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„Fichtel & Sachs“ – Versionsunterschied

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== Geschichte ==
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=== Gründung und weltbedeutende Erfindungen ===
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Am 1. August 1895 gründeten [[Ernst Sachs (Unternehmer)|Ernst Sachs]] und [[Karl Fichtel]] das Unternehmen als ''Schweinfurter Präzisions-Kugellagerwerke Fichtel & Sachs'' und stellten zunächst [[Kugellager]] und [[Fahrradnabe]]n her.
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Die [[Nabenschaltung]] wurde von Fichtel & Sachs nicht erfunden, aber über Jahrzehnte weiterentwickelt. Dadurch wurde das herkömmliche, moderne Fahrrad, mit seinen grundlegenden Komponenten, von Fichtel & Sachs entwickelt.
Die [[Nabenschaltung]] wurde von Fichtel & Sachs nicht erfunden, aber über Jahrzehnte weiterentwickelt. Dadurch wurde das herkömmliche, moderne Fahrrad, mit seinen grundlegenden Komponenten, von Fichtel & Sachs entwickelt.


Nach der Erfindung der bekannten Torpedo-Freilaufnabe wuchs das Unternehmen schnell. Sowohl bei [[Wälzlager]]n als auch bei Fahrradnaben zählte Fichtel & Sachs vor dem [[Erster Weltkrieg|Ersten Weltkrieg]] zu den weltweit führenden Unternehmen. Einen weiteren Entwicklungsschub brachte die Umstellung auf Rüstungsgüter während des Krieges, als die Beschäftigtenzahl von 5000 auf 8000 stieg.
Nach der Erfindung der bekannten Torpedo-Freilaufnabe, die bereits damals so ausgereift war, dass sie sich bis heute kaum verändert hat, wuchs das Unternehmen schnell. Sowohl bei [[Wälzlager]]n als auch bei Fahrradnaben zählte Fichtel & Sachs vor dem [[Erster Weltkrieg|Ersten Weltkrieg]] zu den weltweit führenden Unternehmen. Einen weiteren Entwicklungsschub brachte die Umstellung auf Rüstungsgüter während des Krieges, als die Beschäftigtenzahl von 5000 auf 8000 stieg.


=== Geburtsstunde der Globalisierung ===
=== Geburtsstunde der Globalisierung ===

Version vom 27. Oktober 2018, 13:24 Uhr

Fichtel & Sachs
Sachs ist seit 2011 eine Marke der
ZF Friedrichshafen AG

Logo
Rechtsform Aktiengesellschaft
Gründung 1895
Auflösung 2011
Auflösungsgrund Eingliederung in die
ZF Friedrichshafen AG
Sitz Schweinfurt
Leitung Peter Ottenbruch, Vorstandsvorsitzender
Mitarbeiterzahl 16.488 (2009)[1]
Umsatz 1,832 Mrd. Euro (2009)[1]
Branche Automobilzulieferer
Website aftermarket.zf.com/go/en/sachs

Fichtel & Sachs wurde 1895 in Schweinfurt gegründet und war ein deutsches Familienunternehmen. Als eigenständiges Unternehmen lautete der Firmenname zuletzt Fichtel & Sachs AG.

1997 wurde der Automobilzulieferer von Mannesmann übernommen und in Mannesmann Sachs AG umfirmiert. Ab 2001 gehörte Sachs als Tochterunternehmen ZF Sachs AG zu ZF Friedrichshafen. 2011 wurde ZF Sachs, wie andere Tochterunternehmen des Konzerns, rechtlich mit der ZF Friedrichshafen  AG verschmolzen und die eigenständigen Geschäftsbereiche in die Divisionen der ZF integriert. Sachs ist seitdem eine Marke der ZF Friedrichshafen AG. Der Hauptsitz für Entwicklung, Produktion und Vertrieb von Produkten der Marke Sachs blieb in Schweinfurt. Das Schweinfurter Werk ist heute (2017) der größte Standort[2] des Automobilzulieferers ZF Friedrichshafen.[3]

Geschichte

Gründung und weltbedeutende Erfindungen

Fichtel & Sachs im Gründungsjahr
Fichtel & Sachs im Gründungsjahr
Torpedo-Freilaufnabe
Torpedo-Freilaufnabe

Am 1. August 1895 gründeten Ernst Sachs und Karl Fichtel das Unternehmen als Schweinfurter Präzisions-Kugellagerwerke Fichtel & Sachs und stellten zunächst Kugellager und Fahrradnaben her.

Die Nabenschaltung wurde von Fichtel & Sachs nicht erfunden, aber über Jahrzehnte weiterentwickelt. Dadurch wurde das herkömmliche, moderne Fahrrad, mit seinen grundlegenden Komponenten, von Fichtel & Sachs entwickelt.

Nach der Erfindung der bekannten Torpedo-Freilaufnabe, die bereits damals so ausgereift war, dass sie sich bis heute kaum verändert hat, wuchs das Unternehmen schnell. Sowohl bei Wälzlagern als auch bei Fahrradnaben zählte Fichtel & Sachs vor dem Ersten Weltkrieg zu den weltweit führenden Unternehmen. Einen weiteren Entwicklungsschub brachte die Umstellung auf Rüstungsgüter während des Krieges, als die Beschäftigtenzahl von 5000 auf 8000 stieg.

Geburtsstunde der Globalisierung

Nach der Erfindung der Torpedo-Freilaufnabe 1903 kam Ernst Sachs als erster auf die Idee, sich nicht ein Endprodukt patentieren zu lassen, sonder weltweit nur eine Komponente, ohne die niemand mehr ein modernes Fahrrad bauen konnte. Das führte in China damals bereits zur Produktpiraterie, mit zum verwechseln ähnlichen Fälschungen der Torpedo-Freilaufnabe.[5]

Zwischenkriegszeit und Zweiter Weltkrieg

Ehem. Hauptverwaltung der Fichtel & Sachs AG von Paul Bonatz (1933)

Am Vorabend der Weltwirtschaftskrise verkaufte Ernst Sachs 1929 die Wälzlager-Sparte mit 3000 Mitarbeitern, die etwa die Hälfte des Unternehmens ausmachte, an die schwedische SKF, die zusammen mit der Schweinfurter Fries & Höpflinger, der Maschinenfabrik Rheinland aus Krefeld, den Riebe-Werken und der Wälzlagerfertigung der Deutsche Waffen- und Munitionsfabriken DWM, beide in Berlin, zu den Vereinigten Kugellagerfabriken (VKF) fusionierten. Mit dem Erlös zahlte er die Fichtel-Erben aus und investierte in zukunftsfähige Entwicklungen (Kupplungen, Kleinmotoren, Stoßdämpfer). Bereits 3 Jahre später starb er und sein Sohn Willy Sachs übernahm die Firma.

Für ihre Zuverlässigkeit berühmt wurden die kleinen Sachs-Zweitaktmotoren mit 98 Kubikzentimeter Hubraum, die viele deutsche Motorradhersteller in ihre Fahrzeugmodelle einbauten.

Zu Beginn des Zweiten Weltkriegs lag die Beschäftigtenzahl wieder bei 7000. Während des Zweiten Weltkriegs gab es keine entscheidende Veränderung der Produktpalette. Beinahe jeder deutsche Panzer war mit Sachs-Kupplungen ausgestattet. Unter den 1944 über 7000 Beschäftigten waren viele Zwangsarbeiter.

Nachkriegszeit

Ernst-Sachs-Straße 1959
mit dem Willy-Sachs-Casino

Nach dem Zweiten Weltkrieg bis zur Mitte der 1980er Jahre fertigte Fichtel & Sachs auch Einzylinder-Zweitakt-Ottomotoren mit Hubräumen von 50 bis 400 Kubikzentimeter, die StaMo genannt wurden. Ab 1953 baute Sachs in Lizenz von Holder einen Einzylinder-Zweitakt-Dieselmotor, der anfangs mit 500, später mit 400 bzw. 600 Kubikzentimeter vor allem in Einachsschleppern sowie Kleintraktoren Verwendung fand. 1958 starb Willy Sachs. Ab Anfang der 1960er Jahre bis zur Mitte des folgenden Jahrzehnts kam die Herstellung kleiner Einscheiben-Wankelmotoren hinzu. Allein am Standort Schweinfurt zählte man mehr als 10.000 Mitarbeiter.

Auf dem Weltmarkt konnte Fichtel & Sachs mit den vier Hauptprodukten Kleinmotoren, Fahrradnaben, Kupplungen und Stoßdämpfer bis in die 1980er Jahre eine führende, teilweise auch marktbeherrschende Stellung behaupten. In den 1960er und 1980er Jahren übernahm Fichtel & Sachs verschiedene andere traditionelle Marken und Hersteller, darunter Hercules, Rabeneick, Huret, Maillard und Sedis.[6][7] Anfang der 1970er Jahre wurde in Schweinfurt ein zweites, großes Werk errichtet, das Werk Süd im neuen Industrie- und Hafengebiet Hafen-West.

Verkauf durch Gunter Sachs

Nachdem der Verkauf der Aktienmehrheit an den britischen GKN-Konzern 1977 vom Kartellamt noch untersagt worden war, verkauften Gunter Sachs und die Töchter seines Bruders Ernst Wilhelm das Unternehmen ab 1987 an Mannesmann. 1991 erfolgte die vollständige Übernahme durch Mannesmann sowie der Mehrheitseinstieg von Mannesmann bei der Boge AG mit damaligem Hauptsitz Eitorf, die zwei Jahre später ebenfalls komplett übernommen wurde.

Logo ZF Sachs am Entwicklungszentrum in Schweinfurt

1997 wurde der Motorenbau eingestellt bzw. verkauft sowie die Produktion für Fahrrad-Nabenschaltungen und anderer Komponenten an SRAM veräußert. Sachs Bikes übernahm einen Teil der Zweiradaktivitäten. Des Weiteren wurde in diesem Jahr Fichtel & Sachs in Mannesmann Sachs umbenannt. Im Zuge der Mannesmann-Übernahme durch Vodafone ging das Unternehmen im Jahre 2000 als Teil der zuvor gegründeten Mannesmann Atecs an ein Unternehmenskonsortium um Bosch und Siemens. 2001 wurde es an ZF Friedrichshafen verkauft und noch im gleichen Jahr in ZF Sachs umbenannt. Der traditionsreiche französische Kettenhersteller Sedis wurde an die indische Fahrrad- & Industrieholding Tube Investments weiterverkauft.[8]

Am 1. August 2011 wurde das Unternehmens mit ZF Friedrichshafen verschmolzen. Damit erlosch ZF Sachs als eigenständiges Unternehmen, den Geschäftsbetrieb und die Marke Sachs führte ZF Friedrichshafen weiter.

Das Schweinfurter Werk Süd wurde seit der Übernahme durch ZF bis heute ständig erweitert und ein großes Entwicklungszentrum errichtet. Der Schweinfurter Standort hat mit 9.500 Arbeitnehmern (2017)[2] fast wieder den Höchsstand der Nachkriegszeit erreicht.

Renak in Reichenbach

Logo der Renak in Reichenbach

1942/43 wurden Produktionsabteilungen der Fichtel und Sachs AG von Schweinfurt nach Reichenbach im Vogtland ausgelagert. Mit Kriegsende wurde die Produktion unterbrochen. Im August 1945 wurde der Betrieb von der Landesregierung Sachsen übernommen und am 1.  November 1946 an die UdSSR übergeben, er firmierte teilweise als Awtowelo. Am 1. Mai 1952 wurde daraus der VEB Fahrzeugteilewerk Fichtel & Sachs, Reichenbach der DDR. 1956 wurde die Marke Renak für die VEB Renak-Werke (Reichenbacher Naben und Kupplungswerke) geschützt. Mitte der 1960er Jahre erreichte die Produktion von Fahrradteilen einen Höhepunkt mit Export in 40 Länder, sie wurde jedoch gedrosselt und der Export eingestellt.

Am 1. Juli 1990 erfolgte die Umwandlung zur RENAK-Werke GmbH. Produkte wie Lenkungslager, Tretlager, Leerlaufzahnkränze und ungebremste Stahlnaben wurden eingestellt. Von der Fichtel & Sachs AG wurde die Produktion der Jet-Nabe übernommen. Unter der Verwaltung der Treuhandanstalt wurde das Unternehmen in mehreren Teilbereichen privatisiert.

Der Betriebsteil Fahrradkomponenten, der nur noch die Rücktrittbremsnabe Univers (Torpedo) und Speed (Jet) sowie Aluminiumnaben produzierte, wurde am 1. April 1994 an die Flying Pigeon Bicycle Group Corporation (Tianjin) aus China verkauft und zugleich die RENAK–International GmbH mit rund 30 Beschäftigten gegründet.

Am 7. März 1994 wurde die Reichenbacher Naben und Fahrrad-Komponenten GmbH gegründet und die Produktion der Nabenlichtmaschine Enparlite (mechanisch abschaltbar, mit Getriebe) vorbereitet. Ende 1994 erfolgte der Verkauf der Univers- und Speed-Nabenproduktion einschließlich des Markenzeichens RENAK von Flying Pigeon zurück an die Reichenbacher Naben und Fahrrad-Komponenten GmbH, die danach ihren Namen auf RENAK Komponenten GmbH verkürzte.[9]

Produkte

Einbaumotor von Fichtel & Sachs
Sachs-505-Mofamotor

Heutige Produktpalette

Das heutige Produktionsprogramm der Schweinfurter Werke der ZF Friedrichshafen AG umfasst Antriebskomponenten wie Kupplungssysteme, Drehmomentwandler, Zweimassenschwungräder, elektrische Antriebe sowie Gesamtmodule für Hybridfahrzeuge, außerdem Fahrwerkkomponenten wie Stoßdämpfer und Dämpfungssysteme für Pkw, Lkw, Motorräder und Schienenfahrzeuge.

Sachs-Motoren

Fichtel & Sachs begann 1930 mit der Fertigung eines Fahrzeugmotors mit 74 Kubikzentimeter Hubraum. Bereits 1932 folgte ein Modell mit 98 Kubikzentimeter. In den 1930er Jahren wurden das Fahrrad mit Hilfsmotor „Saxonette“, Stationär- und Bootsmotoren sowie Motorradmotoren in das Programm aufgenommen. Nach dem Krieg wurde die alte Motorenpalette durch eine Vielzahl von Neukonstruktionen mit 50 Kubikzentimeter Hubraum für Mopeds, Mofas, Klein- und Leichtkrafträdern ergänzt. Motoren mit größeren Hubräumen fanden Verwendung in Klein- und Schneemobilen und Motorrädern.

Der Stationärmotorenbereich wurde durch Zweitaktdieselmotoren und Rasenmähermotoren mit verschiedenen Hubräumen erweitert. Hervorzuheben ist die Entwicklung einer Reihe von Wankelmotoren in verschiedenen Größen für die unterschiedlichsten Einsatzbereiche. Nach der Übernahme des Unternehmens durch Mannesmann wurde die Motorenfertigung 1997 eingestellt.

Fahrradkomponenten

Kurbel aus der Sachs Rival 7000-Gruppe

Fichtel & Sachs produzierte bis zur Übernahme der Fahrradsparte durch SRAM Mitte der 1990er Jahre eigene Fahrradkomponentengruppen. Bei der Bremsenproduktion kooperierte Sachs mit Modolo und bei der Schaltwerksproduktion mit Weinmann und Simplex.

Siehe auch

Literatur

  • Wilfried Rott: Sachs – Unternehmer, Playboys, Millionäre. Blessing, 2005, ISBN 978-3-89667-270-4
  • Thomas Horling: Kartell und ausländisches Kapital. Die deutsche Wälzlagerindustrie in den Jahren 1925–1932, in: Jahrbuch für fränkische Landesforschung 66 (2006), S. 521–562
  • Andreas Dornheim: „SACHS – Mobilität und Motorisierung: Eine Unternehmensgeschichte“. Hoffmann Campe Verlag Hamburg, 2015, ISBN 978-3-455-50382-1
Commons: Fichtel & Sachs – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien

Einzelnachweise

  1. a b Kennzahlen 2009. ZF Friedrichshafen, 12. Mai 2010, abgerufen am 13. Mai 2010.
  2. a b ZF Friedrichshafen AG Standort Schweinfurt: mit über 9.500 Mitarbeitern 2017/2018 größter Standort weltweit. Abgerufen am 9. August 2018.
  3. automobilwoche.de: ZF Friedrichshafen erstmals zweitgrößter Automobilzulieferer der Welt. Abgerufen am 12. Dezember 2017.
  4. a b FahrradZukunft.de; Geschichte von Fichtel & Sachs, Ausgabe 17, Februar 2014. Abgerufen am 24. Oktober 2016.
  5. Wilfried Rott: Sachs – Unternehmer, Playboys, Millionäre. Blessing, 2005, ISBN 978-3-89667-270-4
  6. Trekkingbike Magazin 6/2005: Zweck-Ehe (PDF; 770 kB), abgerufen am 10. Januar 2013
  7. Michael Sweatman: Sachs-Huret. Disraeli Gears, abgerufen am 8. Mai 2014.
  8. Tube Investments of India: Subsidiaries. Abgerufen am 8. Mai 2014 (englisch).
  9. Über uns > Kurzer historischer Überblick zur Geschichte von „RENAK“ RENAK GmbH, Itzehoe, 2010–2017, abgerufen 22. Juni 2017.