„Totes Meer“ – Versionsunterschied
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{{Infobox See |
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{| {{Prettytable-R}} width="300" |
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|NAME = |
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|BILD = The Dead Sea 1972-2011 - NASA Earth Observatory.jpg |
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!colspan="2" align=center bgcolor="#EBE085" | '''Totes Meer''' |
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|BILDBESCHREIBUNG = [[Falschfarben]]-Satellitenbilder des Toten Meeres aus den Jahren 1972, 1989, 2011 |
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|BREITENGRAD = 31/29/27/N |
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!colspan="2" align=center style="padding:0px" | [[Bild:Totes_Meer_m_Beschr.jpg|300px|Totes Meer]] |
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|LÄNGENGRAD = 35/28/47/E |
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|REGION-ISO = IL/JO/PS |
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!colspan="2" align=center bgcolor="#EBE085" | '''Daten''' |
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|LAGE = [[Israel]], [[Jordanien]], [[Westjordanland]] |
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|ZUFLUSS = [[Jordan]], [[Nachal Ze’elim|Nachal Zeʾelim]], [[Wadi Sdeir]], [[Wadi Murabbaʿat]], [[Wadi Mudschib]], [[Nachal Mischmar]], [[Nachal Chever]], [[Nachal Arugot]] |
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|Lage || [[Vorderasien]] |
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|ABFLUSS = abflusslos |
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|UFERORT = [[En Gedi]], [[Sedom]], [[Al-Mazra]] |
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|HÖHE = −430 |
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|NACHWEIS-HÖHE = <small>(Stand 2016. Sinkt derzeit >1 m pro Jahr durch zunehmende Austrocknung.<ref name="Kishcha">Kishcha et al., 2018</ref>)</small> |
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|Fläche || 600 [[Quadratkilometer|km²]] |
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|FLÄCHE = 810 km²<br /><small>(nördliches Becken)</small> |
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|SEELÄNGE = 67 |
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|Wasseroberfläche || unter 400 m unter [[Normalnull|NN]] |
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|SEEBREITE = 18 |
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|VOLUMEN = 147 km³ |
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|Seetiefe || ca. 400 m |
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|UMFANG = 135 |
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|MAX-TIEFE = 380 m; Seeboden 800 m u. M. |
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|Seeboden || 794 m unter [[Normalnull|NN]] |
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|MED-TIEFE = 120 |
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|BESONDERHEITEN = |
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|Zuflüsse || [[Jordan]] |
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* tiefstgelegener See der Erde |
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* tiefste (zugängliche) Landstelle der Erde |
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|Abflüsse || abflusslos |
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* extrem salzhaltig |
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* weitgehend bakterielles Leben |
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|Orte am Ufer || [[En Gedi]], [[Sedom]], [[Al-Mazra]] |
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* lokaler mittlerer Luftdruck an See­ober­fläche beträgt ca. 1060 hPa, das sind ca. 5 % mehr als auf Meeres­höhe,<!-- 1013 hPa --> womit auch der Sauer­stoff­[[partialdruck]] (die ''absolute'' atembare Menge an Sauer­stoff) um rund 5 % gegenüber dem Meeres­niveau erhöht ist <!-- Literaturwerte 3–10 % --> |
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|Besonderheiten ||- tiefstgelegener See der Erde<br>- dritttiefste [[Kryptodepression]]<br>- tiefste Landstelle der Erde <br>- extrem salzhaltig<br>- weitgehend bakterielles Leben |
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Das '''Tote Meer''' ist ein [[Endsee (Gewässer)|abflussloser See]], der mehr als 430 m unter dem [[Meeresspiegel]] liegt, vom [[Jordan]] gespeist wird und für seinen hohen [[Salinität|Salzgehalt]] bekannt ist.<ref name="Tiefe">{{Internetquelle|url=https://www.spiegel.de/reise/aktuell/drohende-ueberflutung-hoteliers-am-toten-meer-schmieden-rettungsplan-a-771302.html |titel=Drohende Überflutung: Hoteliers am Toten Meer schmieden Rettungsplan |autor= |werk=[[Spiegel Online]] |datum=2011-06-29 |abruf=2019-12-13}}</ref> Das Tote Meer grenzt an [[Jordanien]], [[Israel]] und das [[Westjordanland]]. |
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Das Tote Meer ist der am tiefsten unter dem Meeresspiegel gelegene See der Erde. An seinem Ufer liegt die tiefste zugängliche Stelle an Land auf der Erdoberfläche.<ref>{{Internetquelle |url=https://www.sueddeutsche.de/wissen/serie-erde-extrem-teil-12-420-meter-unter-dem-meeresspiegel-trocken-1.579582 |titel=420 Meter unter dem Meeresspiegel – trocken |werk=Süddeutsche Zeitung |datum=2010-06-25 |sprache=de |abruf=2022-05-08}}</ref> |
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Das '''Tote Meer''' ([[Hebräische Sprache|hebr.]] ים המלח ''Yam HaMelach'' bzw. "Salzmeer"; [[Arabische Sprache|arab.]] '''بحر الميّت''' ''Bahr al-Mayyit'' oder '''بحر لوط''' ''Bahr Lūt'', "Meer des Todes" oder "Meer des [[Lot (AT)|Lot]]") ist ein [[See (Gewässer)|See]], der vom [[Jordan]] gespeist wird. Er grenzt an [[Israel]], das israelisch besetzte [[Westjordanland]] und an [[Jordanien]]. |
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== Gewässernamen == |
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Der heute in den meisten Sprachen gebräuchliche Name „Totes Meer“ war bereits in der [[Antike]] geläufig. So bezeichnete [[Pausanias]] den See im 2. Jahrhundert als {{lang|grc|θάλασσα ἡ Νεκρά}} (''thálassa hḕ Nekrá)'' und [[Marcus Iunianus Iustinus|Iustinus]] im 2. oder 3. Jahrhundert als ''Mare mortuum.'' Weiterhin wurde der See in der Antike auch ‚Asphaltsee‘ genannt, unter anderem bei [[Diodor]] und [[Plinius der Ältere|Plinius dem Älteren]],<ref>Othmar Keel, Max Küchler: ''Orte und Landschaften der Bibel.'' Band 2, Vandenhoeck & Ruprecht, Göttingen 1982, ISBN 3-545-23042-2, S. 238 f. ({{Google Buch |BuchID=j3jsKqzuP5YC |Seite=238 |Hervorhebung=asphaltsee salzmeer |Linktext=Vorschau}}).</ref> so benannt nach dem Hauptfundort von Erdharz (verfestigtes Erdöl) im südlichen Teil des Sees, wo die Klumpen in unregelmäßigen Abständen vom Seegrund aufsteigen.<ref>Alexander Schweizer: [http://www.allesumdiekinderkirche.de/textsuche/1mos14b.pdf ''1. Mose 14 – Abram rettet Lot.''] allesumdiekinderkirche.de, abgerufen am 19. Dezember 2023</ref> Der [[Hebräische Sprache|hebräische]] Name, der sich bereits im [[Altes Testament|Alten Testament]] findet, lautet {{he|ים המלח}} ''Jam haMelach'' ‚Salzmeer‘. Im [[Arabische Sprache|Arabischen]] sind die Bezeichnungen {{ar|البحر الميّت|d=al-Baḥr al-Mayyit|b=das tote Meer}} und {{arF|بحر لوط|d=Baḥr Lūṭ|b=Meer des [[Lot (Bibel und Koran)|Lot]]}} üblich (siehe auch [[#Antike Darstellungen|antike Darstellungen]]). |
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== Geografie == |
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[[Bild:Dead_Sea_Sunrise.jpg|left|thumb|200px|Sonnenaufgang am Toten Meer]] |
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[[Datei:ISS013-E-78399.jpg |mini |Blick von der [[ISS]] aus 339 km Höhe auf das östliche Ende des Mittelmeers und den angrenzenden Teil Vorderasiens (7. September 2006), Blickrichtung ist annähernd Nord. In der Bildmitte ist, von unten nach oben verlaufend, der Jordangraben mit dem Toten Meer und (weiter im Hintergrund) dem See Genezareth erkennbar.]] |
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=== Topographie === |
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Das Tote Meer bildet einen abflusslosen und rund 600 [[Quadratkilometer|km²]] großen [[Salzsee]], der als so genannter ''Endsee'' in einer [[Senke (Geomorphologie)|Depression]] liegt. Diese ist Teil des [[Jordangraben]]s, der die nördliche Fortsetzung des [[Great Rift Valley]]s, des so genannten ''Afrikanischen Grabens'' darstellt. Seine Wasseroberfläche wird häufig mit Werten um 396 m unter [[Normalnull|NN]] angeben; tatsächlich liegt der Wasserspiegel bei einer fortschreitenden Austrocknung bereits seit einigen Jahren unter -400 Meter. Die Küste des Sees bildet damit den tiefsten frei zugänglichen Punkt der [[Erdoberfläche]]; das Tote Meer ist der tiefstgelegene See der Erde, aber nicht der [[Baikalsee|tiefste]]. Der Grund des Sees liegt bei 794 m unter [[Normalnull|NN]]; damit handelt es sich hier um die dritttiefste [[Kryptodepression]] der Erde. |
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{{Überarbeiten}} |
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Das Tote Meer ist mit einer Nord-Süd-Ausdehnung von ca. 90 km und einer West-Ost-Ausdehnung von max. 17 km ein rund 900 km² großer [[Salzsee]], der als [[Endsee (Gewässer)|Endsee]] in einer [[Endorheisch|abflusslosen]] [[Depression (Geologie)|Senke]] liegt. Sie ist Teil des [[Jordangraben]]s, des nördlichsten Astes des [[Großer Afrikanischer Grabenbruch|Großen Afrikanischen Grabenbruchs]]. Das Tote Meer ist in einen nördlichen und einen südlichen Teil getrennt. Seine Wasseroberfläche wird noch häufig mit Werten um {{Höhe|−396|link=true}} angegeben; tatsächlich liegt der Wasserspiegel des nördlichen Teils aufgrund fortschreitender Austrocknung bereits seit einigen Jahren unter {{Höhe|−430}}.<ref name="Kishcha"/> Das Ufer des Sees bildet damit den am tiefsten gelegenen, nicht von Wasser oder Eis ([[Bentley-Subglazialgraben]]) bedeckten Bereich der Erde. Damit ist das Tote Meer der am tiefsten gelegene See der Erde. Der See mit dem tiefstgelegenen Grund ist dagegen der [[Baikalsee]]. Bei ihm liegt der tiefste Punkt bei {{Höhe|−1186}},<ref>{{Webarchiv|url=http://users.ugent.be/~mdbatist/intas/morphometry.htm |wayback=20181225085935 |text=Archivierte Kopie |archiv-bot=2024-05-31 07:38:15 InternetArchiveBot }} geografische Daten zum Baikalsee</ref> während der tiefste Punkt des Toten Meeres bei {{Höhe|−794}} liegt. |
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=== Klima === |
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Das Klima am Toten Meer ist ganzjährig sonnig bei geringer Luftfeuchtigkeit. Im Jahresverlauf fallen weniger als 50 mm Niederschlag. Die mittleren Höchsttemperaturen liegen im Sommer zwischen 32 und 39 °C, im Winter zwischen 20 und 23 °C. Im Durchschnitt gibt es 192 Tage mit mehr als 30 °C Höchsttemperatur. Die Wassertemperatur liegt zwischen 19 °C im Februar und 31 °C im August.<ref>Psoriasis RX: [http://www.psoriasisrx.com/Dead_Sea.asp Dead Sea Psoriasis Treatments], abgerufen am 7. Juli 2013.</ref> |
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== Salzgehalt, Flora und Fauna == |
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[[Bild:Totes-Meer.jpg|left|thumb|135px|salzverkrustete Steine am Toten Meer]] |
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[[Datei:Totes meer steine.jpg|mini|links|Salzverkrustete Steine am Toten Meer]] |
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[[Datei:Dead Sea Halite View 031712.jpg|mini|links|Ausgedehnte Salzkruste am Ufer des Toten Meeres]] |
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[[Datei:Halite Dead Sea Beach Pebbles.JPG|mini|links|„Kiesel“ aus Salz am Ufer des Toten Meeres (Nahaufnahme). Es könnte sich entweder um in bewegtem Wasser rundgeschliffene Salzkristalle handeln oder um dick mit Salz umkrustete Sandkörner (Salz[[ooid]]e bzw. -[[pisoid]]e).]] |
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Der Salzgehalt des Toten Meeres liegt bei bis zu 33 %, im Durchschnitt liegt er bei rund 28 % (zum Vergleich: das [[Mittelmeer]] hat einen durchschnittlichen Salzgehalt von 3,8 %). Noch salzhaltiger sind nur der [[Retba-See]] in [[Senegal]] mit etwa 39 %,<ref>Papa Sow: ''[https://www.econstor.eu/bitstream/10419/88369/1/773387625.pdf Uncertainties and conflicting environmental adaptation strategies in the region of the Pink Lake, Senegal.]'' Zentrum für Entwicklungsforschung, Universität Bonn, August 2012, {{ISSN|1864-6638}}. Abgerufen am 28. März 2014.</ref> der [[Assalsee (Dschibuti)|Assalsee]] in [[Dschibuti]] mit knapp 35 %, der [[Kara-Bogas-Gol]] in [[Turkmenistan]] mit bis zu 34 %, der [[Tuz Gölü]] in der [[Türkei]] mit bis zu 37 %, einige Seen in den [[Antarktische Trockentäler|antarktischen Trockentälern]] ([[Don-Juan-See]], etwa 44 %) sowie der [[Gaet'ale]] in der Region [[Afar (Region)|Afar]], [[Äthiopien]]. |
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Der Salzgehalt des Toten Meers beträgt bis zu 33 Prozent, im Durchschnitt rund 28 Prozent (zum Vergleich: der Salzgehalt des Mittelmeers liegt bei ca. 3 Prozent). Nur der [[Assalsee]] in [[Ostafrika]] ist mit knapp 35 Prozent noch salzhaltiger. |
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Die Mineralzusammensetzung des Salzes des Toten Meeres unterscheidet sich deutlich von der Salzzusammensetzung von [[Meerwasser]]. Es enthält ungefähr 50,8 % [[Magnesiumchlorid]], 14,4 % [[Calciumchlorid]], 30,4 % [[Natriumchlorid]] und 4,4 % [[Kaliumchlorid]], bezogen auf die wasserfreien Salze. Der Rest entfällt auf zahlreiche Spurenelemente. Es enthält wenig [[Sulfate|Sulfat]], jedoch relativ viel [[Bromide|Bromid]]. |
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Das Tote Meer hat keinen Abfluss, das heißt, alles Wasser, das hineinfließt, bleibt drin. Eigentlich müsste jetzt der Wasserspiegel immer weiter steigen, bis das Wasser irgendwann in ein anderes Meer abfließen (überlaufen) würde. Das passiert aber nicht: Am Toten Meer herrscht ein trockenes Wüstenklima. Es fällt kaum Regen und es ist sehr heiß (im Sommer bis über 40 Grad). Dadurch verdampft soviel Wasser, dass sich der Wasserspiegel auf einer bestimmten Höhe einpendelt. Die Menge an Wasser, die zufließt, verdampft auch wieder. Aber nur das Wasser verdampft: Mineralien, Salze usw., die vor allem vom Jordan in das Tote Meer eingetragen werden, bleiben zurück und reichern sich im Wasser immer weiter an. So kommt es zu einem Salzgehalt von über 30%. |
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Aufgrund des hohen Salzgehalts hat das Seewasser eine Dichte von ca. 1,240 kg/l.<ref>{{Webarchiv|url=http://www.dspimport.com/about_the_dead_sea.html |wayback=20131104055037 |text=Archivierte Kopie}}</ref> |
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Entgegen seinem Namen ist das Tote Meer biologisch nicht tot, jedoch beschränkt sich das Leben weitgehend auf verschiedene [[Mikroorganismen]], insbesondere auf anaerobe, Nitro, [[Schwefel]] und [[Cellulose]] abbauende [[Bakterien]]. Auch manche Pflanzen mit großer [[Salztoleranz]], die sog. [[Halophyten]], können in dieser extremen Umwelt überleben. |
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Wie 2024 bekannt wurde, gibt es am Grund des Toten Meeres Kaltwasserquellen, welche als „[[Weiße Raucher]]“ (z. T. mehrere Meter hohe Schlote aus [[Halit]]) bezeichnete werden. Sie werden gespeist durch den Austritt einer kalten Sole, deren Salz aus jahrtausendalten salzhaltigen Schichten des Untergrunds stammt. Der für die Bildung der Schlote nötige Auftrieb entsteht anders als bei den Weißen Rauchern der Tiefsee nicht durch die Hitze der austretenden Flüssigkeit, sondern durch den im Vergleich zum Toten Meer geringeren Salzgehalt. Die salzhaltigen Schichten entstanden vor ca. 10.000 Jahren, als der bis dahin existierende [[Lisan-See]] verschwand.<ref name="Siebert2024"/><ref>[https://www.mineralienatlas.de/lexikon/index.php/Jordanien/Totes%20Meer/Lisan-Schichten Lisan-Schichten] (mineralienatlas.de).</ref><ref>Nadja Podbregar: [https://www.wissenschaft.de/bildervideos/bild-der-woche/zeugen-nasserer-zeiten/ Zeugen nasser Zeiten]. Auf: [[wissenschaft.de]] vom 28. April 2022.</ref> |
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Durch die ständige Wasserentnahme aus dem Jordan zur Versorgung von [[Israel]] und [[Jordanien]] mit Trinkwasser ist das Tote Meer von schleichender Austrocknung bedroht. Der [[Wasserspiegel]] des Sees sinkt seit Jahren, da die Zuflussmengen bei gleichbleibender [[Verdunstung]] abnehmen. Pläne zur Rettung des Toten Meers sehen vor, einen Kanal vom [[Rotes Meer|Roten Meer]] zu graben. Die enspr. Planung ist bereits angelaufen. Das zugeführte Wasser könnte den Wasserspiegel stabil halten, gleichzeitig könnte das Gefälle zur Energieerzeugung genutzt werden. |
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Das Tote Meer hat keinen Abfluss. Im trockenen Wüstenklima verdunstet das Wasser, wobei Mineralien, Salze und anderes zurückbleiben und sich im See anreichern. Durch den Zufluss von Jordanwasser und den Entzug von Verdunstungswasser pegelt sich die Höhe des Wasserspiegels ein. Negativ beeinflusst wird der Wasserpegel durch die künstliche Verdunstung der kommerziellen Salzgewinnung. |
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[[Bild:Totes-Meer2.jpg|left|thumb|135px|Schwimmen im Toten Meer]] |
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Die Zusammensetzung der Salze im Toten Meer ist [[Hygroskopie|hygroskopisch]], was dazu führt, dass bei moderaten Temperaturen Wasser aus dem Toten Meer nie ganz verdunstet. |
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Entgegen dem Namen ist das Tote Meer biologisch nicht tot, allerdings beschränkt sich das Leben weitgehend auf verschiedene [[Extremophile]], vor allem [[halophile]] [[Mikroorganismus|Mikroorganismen]]. Diese gehören überwiegend der Domäne der [[Archaeen]] an, jedoch sind auch [[Nitrate#Salpeter|Salpeter]]-, [[Schwefel]]- und [[Cellulose]]-abbauende [[anaerob]]e [[Bakterien]] vertreten. 2011 wurde eine unerwartet reiche Vielfalt an Mikroorganismen im Toten Meer entdeckt, welche in der Umgebung von Süßwasserquellen am Grund des Toten Meeres vorkommen. Sie bilden am Seeboden großflächige Algen- und Bakterienmatten. Die Konzentration an Mikroorganismen pro Milliliter ist mit 1.000 bis 10.000 deutlich geringer als in normalem Meereswasser. Von manchen der dort entdeckten Mikroorganismen war ein Vorkommen in einem solch salzhaltigen Milieu bisher nicht bekannt. Viele andere Mikroorganismen waren der Wissenschaft bisher gänzlich unbekannt. 1992 führten Mikrobenblüten zu einer Rotfärbung des Toten Meeres.<ref name="Ionescu">Kartin Kloosterman: ''[https://www.greenprophet.com/2011/09/new-life-found-dead-sea/ New Life In Dead Sea Found!]'' Artikel vom 21. September 2011 auf greenprophet.com, abgerufen am 20. Januar 2012.</ref><ref>[https://www.spiegel.de/wissenschaft/natur/bakterienmatten-suesswasserquellen-bringen-leben-ins-tote-meer-a-787784.html ''Süßwasserquellen bringen Leben ins Tote Meer.''] [[Spiegel Online]], 29. Juni 2006, abgerufen am 22. September 2011.</ref> |
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Auch manche Pflanzen mit großer [[Salztoleranz]], die [[Salzpflanze|Halophyten]], können in dieser extremen Umwelt überleben. |
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== Tourismus == |
== Tourismus == |
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[[Datei:Dead sea newspaper.jpg|mini|Zeitunglesen – ein beliebtes Motiv]] |
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Touristisch interessante Orte am Toten Meer sowie in der näheren Umgebung sind [[En Bokek]], [[Neve Zohar]], die Oase [[En Gedi]] sowie [[Masada]], [[Jericho]] und die Höhlen von [[Qumran]]. Auf der jordanischen Ostseite des Toten Meeres befinden sich auf der Lisan-Halbinsel die Orte Numeira und [[Bab edh-Dhra]] (auch bekannt als ''Dhra''). Es gibt Annahmen, dass sie am Ort der Städte [[Sodom und Gomorra]] stehen, die nach biblischer Überlieferung zerstört wurden. Dhra ist einer der archäologisch ältesten Orte mit Belegen für den frühen Ackerbau (hier 9500 v. Chr.). Mehr als 20.000 bronzezeitliche [[Schachtgrab|Schachtgräber]] werden hier vermutet, erst wenige sind ausgegraben. |
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[[Bild:Dead sea newspaper.jpg|thumb|292px|Zeitunglesen im Toten Meer]] |
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Bedeutend für die Region ist auch der Badetourismus. Aufgrund des hohen Salzgehaltes, der fast das Zehnfache der Ozeane beträgt, und der damit verbundenen hohen Dichte trägt das Wasser den menschlichen Körper außergewöhnlich gut. Man kann allerdings dennoch ertrinken. Nach einem Bericht des ''[[Magen David Adom|Roten Davidsterns]]'' gibt es dort entgegen landläufiger Meinung ähnlich wie an anderen Badeseen neben Todesfällen viele Unfälle, bei denen Menschen beinahe ertrinken. Immer wieder verlieren Badegäste, die sich vom Wasser tragen lassen, die Balance und schlucken dann große Mengen an Wasser.<ref>[http://www.juedische-allgemeine.de/article/view/id/8490 Wladimir Struminski: ''Mail aus Jerusalem. Gays, Geborgenheit, Glück und Gefahr.''] In: [[Jüdische Allgemeine]], 26. August 2010.</ref><ref>[http://www.haaretz.com/news/national/contrary-to-popular-belief-new-report-shows-you-can-drown-in-the-dead-sea-1.308847 Dan Even: ''Contrary to Popular Belief, New Report Shows You Can Drown in the Dead Sea.''] In: [[Haaretz]], 18. August 2010: “Magen David Adom reports that of 117 near-drowning incidents that paramedics have attended to since the start of 2010, 17 % have been at the Dead Sea.”</ref> Dies ist lebensgefährlich, da es schwere Lungenverletzungen verursachen kann.<ref>[https://www.ima.org.il/FilesUpload/IMAJ/0/54/27421.pdf Lisa R. Saidel-Odes, Yaniv Almog: ''Near-Drowning in the Dead Sea: A Retrospective Observational Analysis of 69 Patients''] (PDF; 179 kB), abgerufen am 23. Juli 2014.</ref> Das Salz verursacht schon an kleinsten Hautverletzungen brennenden Schmerz.<ref>{{Literatur |Autor=Samantha Wilson |Titel=Israel |Verlag=Bradt Travel Guides |Ort= |Datum=2011 |ISBN=978-1-84162-362-7 |Seiten=261 |Online=[https://books.google.de/books?id=kY_v3QFAqqwC&pg=PA261 books.google.de]}}</ref> Sehr unangenehm ist das konzentrierte Salzwasser in den Augen. Am Ufer sind die Salzverkrustungen oft scharfkantig. |
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Touristisch interessante Orte am Toten Meer sind die [[Oase]] [[En Gedi]] sowie [[Massada]], [[Jericho]] und die Höhlen von [[Schriftrollen vom Toten Meer|Qumran]]. Jericho wird von der palästinensischen Autonomiebehörde verwaltet, kann aber ohne grössere Probleme besucht werden. Touristisch besonders interessant ist die Ausgrabungsstätte von Qumran, die jeden Tag von Tausenden Touristen angesteuert wird. Traumhaft gelegen auch der Kibbuz Kahlia, direkt bei den Höhlen von Qumran. |
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Andererseits kann die hohe Konzentration der im Toten Meer gelösten Salze die Symptome von [[Hautkrankheit]]en deutlich lindern, sodass in manchen Fällen von [[Atopisches Ekzem|Neurodermitis]] und [[Schuppenflechte|Psoriasis]] ein [[Kuraufenthalt]] bzw. Klimaheilbehandlungen auch von deutschen Krankenkassen bezahlt werden. Auch Kurorte in Deutschland bieten Bäder in Salzwasser aus dem Toten Meer an. Aus dem Wasser des Toten Meeres gewonnene Salzminerale (vgl. [[Evaporit]]) werden auch in Kosmetika verarbeitet und das Salz in Originalzusammensetzung wird in Apotheken und Drogerien als medizinischer Badezusatz verkauft. |
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Auf der jordanischen Ostseite des Toten Meeres befinden sich auf Lisan-Halbinsel die Orte Numeira und Bab Edh Dhra (bekannter als Dhra). Es gibt Annahmen, dass sie die Städte [[Sodom und Gomorrha]] waren, die nach biblischer Überlieferung zerstört wurden. Dhra ist einer der archäologisch ältesten Orte mit Belegen für den frühen Ackerbau (hier 9 500 v. Chr.) Mehr als 20 000 bronzezeitliche Schachtgräber werden hier vermutet, erst wenige sind ausgegraben. |
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Die therapeutisch nutzbaren Bedingungen am Toten Meer erstrecken sich zudem auf einen höheren [[Luftdruck]] (+ ca. 50 hPa bzw. 5 % höher als der Druck auf [[Höhe über dem Meeresspiegel|Meeresniveau]]) und demzufolge einen höheren [[Partialdruck|Sauerstoffpartialdruck]]. Diese dichtere Atmosphäre absorbiert zusammen mit dem Wüstenstaub und dem ständigen Dunstschleier aufgrund der starken Verdunstung einen größeren Teil der [[Ultraviolettstrahlung]] als auf Meeresniveau. Die kurzwelligen UVB-Strahlen werden dadurch um ca. 30 Prozent gegenüber nahe gelegenen Orten, die 300 Meter über dem Meeresspiegel liegen, verringert.<ref>[http://www.zeit.de/2006/22/Stimmt-s_P_xml ''Stimmt’s: Sanfte Sonne.''] [[Zeit Online]], 29. Juni 2006, abgerufen am 29. März 2010.</ref><ref>[[Süddeutsche.de]]: ''[https://www.sueddeutsche.de/wissen/frage-der-woche-bekommt-man-am-toten-meer-keinen-sonnenbrand-1.180600 Frage der Woche: Bekommt man am Toten Meer keinen Sonnenbrand?]''</ref> |
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==Weblinks== |
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{{Wiktionary1|Totes Meer}} |
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{{Panorama|Dead Sea Panorama.jpg|1500|Panorama des Toten Meeres von der israelischen Seite}} |
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* [http://archaeology.about.com/library/atlas/bljordan.htm Archäologie Jordaniens] (''engl.'') |
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* [http://www.nd.edu/~edsp/numeira.html Seite über Expeditionen zum Toten Meer] (''engl.'') |
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== Antike Darstellungen == |
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Sehr frühe Erwähnungen des Toten Meeres, wenngleich nur beiläufig, finden sich im [[Altes Testament|Alten Testament]]. Darin wird es, aus naheliegenden Gründen, als ‚Meer der Wüste‘ oder ‚Meer der Steppe‘ (hebr.: ''jam ha-’arabah;'' griech.: θάλασσα Αραβα, ''thálassa Araba;'' lat.: ''mare deserti,'' ''mare solitudinis'')<ref>[[5. Buch Mose|Deuteronomium]] Kap. 3, Vers 17; Kap. 4, Vers 49; [[Buch Josua]] Kap. 3, Vers 16; Kap. 12, Vers 3; [[2. Buch der Könige]] Kap. 14, Vers 25; siehe Othmar Keel, Max Küchler: ''Orte und Landschaften der Bibel: ein Handbuch und Studien-Reiseführer zum Heiligen Land.'' Band 2: ''Der Süden.'' Benziger/Vandenhoeck & Ruprecht, Zürich/Einsiedeln/Köln/Göttingen 1982, ISBN 3-545-23042-2 / ISBN 3-525-50167-6, S. 238</ref> und als ‚Salzmeer‘ oder ‚(sehr) salziges Meer‘ bezeichnet (''jam ha-melach;'' θάλασσα τῶν ἁλῶν oder ἁλός, ''thálassa ton halón'' oder ''halós,'' θάλασσα ἡ ἁλυκή, ''thálassa he halyké;'' ''mare salis,'' ''mare salissimum;'' {{B|Gen|14|3}}; {{B|Num|34|3.12}}; {{B|Jos|15|2.5}}; {{BB|Jos|18|19}}). Ferner taucht im Alten Testament die Bezeichnung ‚das östliche‘ oder ‚das vordere Meer‘ ''(ha-jam ha-qadmoni;'' ἡ θάλασσα ἡ πρὸς ἀνατολάς, ''he thálassa he pros anatolás,'' ἡ θάλασσα ἡ πρώτη, ''he thálassa he próte;'' ''mare orientale)'' auf, wobei das Tote Meer hier dem Mittelmeer gegenübergestellt wird, das mit dem Namen ‚das westliche‘ oder ‚das hintere Meer‘ belegt ist ({{B|Ez|47|18}}; {{B|Joel|2|20}}; {{B|Sach|14|8}}).<ref>Othmar Keel, Max Küchler: ''Orte und Landschaften der Bibel.'' 1982, S. 238.</ref> |
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[[Plinius der Ältere]], ein römischer Autor des 1. Jh. n. Chr., kommt auf das Tote Meer – bei ihm ‚Asphaltsee‘ (''Asphaltites'') genannt – an mehreren Stellen seiner ''[[Naturalis historia]]'' zu sprechen: Es habe eine Länge von über 100 [[Meile]]n (entspricht etwa 150 km) und eine Breite von bis zu 75 Meilen (ca. 113 km).<ref>Keel & Küchler: ''Orte und Landschaften der Bibel.'' 1982, S. 244.</ref> In Buch 5 heißt es: ''„Der Asphaltsee erzeugt nichts außer [[Asphalt (Geologie)|Erdpech]], woher er auch seinen Namen hat. Er nimmt keinen Tierkörper auf, Stiere und Kamele treiben an der Oberfläche; daher entstand das Gerücht, daß in ihm nichts versinke.“''<ref>G. Plinius Secundus: ''Naturkunde.'' Buch 5: ''Geographie: Afrika und Asien.'' Herausgegeben und übersetzt von [[Gerhard Winkler (Epigraphiker)|Gerhard Winkler]], in Zusammenarbeit mit [[Roderich König]]. Artemis & Winkler, Zürich 1993, ISBN 3-7608-1585-5, Kapitel II,72.</ref> Diese Beschreibung ist jedoch, ganz abgesehen von den weit übertriebenen Größenangaben, irreführend; denn das Tote Meer war auch damals kein [[Asphaltsee (Geologie)|Asphaltsee]] im eigentlichen Sinn. Mit ‚Stieren‘ und ‚Kamelen‘ sind wohl die ‚Stiere‘ und ‚Kälber‘ gemeint, die [[Diodor]]os, ein griechischer Geschichtsschreiber der [[Hellenismus|hellenistischen Ära]], im Zusammenhang mit dem Toten Meer erwähnt, das auch bei ihm schon ‚Asphaltsee‘ (Ἀσφαλτῖτις λίμνη, ''Asphaltítis límne'') heißt. Damit bezeichneten, Diodor zufolge, die im Umland des Sees lebenden [[Nabatäer]] keine echten Tiere, sondern auf dem Wasser schwimmendes „Erdpech“.<ref name="diodor">''Diodor’s von Sicilien historische Bibliothek.'' Übersetzt von [[Julius Friedrich Wurm]]. Zweites Buch, Verlag der J. B. Wetzlerschen Buchhandlung, Stuttgart 1828, S. 227 f. ([http://reader.digitale-sammlungen.de/de/fs1/object/display/bsb10235726_00073.html?zoom=1 MDZ-Reader]).</ref> Weil dieser [[Asphalt (Geologie)|Naturasphalt]] ein begehrter Rohstoff, u. a. für die Mumifizierung von Toten,<ref name="nissenbaum">A. Nissenbaum, Z. Aizenshtat, M. Goldberg: ''The floating asphalt blocks of the Dead Sea.'' Physics and Chemistry of the Earth. Bd. 12, 1980, S. 157–161, {{DOI|10.1016/0079-1946(79)90098-3}}</ref> war, fuhren sie auf den See hinaus, sobald sich ein solcher Erdpechklumpen zeigte, bargen den Asphalt und verkauften ihn „mit beträchtlichem Gewinn“.<ref name="diodor" /> Der Asphalt stammt wahrscheinlich aus einem an organischer Substanz ([[Kerogen]]) stark angereicherten Sedimentgestein („[[Ölschiefer]]“) im Untergrund des Sees. Von dort aus migriert er im stark salzhaltigen Porenwasser der Deckschichten bis zum Seegrund, löst sich bei starken [[Erdbeben]] ab und steigt zur Oberfläche des Sees auf.<ref name="nissenbaum" /><ref name="gvirtzman">H. Gvirtzman, E. Stanislavsky: ''Palaeohydrology of hydrocarbon maturation, migration and accumulation in the Dead Sea Rift.'' Basin Research. Bd. 12, Nr. 1, 2000, S. 79–93, {{DOI|10.1046/j.1365-2117.2000.00111.x}}</ref> |
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Auch die heute gängige Bezeichnung ‚Totes Meer‘ (Θάλασσα Νεκρά, ''Thalassa Nekra;'' ''mortuum mare'') ist bereits in Schriften aus der Antike überliefert. Unter diesem Namen wird der See in der ''Epitoma Historiarum Philippicarum Trogi Pompeii'' (vermutlich 3. Jh. n. Chr.) des römischen Geschichtsschreibers [[Marcus Iunianus Iustinus|Justinus]] wiederum sehr verzerrt dargestellt. Darin heißt es: „Der See wird wegen der Größe und völligen Bewegungslosigkeit seines Gewässers ‚Totes Meer‘ genannt. Denn weder gerät er durch Stürme in Bewegung, da das Erdpech, durch welches das ganze Wasser zähflüssig gemacht wird, jedem Luftwirbel widersteht, noch ist er mit Schiffen befahrbar, weil alle leblosen Gegenstände darin in der Tiefe versinken.“<ref name="KeelS239">Keel & Küchler: ''Orte und Landschaften der Bibel.'' 1982, S. 239.</ref> Wesentlich näher an der Realität ist der berühmte Arzt [[Galenos|Galenus]], der den Namen ‚Totes Meer‘ in seinem Werk ''De Simplicium Medicamentorum Temperamentis'' daraus ableitet, dass „im Wasser dieses Sees weder tierisches noch pflanzliches Leben irgendwelcher Art entsteht; die beiden Flüsse, die in es münden, besonders derjenige, der nahe an Jericho vorbeifließt, beherbergen zwar große Fische in großer Zahl, von denen aber keiner die Mündung passiert. Wenn man sie fängt und in den See wirft, dauert es nicht lange, bis man sie verenden sieht.“<ref name="KeelS239" /> |
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== Wasserspiegel == |
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[[Datei:Totes Meer Pegelstände.png|mini|Pegelstand des Toten Meeres von 1930 bis 2020]] |
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In den 1930er Jahren strömten jährlich etwa 1300 Mio. m³ Wasser ins Tote Meer, heute sind es noch etwa 310 Mio. m³. |
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Es wird angenommen, dass der Pegel um 2000 v. Chr. mit −250 m am höchsten stand. Zwischen 1850 und 1970 hielt sich der Pegel gemäß Schätzungen ziemlich konstant bei etwa −390 bis −400 m, seitdem sinkt er durch zunehmende Austrocknung.<ref>[[USGS]] 1998</ref> Im Zeitraum seit 1994 betrug diese Abnahme schon durchschnittlich einen Meter pro Jahr, in den Jahren seit 2005 sogar jedes Jahr mehr als einen Meter (Stand 2018).<ref name="Kishcha" /> Mit Stand Januar 2014 lag der Pegel bei 427,79 Meter unter dem Meeresspiegel.<ref name="Tiefe2014">[http://www.jpost.com/Enviro-Tech/Despite-winter-storms-Dead-Sea-water-level-continues-to-fall-337432 Sharon Udasin: ''Despite winter storms, Dead Sea water level continues to fall.''] [[The Jerusalem Post]], 8. Januar 2014.</ref> |
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Nach einer Mitteilung der Hebräischen Universität von Jerusalem wurden bei Bohrungen im Jahr 2010 in einer Tiefe von 250 Metern unter dem Seeboden dicke Salzablagerungen unter schlammigen Sedimentschichten entdeckt. Dies sei ein Hinweis darauf, dass das Tote Meer vor rund 125.000 Jahren aufgrund klimatischer Ursachen fast völlig ausgetrocknet war.<ref name="ntv_austrockung">[https://www.n-tv.de/wissen/Totes-Meer-war-fast-verschwunden-article5270261.html ''In der Vergangenheit gebohrt: Totes Meer war fast verschwunden.''] [[n-tv.de]], 20. Januar 2012.</ref> |
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Das Tote Meer wird durch die jordanische Halbinsel Lisan – etwa auf Höhe der antiken Festung [[Masada]] – in einen kleineren Südteil (Tiefe 4 bis 6 Meter) und in einen größeren Nordteil (Tiefe über 370 Meter) geteilt.<ref name="Bokok" /><ref name="haMelach" /><ref name="ntv_austrockung" /> Beide Teile liegen auf unterschiedlichen Höhen. Sie sind an ihrer schmalsten Stelle rund 600 m voneinander entfernt und durch mehrere, regulierte wasserführende Kanäle (u.a Ha’Lashon Kanal) sowie durch mehrere – kaum wasserführende – Rinnen miteinander verbunden.<ref name="Messungen">Messung auf Basis Satellitenbild, Stand: März 2011</ref> |
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=== Nördlicher Teil des Toten Meeres === |
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[[Datei:Schwimmen im Toten Meer.jpg|mini|Schwimmen im Toten Meer]] |
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Seit geraumer Zeit wird Wasser aus dem Jordan zur Trinkwasserversorgung und zur Bewässerung in der Landwirtschaft entnommen. Spätestens seit den 1980er Jahren sinkt dadurch der Wasserspiegel jährlich um etwa einen Meter, der nördliche Teil des Toten Meeres trocknet schleichend aus. Dies wird sich fortsetzen, solange die Zuflussmenge kleiner ist als die [[Verdunstung]] über die Meeresoberfläche. Da die verdunstete Wassermasse proportional zur Seeoberfläche ist, die in den letzten drei Jahrzehnten des 20. Jahrhunderts um rund ein Drittel schrumpfte, verlangsamt sich der Austrocknungsprozess mit der Zeit, bis erneut ein Gleichgewicht hergestellt ist. |
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Durch das Absinken der Seeoberfläche reißen am Ufer häufig sogenannte Senklöcher auf. Ursächlich sind Solschichten im Boden, die mit dem Absinken des Wasserspiegels unter den Einfluss von nachsickerndem Süßwasser geraten und dadurch gelöst werden. 2017 gab es rund 6000 Senklöcher auf der israelischen Seite, einige Mango- und Dattelplantagen, ein Campingplatz, ein Kiosk und ein Strandrestaurant sowie einige Straßenzüge wurden beeinträchtigt.<ref>{{Internetquelle |url=https://www.fr.de/panorama/tote-meer-zieht-sich-zurueck-10999267.html |titel=Das Tote Meer zieht sich zurück |datum=2017-10-03 |sprache=de |abruf=2020-04-03}}</ref> |
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Pläne zur „Rettung“ des Toten Meeres sahen vor, eine 300 km lange und fünf Milliarden US-Dollar teure [[Pipeline]], genannt [[Totes-Meer-Kanal]], vom [[Rotes Meer|Roten Meer]] zu bauen. Das zugeführte Meerwasser sollte den Wasserspiegel stabil halten, und gleichzeitig das Gefälle zur Energiegewinnung nutzen. Allerdings hätte die Vermischung des [[Calcium|kalziumhaltigen]] Wassers des Toten Meeres mit dem [[Sulfate|sulfatreichen]] Wasser aus dem Roten Meer zu großflächiger [[Gips]]<nowiki/>ausfällung im Toten Meer geführt. Dem Projekt wurde daher 2021 von jordanischer Seite eine endgültige Absage erteilt.<ref>{{Internetquelle |url=https://www.timesofisrael.com/after-years-of-delays-jordan-said-to-nix-red-sea-dead-sea-canal-with-israel-pa/ |titel=After years of delays, Jordan said to nix Red Sea-Dead Sea canal with Israel, PA |werk=[[The Times of Israel]] |datum=2021-06-17 |sprache=en |abruf=2022-01-24}}</ref> |
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=== Südlicher Teil des Toten Meeres === |
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Demgegenüber steigt der Pegel des südlichen Teils des Toten Meeres seit einigen Jahren kontinuierlich um rund 20 cm pro Jahr an. Ursache hierfür sind große Mengen an Salzablagerungen, die sich als Nebenprodukt einer industriellen Mineraliengewinnung auf dem Grund des südlichen Teils bilden.<ref name="Bokok" /> Das Tote Meer ist das mineralienreichste Gewässer der Erde und eignet sich somit für die industrielle Mineraliengewinnung. Insbesondere die Konzentrationen von [[Kalium]], [[Brom]], [[Magnesium]] und [[Jod]] sind außergewöhnlich hoch. Die israelischen [[Dead Sea Works]] in Sdom bauen die Salze auch bergmännisch ab.<ref name="haMelach">[http://jafi.jewish-life.de/zionismus/places/wasser/totes-meer.htm ''Jam haMelach: Das Tote Meer.''] In: Hagalil.com. Abgerufen am 20. Januar 2012.</ref> |
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{{Veraltet|||seit=2020}} |
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Während der nördliche Teil des Toten Meeres zunehmend austrocknet und sich die Uferlinie dadurch von den ursprünglichen Badeorten und Badestellen zurückzieht, sind die Badeorte und Badestellen im südlichen Teil von einer Überflutung bedroht. Der Umweltwissenschaftler Alon Tal wurde neben anderen Wissenschaftlern von der Israelischen Regierung damit beauftragt, eine Lösung für dieses Problem zu finden. Er befürchtete 2011, ohne Gegenmaßnahmen werde „in fünf bis zehn Jahren das Wasser in den Hotellobbys stehen“.<ref name="Bokok">{{Internetquelle |url=https://www.waz.de/ratgeber-wissen/article401748045/totes-meer-israels-touristen-attraktion-in-gefahr.html |titel=Totes Meer - Israels Touristen-Attraktion in Gefahr |werk=Westdeutsche Allgemeine Zeitung |hrsg=Funke Mediengruppe |datum=2011-06-21 |abruf=2025-05-01 |sprache=de}}</ref> |
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== Schifffahrt == |
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=== Allgemeines === |
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[[Datei:DeadSeaMadabaRectified.jpg|mini|Getreideschiff auf der Mosaikkarte von Madaba, 6. Jahrhundert.]] |
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Anders als beim [[See Genezareth]] diente die über die Zeiten nicht durchgängig betriebene Schifffahrt aufgrund des hohen Salzgehaltes nie dem Fischfang, sondern nur dem Transport. |
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=== Antike === |
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[[Pompeius Trogus]], Historiker des ersten Jahrhunderts vor Christus, war der Meinung, eine Schifffahrt sei auf dem Toten Meer nicht möglich.<ref>Zitiert in: [[Marcus Iunianus Iustinus]]: ''Epitoma Historiarum Philippicarum,'' seinerseits zitiert in: Othmar Keel: ''Orte und Landschaften der Bibel.'' Benziger, Zürich, ISBN 3-545-23042-2.</ref> |
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=== Mittelalter === |
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Zur Zeit des [[Byzantinisches Reich|Byzantinischen Reichs]] fand Schifffahrt statt und diente einer Darstellung auf der [[Mosaikkarte von Madaba]] (Mitte 6. Jahrhundert) zufolge dem Getreidehandel. Aus dem 12. Jahrhundert gibt es Berichte von Seehandel mit Datteln und anderen Lebensmitteln.<ref name="othmarkeel">Othmar Keel: ''Orte und Landschaften der Bibel.'' Benziger, Zürich, ISBN 3-545-23042-2.</ref> |
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Mit dem Ende des [[Königreich Jerusalem|Königreichs Jerusalem]] im Jahre 1291 ging auch die Ära der mittelalterlichen Schifffahrt zu Ende. Von da an herrschte erneut der Glaube vor, eine Schifffahrt sei gar nicht möglich.<ref name="othmarkeel" /> |
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=== Neuzeit === |
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Der Glaube an die Unbefahrbarkeit des Toten Meeres hielt sich bis ins 19. Jahrhundert. Der Versuch eines Engländers namens Costigan, der dabei 1835 ums Leben kam, schien die Unbefahrbarkeit zu bestätigen. Kurz darauf befuhren 1837 die Engländer Moore und Beck das Tote Meer erfolgreich, und 1848 nutzte William Francis Lynch, ein [[Leutnant|Lieutenant]] der [[United States Navy|US Navy]], erstmals ein Schiff mit metallenem Rumpf.<ref>William Francis Lynch: ''Narrative of the United States Expedition to the River Jordan and the Dead Sea.'' Lea and Blanchard, Philadelphia 1850, S. 170 ff. ([https://archive.org/stream/narrativeofunite00lyncrich#page/170 archive.org]).</ref> 1908 wurde der See erstmals mit einem Motorboot befahren.<ref name="othmarkeel" /> |
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Im [[Erster Weltkrieg|Ersten Weltkrieg]] befuhr das 23 Meter lange Versorgungsschiff ''Adele'' der deutschen Marine das Tote Meer. Es war in Einzelteilen per Pferdeanhänger von [[Haifa]] dorthin geschafft worden und diente dem Transport von Waffen, Munition und Lebensmitteln zwischen dem [[Transjordanien|transjordanischen]] [[Al-Karak (Jordanien)|Karak]] und [[Jerusalem]]. Die Lieferungen gingen vor allem an die verbündeten [[Osmanisches Reich|osmanischen]] Truppen, die gegen die Briten kämpften.<ref>[[Unterwasser (Zeitschrift)|Unterwasser]], Ausgabe vom 11. Mai 2004.</ref> Andere Quellen sprechen davon, dass im Ersten Weltkrieg „über 200 Schiffe“ des deutschen [[Asien-Korps]] die Osmanen bei [[Be’er Scheva]] im Kampf gegen die britischen Truppen von General [[Edmund Allenby]] unterstützten.<ref>Zeitschrift ''Neueste Nachrichten aus dem Morgenlande.'' Ausgabe Mai 1918.</ref> |
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Ende des 20. Jahrhunderts gab es Bemühungen, einen touristischen Schiffsverkehr einzurichten. Dies wurde einerseits durch die schnelle Salzkrustenbildung behindert, vor allem aber dadurch, dass die Touristen in Jordanien nicht ohne Grenzformalitäten an Land gehen konnten. Diese Bemühungen dauerten bis zum Beginn der [[Zweite Intifada|Zweiten Intifada]] im September 2000.<ref>[http://www.zeit.de/1997/09/Neues_Leben_am_Toten_Meer Rosemarie Noack: ''Neues Leben am Toten Meer.''] [[Die Zeit]], Nr. 9, 21. Februar 1997.</ref> |
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Heute (Stand 2013) gibt es mit ''Marine Services & Underwater Works'' in [[En Gedi]] am israelischen Westufer einen einzigen Schiffsbetreiber am Toten Meer. Das Unternehmen arbeitet seit Mitte der 1970er Jahre, vor allem im Auftrag von Forschungsinstituten. In diesem Rahmen finden auch U-Boot-Tauchgänge bis in 200 m Tiefe statt.<ref>{{Webarchiv|url=http://www.boot.de/cipp/md_boot/custom/pub/content,oid,18947/lang,1/ticket,g_u_e_s_t/local_lang,1 |wayback=20150923193705 |text=Artikel}} in der Zeitschrift ''unterwasser''</ref><ref>Lars Brinkmann: ''Dicke Kruste.'' In: Jüdische Allgemeine, 25. Mai 2006. Jüngster gefundener Textbeleg (Stand Oktober 2013).</ref><ref>Der Leiter von ''Marine Services & Underwater Works,'' Moty Gonen, starb am 15. Februar 2009, siehe [http://isramar.ocean.org.il/isramar2009/DeadSea/MotyGonen.aspx]. Das meteorologische Monitoring des Toten Meeres durch das Institut [http://isramar.ocean.org.il Israel Oceanographic & Limnological Research] wird weitergeführt, Informationen über den weiteren Schiffsbetrieb, evtl. unter anderem Namen, liegen nicht vor.</ref> |
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== Filme, Fotografien == |
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* [https://www.youtube.com/watch?v=eZP6aa6_z5c ''Trockengelegt – Konfliktherd Totes Meer.''] Dokumentarfilm (75 Min.) von German Gutierrez. Produktion: [[ARTE]] 2013. Archiviert bei [[YouTube]] |
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* ''Das Tote Meer.'' Dokumentation (45 Min.) von Alex West und Daniel Percival. Produktion: [[Südwestrundfunk|SWR]]. Erstsendung: 22. Juli 2007. |
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* [[Spencer Tunick]]: ''Nacktes Meer.'' Fotografische Aktion mit 1200 Freiwilligen am Ufer, September 2011.<ref>ORF: [http://orf.at/stories/2079748/ ''1200 Menschen bei Nacktfotosession am Toten Meer.'']</ref> |
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== Literatur == |
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* {{RE|II,2|1729|1730|Ἀσφαλτῖτις λίμνη|[[Immanuel Benzinger]]|RE:Ἀσφαλτῖτις λίμνη}} |
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* {{Literatur | Titel=Leben am Toten Meer | TitelErg=Archäologie aus dem Heiligen Land | Hrsg=Martin Peilstöcker, [[Sabine Wolfram]]| Verlag=smac / Landesamt für Archäologie Sachsen | Ort=Dresden | Datum=2019 | ISBN=978-3-943770-47-6}} |
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== Weblinks == |
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{{Commons|Dead Sea|Totes Meer|audio=1|video=1}} |
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{{Wikivoyage}} |
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{{Wiktionary}} |
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* {{DNB-Portal|4106540-2}} |
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* {{Pressemappe|FID=sh/141115,145096|NAME=die Ausbeutung des Toten Meeres (vor 1945)}} |
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* [https://www.leben-am-toten-meer.de/ Digitale Ausstellung smac+ zum Leben am Toten Meer – Staatliches Museum für Archäologie Chemnitz] |
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== Einzelnachweise == |
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<ref name="Siebert2024"> |
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C. Siebert, D. Ionescu, U. Mallast, S. Merchel, B. Merkel, P. Möller, S. Pavetich, T. Pohl, T. Rödiger, Y. Yechieli: ''A new type of submarine chimneys built of halite.'' In: ''Science of The Total Environment'', Band 955, 10. Dezember 2024, S. 176752; {{doi|10.1016/j.scitotenv.2024.176752}}, Epub 15. Oktober 2024 ({{enS}}). Dazu: |
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* [https://www.ufz.de/index.php?de=36336&webc_pm=43/2024 Weiße Raucher am Seegrund: Spektakuläre Schlote im Toten Meer entdeckt]. Pressemitteilung vom [[Helmholtz-Zentrum für Umweltforschung]] (UFZ), 14. November 2024. |
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* [https://www.n-tv.de/wissen/Im-Toten-Meer-aufgestoeberte-Schlote-sind-meterhoch-article25366342.html "Weiße Raucher" und Einstürze: Im Toten Meer aufgestöberte Schlote sind meterhoch]. Auf: [[n-tv.de]] vom 16. November 2024. |
|||
* Nadja Podbregar: [https://www.scinexx.de/news/geowissen/einzigartige-schlote-im-toten-meer-entdeckt/ Einzigartige Schlote im Toten Meer entdeckt: Schnellwachsende "Schornsteine" aus Salz entstehen auf neuartige Weise]. auf: [[scinexx]].de vom 15. November 2024 |
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* [https://science.orf.at/stories/3227617/ „Weiße Raucher“ – Meterhohe Schlote im Toten Meer entdeckt]. Auf: [[orf.at]] vom 18. November 2024. |
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</ref> |
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{{Normdaten|TYP=g|GND=4106540-2|VIAF=239922660}} |
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{{Koordinate Artikel|31_29_27_N_35_28_47_E_type:waterbody|31° 29′ 27" n. Br., 35° 28′ 47" ö. L.}} |
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[[zh:死海]] |
Aktuelle Version vom 21. Mai 2025, 14:49 Uhr
Totes Meer | ||
---|---|---|
![]() | ||
Falschfarben-Satellitenbilder des Toten Meeres aus den Jahren 1972, 1989, 2011 | ||
Geographische Lage | Israel, Jordanien, Westjordanland | |
Zuflüsse | Jordan, Nachal Zeʾelim, Wadi Sdeir, Wadi Murabbaʿat, Wadi Mudschib, Nachal Mischmar, Nachal Chever, Nachal Arugot | |
Abfluss | abflusslos | |
Orte am Ufer | En Gedi, Sedom, Al-Mazra | |
Daten | ||
Koordinaten | 31° 29′ N, 35° 29′ O | |
| ||
Höhe über Meeresspiegel | 430 m unter dem Meeresspiegel (Stand 2016. Sinkt derzeit >1 m pro Jahr durch zunehmende Austrocknung.[1]) | |
Fläche | 810 km² (nördliches Becken) | |
Länge | 67 km | |
Breite | 18 km | |
Volumen | 147 km³ | |
Umfang | 135 km | |
Maximale Tiefe | 380 m; Seeboden 800 m u. M. | |
Mittlere Tiefe | 120 m | |
Besonderheiten |
|
Das Tote Meer ist ein abflussloser See, der mehr als 430 m unter dem Meeresspiegel liegt, vom Jordan gespeist wird und für seinen hohen Salzgehalt bekannt ist.[2] Das Tote Meer grenzt an Jordanien, Israel und das Westjordanland.
Das Tote Meer ist der am tiefsten unter dem Meeresspiegel gelegene See der Erde. An seinem Ufer liegt die tiefste zugängliche Stelle an Land auf der Erdoberfläche.[3]
Gewässernamen
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]Der heute in den meisten Sprachen gebräuchliche Name „Totes Meer“ war bereits in der Antike geläufig. So bezeichnete Pausanias den See im 2. Jahrhundert als θάλασσα ἡ Νεκρά (thálassa hḕ Nekrá) und Iustinus im 2. oder 3. Jahrhundert als Mare mortuum. Weiterhin wurde der See in der Antike auch ‚Asphaltsee‘ genannt, unter anderem bei Diodor und Plinius dem Älteren,[4] so benannt nach dem Hauptfundort von Erdharz (verfestigtes Erdöl) im südlichen Teil des Sees, wo die Klumpen in unregelmäßigen Abständen vom Seegrund aufsteigen.[5] Der hebräische Name, der sich bereits im Alten Testament findet, lautet ים המלח Jam haMelach ‚Salzmeer‘. Im Arabischen sind die Bezeichnungen البحر الميّت, DMG al-Baḥr al-Mayyit ‚das tote Meer‘ und بحر لوط / Baḥr Lūṭ / ‚Meer des Lot‘ üblich (siehe auch antike Darstellungen).
Geografie
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Topographie
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]Das Tote Meer ist mit einer Nord-Süd-Ausdehnung von ca. 90 km und einer West-Ost-Ausdehnung von max. 17 km ein rund 900 km² großer Salzsee, der als Endsee in einer abflusslosen Senke liegt. Sie ist Teil des Jordangrabens, des nördlichsten Astes des Großen Afrikanischen Grabenbruchs. Das Tote Meer ist in einen nördlichen und einen südlichen Teil getrennt. Seine Wasseroberfläche wird noch häufig mit Werten um 396 m unter dem Meeresspiegel angegeben; tatsächlich liegt der Wasserspiegel des nördlichen Teils aufgrund fortschreitender Austrocknung bereits seit einigen Jahren unter 430 m unter dem Meeresspiegel.[1] Das Ufer des Sees bildet damit den am tiefsten gelegenen, nicht von Wasser oder Eis (Bentley-Subglazialgraben) bedeckten Bereich der Erde. Damit ist das Tote Meer der am tiefsten gelegene See der Erde. Der See mit dem tiefstgelegenen Grund ist dagegen der Baikalsee. Bei ihm liegt der tiefste Punkt bei 1186 m unter dem Meeresspiegel,[6] während der tiefste Punkt des Toten Meeres bei 794 m unter dem Meeresspiegel liegt.
Klima
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]Das Klima am Toten Meer ist ganzjährig sonnig bei geringer Luftfeuchtigkeit. Im Jahresverlauf fallen weniger als 50 mm Niederschlag. Die mittleren Höchsttemperaturen liegen im Sommer zwischen 32 und 39 °C, im Winter zwischen 20 und 23 °C. Im Durchschnitt gibt es 192 Tage mit mehr als 30 °C Höchsttemperatur. Die Wassertemperatur liegt zwischen 19 °C im Februar und 31 °C im August.[7]
Salzgehalt, Flora und Fauna
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Der Salzgehalt des Toten Meeres liegt bei bis zu 33 %, im Durchschnitt liegt er bei rund 28 % (zum Vergleich: das Mittelmeer hat einen durchschnittlichen Salzgehalt von 3,8 %). Noch salzhaltiger sind nur der Retba-See in Senegal mit etwa 39 %,[8] der Assalsee in Dschibuti mit knapp 35 %, der Kara-Bogas-Gol in Turkmenistan mit bis zu 34 %, der Tuz Gölü in der Türkei mit bis zu 37 %, einige Seen in den antarktischen Trockentälern (Don-Juan-See, etwa 44 %) sowie der Gaet'ale in der Region Afar, Äthiopien.
Die Mineralzusammensetzung des Salzes des Toten Meeres unterscheidet sich deutlich von der Salzzusammensetzung von Meerwasser. Es enthält ungefähr 50,8 % Magnesiumchlorid, 14,4 % Calciumchlorid, 30,4 % Natriumchlorid und 4,4 % Kaliumchlorid, bezogen auf die wasserfreien Salze. Der Rest entfällt auf zahlreiche Spurenelemente. Es enthält wenig Sulfat, jedoch relativ viel Bromid.
Aufgrund des hohen Salzgehalts hat das Seewasser eine Dichte von ca. 1,240 kg/l.[9]
Wie 2024 bekannt wurde, gibt es am Grund des Toten Meeres Kaltwasserquellen, welche als „Weiße Raucher“ (z. T. mehrere Meter hohe Schlote aus Halit) bezeichnete werden. Sie werden gespeist durch den Austritt einer kalten Sole, deren Salz aus jahrtausendalten salzhaltigen Schichten des Untergrunds stammt. Der für die Bildung der Schlote nötige Auftrieb entsteht anders als bei den Weißen Rauchern der Tiefsee nicht durch die Hitze der austretenden Flüssigkeit, sondern durch den im Vergleich zum Toten Meer geringeren Salzgehalt. Die salzhaltigen Schichten entstanden vor ca. 10.000 Jahren, als der bis dahin existierende Lisan-See verschwand.[10][11][12]
Das Tote Meer hat keinen Abfluss. Im trockenen Wüstenklima verdunstet das Wasser, wobei Mineralien, Salze und anderes zurückbleiben und sich im See anreichern. Durch den Zufluss von Jordanwasser und den Entzug von Verdunstungswasser pegelt sich die Höhe des Wasserspiegels ein. Negativ beeinflusst wird der Wasserpegel durch die künstliche Verdunstung der kommerziellen Salzgewinnung.
Die Zusammensetzung der Salze im Toten Meer ist hygroskopisch, was dazu führt, dass bei moderaten Temperaturen Wasser aus dem Toten Meer nie ganz verdunstet.
Entgegen dem Namen ist das Tote Meer biologisch nicht tot, allerdings beschränkt sich das Leben weitgehend auf verschiedene Extremophile, vor allem halophile Mikroorganismen. Diese gehören überwiegend der Domäne der Archaeen an, jedoch sind auch Salpeter-, Schwefel- und Cellulose-abbauende anaerobe Bakterien vertreten. 2011 wurde eine unerwartet reiche Vielfalt an Mikroorganismen im Toten Meer entdeckt, welche in der Umgebung von Süßwasserquellen am Grund des Toten Meeres vorkommen. Sie bilden am Seeboden großflächige Algen- und Bakterienmatten. Die Konzentration an Mikroorganismen pro Milliliter ist mit 1.000 bis 10.000 deutlich geringer als in normalem Meereswasser. Von manchen der dort entdeckten Mikroorganismen war ein Vorkommen in einem solch salzhaltigen Milieu bisher nicht bekannt. Viele andere Mikroorganismen waren der Wissenschaft bisher gänzlich unbekannt. 1992 führten Mikrobenblüten zu einer Rotfärbung des Toten Meeres.[13][14]
Auch manche Pflanzen mit großer Salztoleranz, die Halophyten, können in dieser extremen Umwelt überleben.
Tourismus
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Touristisch interessante Orte am Toten Meer sowie in der näheren Umgebung sind En Bokek, Neve Zohar, die Oase En Gedi sowie Masada, Jericho und die Höhlen von Qumran. Auf der jordanischen Ostseite des Toten Meeres befinden sich auf der Lisan-Halbinsel die Orte Numeira und Bab edh-Dhra (auch bekannt als Dhra). Es gibt Annahmen, dass sie am Ort der Städte Sodom und Gomorra stehen, die nach biblischer Überlieferung zerstört wurden. Dhra ist einer der archäologisch ältesten Orte mit Belegen für den frühen Ackerbau (hier 9500 v. Chr.). Mehr als 20.000 bronzezeitliche Schachtgräber werden hier vermutet, erst wenige sind ausgegraben.
Bedeutend für die Region ist auch der Badetourismus. Aufgrund des hohen Salzgehaltes, der fast das Zehnfache der Ozeane beträgt, und der damit verbundenen hohen Dichte trägt das Wasser den menschlichen Körper außergewöhnlich gut. Man kann allerdings dennoch ertrinken. Nach einem Bericht des Roten Davidsterns gibt es dort entgegen landläufiger Meinung ähnlich wie an anderen Badeseen neben Todesfällen viele Unfälle, bei denen Menschen beinahe ertrinken. Immer wieder verlieren Badegäste, die sich vom Wasser tragen lassen, die Balance und schlucken dann große Mengen an Wasser.[15][16] Dies ist lebensgefährlich, da es schwere Lungenverletzungen verursachen kann.[17] Das Salz verursacht schon an kleinsten Hautverletzungen brennenden Schmerz.[18] Sehr unangenehm ist das konzentrierte Salzwasser in den Augen. Am Ufer sind die Salzverkrustungen oft scharfkantig.
Andererseits kann die hohe Konzentration der im Toten Meer gelösten Salze die Symptome von Hautkrankheiten deutlich lindern, sodass in manchen Fällen von Neurodermitis und Psoriasis ein Kuraufenthalt bzw. Klimaheilbehandlungen auch von deutschen Krankenkassen bezahlt werden. Auch Kurorte in Deutschland bieten Bäder in Salzwasser aus dem Toten Meer an. Aus dem Wasser des Toten Meeres gewonnene Salzminerale (vgl. Evaporit) werden auch in Kosmetika verarbeitet und das Salz in Originalzusammensetzung wird in Apotheken und Drogerien als medizinischer Badezusatz verkauft.
Die therapeutisch nutzbaren Bedingungen am Toten Meer erstrecken sich zudem auf einen höheren Luftdruck (+ ca. 50 hPa bzw. 5 % höher als der Druck auf Meeresniveau) und demzufolge einen höheren Sauerstoffpartialdruck. Diese dichtere Atmosphäre absorbiert zusammen mit dem Wüstenstaub und dem ständigen Dunstschleier aufgrund der starken Verdunstung einen größeren Teil der Ultraviolettstrahlung als auf Meeresniveau. Die kurzwelligen UVB-Strahlen werden dadurch um ca. 30 Prozent gegenüber nahe gelegenen Orten, die 300 Meter über dem Meeresspiegel liegen, verringert.[19][20]
Antike Darstellungen
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]Sehr frühe Erwähnungen des Toten Meeres, wenngleich nur beiläufig, finden sich im Alten Testament. Darin wird es, aus naheliegenden Gründen, als ‚Meer der Wüste‘ oder ‚Meer der Steppe‘ (hebr.: jam ha-’arabah; griech.: θάλασσα Αραβα, thálassa Araba; lat.: mare deserti, mare solitudinis)[21] und als ‚Salzmeer‘ oder ‚(sehr) salziges Meer‘ bezeichnet (jam ha-melach; θάλασσα τῶν ἁλῶν oder ἁλός, thálassa ton halón oder halós, θάλασσα ἡ ἁλυκή, thálassa he halyké; mare salis, mare salissimum; Gen 14,3 EU; Num 34,3.12 EU; Jos 15,2.5 EU; 18,19 EU). Ferner taucht im Alten Testament die Bezeichnung ‚das östliche‘ oder ‚das vordere Meer‘ (ha-jam ha-qadmoni; ἡ θάλασσα ἡ πρὸς ἀνατολάς, he thálassa he pros anatolás, ἡ θάλασσα ἡ πρώτη, he thálassa he próte; mare orientale) auf, wobei das Tote Meer hier dem Mittelmeer gegenübergestellt wird, das mit dem Namen ‚das westliche‘ oder ‚das hintere Meer‘ belegt ist (Ez 47,18 EU; Joel 2,20 EU; Sach 14,8 EU).[22]
Plinius der Ältere, ein römischer Autor des 1. Jh. n. Chr., kommt auf das Tote Meer – bei ihm ‚Asphaltsee‘ (Asphaltites) genannt – an mehreren Stellen seiner Naturalis historia zu sprechen: Es habe eine Länge von über 100 Meilen (entspricht etwa 150 km) und eine Breite von bis zu 75 Meilen (ca. 113 km).[23] In Buch 5 heißt es: „Der Asphaltsee erzeugt nichts außer Erdpech, woher er auch seinen Namen hat. Er nimmt keinen Tierkörper auf, Stiere und Kamele treiben an der Oberfläche; daher entstand das Gerücht, daß in ihm nichts versinke.“[24] Diese Beschreibung ist jedoch, ganz abgesehen von den weit übertriebenen Größenangaben, irreführend; denn das Tote Meer war auch damals kein Asphaltsee im eigentlichen Sinn. Mit ‚Stieren‘ und ‚Kamelen‘ sind wohl die ‚Stiere‘ und ‚Kälber‘ gemeint, die Diodoros, ein griechischer Geschichtsschreiber der hellenistischen Ära, im Zusammenhang mit dem Toten Meer erwähnt, das auch bei ihm schon ‚Asphaltsee‘ (Ἀσφαλτῖτις λίμνη, Asphaltítis límne) heißt. Damit bezeichneten, Diodor zufolge, die im Umland des Sees lebenden Nabatäer keine echten Tiere, sondern auf dem Wasser schwimmendes „Erdpech“.[25] Weil dieser Naturasphalt ein begehrter Rohstoff, u. a. für die Mumifizierung von Toten,[26] war, fuhren sie auf den See hinaus, sobald sich ein solcher Erdpechklumpen zeigte, bargen den Asphalt und verkauften ihn „mit beträchtlichem Gewinn“.[25] Der Asphalt stammt wahrscheinlich aus einem an organischer Substanz (Kerogen) stark angereicherten Sedimentgestein („Ölschiefer“) im Untergrund des Sees. Von dort aus migriert er im stark salzhaltigen Porenwasser der Deckschichten bis zum Seegrund, löst sich bei starken Erdbeben ab und steigt zur Oberfläche des Sees auf.[26][27]
Auch die heute gängige Bezeichnung ‚Totes Meer‘ (Θάλασσα Νεκρά, Thalassa Nekra; mortuum mare) ist bereits in Schriften aus der Antike überliefert. Unter diesem Namen wird der See in der Epitoma Historiarum Philippicarum Trogi Pompeii (vermutlich 3. Jh. n. Chr.) des römischen Geschichtsschreibers Justinus wiederum sehr verzerrt dargestellt. Darin heißt es: „Der See wird wegen der Größe und völligen Bewegungslosigkeit seines Gewässers ‚Totes Meer‘ genannt. Denn weder gerät er durch Stürme in Bewegung, da das Erdpech, durch welches das ganze Wasser zähflüssig gemacht wird, jedem Luftwirbel widersteht, noch ist er mit Schiffen befahrbar, weil alle leblosen Gegenstände darin in der Tiefe versinken.“[28] Wesentlich näher an der Realität ist der berühmte Arzt Galenus, der den Namen ‚Totes Meer‘ in seinem Werk De Simplicium Medicamentorum Temperamentis daraus ableitet, dass „im Wasser dieses Sees weder tierisches noch pflanzliches Leben irgendwelcher Art entsteht; die beiden Flüsse, die in es münden, besonders derjenige, der nahe an Jericho vorbeifließt, beherbergen zwar große Fische in großer Zahl, von denen aber keiner die Mündung passiert. Wenn man sie fängt und in den See wirft, dauert es nicht lange, bis man sie verenden sieht.“[28]
Wasserspiegel
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In den 1930er Jahren strömten jährlich etwa 1300 Mio. m³ Wasser ins Tote Meer, heute sind es noch etwa 310 Mio. m³.
Es wird angenommen, dass der Pegel um 2000 v. Chr. mit −250 m am höchsten stand. Zwischen 1850 und 1970 hielt sich der Pegel gemäß Schätzungen ziemlich konstant bei etwa −390 bis −400 m, seitdem sinkt er durch zunehmende Austrocknung.[29] Im Zeitraum seit 1994 betrug diese Abnahme schon durchschnittlich einen Meter pro Jahr, in den Jahren seit 2005 sogar jedes Jahr mehr als einen Meter (Stand 2018).[1] Mit Stand Januar 2014 lag der Pegel bei 427,79 Meter unter dem Meeresspiegel.[30]
Nach einer Mitteilung der Hebräischen Universität von Jerusalem wurden bei Bohrungen im Jahr 2010 in einer Tiefe von 250 Metern unter dem Seeboden dicke Salzablagerungen unter schlammigen Sedimentschichten entdeckt. Dies sei ein Hinweis darauf, dass das Tote Meer vor rund 125.000 Jahren aufgrund klimatischer Ursachen fast völlig ausgetrocknet war.[31]
Das Tote Meer wird durch die jordanische Halbinsel Lisan – etwa auf Höhe der antiken Festung Masada – in einen kleineren Südteil (Tiefe 4 bis 6 Meter) und in einen größeren Nordteil (Tiefe über 370 Meter) geteilt.[32][33][31] Beide Teile liegen auf unterschiedlichen Höhen. Sie sind an ihrer schmalsten Stelle rund 600 m voneinander entfernt und durch mehrere, regulierte wasserführende Kanäle (u.a Ha’Lashon Kanal) sowie durch mehrere – kaum wasserführende – Rinnen miteinander verbunden.[34]
Nördlicher Teil des Toten Meeres
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Seit geraumer Zeit wird Wasser aus dem Jordan zur Trinkwasserversorgung und zur Bewässerung in der Landwirtschaft entnommen. Spätestens seit den 1980er Jahren sinkt dadurch der Wasserspiegel jährlich um etwa einen Meter, der nördliche Teil des Toten Meeres trocknet schleichend aus. Dies wird sich fortsetzen, solange die Zuflussmenge kleiner ist als die Verdunstung über die Meeresoberfläche. Da die verdunstete Wassermasse proportional zur Seeoberfläche ist, die in den letzten drei Jahrzehnten des 20. Jahrhunderts um rund ein Drittel schrumpfte, verlangsamt sich der Austrocknungsprozess mit der Zeit, bis erneut ein Gleichgewicht hergestellt ist.
Durch das Absinken der Seeoberfläche reißen am Ufer häufig sogenannte Senklöcher auf. Ursächlich sind Solschichten im Boden, die mit dem Absinken des Wasserspiegels unter den Einfluss von nachsickerndem Süßwasser geraten und dadurch gelöst werden. 2017 gab es rund 6000 Senklöcher auf der israelischen Seite, einige Mango- und Dattelplantagen, ein Campingplatz, ein Kiosk und ein Strandrestaurant sowie einige Straßenzüge wurden beeinträchtigt.[35] Pläne zur „Rettung“ des Toten Meeres sahen vor, eine 300 km lange und fünf Milliarden US-Dollar teure Pipeline, genannt Totes-Meer-Kanal, vom Roten Meer zu bauen. Das zugeführte Meerwasser sollte den Wasserspiegel stabil halten, und gleichzeitig das Gefälle zur Energiegewinnung nutzen. Allerdings hätte die Vermischung des kalziumhaltigen Wassers des Toten Meeres mit dem sulfatreichen Wasser aus dem Roten Meer zu großflächiger Gipsausfällung im Toten Meer geführt. Dem Projekt wurde daher 2021 von jordanischer Seite eine endgültige Absage erteilt.[36]
Südlicher Teil des Toten Meeres
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]Demgegenüber steigt der Pegel des südlichen Teils des Toten Meeres seit einigen Jahren kontinuierlich um rund 20 cm pro Jahr an. Ursache hierfür sind große Mengen an Salzablagerungen, die sich als Nebenprodukt einer industriellen Mineraliengewinnung auf dem Grund des südlichen Teils bilden.[32] Das Tote Meer ist das mineralienreichste Gewässer der Erde und eignet sich somit für die industrielle Mineraliengewinnung. Insbesondere die Konzentrationen von Kalium, Brom, Magnesium und Jod sind außergewöhnlich hoch. Die israelischen Dead Sea Works in Sdom bauen die Salze auch bergmännisch ab.[33]
Während der nördliche Teil des Toten Meeres zunehmend austrocknet und sich die Uferlinie dadurch von den ursprünglichen Badeorten und Badestellen zurückzieht, sind die Badeorte und Badestellen im südlichen Teil von einer Überflutung bedroht. Der Umweltwissenschaftler Alon Tal wurde neben anderen Wissenschaftlern von der Israelischen Regierung damit beauftragt, eine Lösung für dieses Problem zu finden. Er befürchtete 2011, ohne Gegenmaßnahmen werde „in fünf bis zehn Jahren das Wasser in den Hotellobbys stehen“.[32]
Schifffahrt
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]Allgemeines
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Anders als beim See Genezareth diente die über die Zeiten nicht durchgängig betriebene Schifffahrt aufgrund des hohen Salzgehaltes nie dem Fischfang, sondern nur dem Transport.
Antike
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]Pompeius Trogus, Historiker des ersten Jahrhunderts vor Christus, war der Meinung, eine Schifffahrt sei auf dem Toten Meer nicht möglich.[37]
Mittelalter
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]Zur Zeit des Byzantinischen Reichs fand Schifffahrt statt und diente einer Darstellung auf der Mosaikkarte von Madaba (Mitte 6. Jahrhundert) zufolge dem Getreidehandel. Aus dem 12. Jahrhundert gibt es Berichte von Seehandel mit Datteln und anderen Lebensmitteln.[38]
Mit dem Ende des Königreichs Jerusalem im Jahre 1291 ging auch die Ära der mittelalterlichen Schifffahrt zu Ende. Von da an herrschte erneut der Glaube vor, eine Schifffahrt sei gar nicht möglich.[38]
Neuzeit
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]Der Glaube an die Unbefahrbarkeit des Toten Meeres hielt sich bis ins 19. Jahrhundert. Der Versuch eines Engländers namens Costigan, der dabei 1835 ums Leben kam, schien die Unbefahrbarkeit zu bestätigen. Kurz darauf befuhren 1837 die Engländer Moore und Beck das Tote Meer erfolgreich, und 1848 nutzte William Francis Lynch, ein Lieutenant der US Navy, erstmals ein Schiff mit metallenem Rumpf.[39] 1908 wurde der See erstmals mit einem Motorboot befahren.[38]
Im Ersten Weltkrieg befuhr das 23 Meter lange Versorgungsschiff Adele der deutschen Marine das Tote Meer. Es war in Einzelteilen per Pferdeanhänger von Haifa dorthin geschafft worden und diente dem Transport von Waffen, Munition und Lebensmitteln zwischen dem transjordanischen Karak und Jerusalem. Die Lieferungen gingen vor allem an die verbündeten osmanischen Truppen, die gegen die Briten kämpften.[40] Andere Quellen sprechen davon, dass im Ersten Weltkrieg „über 200 Schiffe“ des deutschen Asien-Korps die Osmanen bei Be’er Scheva im Kampf gegen die britischen Truppen von General Edmund Allenby unterstützten.[41]
Ende des 20. Jahrhunderts gab es Bemühungen, einen touristischen Schiffsverkehr einzurichten. Dies wurde einerseits durch die schnelle Salzkrustenbildung behindert, vor allem aber dadurch, dass die Touristen in Jordanien nicht ohne Grenzformalitäten an Land gehen konnten. Diese Bemühungen dauerten bis zum Beginn der Zweiten Intifada im September 2000.[42]
Heute (Stand 2013) gibt es mit Marine Services & Underwater Works in En Gedi am israelischen Westufer einen einzigen Schiffsbetreiber am Toten Meer. Das Unternehmen arbeitet seit Mitte der 1970er Jahre, vor allem im Auftrag von Forschungsinstituten. In diesem Rahmen finden auch U-Boot-Tauchgänge bis in 200 m Tiefe statt.[43][44][45]
Filme, Fotografien
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]- Trockengelegt – Konfliktherd Totes Meer. Dokumentarfilm (75 Min.) von German Gutierrez. Produktion: ARTE 2013. Archiviert bei YouTube
- Das Tote Meer. Dokumentation (45 Min.) von Alex West und Daniel Percival. Produktion: SWR. Erstsendung: 22. Juli 2007.
- Spencer Tunick: Nacktes Meer. Fotografische Aktion mit 1200 Freiwilligen am Ufer, September 2011.[46]
Literatur
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]- Immanuel Benzinger: Ἀσφαλτῖτις λίμνη. In: Paulys Realencyclopädie der classischen Altertumswissenschaft (RE). Band II,2, Stuttgart 1896, Sp. 1729 f.
- Martin Peilstöcker, Sabine Wolfram (Hrsg.): Leben am Toten Meer. Archäologie aus dem Heiligen Land. smac / Landesamt für Archäologie Sachsen, Dresden 2019, ISBN 978-3-943770-47-6.
Weblinks
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]- Literatur von und über Totes Meer im Katalog der Deutschen Nationalbibliothek
- Zeitungsartikel über die Ausbeutung des Toten Meeres (vor 1945) in den Historischen Pressearchiven der ZBW
- Digitale Ausstellung smac+ zum Leben am Toten Meer – Staatliches Museum für Archäologie Chemnitz
Einzelnachweise
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]- ↑ a b c Kishcha et al., 2018
- ↑ Drohende Überflutung: Hoteliers am Toten Meer schmieden Rettungsplan. In: Spiegel Online. 29. Juni 2011, abgerufen am 13. Dezember 2019.
- ↑ 420 Meter unter dem Meeresspiegel – trocken. In: Süddeutsche Zeitung. 25. Juni 2010, abgerufen am 8. Mai 2022.
- ↑ Othmar Keel, Max Küchler: Orte und Landschaften der Bibel. Band 2, Vandenhoeck & Ruprecht, Göttingen 1982, ISBN 3-545-23042-2, S. 238 f. (Vorschau in der Google-Buchsuche).
- ↑ Alexander Schweizer: 1. Mose 14 – Abram rettet Lot. allesumdiekinderkirche.de, abgerufen am 19. Dezember 2023
- ↑ Archivierte Kopie ( des vom 25. Dezember 2018 im Internet Archive) Info: Der Archivlink wurde automatisch eingesetzt und noch nicht geprüft. Bitte prüfe Original- und Archivlink gemäß Anleitung und entferne dann diesen Hinweis. geografische Daten zum Baikalsee
- ↑ Psoriasis RX: Dead Sea Psoriasis Treatments, abgerufen am 7. Juli 2013.
- ↑ Papa Sow: Uncertainties and conflicting environmental adaptation strategies in the region of the Pink Lake, Senegal. Zentrum für Entwicklungsforschung, Universität Bonn, August 2012, ISSN 1864-6638. Abgerufen am 28. März 2014.
- ↑ Archivierte Kopie ( vom 4. November 2013 im Internet Archive)
- ↑
C. Siebert, D. Ionescu, U. Mallast, S. Merchel, B. Merkel, P. Möller, S. Pavetich, T. Pohl, T. Rödiger, Y. Yechieli: A new type of submarine chimneys built of halite. In: Science of The Total Environment, Band 955, 10. Dezember 2024, S. 176752; doi:10.1016/j.scitotenv.2024.176752, Epub 15. Oktober 2024 (englisch). Dazu:
- Weiße Raucher am Seegrund: Spektakuläre Schlote im Toten Meer entdeckt. Pressemitteilung vom Helmholtz-Zentrum für Umweltforschung (UFZ), 14. November 2024.
- "Weiße Raucher" und Einstürze: Im Toten Meer aufgestöberte Schlote sind meterhoch. Auf: n-tv.de vom 16. November 2024.
- Nadja Podbregar: Einzigartige Schlote im Toten Meer entdeckt: Schnellwachsende "Schornsteine" aus Salz entstehen auf neuartige Weise. auf: scinexx.de vom 15. November 2024
- „Weiße Raucher“ – Meterhohe Schlote im Toten Meer entdeckt. Auf: orf.at vom 18. November 2024.
- ↑ Lisan-Schichten (mineralienatlas.de).
- ↑ Nadja Podbregar: Zeugen nasser Zeiten. Auf: wissenschaft.de vom 28. April 2022.
- ↑ Kartin Kloosterman: New Life In Dead Sea Found! Artikel vom 21. September 2011 auf greenprophet.com, abgerufen am 20. Januar 2012.
- ↑ Süßwasserquellen bringen Leben ins Tote Meer. Spiegel Online, 29. Juni 2006, abgerufen am 22. September 2011.
- ↑ Wladimir Struminski: Mail aus Jerusalem. Gays, Geborgenheit, Glück und Gefahr. In: Jüdische Allgemeine, 26. August 2010.
- ↑ Dan Even: Contrary to Popular Belief, New Report Shows You Can Drown in the Dead Sea. In: Haaretz, 18. August 2010: “Magen David Adom reports that of 117 near-drowning incidents that paramedics have attended to since the start of 2010, 17 % have been at the Dead Sea.”
- ↑ Lisa R. Saidel-Odes, Yaniv Almog: Near-Drowning in the Dead Sea: A Retrospective Observational Analysis of 69 Patients (PDF; 179 kB), abgerufen am 23. Juli 2014.
- ↑ Samantha Wilson: Israel. Bradt Travel Guides, 2011, ISBN 978-1-84162-362-7, S. 261 (books.google.de).
- ↑ Stimmt’s: Sanfte Sonne. Zeit Online, 29. Juni 2006, abgerufen am 29. März 2010.
- ↑ Süddeutsche.de: Frage der Woche: Bekommt man am Toten Meer keinen Sonnenbrand?
- ↑ Deuteronomium Kap. 3, Vers 17; Kap. 4, Vers 49; Buch Josua Kap. 3, Vers 16; Kap. 12, Vers 3; 2. Buch der Könige Kap. 14, Vers 25; siehe Othmar Keel, Max Küchler: Orte und Landschaften der Bibel: ein Handbuch und Studien-Reiseführer zum Heiligen Land. Band 2: Der Süden. Benziger/Vandenhoeck & Ruprecht, Zürich/Einsiedeln/Köln/Göttingen 1982, ISBN 3-545-23042-2 / ISBN 3-525-50167-6, S. 238
- ↑ Othmar Keel, Max Küchler: Orte und Landschaften der Bibel. 1982, S. 238.
- ↑ Keel & Küchler: Orte und Landschaften der Bibel. 1982, S. 244.
- ↑ G. Plinius Secundus: Naturkunde. Buch 5: Geographie: Afrika und Asien. Herausgegeben und übersetzt von Gerhard Winkler, in Zusammenarbeit mit Roderich König. Artemis & Winkler, Zürich 1993, ISBN 3-7608-1585-5, Kapitel II,72.
- ↑ a b Diodor’s von Sicilien historische Bibliothek. Übersetzt von Julius Friedrich Wurm. Zweites Buch, Verlag der J. B. Wetzlerschen Buchhandlung, Stuttgart 1828, S. 227 f. (MDZ-Reader).
- ↑ a b A. Nissenbaum, Z. Aizenshtat, M. Goldberg: The floating asphalt blocks of the Dead Sea. Physics and Chemistry of the Earth. Bd. 12, 1980, S. 157–161, doi:10.1016/0079-1946(79)90098-3
- ↑ H. Gvirtzman, E. Stanislavsky: Palaeohydrology of hydrocarbon maturation, migration and accumulation in the Dead Sea Rift. Basin Research. Bd. 12, Nr. 1, 2000, S. 79–93, doi:10.1046/j.1365-2117.2000.00111.x
- ↑ a b Keel & Küchler: Orte und Landschaften der Bibel. 1982, S. 239.
- ↑ USGS 1998
- ↑ Sharon Udasin: Despite winter storms, Dead Sea water level continues to fall. The Jerusalem Post, 8. Januar 2014.
- ↑ a b In der Vergangenheit gebohrt: Totes Meer war fast verschwunden. n-tv.de, 20. Januar 2012.
- ↑ a b c Totes Meer - Israels Touristen-Attraktion in Gefahr. In: Westdeutsche Allgemeine Zeitung. Funke Mediengruppe, 21. Juni 2011, abgerufen am 1. Mai 2025.
- ↑ a b Jam haMelach: Das Tote Meer. In: Hagalil.com. Abgerufen am 20. Januar 2012.
- ↑ Messung auf Basis Satellitenbild, Stand: März 2011
- ↑ Das Tote Meer zieht sich zurück. 3. Oktober 2017, abgerufen am 3. April 2020.
- ↑ After years of delays, Jordan said to nix Red Sea-Dead Sea canal with Israel, PA. In: The Times of Israel. 17. Juni 2021, abgerufen am 24. Januar 2022 (englisch).
- ↑ Zitiert in: Marcus Iunianus Iustinus: Epitoma Historiarum Philippicarum, seinerseits zitiert in: Othmar Keel: Orte und Landschaften der Bibel. Benziger, Zürich, ISBN 3-545-23042-2.
- ↑ a b c Othmar Keel: Orte und Landschaften der Bibel. Benziger, Zürich, ISBN 3-545-23042-2.
- ↑ William Francis Lynch: Narrative of the United States Expedition to the River Jordan and the Dead Sea. Lea and Blanchard, Philadelphia 1850, S. 170 ff. (archive.org).
- ↑ Unterwasser, Ausgabe vom 11. Mai 2004.
- ↑ Zeitschrift Neueste Nachrichten aus dem Morgenlande. Ausgabe Mai 1918.
- ↑ Rosemarie Noack: Neues Leben am Toten Meer. Die Zeit, Nr. 9, 21. Februar 1997.
- ↑ Artikel ( vom 23. September 2015 im Internet Archive) in der Zeitschrift unterwasser
- ↑ Lars Brinkmann: Dicke Kruste. In: Jüdische Allgemeine, 25. Mai 2006. Jüngster gefundener Textbeleg (Stand Oktober 2013).
- ↑ Der Leiter von Marine Services & Underwater Works, Moty Gonen, starb am 15. Februar 2009, siehe [1]. Das meteorologische Monitoring des Toten Meeres durch das Institut Israel Oceanographic & Limnological Research wird weitergeführt, Informationen über den weiteren Schiffsbetrieb, evtl. unter anderem Namen, liegen nicht vor.
- ↑ ORF: 1200 Menschen bei Nacktfotosession am Toten Meer.