teller, Tassen und Möbel zu Bruch. Die Schotten wurden geschlossen, doch wenig später rutschte die Monte Cervantes ab und glitt zurück ins Meer. Dadurch strömte noch mehr Wasser ins Innere und flutete schon bald die Laderäume und das Zwischendeck. |
||
===Evakuierung und Hilfe=== |
===Evakuierung und Hilfe=== |
Version vom 26. Januar 2008, 22:36 Uhr
Monte Cervantes | ||
---|---|---|
Technische Daten (Überblick) | ||
Schiffstyp: | Passagierdampfer | |
Klasse: | Monte-Klasse | |
Einsatzzweck: | Transatlantik-Linienverkehr | |
Schiffsvermessung: | 13.913 BRT | |
Verdrängung: | 20.000 Tonnen | |
Länge (LüA): | 152,50 Meter | |
Breite (BüA): | 20,00 Meter | |
Tiefgang: | 11,50 Meter | |
Schiffsantrieb: | 2 Propeller | |
Geschwindigkeit: | 14,5 Knoten | |
Maschinenleistung: | 6.800 PS | |
Passagierplätze: | 2.492 (später auf etwa 1.750 reduziert) | |
Besatzung: | 325 | |
Stapellauf (Schiffstaufe): | 25. August 1927 | |
Indienststellung: | 3. Januar 1928 | |
Schicksal: | gesunken am 24. Januar 1930 |
Die Monte Cervantes war ein deutscher Passagierdampfer. Nach nur knapp zwei Jahren Einsatz sank er Anfang 1930 bei Feuerland.
Das Schiff
Die Monte Cervantes wurde am 25. August 1927 bei Blohm + Voss als drittes Schiff der Monte-Klasse getauft und knapp vier Monate später, am 3. Januar des Jahres 1928, von der Hamburg Südamerikanische Dampfschifffahrts-Gesellschaft KG (HSDG) in Dienst gestellt. Ihr Heimathafen war Hamburg.
Bezeichnet als „Titanic des Südens“ oder „Argentinische Titanic“ sollte das Schiff regelmäßig zwischen Hamburg und den südamerikanischen Hauptstädten Rio de Janeiro und Buenos Aires verkehren. Schon nach kurzer Zeit wurde der Aufgabenbereich des Schiffes jedoch auch auf Vergnügungsfahrten in alle Erdteile der Welt ausgedehnt. Hierfür wurde die maximale Passagierkapazität von 2.492 Plätzen auf zirka 1.750 Plätze reduziert. Damit sollte gewährleistet sein, dass die Gäste die Reisen so genussvoll wie irgendwie möglich erleben sollten. Das Schiff besaß 30 Rettungsboote.
Das Schiff war für seine Zeit modern eingerichtet. Große mittelschiffs gelegene Promenadendecks, zwei große, geräumige Speisesäle, sowie ein großer Rauchsalon, eine geräumige Halle und ein Schreib- und Lesezimmer standen den Passagieren zu Verfügung. In den Preisgruppen IA bis V gab es in allen Kabinen fließend Wasser, den Reisenden der Preisgruppe VI und denen der Schlafsäle standen helle, weißgekachelte, nach Geschlechtern getrennte Waschräume zur Verfügung. Des Weiteren gab es einen Damen- und Herrenfriseur an Bord.
Verpflegung
Die Verpflegung an Bord galt laut Reiseprospekt als „reichlich, nahrhaft und abwechslungsreich“. Als Menü-Beispiel des 30. Mai 1929 wurde zum Beispiel folgende Speisefolge angegeben:
Frühstück:
Kaffee – Tee – Milch
Schwarzbrot – Weißbrot – Graubrot – Rundstücke
Butter – Himbeermarmelade
gekochte Eier – Eierkuchen mit Apfelmus
Hafergrütze in Milch
Mittagessen:
Spinatsuppe mit Fadennudeln – Kraftbrühe mit Griesnocken
gebratene Kalbsnuß, junge Erbsen, Kartoffeln
kalifornische Aprikosen
Nachmittag:
Schokolade – Kaffee – Tee – Milch
gefüllter Bienenstich
Abendessen:
Schnitzel auf Mailänder Art
verschiedene Sorten Wurst, Butter, Käse
Schwarzbrot – Weißbrot – Graubrot
Im Preis enthalten war die volle Verpflegung sowie normales Trinkwasser. Zusätzliche Kosten gab es hingegen für Wein, Bier, Mineralwasser, Spirituosen, Tabakwaren und dergleichen.
Kabinenpreise
Der Fahrpreis schwankte, je nach Größe der Kabine und Art der Reise, zwischen 240 und 630 Reichsmark.
- Preis-Gruppe IA:
- Zweibett-Kabine, Außenseite Deck A: Preis: 530 - 630 Reichsmark
- Preis-Gruppe I:
- Zweibett-Kabine, Außenseite Deck D + E: Preis: 490 - 590 Reichsmark
- Preis-Gruppe II:
- Zweibett-Kabine, Innenseite Deck A
- kleine Zweibett-Kabine, Außenseite Deck D + E: Preis: 420 - 500 Reichsmark
- Preis-Gruppe IIIA:
- Dreibett-Kabine, Außenseite Deck A: Preis: 440 - 520 Reichsmark
- Preis-Gruppe III:
- Dreibett-Kabine, Außenseite Deck D + E: Preis: 410 - 480 Reichsmark
- Preis-Gruppe IV:
- kleine Zweibett-Kabine, Innenseite Deck D + E: Preis: 380 - 430 Reichsmark
- Preis-Gruppe V:
- Dreibett-Kabine, Innenseite Deck D + E: Preis: 360 - 400 Reichsmark
- Preis-Gruppe VI:
- Neun- bis Elfbett-Kabine, Außenseite Deck E: Preis: 300 - 340 Reichsmark
- Preis-Gruppe VII:
- Wohndeck-Abteil mit 120 und mehr Betten, Deck F: Preis: 240 - 280 Reichsmark
An Bord waren alle Reiseteilnehmer gleichberechtigt. Der Preisunterschied der Kabinen richtete sich lediglich nach der Lage und Art der Kabinen.
Dienstzeit
Die Monte Cervantes brach am 7. Januar 1928 zu ihrer Jungfernfahrt auf. Diese führte sie von Hamburg nach La Plata in Argentinien. Das Kommando besaß Kapitän Meyer.
Svalbard-Zwischenfall
Nur ein halbes Jahr später, am 24. Juli 1928, geriet der Dampfer auf einer Reise vom Nordkap nach Svalbard in ein dichtes Eisschollenfeld und schlug gegen 23:00 Uhr leck. Vermutlich war er mit einem kleinen Eisberg kollidiert. Versuche, das einströmende Wasser abzupumpen, erwiesen sich als erfolglos. Schon bald stand es in einigen Räumen im Vorschiff fünf Meter hoch.
Nachdem die Insel Spitzbergen gerade noch mit leichter Schlagseite angelaufen werden konnte, ging das Schiff dort in der Recherchebucht vor Anker. Die an Bord befindlichen etwa 1.500 Fahrgäste mussten an Land gehen. Anschließend wurde der 80 Seemeilen entfernte sowjetische Eisbrecher Krasin angefunkt und um Hilfe gebeten. Die Mannschaft der Monte Cervantes und Taucher des Eisbrechers behoben die Schäden. Die Reparaturen dauerten mehrere Tage und waren am 29. Juli abgeschlossen, sodass die Fahrt fortgesetzt werden konnte.
Während der fünf Tage ungewissen Wartens hatten die Zeitungen in Europa ausführlich von dem Unglück berichtet und das öffentliche Interesse auf den Fall gelenkt.
Untergang
Anderthalb Jahre später, 1930, befand sich die Monte Cervantes, unter dem Kommando des Hamburger Kapitäns Theodor Dreyer und des Ersten Offiziers Reiling stehend, auf einer Südamerika-Fahrt. Am 17. Januar legte das Schiff in Puerto Madryn an, am Morgen des 20. Januar in Punta Arenas. Einen Tag später fuhr man bei schlechtem Wetter aber ruhiger See durch den Beagle-Kanal bei Feuerland und erreichte um 19:00 Uhr Ushuaia. Am Morgen des 22. Januar wurde der Anker gelichtet und die Monte Cervantes setzte sich in Richtung der 15 Seemeilen entfernten, weiter westlich gelegenen, Yendegaiabucht in Bewegung.
Der Kapitän verzichtete darauf, auf einer sicheren Route um den Leuchtturm von Les Eclaireurs herumzufahren und wählte stattdessen eine Strecke, die durch große Algenfelder und an zahlreichen kleinen Inseln vorbeiführte.
Kollision
Gegen 12:40 Uhr gewahrte man auf der Brücke einen unterseeischen Felsen direkt voraus und der Kapitän befahl eine sofortige Kursänderung. Diese wurde um 12:43 Uhr von Reiling per Kreuzpeilung bestätigt. Sekunden später lief das Schiff mittig auf den damals noch nicht in den Seekarten eingezeichneten Felsen auf. Die Außenhaut der Monte Cervantes riss auf und Wasser drang ein. Durch die Erschütterungen gingen unzählige Teller, Tassen und Möbel zu Bruch. Die Schotten wurden geschlossen, doch wenig später rutschte die Monte Cervantes ab und glitt zurück ins Meer. Dadurch strömte noch mehr Wasser ins Innere und flutete schon bald die Laderäume und das Zwischendeck.
Evakuierung und Hilfe
Unmittelbar nach dem Abrutschen vom Felsen wurde der Befehl zum Klarmachen der Rettungsboote gegeben. Zuerst brach eine kleine Panik aus, doch nachdem das Bordpersonal den Passagieren klarmachen konnte, dass die 30 Boote sogar noch reichen würden, um 500 weitere Fahrgäste aufzunehmen, legte sich der Trubel. Alle 1.117 Gäste und 255 der Besatzungsmitglieder wurden erfolgreich abgefiert. Sogleich ruderte man gegen den Wind in Richtung Ushuaia.
Schon seit der Kollision hatte der Funker SOS gemorst. Diesen Ruf fing, neben zahlreichen Stationen zu beiden Seiten des Atlantiks, auch der argentinische Frachtdampfer Vincente Fidel Lopez im Hafen von Ushuaia auf, welcher sich sogleich auf den Weg zur Unglücksstelle machte und eine Barkasse vorschickte.
Die verbliebenen Mann auf der Monte Cervantes sammelten derweil alle Wertgegenstände der Passagiere ein, die sie noch finden konnten und übergaben sie der ankommenden Barkasse verbunden mit der Bitte, die Menschen aus den Rettungsbooten aufzunehmen. Kurz nach der Abfahrt der ersten erschien eine zweite Barkasse, die des Gefängnisses von Ushuaia, und bot ihre Hilfe an. Sie wurde mit mehreren Stapeln wärmender Wolldecken zurückgeschickt. Einige Minuten später erreichte auch die Vincente Fidel Lopez selber den Havaristen. Sie nahm die Bootsinsassen an Bord und beförderte so bis zum Abend rund 800 Personen ans sichere Festland.
Einige der Rettungsboote waren jedoch vom Kurs abgekommen und an entlegene Küstenabschnitte getrieben. Ihre Insassen mussten noch einen langen Marsch durch dicht bewaldetes Gebiet machen, bevor auch sie die Stadt erreichten.
Absetzen auf dem Riff
Kurz nachdem das letzte Rettungsboot genügend Abstand hatte, wurden die Maschinen wieder gestartet. Diese waren noch funktionsfähig, da der Maschinenraum noch nicht unter Wasser stand. Der Kapitän manövrierte die Monte Cervantes mit den verbleibenden 70 Mann Besatzung in ein Felsenriff (Eclaireur-Inseln), wo er das Schiff auf Grund setzte, um ein weiteres Absacken zu verhindern. Das Vorschiff, noch frei im Wasser schwimmend, neigte sich immer tiefer; es war bereits bis zum D-Deck geflutet. Lotmessungen ergaben, dass der Dampfer nur mit der Backbordseite seines Hecks auf dem Riff saß. Der restliche Rumpf schwamm im Wasser. Weitere Messungen ergaben ein stetes Eindringen von Wasser, weshalb der Kapitän anordnete, dass alle von Bord gehen sollten, wozu das letzte Rettungsboot abgefiert wurde. Die Kapitäne verbrachten die Nacht auf einer nahen Felsinsel.
Der Tag danach
Am Morgen des darauffolgenden Tages, dem 23. Januar, setzten zahlreiche Schiffe, unter ihnen auch wieder die Vincente Fidel Lopez zur Monte Cervantes über, um die restlichen Gepäckstücke an Bord zu nehmen. Anschließend versuchte der Transporter gegen Mittag die Monte Cervantes abzuschleppen, was aber aufgrund der zu niedrigen Maschinenleistung des argentinischen Schiffes von nur 450 PS misslang. Am Abend schickte Kapitän Dreyer die restliche Besatzung von Bord. Er wollte auf dem Schiff bleiben, in der Überzeugung, es würde seine Position halten. Der Steward konnte ihn schließlich aber doch überreden, mitzukommen. Zwei Offiziere kletterten derweil zurück an Deck, weil sie etwas vergessen hatten.
Die Monte Cervantes sinkt
Kurz darauf ging ein Ruck durch die Monte Cervantes und sie versank mit dem Bug voran. Die Mannschaft sprang ins Wasser und wurde von der wartenden Barkasse gerettet. Nur der Kapitän Theodor Dreyer konnte sich nicht mehr in Sicherheit bringen. Er sprang mit angelegtem Rettungsring aus Versehen in das offene Promenadendeck und rutschte ins Schiff. Er ertrank in seinem Dampfer und war das einzige Todesopfer bei diesem Untergang. Die Barkasse suchte noch über eine Stunde nach dem Kapitän, doch nicht einmal seine Leiche wurde gefunden.
Das Heck des ehemaligen Hamburger Ozeanliners ging nicht unter, sondern ragte weithin sichtbar aus dem Meer hinaus. Da es jedoch außerhalb der gängigen Schiffswege lag, wurden keine Anstrengungen unternommen, das Schiff zu bergen.
Bergungsversuche
Als nach dem Zweiten Weltkrieg die Metallpreise in die Höhe stiegen, sicherte sich 1951 das italienische Unternehmen Salvamar die Bergungsrechte an dem Wrack. Eine vollständige Bergung war ausgeschlossen und so wurde begonnen, alle verwertbaren Metallteile zu entfernen, einzuschmelzen und Stück für Stück zu verkaufen.
1954 wurde der Versuch gestartet, das Wrack nach Ushuaia zu schleppen. Dort sollte die immer schwieriger werdende Zerlegung vorangetrieben werden. Bis zu diesem Zeitpunkt ruhte das Schiff relativ sicher auf dem Unterwasserfelsen, welcher ihm 24 Jahre zuvor zum Verhängnis wurde. Als es jedoch vom Riff rutschte, versank das Schiff am 14. Oktober unwiederbringlich in den Tiefen des Beaglekanals.
Die Wiederentdeckung
In September 2000 unternahm ein Filmteam von Spiegel TV den Versuch, den Rumpfteil des Wracks der Monte Cervantes zu finden. Die Suche mit einem Tauchroboter war ein Erfolg: In 115 Meter Tiefe wurden die Überreste des einstigen Luxusliners entdeckt. Per Remotely Operated Vehicle (ROV) konnte zum ersten Mal zum Rumpf der Monte Cervantes vorgedrungen werden.
Geborgen wurden kleine Kostbarkeiten wie eine Rotweinflasche, Gläser, Aschenbecher und Kronleuchter, die allesamt dem Museo del Fin del Mundo in Ushuaia übergeben wurden.
Sonstiges
In Montevideo gibt es zu Ehren des ertrunkenen Kapitäns den Plaza de Capitano Dreyer und im Hamburger Stadtteil Blankenese, seiner Heimat, einen nach ihm benannten 538 Meter langen Weg.
Filme
- Spiegel TV produzierte einen einstündigen Dokumentarfilm mit dem Namen „Gesunken vor Kap Hoorn – das Rätsel der Monte Cervantes“. Für diesen Film wurden die erwähnten Filmaufnahmen sowie Fotografien, Aussagen Überlebender, historische Dokumente und Erkenntnisse verarbeitet.
- Auf Phoenix lief am 14. Juni 2006 der Film „Tauchfahrt in die Vergangenheit - Das Rätsel der Monte Cervantes“.
Literatur
- Schiffe, Menschen, Schicksale; Ausgabe 79: Monte Cervantes - Ende vor Feuerland auf einer Felspitze