Realsozialismus und Geislinger Aufstand: Unterschied zwischen den Seiten
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Die Begriffe '''Realsozialismus''', '''realer Sozialismus''' oder '''real existierender Sozialismus''' wurden ausgehend von der [[Deutsche Demokratische Republik|Deutschen Demokratischen Republik]] ab den 1970er Jahren als Fremd- und Selbstbezeichnung verschiedener [[Gesellschaftsformation|Gesellschaftssysteme]] in Europa, Asien und auf [[Kuba]] eingeführt und verwendet. Gemeinsam war die Vorherrschaft einer [[Kommunistische Partei|Kommunistischen Partei]] und ein Selbstverständnis als [[Sozialismus|sozialistisch]] zumeist im [[Sowjetunion|sowjetischen]] Einflussbereich.<ref>Klaus Ziemer, ''Real existierender Sozialismus'', in: Dieter Nohlen und Rainer Olaf Schultze (Hrsg.), Lexikon der Politikwissenschaft. Theorien, Methoden, Begriffe, 3. Aufl., C.H. Beck, München 2005, S. 823 f.</ref> Die [[Staatsform]] war „[[Volksrepublik]]“ oder „demokratische Volksrepublik“; das [[Politisches System|politische System]] realsozialistischer Gesellschaften war durch eine [[Autokratie|autokratische]] [[Ein-Parteien-Herrschaft]] gekennzeichnet, das Wirtschaftssystem durch [[Planwirtschaft]] oder deutliche planwirtschaftliche Elemente. |
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Ziemlich offensichtlich abgeschrieben [[Benutzer:WWSS1|- -- ωωσσI]] - <sub>[[Benutzer Diskussion:WWSS1|talk with me]]</sub> <sup>[[Benutzer:WWSS1/Bewertung|Bewertung]] </sup> 03:01, 14. Aug. 2011 (CEST) |
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== Begriffsbildung == |
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Der Begriff wurde von [[Erich Honecker]] auf der 9. Tagung des [[Zentralkomitee der SED|ZK der SED]] im Mai 1973 geprägt.<ref>Peter Borowsky, ''Die DDR in den siebziger Jahren'', [[Informationen zur politischen Bildung]] 258 ([http://www.bpb.de/popup/popup_druckversion.html?guid=05049451825358354051911907431409 online]; abgerufen am 7. Juni 2010).</ref> Er bringt zum Ausdruck, dass in den entsprechenden Staaten [[Marxismus|marxistischer]] Anspruch und empirische [[Realität]] auseinanderfallen. Andere sozialistische Strömungen, die die Staaten des sowjetischen Einflussbereichs wegen mangelnder [[Demokratie]] oder wegen der [[Verstaatlichung]] statt der geforderten [[Vergesellschaftung]] der [[Produktionsmittel]] kritisierten, sollten mit dem Begriff als [[Utopischer Sozialismus|utopisch]] denunziert werden. Später wurde der Begriff auch außerhalb der [[Sozialistische Bruderländer|realsozialistischen Staatenwelt]] benutzt, um eben diese [[Diskrepanz]] zu kritisieren.<ref>Klaus Ziemer, ''Real existierender Sozialismus'', in: Dieter Nohlen und Rainer Olaf Schultze (Hrsg.), Lexikon der Politikwissenschaft. Theorien, Methoden, Begriffe, 3. Aufl., C.H. Beck, München 2005, S. 823 f.</ref> Insbesondere der [[Totalitarismus|totalitäre]] [[Stalinismus]] gilt als Synonym für diese Diskrepanz. |
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[[Rudolf Bahro]]s ''Die Alternative. Zur Kritik des real existierenden Sozialismus'' erkannte das Vorgehen von [[Lenin]] und [[Josef Stalin|Stalin]] beim Aufbau des Sozialismus in der Sowjetunion als richtig an. Er unterstellte aber den realsozialistischen Staaten in einer Art „Protoform“ des theoretischen Modells steckengeblieben zu sein.<ref>Die Alternative. Zur Kritik des real existierenden Sozialismus. Europäische Verlagsanstalt (EVA), Köln/Frankfurt 1977, ISBN 3-434-00353-3.</ref> Laut [[Manfred Hildermeier]] wurde der Begriff bereits Ende der 1960er Jahre verwendet, er sei für die sozialistischen Staaten der gesamten Ära [[Leonid Iljitsch Breschnew|Breschnew]] angemessen. Statt einer chaotischen [[Diktatur]] habe man halbwegs geregelte Machtstrukturen eingerichtet. Parallel lief in den westlichen Staaten der Aufstieg der [[Politologie]] als Wissenschaft.<ref>[[Manfred Hildermeier]], ''Die Sowjetunion 1917–1991'', Oldenbourg Wissenschaftsverlag, 2007, S. 147 ff.</ref> |
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'''Der Aufstand der Geislinger 1514''' |
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[[Stefan Wolle]] zufolge seien mit dem Begriff mehrere spezifische Probleme der [[Deutsche Demokratische Republik|DDR]] verbunden. Zunächst sei diese nicht als [[Nationalstaat]] begründet gewesen und mangels historischer Basis besonders auf ideologische Kategorien angewiesen gewesen. Der Hinweis auf die „reale Existenz“ sei nur dort sinnvoll, wo dieselbe bestritten werde oder komplett in Frage gestellt sei. Der Begriff passe in ein parteiamtliches Vokabular, welches mehr an pietististische Innerlichkeit als an politischen Diskurs erinnere. Er verrate eine permanente Verteidigungshaltung gegenüber dem Verlust der Utopie wie den eigenen theoretischen Ansprüchen.<ref name="wo">[[Stefan Wolle]], ''Die heile Welt der Diktatur'', Ch. Links Verlag, 1998, S. 237 ff.</ref> |
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Die ersten Jahrzehnte des 16. Jahrhunderts waren eine Zeit des Aufruhrs und der Empörung. |
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In dem damaligen Herzogtum Württemberg tobte der Aufruhr des „[[Armer_Konrad|armen Konrad]]. “ Und auch in [[Geislingen_an_der_Steige|Geislingen]] blieb es nicht ruhig. 1514 empörten sich die Geislinger gegen [[Ulm]]. Sie erreichten aber nicht viel. |
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Die Ursache des Aufstandes war die Unzufriedenheit mit den immer mehr sich steigernden Abgaben und Lasten. |
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[[Benedikt Sarnov]] sieht in dem Begriff ''Realsozialismus'' nicht einen Euphemismus, sondern eine Form des [[Neusprech]], über die man sich schon früh lustig gemacht habe.<ref name="Sarnov">[[Benedikt Sarnov]], ''Our Soviet [[Newspeak]]: A Short Encyclopedia of Real Socialism.'' Moskau 2002, ISBN 5-85646-059-6 (Наш советский новояз. Маленькая энциклопедия реального социализма.), ''Real Socialism'', S. 472–474.</ref> |
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Und insbesondere mit der Unzufriedenheit über die Leibeigenschaft. Über ihr ganzes Gebiet stand der Stadt Ulm landesherrliche Gewalt zu. Diese schloss für gewöhnlich die Gerichts- und Kriegshoheit und das Besteuerungsrecht in sich. „ Grund und Zehntherr“ des den Boden bebauenden Landbewohners konnte ein anderer sein. Viel Grundbesitz besaß im Ulmer Land das Ulmer Spital. Gült und Zehntherr waren an anderen Orten der Rat und die Stadt und die Pfarrkirchenbaupflege. Von der Besteuerung, dem Gült und Zehntrecht wurde ausgiebiger Gebrauch gemacht. |
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Der Germanist [[Carsten Gansel]] stellte verschiedene spezielle Wechselwirkungen des DDR-Realsozialismus auf Literatur wie das kollektive Gedächtnis fest. Der Begriff wurde demnach vor allem genutzt, Ansätze zu Reformen des „realen“ Sozialismus als konterrevolutionär oder utopisch zu brandmarken, insbesondere in Zusammenhang mit dem [[Prager Frühling]].<ref>[[Carsten Gansel]], ''Gedächtnis und Literatur in den „geschlossenen Gesellschaften“ des Real-Sozialismus zwischen 1945 und 1989'', V&R unipress GmbH, 2007.</ref> |
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Zu hohe Lasten aller Art drückten die Untertanen. Steuern, Gülten für die Vergebung gewisser Gemeindeämter und Gerechtigkeiten auf bestimmte Häuser, die Laudemien oder Gebühren bei Veränderungsfällen (Kauf, Tausch, Erbschaft oder Übergabe), die Frucht oder Geldgülten, die Zehntabgabe (großer oder kleiner [[Zehnten]], Blutzehnten von Schwein, Kalb, Füllen, Lamm, von Enten, Gänsen und Hühnern, Noval- oder Neugereuth-, Flachs-, Garten-, Heu-, Öhmdzehnten, Bienenzehnten zu [http://www.geislingen.de/data/weilerOH.php Weiler] und Schalkstetten). Und am Meisten die Frondienste und die Unfreiheit. |
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== Internationales Umfeld == |
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[[Datei:Sino-Soviet split 1980.svg|400px|miniatur|Weltweite Verbreitung realsozialistischer Staaten vor 1990; Orientierung an der Sowjetunion (rot); Orientierung an China (gelb); Nordkorea und Jugoslawien (schwarz)]] |
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An und für sich betrachtet waren die Steuersätze mäßig. |
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Eine wesentliche Rolle bei der Diskussion um den Realsozialismus spielte das [[Chinesisch-sowjetisches Zerwürfnis|Chinesisch-sowjetische Zerwürfnis]], welches von Ende der 1950er bis weit in die 1980er Jahre hin andauerte. In der Zeit dieses [[Schisma]]s der kommunistischen Bewegungen sprachen beide einander das Recht ab, für den Sozialismus zu sprechen. Der Realsozialismus wurde von [[Trotzkismus|Trotzkisten]] und [[Rätekommunismus|Rätekommunisten]] auch als „[[Staatskapitalismus]]“ kritisiert. Im Umfeld der [[K-Gruppe]]n wurden die verschiedenen Zuordnungen zu verschiedenen Sonderwegen, neben China auch Albanien, [[Sozialistische Föderative Republik Jugoslawien|Jugoslawien]] oder [[Nordkorea]] teilweise erbittert diskutiert.<ref>So z. B. in [[Charles Bettelheim]] u. a., ''China 1972. Ökonomie, Betrieb und Erziehung seit der Kulturrevolution'', hrsg. gemeinsam mit Maria Antonietta Macciochi, Wagenbach, Berlin 1975.</ref> Nach dem Ende der [[Kulturrevolution]] zogen sich im Ausland Angehörige und Vordenker insbesondere maoistischer Gruppierungen wie [[Charles Bettelheim]] enttäuscht zurück. |
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Der Einzug der Steuern erfolgte aber nicht bloß einmal im Jahre, sondern so oft es nötig war. |
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Es gab einen großen und kleinen Zehnten. Den großen Zehnten erhob man vor allem mit dem Pflug. Den kleinen Zehnten von denen mit der Hacke bebauten Ländereien: von Erbsen, Linsen, Kraut, Rüben, Hanf, Flachs, usw. |
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Beim grossen Zehnten nahm man von den Winterfrüchten die zehnte Garbe auf dem Acker. Vom Hafer den zehnten Haufen. Der kleine Zehnten wurde teils mit der Rute , teils nach Haufen gemessen. Den großen Zehnten hatte meistens der eigentliche Zehntherr (Spital, Rat, Pfarrkirche) anzusprechen. Den kleinen in der Regel der Pfarrer. |
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Die Zehntabgaben waren ihrem Namen längst untreu geworden. Sie betrugen oft mehr als ein Zehntel des Ertrages. Oft ein Drittel des Selben. So mussten zum Beispiel in Bräuningsheim zwei Bauern die Hälfte ihres Obstertrages zehnten. In [http://www.tuerkheim-alb.de/ Türkheim] musste die Gemeinde, wenn die Neugereuthacker brach lagen, statt des Zehnten 6 Gulden zahlen. |
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=== Sonderrolle Chinas === |
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[[John Kenneth Galbraith]] hielt den Einfluss des politischen Systems auf die Wirtschaft für begrenzt. Historische relative Unterschiede, wie etwa in Osteuropa, zwischen einzelnen Staaten seien nie durch den Sozialismus auszuräumen gewesen. Das grundsätzliche Scheitern realsozialistischer Systeme in Entwicklungsländern liege insbesondere am Mangel an Planungs- und Verwaltungskapazität in den entsprechenden Ländern, China bestätige als Ausnahme mit jahrtausendelanger Verwaltungshistorie die Regel.<ref>John Kenneth Galbraith ''The nature of mass poverty.'' dt.: ''Die Arroganz der Satten. Strategien für die Überwindung der weltweiten Massenarmut.'' Scherz, Bern/München 1980.</ref> |
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Die Abgaben wurden teils rücksichtslos eingezogen. Es wird geklagt über die Härte der den Ernteertrag visitierenden Amtmänner. Diese nahmen geringe Rücksicht auf Missernte oder Hagelschlag. Oder über die Brutalität der Unterbeamten. Die Frondienste waren ebenfalls hart. Der Bauer tat Dienste mit seiner Mähre, d.h. Spannen oder Fuhrdienste. Der Söldner a.D., der Kleinbauern des Mittelalters, tat Dienste mit seiner Hand. In Süßen zum Beispiel waren fast alle Bauern dienstpflichtig. |
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Ein zentraler interner Unterschied war der Umgang mit der [[Landwirtschaft]]. In der [[Sowjetunion]] wurde die wirtschaftlich erfolgreiche, aber ideologisch unpassende [[Neue Ökonomische Politik]] als ''[[Friedensvertrag von Brest-Litowsk|Brest-Litowsk]] gegenüber den [[Kulaken]]'' apostrophiert, die Bauern wurden so bald wie möglich brutal kollektiviert.<ref name="RS">Robert W. Cox, ''“Real Socialism” in historical perspective'', in: Ralph Miliband und Leo Panitch (eds.): ''Communist Regimes: The Aftermath.'' Socialist Register, Merlin Press, London 1991 ([http://thesocialistregister.com online]).</ref> |
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Am schwersten wurde die Unfreiheit der Person, Leibeigenschaft genannt, empfunden. Der Bauer, das Lasttier der Gesellschaft sollte in der Knechtschaft verharren. Der Leibeigene hatte alljährlich seinem Leibherrn Abgaben (zum Beispiel Leibzins, Leibhühner, Todfall) zu entrichten. Auserdem musste er sich Erbschaftsbeschränkungen, erhöhter Fronpflicht und Beschränkung der Freizügigkeit gefallen lassen. |
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Es gab eine Lokal- und eine Personalleibeigenschaft. Letztere, welche in alten ulmischen Rechnungen teils als „helfensteinisch“ teils als „werdenbergisch“ bezeichnet wird, bestand in allen Amtsorten mit Ausnahme von Kuchen. Hier herrschte, wie in der Amtsstadt Geislingen, die Lokalleibeigenschaft.Wer in einem der beiden Orte seinen Sitz hatte, war durch den Ort Leibeigen. Er war aber von Lasten frei. Darum leichte Leibeigenschaft. Verzog man an einen anderen Ort der Ulmer Herrschaft, so kam man in die schwere Leibeigenschaft. Dann hatte man den „Leibzins und Todfall“ zu entrichten. Verheiratete sich ein Mann mit „Frauen oder Töchter“ aus den genannten Orten, so musste er sich auch den Herren von Ulm mit Leibeigenschaft ergeben und durfte Leib und Gut nicht verändern. |
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Im Gegensatz dazu war in China selbst die erfolgreiche Mobilisierung der Bauern wie die wirtschaftlich erfolgreiche Versorgung der Armee auf dem [[Langer Marsch|Langen Marsch]] ein wesentliches und prägendes Element der Revolution in China.<ref name="RS"/> Die [[Volksbefreiungsarmee]] war lange nach dem Bürgerkrieg als wirtschaftlicher Akteur, sowohl hinsichtlich Grundbesitz wie auch mit verschiedenen Firmen innerhalb und jenseits des Rüstungsbereiches erfolgreich und präsent. Die PLA war seit Beginn gezwungen, die Soldaten mit Nahrungsmitteln aus eigener Regie zu versorgen.<ref name="LoC"/> Die Armee ist für die chinesische Gesellschaft von zentraler Bedeutung, auch wenn Anfang der 1980er Jahre damit begonnen wurde, die zivile Produktion der PLA aus dem Gesamtverband zu lösen.<ref name="LoC">[http://lcweb2.loc.gov/frd/cs/cntoc.html ''A Country Study: China – Library of Congress Call Number DS706 .C489 1988'']</ref> .<ref>„Chinas Volksbefreiungsarmee feiert ihren 80. Geburtstag mit einer großen Ausstellung im Pekinger Militärmuseum. Sie ist immer noch ein mächtiger Staat im Staate. Alle Reaktionäre sind Papiertiger“, von Andreas Schlieker, TAZ 12. August 2007.</ref> |
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Im Jahre 1503 trat der Kaiser mit verschiedenen Fürsten des Bundes für einen Geislinger Bürger namens Klaus Stöcklin ein. Der hatte „an den Rat die Bitte gerichtet, seine Kinder als Ulmer Bürger anzunehmen“. Die Bitte wurde jedoch abgelehnt. |
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== Bestehende realsozialistische Gesellschaften == |
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Der Realsozialismus in den Staaten des europäischen [[Ostblock]]s ist seit 1989 komplett zusammengebrochen. Demgegenüber bestehen realsozialistische Gesellschaften in Lateinamerika und Asien bis in die Gegenwart weiter oder wurden weiterentwickelt. Bekannt wurde unter anderem der [[Sozialismus chinesischer Prägung]] unter dem Motto [[Deng Xiaoping]]s ''Es spielt keine Rolle, ob die Katze schwarz oder weiß ist; solange sie Mäuse fängt, ist sie bereits eine gute Katze''. Zunächst sah man weder im Zustand des Protosozialismus noch in der „Entfachung der Produktivkräfte“ ein Problem, solange die politische Vorherrschaft der [[Kommunistische Partei Chinas|Kommunistischen Partei Chinas]] (KPCh) zu sichern war. |
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Die großen Abgaben, die mannigfachen Dienste und Lasten brachten die Bauern zum Aufstand. |
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Mit dem ähnlichen Konzept des [[Đổi mới]] in [[Vietnam]] wurde dort eine erhebliche Ausweitung der wirtschaftlichen Produktion, insbesondere auch von [[Cash Crops]] wie [[Kaffee]] erzielt. Für die Lösung realsozialistischer [[Kaffeekrise in der DDR|Versorgungsprobleme mit Konsumgütern in der DDR]] kam dies allerdings zu spät. |
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Schon im Jahr 1480 erhoben die Geislinger Untertanen verschiedene Klagen. Und als im Jahre 1511 auf den Branntwein [[Ungeld|Ungeld]] gelegt wurde, erneuerte sich die Unzufriedenheit. Im Februar 1512 schickten sie drei Abgeordnete nach Ulm. Diese brachten abermals Klagen vor. Dadurch erregten sie das größte Missfallen des Rates. Dieser stellte ihnen im Wiederholungsfalle die strengsten Maßnahmen in Aussicht. |
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== Literatur == |
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* [[Rudolf Bahro]]: ''Die Alternative. Zur Kritik des real existierenden Sozialismus'', Tribüne Verlag 1977, Neuauflage: Bund-Verlag 1990 ([http://www.umweltdebatte.de/index-die%20alternative.htm Informationen]). |
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* Antonio Carlo: ''Politische und ökonomische Struktur der UdSSR (1917–1975). Diktatur des Proletariats oder bürokratischer Kollektivismus'', Wagenbach, Berlin 1972. |
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* Klaus Steinitz: ''Das Scheitern des Realsozialismus. Schlussfolgerungen für die Linke im 21. Jahrhundert'', VSA, Hamburg 2007. ISBN 978-3-89965-235-2. |
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* Mathias Wiards: ''Krise im Realsozialisms. Die Politische Ökonomie der DDR in den 80er Jahren'', Argument, Hamburg 2001. |
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* [[Wolfgang Caspart]]: ''Der Marxismus. Von der Weltrevolution zur Politischen Korrektheit.'' Eckartschrift 165. Österreichische Landsmannschaft, Wien 2003, ISBN 3-902350-02-4. |
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* Martin Blumentritt, Eberhard Braun, Wolfram Burisch: ''Kritische Philosophie gesellschaftlicher Praxis. Auseinandersetzungen mit der Marxschen Theorie nach dem Zusammenbruch des Realsozialismus.'' ISBN 3-8260-1011-6. |
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Das schreckte die Geislinger nicht. Im Jahre 1513 wurde sie wieder in Ulm vorstellig. Am 23. Juni wandten sie sich an den damaligen Vogt von Geislingen, Walter von Hirnheim, und an den Pfleger Burkhard Senft. Die Rädelsführer der Bewegung, die aus Geislingen, Nellingen, Weiler ob Helfenstein und Ettlenschiess kamen, hießen Klaus Jüngling von Ettlenschieß, Jörg Schüblin von Nellingen, Hans Hetzel von Weiler und Lienhard Schöttlin von Geislingen. |
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== Weblinks == |
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* [http://www.oei.fu-berlin.de/publikationen/boi/boi_23/index.html Osteuropa-Institut der FU Berlin: Berliner Osteuropa Info Nr. 23/2005: Alltag und Ideologie im Realsozialismus (Textsammlung)], auch [http://www.oei.fu-berlin.de/media/publikationen/boi/boi_23/boi_23_gesamtes_heft.pdf komplett als PDF; 19 MB] |
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* [[Bernd Senf]] (1998): [http://www.berndsenf.de/pdf/Die%20Marxsche%20Utopie%20und%20der%20Realsozialismus.pdf „Die Marxsche Utopie und der Realsozialismus. Übereinstimmung oder Widerspruch?“] (PDF; 166 kB) |
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* [http://web.archive.org/web/20060209231541/http://members.aol.com/Streitpunkte/ks0603.html Klaus Hermann: „Zur Kritik und Theorie des Realsozialismus“, in: Kommunistische Streitpunkte, Nr. 6/2000] |
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Zuerst ließen sie sich vom Vogt und Pfleger beruhigen. Das dauerte aber nicht lange. |
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== Einzelnachweise == |
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<references /> |
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Während der Vogt beim Bundestag in Nördlingen war, wandten sie sich unter der Führung von Schöttlin wieder an den Pfleger. Sie erzwangen die Vermittlung des Geislinger Bürgermeisters Lorenz Moerdlin. Auf dessen Veranlassung berief der Pfleger das Gericht. Dieses setzte nach längeren Verhandlungen einen Ausschuss von zwölf Männern ein. Nach der Heimkehr des Vogts formulierten drei vom Gericht und drei von den Zwölfen die Klagen der Untertanen in 26 Artikeln. Eine acht gliedrige Kommission, fünf von den Zwölfen und drei vom Gericht, überreichte dem Rat der Stadt die Klage. In der Klageschrift beschwerten sie sich wegen der Kaufrechte auf die Gnadengüter, über die Härte der Leibeigenschaft und über entzogene Wasser- und Eigentumsrechte. Sie verlangten den Flösgraben in Geislingen bis zum oberen Weiher, den Linsenbach, beide Schüttinnen vor dem oberen und unteren Tor, die man Bollwerke nannte. Alle Zwinger um die Stadt, den Ratzenbühl, den Wald um den Berg zu Helfenstein, dass Burgwieslein unter dem Schloss für die Gemeinde. Ebenso die Briefe, in welchen ihnen von den Grafen von Helfenstein verbürgten Freiheiten standen. Spitalpfleger, Stadtknechte, Büttel, Untertäufer und Eicher, welche von der Gemeinde besoldet würden, sollten nur Geislinger sein, Der Wein für die Wöchnerinnen sollte vom „Umgelde“ befreit sein. Endlich klagten sie noch über die außerordentlich hohen Lasten, „die man in wenig Jahren von ihnen genommen während man andere verschont habe“. |
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[[Kategorie:Marxismus-Leninismus|Realsozialismus]] |
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[[Kategorie:Rat für gegenseitige Wirtschaftshilfe]] |
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Der Rat der Stadt Ulm beeilte sich nicht mit der Antwort. Das führte zu neuen Unruhen in den Gemeinden. Dies meldete der neue Vogt von Geislingen, Hans Walter von Laubenberg, nach Pfingsten 1514 nach Ulm. Jetzt griff Ulm mit Gewalt ein. In der Zeit vom 22. bis 26. Juli wurde das Schloss Helfenstein „ mit Geschütz, Leuten und Proviant versehen.“ Unter dem Hauptmann Heinrich Wick lagen daselbst 460 Knechte. Die Rädelsführer der Bewegung wurden gefangen genommen und nach Ulm gebracht. Alles legte Fürbitte ein. Der Rat von Ulm ließ sich nicht erweichen. Die Geislinger wurden jährlich um 100 bis zur Gesamtsumme von 1400 Gulden bestraft. Sie mussten aufs Neue huldigen und den“ Leipheimer Eid“ schwören. Am 11. August wurde über die Haupträdelsführer das Urteil gesprochen. Die meisten (darunter neun Geislinger) wurden aus dem Ulmer Gebiet verbannt: |
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[[cs:Reálný socialismus]] |
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[[en:Real socialism]] |
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„ Jürg Bassler, Claus Jungling aus Ettlenschiess, Jörg Scheblin aus Nellingen und Hans Hetzel aus Weiler haben Urfehde geschworen und dürfen gegen Bezahlung der Atzung und einer Ehrenstrafe zurück. |
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[[fi:Reaalisosialismi]] |
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Dem Tucher Christa Koch wird verboten jemals im Leben Gyseling wieder zu verlassen und er darf nur ein abgebrochen Prett oder Beimesser tragen und zu keiner Zech gehen. |
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[[hr:Real-socijalizam]] |
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[[pl:Realny socjalizm]] |
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Der Weißgerber Roggenburger wird über den Rhein verbannt. |
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[[scn:Sucialìsmu riàli]] |
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Schnitzer, Stöcklin und Wäch werden über den Lech verbannt, mit der Auflag, dass sie ein Leben lang, ohn Fürbitt und Gnad nicht mehr herüberkommen.“ |
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[[sh:Realni socijalizam]] |
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[[sv:Realsocialism]] |
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Bei Lienhard Schöttlin kam der hohe Rat der Stadt Ulm zu dem Beschluss,“ dass der zu Geislingen geborene Lienhard Schöttlin auf Grund seines schweren Vergehens gegen die Stadt Ulm mit dem Schwert zu Ende gerichtet wird, bis er kommt vom Leben zum Tode.“ |
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[[uk:Реальний соціалізм]] |
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Dies war für Ulmer Recht ein schweres Urteil. |
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Wesentliche Vorteile brachte der Aufstand nicht. Einige unbedeutende Forderungen wurden erfüllt. Sonst blieb alles beim Alten. |
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Der Chronist schrieb hierüber: |
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„Im Jahre 1514 haben sich die Geislinger wieder ihrer Herren von Ulm aufgelehnt, indem die Geislinger, um etliche Gerechtigkeit einhielten, aber ihnen mehr nicht, als ein Wasser, das sie vorher nicht gehabt, und das Gras für die Gemeint auf dem Graben gebilligt wurde; da sagte sie, weil man ihnen nichts weitergebe, wollten Sie auch dasjenige nicht annehmen, denn sie hätten einen freien Zug gehabt, so dass sie in Ulm Bürger und zünftig werden könnten. Daher die von Ulm einen Bürgermeister und zwey Herrschaftspfleger und etliche des Rats abgeschickt, und als sie zu Geislingen angekommen, haben die Geislinger denen selben und dem Vogt schwören sollen, dass sie den Herren von Ulm, als ihrer Obrigkeit Gehorsam sein wollen, da dann etliche Geschworenen und etliche nicht. Hierauf haben die Herren von Ulm das Schloss Helfenstein mit Geschütz versehen und besetzt, auch ein Fähnlein Knecht angenommen und hinunter geschickt, welche das Städlein eingenommen, auch zehn Mann gefangen genommen und nach Ulm führen lassen, worunter der Anführer dieser Auflehnung ein Beck gewesen, dem man hiernach zu Ulm das Haupt abgeschlagen und denen anderen das Land verwiesen hat“. |
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Quellen: Geschichtliche Mitteilungen von Geislingen und seiner Umgebung 2.Heft zusammengefasst von CHR.Schöllkopf, Oberlehrer in Geislingen ca 1929 |
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Schöttlin der Geislinger Aufstand 1514 von Claus Bisle und Roland Funk |
Version vom 14. August 2011, 08:09 Uhr
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Der Aufstand der Geislinger 1514 Die ersten Jahrzehnte des 16. Jahrhunderts waren eine Zeit des Aufruhrs und der Empörung. In dem damaligen Herzogtum Württemberg tobte der Aufruhr des „armen Konrad. “ Und auch in Geislingen blieb es nicht ruhig. 1514 empörten sich die Geislinger gegen Ulm. Sie erreichten aber nicht viel.
Die Ursache des Aufstandes war die Unzufriedenheit mit den immer mehr sich steigernden Abgaben und Lasten.
Und insbesondere mit der Unzufriedenheit über die Leibeigenschaft. Über ihr ganzes Gebiet stand der Stadt Ulm landesherrliche Gewalt zu. Diese schloss für gewöhnlich die Gerichts- und Kriegshoheit und das Besteuerungsrecht in sich. „ Grund und Zehntherr“ des den Boden bebauenden Landbewohners konnte ein anderer sein. Viel Grundbesitz besaß im Ulmer Land das Ulmer Spital. Gült und Zehntherr waren an anderen Orten der Rat und die Stadt und die Pfarrkirchenbaupflege. Von der Besteuerung, dem Gült und Zehntrecht wurde ausgiebiger Gebrauch gemacht.
Zu hohe Lasten aller Art drückten die Untertanen. Steuern, Gülten für die Vergebung gewisser Gemeindeämter und Gerechtigkeiten auf bestimmte Häuser, die Laudemien oder Gebühren bei Veränderungsfällen (Kauf, Tausch, Erbschaft oder Übergabe), die Frucht oder Geldgülten, die Zehntabgabe (großer oder kleiner Zehnten, Blutzehnten von Schwein, Kalb, Füllen, Lamm, von Enten, Gänsen und Hühnern, Noval- oder Neugereuth-, Flachs-, Garten-, Heu-, Öhmdzehnten, Bienenzehnten zu Weiler und Schalkstetten). Und am Meisten die Frondienste und die Unfreiheit.
An und für sich betrachtet waren die Steuersätze mäßig. Der Einzug der Steuern erfolgte aber nicht bloß einmal im Jahre, sondern so oft es nötig war. Es gab einen großen und kleinen Zehnten. Den großen Zehnten erhob man vor allem mit dem Pflug. Den kleinen Zehnten von denen mit der Hacke bebauten Ländereien: von Erbsen, Linsen, Kraut, Rüben, Hanf, Flachs, usw. Beim grossen Zehnten nahm man von den Winterfrüchten die zehnte Garbe auf dem Acker. Vom Hafer den zehnten Haufen. Der kleine Zehnten wurde teils mit der Rute , teils nach Haufen gemessen. Den großen Zehnten hatte meistens der eigentliche Zehntherr (Spital, Rat, Pfarrkirche) anzusprechen. Den kleinen in der Regel der Pfarrer.
Die Zehntabgaben waren ihrem Namen längst untreu geworden. Sie betrugen oft mehr als ein Zehntel des Ertrages. Oft ein Drittel des Selben. So mussten zum Beispiel in Bräuningsheim zwei Bauern die Hälfte ihres Obstertrages zehnten. In Türkheim musste die Gemeinde, wenn die Neugereuthacker brach lagen, statt des Zehnten 6 Gulden zahlen.
Die Abgaben wurden teils rücksichtslos eingezogen. Es wird geklagt über die Härte der den Ernteertrag visitierenden Amtmänner. Diese nahmen geringe Rücksicht auf Missernte oder Hagelschlag. Oder über die Brutalität der Unterbeamten. Die Frondienste waren ebenfalls hart. Der Bauer tat Dienste mit seiner Mähre, d.h. Spannen oder Fuhrdienste. Der Söldner a.D., der Kleinbauern des Mittelalters, tat Dienste mit seiner Hand. In Süßen zum Beispiel waren fast alle Bauern dienstpflichtig. Am schwersten wurde die Unfreiheit der Person, Leibeigenschaft genannt, empfunden. Der Bauer, das Lasttier der Gesellschaft sollte in der Knechtschaft verharren. Der Leibeigene hatte alljährlich seinem Leibherrn Abgaben (zum Beispiel Leibzins, Leibhühner, Todfall) zu entrichten. Auserdem musste er sich Erbschaftsbeschränkungen, erhöhter Fronpflicht und Beschränkung der Freizügigkeit gefallen lassen.
Es gab eine Lokal- und eine Personalleibeigenschaft. Letztere, welche in alten ulmischen Rechnungen teils als „helfensteinisch“ teils als „werdenbergisch“ bezeichnet wird, bestand in allen Amtsorten mit Ausnahme von Kuchen. Hier herrschte, wie in der Amtsstadt Geislingen, die Lokalleibeigenschaft.Wer in einem der beiden Orte seinen Sitz hatte, war durch den Ort Leibeigen. Er war aber von Lasten frei. Darum leichte Leibeigenschaft. Verzog man an einen anderen Ort der Ulmer Herrschaft, so kam man in die schwere Leibeigenschaft. Dann hatte man den „Leibzins und Todfall“ zu entrichten. Verheiratete sich ein Mann mit „Frauen oder Töchter“ aus den genannten Orten, so musste er sich auch den Herren von Ulm mit Leibeigenschaft ergeben und durfte Leib und Gut nicht verändern.
Im Jahre 1503 trat der Kaiser mit verschiedenen Fürsten des Bundes für einen Geislinger Bürger namens Klaus Stöcklin ein. Der hatte „an den Rat die Bitte gerichtet, seine Kinder als Ulmer Bürger anzunehmen“. Die Bitte wurde jedoch abgelehnt.
Die großen Abgaben, die mannigfachen Dienste und Lasten brachten die Bauern zum Aufstand.
Schon im Jahr 1480 erhoben die Geislinger Untertanen verschiedene Klagen. Und als im Jahre 1511 auf den Branntwein Ungeld gelegt wurde, erneuerte sich die Unzufriedenheit. Im Februar 1512 schickten sie drei Abgeordnete nach Ulm. Diese brachten abermals Klagen vor. Dadurch erregten sie das größte Missfallen des Rates. Dieser stellte ihnen im Wiederholungsfalle die strengsten Maßnahmen in Aussicht.
Das schreckte die Geislinger nicht. Im Jahre 1513 wurde sie wieder in Ulm vorstellig. Am 23. Juni wandten sie sich an den damaligen Vogt von Geislingen, Walter von Hirnheim, und an den Pfleger Burkhard Senft. Die Rädelsführer der Bewegung, die aus Geislingen, Nellingen, Weiler ob Helfenstein und Ettlenschiess kamen, hießen Klaus Jüngling von Ettlenschieß, Jörg Schüblin von Nellingen, Hans Hetzel von Weiler und Lienhard Schöttlin von Geislingen.
Zuerst ließen sie sich vom Vogt und Pfleger beruhigen. Das dauerte aber nicht lange.
Während der Vogt beim Bundestag in Nördlingen war, wandten sie sich unter der Führung von Schöttlin wieder an den Pfleger. Sie erzwangen die Vermittlung des Geislinger Bürgermeisters Lorenz Moerdlin. Auf dessen Veranlassung berief der Pfleger das Gericht. Dieses setzte nach längeren Verhandlungen einen Ausschuss von zwölf Männern ein. Nach der Heimkehr des Vogts formulierten drei vom Gericht und drei von den Zwölfen die Klagen der Untertanen in 26 Artikeln. Eine acht gliedrige Kommission, fünf von den Zwölfen und drei vom Gericht, überreichte dem Rat der Stadt die Klage. In der Klageschrift beschwerten sie sich wegen der Kaufrechte auf die Gnadengüter, über die Härte der Leibeigenschaft und über entzogene Wasser- und Eigentumsrechte. Sie verlangten den Flösgraben in Geislingen bis zum oberen Weiher, den Linsenbach, beide Schüttinnen vor dem oberen und unteren Tor, die man Bollwerke nannte. Alle Zwinger um die Stadt, den Ratzenbühl, den Wald um den Berg zu Helfenstein, dass Burgwieslein unter dem Schloss für die Gemeinde. Ebenso die Briefe, in welchen ihnen von den Grafen von Helfenstein verbürgten Freiheiten standen. Spitalpfleger, Stadtknechte, Büttel, Untertäufer und Eicher, welche von der Gemeinde besoldet würden, sollten nur Geislinger sein, Der Wein für die Wöchnerinnen sollte vom „Umgelde“ befreit sein. Endlich klagten sie noch über die außerordentlich hohen Lasten, „die man in wenig Jahren von ihnen genommen während man andere verschont habe“.
Der Rat der Stadt Ulm beeilte sich nicht mit der Antwort. Das führte zu neuen Unruhen in den Gemeinden. Dies meldete der neue Vogt von Geislingen, Hans Walter von Laubenberg, nach Pfingsten 1514 nach Ulm. Jetzt griff Ulm mit Gewalt ein. In der Zeit vom 22. bis 26. Juli wurde das Schloss Helfenstein „ mit Geschütz, Leuten und Proviant versehen.“ Unter dem Hauptmann Heinrich Wick lagen daselbst 460 Knechte. Die Rädelsführer der Bewegung wurden gefangen genommen und nach Ulm gebracht. Alles legte Fürbitte ein. Der Rat von Ulm ließ sich nicht erweichen. Die Geislinger wurden jährlich um 100 bis zur Gesamtsumme von 1400 Gulden bestraft. Sie mussten aufs Neue huldigen und den“ Leipheimer Eid“ schwören. Am 11. August wurde über die Haupträdelsführer das Urteil gesprochen. Die meisten (darunter neun Geislinger) wurden aus dem Ulmer Gebiet verbannt:
„ Jürg Bassler, Claus Jungling aus Ettlenschiess, Jörg Scheblin aus Nellingen und Hans Hetzel aus Weiler haben Urfehde geschworen und dürfen gegen Bezahlung der Atzung und einer Ehrenstrafe zurück. Dem Tucher Christa Koch wird verboten jemals im Leben Gyseling wieder zu verlassen und er darf nur ein abgebrochen Prett oder Beimesser tragen und zu keiner Zech gehen.
Der Weißgerber Roggenburger wird über den Rhein verbannt. Schnitzer, Stöcklin und Wäch werden über den Lech verbannt, mit der Auflag, dass sie ein Leben lang, ohn Fürbitt und Gnad nicht mehr herüberkommen.“
Bei Lienhard Schöttlin kam der hohe Rat der Stadt Ulm zu dem Beschluss,“ dass der zu Geislingen geborene Lienhard Schöttlin auf Grund seines schweren Vergehens gegen die Stadt Ulm mit dem Schwert zu Ende gerichtet wird, bis er kommt vom Leben zum Tode.“
Dies war für Ulmer Recht ein schweres Urteil.
Wesentliche Vorteile brachte der Aufstand nicht. Einige unbedeutende Forderungen wurden erfüllt. Sonst blieb alles beim Alten.
Der Chronist schrieb hierüber:
„Im Jahre 1514 haben sich die Geislinger wieder ihrer Herren von Ulm aufgelehnt, indem die Geislinger, um etliche Gerechtigkeit einhielten, aber ihnen mehr nicht, als ein Wasser, das sie vorher nicht gehabt, und das Gras für die Gemeint auf dem Graben gebilligt wurde; da sagte sie, weil man ihnen nichts weitergebe, wollten Sie auch dasjenige nicht annehmen, denn sie hätten einen freien Zug gehabt, so dass sie in Ulm Bürger und zünftig werden könnten. Daher die von Ulm einen Bürgermeister und zwey Herrschaftspfleger und etliche des Rats abgeschickt, und als sie zu Geislingen angekommen, haben die Geislinger denen selben und dem Vogt schwören sollen, dass sie den Herren von Ulm, als ihrer Obrigkeit Gehorsam sein wollen, da dann etliche Geschworenen und etliche nicht. Hierauf haben die Herren von Ulm das Schloss Helfenstein mit Geschütz versehen und besetzt, auch ein Fähnlein Knecht angenommen und hinunter geschickt, welche das Städlein eingenommen, auch zehn Mann gefangen genommen und nach Ulm führen lassen, worunter der Anführer dieser Auflehnung ein Beck gewesen, dem man hiernach zu Ulm das Haupt abgeschlagen und denen anderen das Land verwiesen hat“.
Quellen: Geschichtliche Mitteilungen von Geislingen und seiner Umgebung 2.Heft zusammengefasst von CHR.Schöllkopf, Oberlehrer in Geislingen ca 1929
Schöttlin der Geislinger Aufstand 1514 von Claus Bisle und Roland Funk