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Georg Daniel Teutsch und Tacitus: Unterschied zwischen den Seiten

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[[Datei:Georg Daniel Teutsch.jpg|thumb|Bischof Georg Daniel Teutsch]]
'''Publius Cornelius Tacitus''' (* um 58 n. Chr.; † um 120) war ein bedeutender [[Römisches Reich|römischer]] [[Historiker]] und [[Römischer Senat|Senator]].


== Name und Familie ==
'''Georg Daniel Teutsch''' (* [[12. Dezember]] [[1817]] in [[Schäßburg]]; † [[2. Juli]] [[1893]] in [[Hermannstadt]]) war im 19. Jahrhundert [[Bischof]] der [[Evangelische Kirche A. B. in Rumänien|Evangelischen Kirche A.B.]] [[Siebenbürgen]]s. Außerdem wirkte er als [[Lehrer]], [[Theologe]], [[Historiker]] und [[Politiker]].
Aufgrund der national-politischen Bewegungen und der wirtschaftlichen Entwicklung des 19. Jahrhunderts ist eine Trennung zwischen den einzelnen Wirkungsbereichen fast nicht möglich.


Tacitus’ ''praenomen'' (Vorname) dürfte (wie aus einer Handschrift ersichtlich) ''Publius'' gewesen sein,<ref>Vgl. [[Anthony R. Birley]]: ''The life and death of Cornelius Tacitus''. In: ''Historia'' 49 (2000), S. 231 mit Anm. 4.</ref> wenngleich ihn [[Sidonius Apollinaris]] (5. Jahrhundert) als ''Gaius'' bezeichnete. Das [[Cognomen]] ''Tacitus'' (wörtlich „der Schweigsame“) findet sich auch beim möglichen Vater des Historikers, einem [[Prokurator]] von [[Gallia Belgica]].<ref>[[Plinius der Ältere]], ''naturalis historia'' 7, 76: ''Corneli Taciti, equitis Romani Belgicae Galliae rationes procurantis'' („des Cornelius Tacitus, eines römischen Ritters, der die Finanzen der Gallia Belgica verwaltete“).</ref> Wenn diese Verbindung korrekt ist, gehörte Tacitus’ Familie dem [[Eques|Ritterstand]] an, und er stieg als ihr erster Angehöriger ''([[homo novus]])'' in den Senatorenstand auf. Die Familie stammte wahrscheinlich aus einer der [[Römische Provinz|römischen Provinzen]], vielleicht ''[[Gallia cisalpina|Gallia Cisalpina]]'' oder ''[[Narbonensis|Gallia Narbonensis]]''.<ref>[[Ronald Syme]], ''Tacitus'', Bd. 2, S. 611 ff., hat als möglichen Herkunftsort Vasio ([[Vaison-la-Romaine]]) vorgeschlagen.</ref> Tacitus’ mögliche Grabinschrift<ref name="grabinschrift">{{CIL|6|41106}} ([http://www1.ku-eichstaett.de/epigr/uah-bilder.php?bild=PH0007931;PH0007932&nr=1 Abbildung]): ''[---]cito Ca[--- X]viro stlitib[us iudicandis --- quaesto]ri Aug(usti) tribun[o plebis'' („dem -cito Ca---, Decemvir stlitibus iudicandis, … Quästor des Kaisers, Volkstribun“); dazu [[Géza Alföldy]], ''Bricht der Schweigsame sein Schweigen? Eine Grabinschrift aus Rom'', in: ''Mitteilungen des Deutschen Archäologischen Instituts, Römische Abteilung'' 102 (1995), S. 251–268 ([http://www1.ku-eichstaett.de/epigr/uah-bilder.php?bild=PH0007931;PH0007932&nr=2 Rekonstruktionszeichnung mit vorgeschlagenen Ergänzungen]).</ref> überliefert mit ''CA'' den Beginn eines weiteren Namensbestandteils; möglicherweise lautete er vollständig ''Caecina (Paetus?)'', was auf eine familiäre Verbindung mit der senatorischen Familie der [[Caecina]]e hindeuten könnte. Eventuell war Tacitus’ Vater mit einer Caecinia verheiratet.<ref>Birley: ''The life and death of Cornelius Tacitus'', S. 231–233.</ref>
== Biografie ==


== Leben ==
Teutsch wurde am 12. Dezember 1817 in Schäßburg (heute Sighisoara, [[Kreis Mureș]]) als zweites von vier Kindern des Ehepaares Martin Benjamin Teutsch und Maria Katharina, geb. Weiß in eine Handwerkerfamilie hineingeboren.


Über Tacitus’ Leben existieren nur verstreute Zeugnisse von ihm selbst oder von seinen Zeitgenossen, vor allem vom jüngeren [[Plinius der Jüngere|Plinius]], in dessen [[Plinius-Briefe|Briefesammlung]] Tacitus der häufigste Adressat ist. Er dürfte etwa 58 n. Chr. geboren sein<ref>Vgl. Birley: ''The life and death of Cornelius Tacitus'', S. 236.</ref> und wurde offenbar zielstrebig auf den Eintritt in den Staatsdienst vorbereitet. Als seine Lehrer nennt er selbst<ref>Tacitus, ''dialogus'' [http://www.thelatinlibrary.com/tacitus/tac.dialogus.shtml#2 2, 1].</ref> [[Marcus Aper]] und [[Iulius Secundus]]. Er schlug die übliche Laufbahn als Gerichtsredner, d.&nbsp;h. Rechtsanwalt, ein. Schon als junger Mann brachte er es zu Ansehen, wie der etwas jüngere Plinius angibt, der ihm nachzueifern strebte.<ref>[[Plinius der Jüngere]], ''epistulae'' [http://www.thelatinlibrary.com/pliny.ep7.html 7, 20, 4].</ref> Etwa im Jahr 76 oder 77 verlobte sich Tacitus mit der Tochter des [[Consulat|Konsuls]] [[Gnaeus Iulius Agricola]] und heiratete sie bald darauf. Unter [[Vespasian]] begann er die politische Karriere eines römischen Senators ''([[cursus honorum]])'', die er unter den beiden folgenden [[Flavier|flavischen]] Kaisern fortsetzte.<ref>Tacitus, ''Historiae'' [http://www.thelatinlibrary.com/tacitus/tac.hist1.shtml 1, 1, 3]: ''dignitatem nostram a Vespasiano inchoatam, a Tito auctam, a Domitiano longius provectam non abnuerim'' („ich will nicht ableugnen, dass mein Rang von Vespasian begonnen, von Titus vermehrt, von Domitian noch weiter vorangebracht wurde“).</ref> In welchen Jahren er dabei die üblichen Ämter bekleidete, ist nicht genau bekannt, lässt sich aber aus dem Vergleich mit besser dokumentierten Karrieren teilweise erschließen. Nach einer neueren Vermutung, die eine fragmentarisch überlieferte Grabinschrift auf Tacitus bezieht,<ref name="grabinschrift"/> war er ''[[Decemviri|Decemvir stlitibus iudicandis]]'', etwa im Jahr 76, und anschließend vermutlich [[Militärtribun]].<ref>Birley: ''The life and death of Cornelius Tacitus'', S. 237–238, hält es für möglich, dass Tacitus im Heer seines Schwiegervaters diente, der zu dieser Zeit Statthalter von Britannien war.</ref> Die Inschrift nennt als nächstes Amt eine Vertrauensstellung beim Kaiser als ''[[Quaestur|quaestor]] Augusti'', die Tacitus vielleicht gegen Ende der Herrschaft des [[Titus]] im Jahr 81 bekleidete. Letztes erhaltenes Amt auf der Inschrift ist das [[Volkstribun]]at, das in die ersten Jahre der Herrschaft [[Domitian]]s fallen dürfte. Möglicherweise war Tacitus vorher oder hinterher als [[Legatus|Legat]] eines [[Prokonsul]]s in einer Provinz.<ref>So die Vermutung von Birley: ''The life and death of Cornelius Tacitus'', S. 237–238.</ref>
Er besuchte die Grundschule und das Gymnasium in der Bergschule aus [[Schäßburg]] (heute Lic. teoretic Joseph Haltrich), wo er am 1. August 1837 die [[Matura]] ablegte. Danach studierte er ab Herbst 1837 Geschichte und Evangelische Theologie in [[Wien]], um es ein Jahr danach in [[Berlin]] fortzusetzen. Nach dem zweiten Studienjahr kehrte er nach Schäßburg zurück, um das Studium als [[Autodidakt]] abzuschließen. Er war Hauslehrer der Familie Magyay in Karlsburg ([[Alba Iulia]]) und Baksay in Marossolymos (Falkendorf, rum. [[Șoimuș (Hunedoara)|Șoimuș]]). Zeitgleich nutzte er den Zugang zu der Karlsburger Bibliothek (gegründet vom katholischen Bischof [[Ignác Batthyány|Batthyany]]) und zu der [[Brukenthal-Museum|Brukenthalbibliothek]] in [[Hermannstadt]], beide reich an Handschriften und Büchern zur Siebenbürgischen Geschichte.


Von Tacitus selbst bezeugt ist, dass er 88&nbsp;n.&nbsp;Chr., im Jahr der von Domitian gefeierten [[Säkularfeier (Antike)|Säkularspiele]], [[Praetur|Prätor]] war und zu diesem Zeitpunkt schon die religiöse Funktion eines ''[[Quindecimviri|Quindecimvir sacris faciundis]]'' innehatte.<ref>Tacitus, ''Annales'' [http://www.thelatinlibrary.com/tacitus/tac.ann11.shtml#11 11, 11, 1].</ref> Anschließend war er (als Statthalter oder Legat einer Legion?) mehrere Jahre lang nicht in Rom und deswegen nicht zugegen, als sein Schwiegervater im Jahr 93 starb.<ref>Tacitus, ''Agricola'' [http://www.thelatinlibrary.com/tacitus/tac.agri.shtml#45 45, 4–5].</ref> Tacitus kann also, ebenso wie übrigens auch Agricola, kaum als Gegner Domitians gelten, sondern er machte unter diesem Kaiser, den er später als Tyrannen zeichnete, Karriere. Während der Herrschaft [[Nerva]]s (96–98&nbsp;n.&nbsp;Chr.) wurde Tacitus im Jahre 97 [[Suffektkonsul]] - mutmaßlich war er hierzu bereits von Domitian designiert worden, doch ist dies umstritten - und hielt in diesem Amt eine Leichenrede auf [[Lucius Verginius Rufus]].<ref>Plinius, ''epistulae'' [http://www.thelatinlibrary.com/pliny.ep2.html 2, 1, 6].</ref> Etwa in dieser Zeit, spätestens mit Beginn der Herrschaft [[Trajan]]s (98–117&nbsp;n.&nbsp;Chr.), nahm er seine schriftstellerische Tätigkeit auf.
1842 kehrte er nach Schäßburg zurück, um im darauf folgenden Jahr, am 3.-4.Januar 1843, sein Studium mit einer [[Dissertation]] in den Fächern Geschichte, Pädagogik und Theologie abzuschließen. Darauf wurde er Lehrer an der „Schäßburger Bergschule“, Konrektor 1845 und Rektor von 1850-1863. 1863 wechselte Georg Daniel Teutsch vom Lehramt ins Pfarramt, und wurde zunächst Pfarrer der evangelischen Gemeinde [[Agnetheln]]. Am 19. September 1867 wurde er zum [[Bischof]] der [[Evangelische Kirche A.B. in Rumänien|Evangelischen Kirche A.B. in Siebenbürgen]] gewählt. In diesem Amt blieb er bis zu seinem Tod.


Im Jahr 100 klagte Tacitus zusammen mit Plinius den früheren Statthalter der Provinz [[Africa]], [[Marius Priscus]], in einem [[Repetundenverfahren]] an.<ref>Plinius, ''epistulae'' [http://www.thelatinlibrary.com/pliny.ep2.html 2, 11].</ref> In den folgenden Jahren bis 104/105 scheint er zeitweilig von Rom abwesend gewesen zu sein,<ref>Plinius, ''epistulae'' [http://www.thelatinlibrary.com/pliny.ep4.html 4, 13, 1].</ref> möglicherweise als Statthalter einer konsularischen Provinz.<ref>Birley: ''The life and death of Cornelius Tacitus'', S. 247, Anm. 70, weist auf eine ohne Namensnennung erhaltene Inschrift vom Anfang des 2. Jahrhunderts hin ({{CIL|3|10804}}); der in ihr Geehrte, Quindecimvir wie Tacitus, war Statthalter von Germania Inferior und Hispania Tarraconensis.</ref> Nach seiner Rückkehr arbeitete er an seinem ersten großen Geschichtswerk, den ''Historien'', die in mehreren Briefen des Plinius erwähnt werden.<ref>Plinius, ''epistulae'' [http://www.thelatinlibrary.com/pliny.ep6.html 6, 16 und 20]; [http://www.thelatinlibrary.com/pliny.ep7.html 7, 33].</ref> Tacitus bekleidete, wohl im Amtsjahr 112/113, das Prokonsulat der Provinz [[Asia (Provinz)|Asia]] (auf dem Gebiet der heutigen [[Türkei]]), wie eine in [[Mylasa]] gefundene Inschrift zeigt.<ref>''Inschriften von Mylasa'' [http://epigraphy.packhum.org/inscriptions/oi?ikey=261172&bookid=512&region=8 365, Z. 2]: [ἀνθυπά]τω Κορνηλίω Τακίτω („unter dem Prokonsul Cornelius Tacitus“).</ref> Er hat vermutlich Trajan überlebt; das genaue Todesjahr ist nicht bekannt.<ref>Zur Frage vgl. Birley: ''The life and death of Cornelius Tacitus'', S. 241–247, der es wie schon [[Ronald Syme]] für möglich hält, dass große Teile der ''Annalen'' erst unter [[Hadrian (Kaiser)|Hadrian]] entstanden sind, während andere Wissenschaftler keine Anzeichen dafür sehen, dass Tacitus Trajan überlebt hat.</ref>
Georg Daniel Teutsch heiratete in erster Ehe Charlotte Berwerth 1845, die ein Jahr später verstarb und in zweiter Ehe deren Schwester Wilhelmine. Aus dieser Ehe gingen mehrere Kinder hervor, einer seiner Söhne, [[Friedrich Teutsch]], wurde in der Zeitspanne von 1903 bis 1932 selbst auch Sachsenbischof.


== Wirkungskreis ==
== Werke ==
=== Allgemeines ===
Tacitus galt als einer der bedeutendsten Redner seiner Zeit; der [[Redekunst]] widmete er unter [[stil]]istischer Anlehnung an [[Marcus Tullius Cicero]], den bedeutendsten Redner der [[Goldene Latinität|goldenen Latinität]], den ''Dialogus de oratoribus''.
Nach dem Konsulat (97) unter [[Nerva]] begann er mit der Arbeit an seinen großen Geschichtswerken, die sich vielleicht noch bis in die beginnende Herrschaft des Kaisers [[Hadrian (Kaiser)|Hadrian]] hinzog. Tacitus schrieb seine Geschichtswerke aus der Perspektive des Senators, der die Zeit der römischen Kaiser von [[Tiberius]] bis [[Domitian]] danach beurteilte, wie weit sie noch den Idealvorstellungen der [[Römische Republik|römischen Republik]] entsprach. Im Grunde lehnte er die Monarchie prinzipiell ab und beklagte immer wieder den Verlust der senatorischen Freiheit. Seine scharfen und auch sprachlich brillanten Analysen haben das moderne Bild vom römischen Reich im 1. Jahrhundert n.&nbsp;Chr. ganz wesentlich geprägt. Er kritisierte die zeitgenössischen Zustände als [[Dekadenz|Verfallserscheinungen]] und versuchte, dies anhand von bewusst ausgewählten Ausschnitten aus der Geschichte zu belegen. Der subtilen Coloration der Charaktere kam so die Aufgabe zu, dem Leser ein ganz bestimmtes Bild zu vermitteln. Dabei ist zu beachten, dass Tacitus sich zwar ausdrücklich der Maxime ''[[sine ira et studio]]'' (lat. „ohne Zorn und Eifer“) verschrieben hatte; dies meint aber keineswegs eine neutrale oder objektive Berichterstattung, sondern ähnlich wie sein Vorbild [[Sallust]] wollte Tacitus durch diese Formel lediglich seine Unabhängigkeit von der Tagespolitik betonen. Zwar hielt er sich in der Regel bei der Wiedergabe der tatsächlichen Ereignisse an die Fakten. Doch die Auswahl des Materials und vor allem die Interpretation der Vorgänge, die er seinem Leser nahelegte, ist zumeist keineswegs objektiv; dies zeigt sich beispielsweise bei der Charakterisierung des [[Tiberius]], dem von Tacitus grundsätzlich üble Absichten und Hintergedanken unterstellt wurden. Dabei macht sich oft Tacitus' Denken in [[stereotyp]]en [[Personale Kategorisierung|Kategorien]] bemerkbar. Ein genaues Hinsehen lohnt sich auch immer dann, wenn Tacitus die Verantwortung für das Berichtete nicht selbst übernimmt, sondern ausdrücklich Gerüchte oder die Erzählungen anderer wiedergibt - dies gilt etwa für seine wenig plausible Darstellung der angeblichen Ermordung des [[Claudius]].


Als Quellen dienten Tacitus neben mündlichen Berichten und Senatsakten auch mehrere uns nicht erhaltene Geschichtswerke. So benutzte er unter anderem die ''Germanenkriege'' und die ''Historien'' des [[Plinius der Ältere|älteren Plinius]]. Des Weiteren wurden wohl die Werke des [[Aufidius Bassus]], des [[Servilius Nonianus]], des [[Fabius Rusticus]] und des [[Cluvius Rufus]] in Anspruch genommen.<ref>Ausführliche Diskussion bei Syme, ''Tacitus'', passim. Allgemein siehe auch John Wilkes: ''Julio-Claudian Historians''. In: ''Classical World'' 65 (1972), S. 177ff.</ref> Die Tatsache, dass diese Werke verloren sind, erschwert es ganz erheblich, die Originalität und Bedeutung des Tacitus im Vergleich zu seinen Vorgängern zu beurteilen. In der neueren Forschung wird jedenfalls davon ausgegangen, dass Tacitus jeweils mehrere Quellen benutzt hat.
Sein Wirken kann in drei große Bereiche eingeteilt werden: Lehramt, Theologie und Politik. Seine Arbeit war auf den Erhalt der kulturellen, wirtschaftlichen und territorialen Autonomie des [[Siebenbürger Sachsen|“Sachsenvolks”]] ausgerichtet. Um dieses erreichen zu können, hat er oft auf die Geschichte des “Sachsenvolks” aus [[Siebenbürgen]] zurückgegriffen, ein Gebiet, das er während seiner ganzen Laufbahn, unabhängig seines entsprechenden Amtes, erforscht hat.


Die Werke in vermuteter Entstehungsfolge:
=== Lehramt ===


* ''Agricola'' ''(De vita et moribus Iulii Agricolae)'' – Biographie des Feldherrn [[Gnaeus Iulius Agricola]], seines Schwiegervaters, mit einer geographischen Beschreibung Britanniens.
Seinen ersten Beruf, den des [[Lehrer]]s, hat er 21 Jahre lang an der Schäßburger Bergschule ausgeübt, davon 13 Jahre als Direktor/Rektor der Schule (1842-1863). Während seiner Lehramtszeit reformierte und entwickelte er das Schulwesen der Bergschule, wobei diese landesweiten Ruhm erlangte. In dieser Schule wurden Lehrer und Pfarrer ausgebildet. Die Schulzeit des Seminars wurde von 2 auf 3 Jahre erweitert. Der Organisationsentwurf der [[Schulreform]], der bis 1883 in Geltung blieb, wurde von ihm gutgeheißen und später im Auftrag des Oberkonsistoriums in Endfassung gebracht. Er vereinheitlichte landesweit den Grundschul- Gymnasial- und Seminarunterricht, wobei sowohl der klassisch-humanistische Unterricht wie auch die Realfächer gleichermaßen berücksichtigt wurden. Diesem ersten Beruf sollte er später, als Pfarrer und noch mehr als Bischof, die Treue halten; nach Amtsantritt in [[Agnetheln]] förderte er den Bau einer neuen Schule (die heute seinen Namen trägt) und wirkte für den Ausbau und die gesetzliche Regelung des [[Volksschule|Volksschulunterrichtes]].
* ''Germania '' ''(De origine et situ Germanorum liber)'' – Geographie und Kultur der [[Germanen]], teilweise seinen Landsleuten als Gegenbild einer nicht korrupten und dekadenten Gesellschaft vor Augen gehalten. (Siehe unter ''[[Germania (Tacitus)|Germania]])''.
* ''Dialogus de oratoribus'' – über den Verfall der Beredsamkeit.
* ''Historien'' ''([[Historiae (Tacitus)|Historiae]])'' – Geschichte des römischen Reiches von [[Galba]] ([[69]]) bis [[Domitian]] (96) (nur teilweise erhalten).
* ''Annalen'' ''([[Annales (Tacitus)|Annales]]'' bzw. ''ab excessu divi Augusti)'' – Geschichte des römischen Reiches vom Tod des [[Augustus]] (14) bis [[Nero]] (68) (etwa zur Hälfte erhalten)


=== Charakter der taciteischen Historiographie ===
Das 1879 erlassene ungarische Schulgesetz, welches die Einführung der [[Ungarische Sprache|ungarischen Sprache]] in den deutsch-evangelischen Schulen verfügte, weckte die besondere Aufmerksamkeit Georg Daniel Teutschs und seiner Mitarbeiter. Der einmütige Protest begründete sich dadurch, dass die Mehrheit der Grundschüler keine Gelegenheit hatten, diese Sprache jemals zu gebrauchen. Es bestand die Sorge, dass diese Maßnahme der [[Magyarisierung]] Vorschub leisten würde.


Tacitus war ein scharfer Kritiker der von [[Augustus]] begründeten staatlichen Ordnung des [[Prinzipat]]s. Als Anhänger der alten Republik (und der damit assoziierten Freiheit aus Perspektive der senatorisch-republikanischen Oberschicht) kritisierte er die Alleinherrschaft, die er als ursächlich für den Verfall von Gerechtigkeit und ''[[virtus]]'' ansah. Zugleich war er Realist genug, um die faktische Unvermeidbarkeit der Monarchie anzuerkennen. Geprägt vom Erlebnis der (in dieser Weise wohl zu Unrecht) als [[Tyrannei]] dargestellten Herrschaft [[Domitian]]s (81–96), schilderte er die julisch-claudischen Kaiser von Tiberius bis Nero (''Annales'') sowie die Flavier [[Vespasian]], [[Titus]] und eben jenen Domitian ''(Historiae)'', wobei sich sein [[Geschichtsbild]] allmählich verdunkelte: Die vorgebliche Absicht, Zeugnis gegenwärtigen Glücks (''testimonium praesentium bonorum'') abzulegen, trat in den Hintergrund und wich dem Bestreben, die Erinnerung an frühere Knechtschaft ''(memoria prioris servitutis)'' wachzuhalten. In dem Bewusstsein, dass die Zeiten knapp bemessen seien, in welchen man frei seine Meinung äußern könne, geriet ebendies zu seinem Hauptaugenmerk: den Taten der historischen Personen Würdigung oder Schmach zuteil werden zu lassen, wobei Tacitus eben oft in stereotype Denkmuster verfiel. Tiberius etwa ist bei ihm ein durch und durch böser Mensch, wobei Tacitus die Person des Germanicus als Antipode zu Tiberius glorifizierend darstellt. Zur angeblich geplanten Schilderung der ihm positiver erscheinenden Zeit unter Augustus, Nerva und Trajan kam es nicht mehr (nach Ansicht mancher [[Althistoriker]] schrieb Tacitus hingegen ganz einfach deshalb nicht über seine eigene Zeit, weil ihm dies zu riskant erschien). Offenbar sah Tacitus, wie gesagt, auch ein, dass es unmöglich war, zu den idealisierten Zuständen der ''res publica libera'' zurückzukehren bzw. dass er bei dem Verfassen einer „Zeitgeschichte“ auf Trajan hätte Rücksicht nehmen müssen.
Gegen Ende seines Lebens wurde unter seiner Leitung das Lehrerseminar aus [[Hermannstadt]] ins Leben gerufen. Ein großes Anliegen war ihm zeit seines ganzen Lebens der [[Fortschritt]] der [[Landwirtschaft]], die er nach Kräften unterstützt hat.


Tacitus' Geschichtsschreibung ist demnach nicht wie beispielsweise die eines [[Titus Livius]] didaktisch-moralisch, sondern eher deskriptiv-moralisch und zutiefst pessimistisch. Er glaubt nicht an eine Besserung der Situation, da die Heilmittel gegen die Laster der Zeit zu langsam wirkten, zumal die meisten Träger der Tugend (''virtus'') Tyrannen zum Opfer gefallen seien und der Rest der Bürgerschaft (''civitas'') in [[Lethargie]] versunken sei.
Im Laufe seines Lebens wurden Teutsch verschiedene Ehrungen verliehen, wie seine Berufung in den Gelehrtenausschuss des [[Germanisches Nationalmuseum|Germanischen Museums]], die Verleihung der philosophischen [[Ehrendoktor]]würde der [[Universität Jena]] und die Wahl zum [[Ehrenmitglied]] des [[Leipzig]]er [[Schiller]]vereins.


=== Tacitus und der Aufstand des [[Arminius]] ===
In diese Zeitspanne als Lehrer gehört auch die [[Revolution]] von 1848; er war [[Hauptmann (Offizier)|Hauptmann]] der Schäßburger [[Bürgerwehr]], die gemeinsam mit der [[Kaiserliche Armee|kaiserlichen Armee]] den [[Bürgerkrieg]] gegen die von [[Josef Bem]] geleitete [[k.u. Landwehr|ungarische Armee]] gewann.


Tacitus beschrieb in seinen Annalen den Krieg gegen die Germanen eingehend. Von den zeitgenössischen Autoren unterschied sich Tacitus gerade durch seine bittere Kritik am Ausgang des Krieges. Hinsichtlich seiner verwendeten Quellen in Bezug auf die [[Germanicus]]feldzüge sind keine sicheren Angaben möglich. In Frage kommen aber diverse heute verlorene Werke, wie die des [[Aufidius Bassus]] oder des [[Plinius der Ältere|älteren Plinius]]; wenigstens letzterer wird auch von Tacitus erwähnt.<ref>Tacitus, ''Annales'', I 69; zu den von Tacitus für diese Zeit benutzten Quellen vgl. u.a. F. A. Marx: ''Die Quellen der Germanenkriege bei Tacitus und Dio''. In: ''Klio'' 26 (1933), S. 323–329; [[Friedrich Münzer]]: ''Die Quelle des Tacitus für die Germanenkriege''. In: ''Bonner Jahrbücher'' 104 (1899), S. 67ff.; Sage, ''Historical Works'', S. 1004ff.; Schmal, ''Tacitus'', S. 113; Syme, ''Tacitus'', Bd. 1, S. 274ff.</ref> Für die Germanicusfeldzüge erlaubt die Darstellung des Tacitus nur bedingt eine sachliche Rekonstruktion der Ereignisse; vor allem die hinter den einzelnen Feldzügen stehenden Ziele und Absichten bleiben unklar.
=== Theologie ===


Der kompositorisch zentrale Aspekt der ersten beiden Bücher der Annalen des Tacitus ist der scharfe Gegensatz zwischen dem Helden Germanicus und dem Tyrannen Tiberius (Parallele zu Tacitus' Schwiegervater Agricola und Domitian). Der [[Marser (Germanien)|Marserfeldzug]] nach der Niederschlagung der Meuterei der Rheinlegionen (Herbst [[14]]&nbsp;n.&nbsp;Chr.) wird zum eigentlichen Neubeginn sieg- und ruhmreicher römischer Offensiven gegen das rechtsrheinische Germanien. Auch erzeugt Tacitus die Vorstellung, dass Rom bereits unter Augustus das einzig ehrenvolle Ziel einer expansiven Wiederherstellung der römischen Herrschaft über Germanien (bis an die [[Elbe]]) definitiv aufgegeben habe. Für Tacitus – und nur für ihn – begann „der“ germanische Krieg im Herbst 14 und endete im Herbst 16. Aus der Natur der Sache ergab sich die Auffassung des Tacitus keineswegs. Die moderne Geschichtsschreibung ist ihm dennoch hierin z. T. gefolgt.
Nach Antritt seines Amtes als Pfarrer, entsprechend seiner [[Ausbildung]] in der [[Tradition]] jener Jahre, wirkte er für die Inkraftsetzung der neuen [[Kirchenordnung]], die er 1861 maßgeblich mitbestimmt hat. Der Bischofssitz wurde nach seiner Wahl zum [[Bischof]] von [[Birthälm]] nach [[Hermannstadt]] zurückverlegt. Entsprechend der neuen Kirchenverfassung förderte Teutsch in der Folgezeit die Zusammenarbeit zwischen den Geistlichen und den Weltlichen. Die [[Volkskirche]] wurde unter seiner Führung als Bischof vollendet und gestärkt. Dazu trugen auch die [[Visitation]]en bei, die er von 1870 bis 1884 vornahm. Er schaffte die Visitation sämtlicher Gemeinden der [[Landeskirche]], außer einer einzigen, die wegen [[Typhus]] (Kleinalisch) gesperrt war. Die Berichte, die er über ihre Durchführung dem Landeskonsistorium erstattete, gaben den Zustand der Kirche und des Volkes zu dieser Zeit wieder. Sie sind ein zeitgeschichtliches Dokument erster Ordnung. Das Ergebnis dieser Visitation ist nicht einheitlich; seine Berichte über die verschiedenen [[Kirchenbezirk]]e spiegeln ein äußerst buntes und unterschiedliches Bild wider und beleuchten alle Bereiche der jeweilig visitierten [[Gemeinde]].


=== Tacitus über Jesus Christus und das frühe Christentum ===
Er konnte es nicht verhindern, dass im Zuge der nationalen Bewegung unter den Völkern [[Siebenbürgen]]s die magyarisch-lutherische Gemeinden, die seit altershehr zur sächsischen Kirche gehörten, sich in ihr nicht mehr heimisch fühlten und ihren Anschluss an die lutherisch-magyarische Kirche des [[Theiß]]distrikts verlangten. In den Jahren 1876 bis 1886 vollzog sich die Trennung von 16 lutherischen Gemeinden magyarischer Sprache von der deutschsprachigen lutherischen Kirche, allein zehn davon vom [[Brașov|Kronstädter]] Kirchenbezirk.


Tacitus überliefert uns auch ein außerbiblisches Zeugnis über [[Jesus Christus]] und das frühe [[Christentum]]. Im 15. Buch seiner ''Annalen'' schreibt Tacitus über den [[Großer Brand Roms|Brand Roms]] im Jahre 64&nbsp;n.&nbsp;Chr. und über den Versuch [[Nero]]s, die Schuld dafür den Christen zu geben. Über ihren Namen berichtet Tacitus: „Dieser Name stammt von Christus, der unter [[Tiberius]] vom [[Prokurator]] [[Pontius Pilatus]] hingerichtet worden war“.<ref>Tacitus: ''Annalen'' [http://www.thelatinlibrary.com/tacitus/tac.ann15.shtml#44 15, 44, 3–4]. In den ältesten Handschriften steht statt ''Christus'' und ''Christiani'' ''Chrestus'' und ''Chrestiani'', was in der älteren Forschung teils für Verwirrung gesorgt hat; vgl. E. Koestermann, "Ein folgenschwerer Irrtum des Tacitus (Ann. 15, 44, 2ff.)?", ''Historia'' 16, 1967, S. 456ff. Ebenfalls irrig ist die Bezeichnung ''Procurator'', da Pilatus eigentlich ''praefectus iudaeae'' war.</ref>
Als [[Theologe]] war er bestrebt, der [[Nation]] das seiner Meinung nach Edelste der Güter, den [[Glaube]]n an das [[Evangelium (Glaube)|Evangelium]] und in ihm die [[Freiheit]] des Geistes, zu erhalten, die reine Lehre im Sinne des [[Protestantismus|lutherischen Bekenntnisses]]. Für ihn war es eindeutig, dass Recht, Verwaltung und Gericht noch nicht allein die tieferen Werte der Gemeinschaft begründen konnten.


=== Judenexkurs ===
Man kann den Einfluss der Theologen der [[Vermittlung]] feststellen, der Vermittlung zwischen ewigen und zeitlichen Gütern zwischen den einzelnen [[Protestantische Kirche|protestantischen Kirchen]], der Vermittlung zwischen dem [[Christentum|christlichen Glauben]] und den kulturellen [[Schöpfung]]en des menschlichen Geistes. Dieses kam auch seinen liberalen [[Anschauung]]en entgegen, denn vom Gebiete des [[Kirchenrecht]]s her war die [[Verfassung]], für die er sich noch in seiner Zeit als Weltlicher eingesetzt hatte, in ihrem Aufbau aus einer deutschen Unionskirche übernommen worden. Er bezeichnete sich selbst als [[Rationalist]]en. Als Solcher hatte er schon in seiner Dissertation am 3. und 4. Januar 1843 in der theologischen These den Bekenntnisschriften die Eigenschaft abgesprochen, Glaubensnorm zu sein, und somit das Dasein des Teufels geleugnet. Dieses war auch der Grund, weshalb er später für die restaurative Bewegung des [[Katholizismus]] kein Verständnis aufbringen konnte und warum er auch die restaurativ-konfessionellen Bestrebungen in den evangelischen Kirchen ablehnte.


Tacitus gibt im 5. Buch der ''Historien'' als Exkurs zur Darstellung des [[Jüdischer Krieg|jüdischen Kriegs]] einen Abriss über das antike [[Judentum]].<ref>Vgl. René S. Bloch: ''Antike Vorstellungen vom Judentum. Der Judenexkurs des Tacitus im Rahmen der griechisch-römischen Ethnographie''. Steiner, Stuttgart 2002, ISBN 3-515-07971-8.</ref> Darin charakterisiert er die jüdische Kultpraxis sehr negativ:
Seine [[Predigt]]tätigkeit zeigt, wie er die Aufgabe als [[Pfarrer]] und Verkündiger verstand; er sprach in seinen Predigten gerne von der Entwicklung zu einem höheren Ziele hin, in die sich der Einzelne durch sein Streben nach einer höheren [[Sittlichkeit]] einordnen solle. Er bemerkte, dass die [[Reformator]]en die Bahn zur [[Forschung]] geöffnet hätten, so dass der Mensch in den Stand gesetzt werde, die [[Entwicklung]] seiner Zeit vorauszusehen, um in seinem Wirken das Sinnliche zu freiem [[Gehorsam]] unter das Sittliche zu bringen.
:„Damit er sich des Volkes für die Zukunft versichere, gab [[Mose|Moyses]] ihnen neue Kultbräuche, die im Gegensatz stehen zu denen aller übrigen [[Mensch]]en. Unheilig ist dort alles, was bei uns heilig, andererseits ist erlaubt bei ihnen, was für uns als Schande gilt.“<ref>Tacitus: ''Historien'' [http://www.thelatinlibrary.com/tacitus/tac.hist5.shtml#4 5, 4–5]: ''Moyses quo sibi in posterum gentem firmaret, novos ritus contrariosque ceteris mortalibus indidit. profana illic omnia quae apud nos sacra, rursum concessa apud illos quae nobis incesta''.</ref>


=== Bewertung ===
Seine [[Verkündigung]] war vornehmlich sittlich geprägt; er sprach von der Vaterliebe [[Gott]]es, der das reuige Kind wieder annimmt. Dazu kam noch die Betonung der Gemeinschaft, in einer Zeit, in der sich die Vereinzelung innerhalb der Gemeinde immer mehr bemerkbar machte. Sein ungebrochener Vorsehungsglauben, der sich aus seinem persönlichen Leben und dem Geschick des eigenen Volkes als kräftig erwiesen hat, birgt in seiner optimistischen Weltanschauung wenig [[Skrupel]] und [[Zweifel]] darüber, ob sein Weg richtig gewesen wäre.


Man muss bei der Betrachtung der Geschichtswerke des Tacitus – die zweifellos stilistisch beeindruckend sind und die annalistisch-historiographische Tradition Roms auf ihren Höhepunkt führten – kritisch verfahren. So baute Tacitus oft auch Gerüchte und Hofklatsch mit ein,<ref>Tacitus, ''Annales'', 4, 53.</ref> was wohl auch auf das Quellenmaterial zurückzuführen ist, das er zur Fertigstellung seiner Werke gesichtet hatte. Geschickt legt er dem Leser damit eine bestimmte Interpretation der geschilderten Vorgänge nahe, ohne selbst Farbe zu bekennen. Auch das Denken in Schwarz-Weiß-Kategorien sollte zur Vorsicht mahnen. Manche Ereignisse lässt er wegfallen, andere interpretiert er so, dass sie seine Thesen zu untermauern scheinen. Gerne werden den Akteuren heimliche Motive unterstellt, von denen Tacitus, objektiv betrachtet, gar keine Kenntnis besessen haben kann. Von seinem verlockend klingendem Grundsatz, ''sine ira et studio'' (ohne [[Zorn]] und blinden Eifer) zu schreiben, kann daher bei seinem eigenen Werk nur bedingt die Rede sein. Gerade in solchen Fällen, in denen eine Parallelüberlieferung existiert, die eine Überprüfung seiner Angaben ermöglicht, zeigt sich, dass Tacitus das ihm vorliegende Material mitunter manipuliert hat.<ref>Ein besonders eindrucksvolles Beispiel ist die Affäre rund um [[Gnaeus Calpurnius Piso]]; da der Senatsbeschluss in Sachen Piso heute als Inschrift vorliegt, kann man einen Vergleich mit der taciteischen Version durchführen; vgl. Cynthia Damon: ''The Trial of Cn. Piso in Tacitus' ''Annales'' and the ''Senatus consultum de Cn. Pisone Patre''. New light on Narrative Technique''. In: ''American Journal of Philology'' 120 (1999), S. 143-162.</ref> Dies mindert jedoch kaum den Quellenwert seiner Darstellung, sofern sie mit entsprechender Vorsicht genutzt wird, und ganz und gar nicht die literarische Qualität seiner Werke; und es ändert auch nichts an der Tatsache, dass Tacitus als der bedeutendste römische Historiker anzusehen ist.
Für ihn, als ehemaligen Lehrer, zählte in erster Reihe die rechte [[Bildung]], die alte [[Weltanschauung|Welt-]] und Lebensanschauung, so dass der [[Glaube]] mit ihnen und nicht mit der „Barbarei“ einhergehen konnte. Darum ist es verständlich, dass er ein [[Anhänger]] der historischen Theologie war. Er suchte von der Geschichte her den Zugang zur Überlieferung von [[Jesus]] zu gewinnen und den Weg des Christentums durch die Geschichte zu verstehen. Das Evangelium war für ihn eine geschichtliche Größe mit einem ewigen Inhalt, ein höchster göttlicher Geist, der nach allen Richtungen [[Menschheit|menschlicher Entwicklung]] gewirkt habe. Es sei Jesus, der mit seinem warmen Herzen für uns einstünde. Er vertrat die Meinung, dass uns im [[Neues Testament|Neuen Testament]] das Christentum [[Christus|Christi]] entgegentrete und seine [[Schrift]]en uns die Entwicklung zur geistigen Reife bringen würde.


=== Nachleben ===
Gegen Ende seines Wirkens trat auch seine [[Erkenntnis]] der [[Lebensgemeinschaft]] des Glaubenden mit dem Heiland hervor, weil der Mensch als „ein Hauch des göttlichen Geistes“ zur [[Kindschaft Gottes|Gotteskindschaft]] und [[Brüderliche Liebe|Bruderliebe]] bestimmt sei. Er sah die geschichtliche Entwicklung der Menschheit als einen Weg, der das irdische Dasein zum Anfang des [[Gottesreich]]es umgestalte, wo die [[Gebot]]e Gottes, die zur Gottesliebe und [[Nächstenliebe]] aufrufen, erfüllt werden. Weil dieses in der Kirche geschah, welche die irdische Verwirklichung des Reiches Gottes darstelle, sah er sein [[Lebenswerk]] in der Gestaltung dieser, der [[Volkskirche]], und hinterließ sie der späteren Generationen als Erbe.


In der Antike fand Tacitus – obwohl er, wie Plinius belegt, bei seinen Zeitgenossen als Schriftsteller großen Ruhm genoss – relativ wenig Beachtung, zumal durch [[Sueton]] die traditionelle Form der Geschichtsschreibung (besonders in ihrer spezifischen [[Senatorische Geschichtsschreibung|senatorischen Form]], für die gerade Tacitus stand) im lateinischen Westen bis in die [[Spätantike]] offenbar erlosch (zumindest kennen wir keine entsprechenden Werke). Dort dominierte, anders als im griechischen Osten, fortan wohl das Genre der Kaiserbiographien (siehe auch [[Marius Maximus]]). Zudem galten Tacitus’ Sprache und Stil vielen vermutlich als zu anspruchsvoll. [[Ammianus Marcellinus]] schloss mit seinem umfassenden Geschichtswerk im späten 4. Jahrhundert bewusst an Tacitus an; nicht wenige Historiker, darunter Syme, sehen Ammianus sogar als (literarischen) „Erben des Tacitus“ an.<ref>Syme, ''Tacitus'', Bd. 2, S. 503, Anmerkung 8: „The heir of Tacitus, in every sense, is Ammianus“.</ref> [[Sidonius Apollinaris]] (5. Jahrhundert) hat Tacitus offenbar gelesen, und der Kirchenvater [[Hieronymus (Kirchenvater)|Hieronymus]] fasste die ''Annalen'' und die ''Historien'' als eine 30 Bücher umfassende Kaisergeschichte auf.
Auch als Bischof wurden ihm manche Ehrungen zuteil. Von 1870 war er [[Vorstand]] des [[Verein]]s für Siebenbürgische [[Landeskunde]], [[Mitglied]] des Zentralvorstandes der [[Gustav-Adolf-Stiftung]] ab 1882, [[Ehrendoktor]] der [[Jurist|Juristischen Fakultät]] der [[Humboldt-Universität zu Berlin|Universität Berlin]] und 1884 wurde er zum Ehrendoktor der philosophischen Fakultät von [[Jena]] ernannt. Eine besondere Ehrung war für ihn auch die Einladung zur Einweihung der [[Wittenberger Schlosskirche|Schlosskirche von Wittenberg]] im Oktober 1892.

Im Mittelalter waren die Schriften des Tacitus fast völlig in Vergessenheit geraten; immerhin gibt es eine umfangreiche Benutzung der ''Germania'' in der Einleitung zur ''[[De miraculis sancti Alexandri|Translatio s. Alexandri]]'' des [[Rudolf von Fulda]], der für eine Beschreibung der Sachsen des 9.&nbsp;Jahrhunderts die Germanencharakteristik des Tacitus nahezu wörtlich verwendet. In der Zeit des [[Humanismus]] (15./16.&nbsp;Jahrhundert) wurden die Schriften des Tacitus (v.&nbsp;a. die ''Germania'', aber auch die Kapitel über [[Arminius]] in den ''Annalen'') nach ihrer Wiederauffindung und Publizierung in Erstdrucken dann zu einer wichtigen Grundlage des entstehenden deutschen Nationalbewusstseins. Die positive Charakteristik der [[Germanen]] durch Tacitus wurde von den deutschen Humanisten begeistert aufgenommen und recht unkritisch und in wörtlicher Übernahme zur Darstellung „des“ deutschen Nationalcharakters herangezogen. Auch die Gestalt des Arminius entwickelte sich von da an zum deutschen Nationalhelden und zum Vorkämpfer deutscher Freiheit gegen Rom (vgl. v.&nbsp;a. den ''Arminius'' des [[Ulrich von Hutten]]). In der Zeit der Französischen Revolution wurde er als Vorkämpfer gegen die Unterdrückung gefeiert, später wurde er jedoch teils sehr kritisch betrachtet ([[Theodor Mommsen]]).


== Literatur ==
== Literatur ==

* Friedrich Teutsch: ''Georg Daniel Teutsch-Geschichte seines Lebens.'' W.Krafft Verlag, Hermannstadt 1909
=== Kritische Werkausgaben ===
* Friedrich Teutsch: ''Geschichte der Siebenbürger Sachsen: Für das sächsische Volk. IV Band (1868-1919).'' W.Krafft Verlag, Hermannstadt 1926

* Ludwig Binder, Josef Scheerer: ''Die Bischöfe der Evanghelischen Kirche A.B. in Siebenbürgen II - Teil.'' Die Bischöfe der Jahre 1867-1969. Böhlauverlag, KölnWien 1980
* Cornelii Taciti libri qui supersunt. Tom. I Pars Prima: Ab Excessu Divi Augusti Libri I-VI. Ed. Stephanus Borzsák. Stuttgart und Leipzig 1992.
* Monica Vlaicu, Thomas Nägler: ''Briefe an Georg Daniel Teutsch.'' Böhlau-Verlag,Köln-Wien, 1994, ISBN 3412108936,ISBN 9783412108939
* P. Cornelii Taciti libri qui supersunt. Tom. II Fasc. 3: Agricola. Ed. Iosephus Delz. Stuttgart 1983.
* {{ADB|37|618|628|Teutsch, Georg Daniel|Friedrich Teutsch|ADB:Teutsch, Georg Daniel}}
* Cornelii Taciti Annalium ab Excessu Divi Augusti Libri. Rec. brev. adnot. crit. instr. C. D. Fisher. Oxford 1906. ND 1951.
* P. Corneli Taciti libri qui supersunt. Tom. I: Ab Excessu Divi Augusti. Ed. Henricus Heubner. Stuttgart 1992.
* P. Cornelii Taciti libri qui supersunt. Tom. II Fasc. 4: Dialogus de oratoribus. Ed. Henricus Heubner. Stuttgart 1983.
* P. Cornelii Taciti libri qui supersunt. Tom. I: Ab Excessu Divi Augusti. Ed. Erich Koestermann. Leipzig 1960.
* P. Cornelii Taciti libri qui supersunt. Tom. II Fasc. 2: De origine et situ Germanorum liber. Rec. [[Alf Önnerfors]]. Stuttgart 1983.
* Cornelii Taciti libri qui supersunt. Tom. I, Pars Secunda: Ab Excessu Divi Augusti libri XI-XVI. Ed. Kenneth Wellesley. Leipzig 1986.
* Cornelii Taciti libri qui supersunt. Tom. II Pars Prima: Historiarum libri. Ed. Kenneth Wellesley. Leipzig 1989.

=== Zweisprachige Ausgaben und Übersetzungen ===

==== Annalen ====

* P. Cornelius Tacitus. Annalen. Lateinisch-Deutsch. Hg. von Erich Heller. Mit einer Einführung von [[Manfred Fuhrmann]] (Sammlung Tusculum). Düsseldorf und Zürich 3. Aufl. 1997.
* Tacitus. Annalen. Deutsch von [[August Horneffer]]. Mit einer Einleitung von [[Joseph Vogt]] und Anmerkungen von Werner Schur. Stuttgart 1957.
* Tacitus. The Annals, Books I-III. With an English Translation by John Jackson. In: Tacitus in Five Volumes III: The Histories, Book IV-V. The Annals, Books I-III. Cambridge, Mass. und London 1969 (Erstausgabe 1931).
* Tacitus in Five Volumes IV: The Annals. Books IV-VI, XI-XII. With an English Translation by John Jackson. ([[Loeb Classical Library]] 312). Cambridge, Mass. und London 1970 (Erstausgabe 1937).
* Tacitus in Five Volumes V: The Annals. Books XIII-XVI. With an English Translation by John Jackson. Cambridge, Mass. und London 1969 (Erstausgabe 1937).
* Cornelius Tacitus. Tiberius. Annales ab excessu Divi Augusti/Roms Geschichte seit Augustus Tod. Erster Teil: I.-III. Buch. Lateinisch und Deutsch. Übertragen von Ludwig Maenner. München 1923.
* Tacitus. Annalen I-VI. Übersetzung, Einleitung und Anmerkungen von [[Walther Sontheimer]]. (RUB 2457). Stuttgart 1964.
* Tacitus. Annalen XI-XVI. Übersetzung und Anmerkungen von Walther Sontheimer. (RUB 2458). Stuttgart 1967.

==== Historien ====

* P. Cornelius Tacitus. Historiae / Historien. Lateinisch-Deutsch. Herausgegeben von Joseph Borst unter Mitarbeit von Helmut Hross und Helmut Borst. München, 4. Aufl. 1979.
* Tacitus in Five Volumes II: The Histories. Books I-III. With an English Translation by Clifford H. Moore. (The Loeb Classical Library). London und Cambridge, Mass. 1925. ND 1968.
* Tacitus, The Histories, Books IV-V. With an English Translation by Clifford H. Moore. In: Tacitus in Five Volumes III: The Histories, Book IV-V. The Annals, Books I-III. Cambridge, Mass. und London 1969 (Erstausgabe 1931).
* P. Cornelius Tacitus. Historien. Lateinisch / Deutsch. Übersetzt und Herausgegeben von [[Helmuth Vretska]]. (RUB 2721). Stuttgart 1984.

==== Agricola, Germania, Dialogus ====

* Publius Cornelius Tacitus. Die historischen Versuche. Agricola. Germania. Dialogus. Übers. u. hg. von [[Karl Büchner (Altphilologe)|Karl Büchner]] (Kröner Taschenbuchausgabe Bd. 255). Stuttgart 1955.
* Tacitus. Agricola. Lateinisch / Deutsch. Übersetzt, erläutert und mit einem Nachwort herausgegeben von [[Robert Feger]]. (RUB 836) Stuttgart 1973.
* Tacitus. Germania. Lateinisch / Deutsch. Übersetzt, erläutert und mit einem Nachwort herausgegeben von [[Manfred Fuhrmann]]. (RUB 9391). Stuttgart 1972.
* Tacitus. Dialogus de oratoribus / Dialog über den Redner. Lateinisch / Deutsch. Nach der Ausgabe von [[Helmut Gugel]] herausgegeben von Dietrich Klose (RUB 7700). Stuttgart 1981.
* Tacitus. Agricola. Translated by M. Hutton. Revised by R.M. Ogilvie. In: Tacitus in Five Volumes I: Agricola. Germania. Dialogus (The Loeb Classical Library). Cambridge, Mass. und London 1970 (Erstausgabe 1914).
* Tacitus. Germania. Translated by M. Hutton. Revised by E.H. Warmington. In: Tacitus in Five Volumes I: Agricola. Germania. Dialogus (The Loeb Classical Library). Cambridge, Mass. und London 1970 (Erstausgabe 1914).
* Tacitus. Germania. Lateinisch und Deutsch. Übertragen und erläutert von Arno Mauersberger (Sammlung Dietrich Bd. 100). Leipzig 1942.
* Tacitus, Dialogus. Translated by Sir W. Peterson. Revised by [[Michael Winterbottom]]. In: Tacitus in Five Volumes I: Agricola. Germania. Dialogus (The Loeb Classical Library). Cambridge, Mass. und London 1970. (Erstausgabe 1914)
* Cornelius Tacitus. Agricola. Germania.- Lateinisch und Deutsch. Herausgegeben, übersetzt und erläutert von Alfons Städele. (Sammlung Tusculum). München 1991.
* Tacitus. Das Leben des Iulius Agricola. Lateinisch und Deutsch von [[Rudolf Till]]. Darmstadt 1961.
* P. Cornelius Tacitus. Das Gespräch über die Redner / Dialogus de oratoribus. Lateinisch - Deutsch. Herausgegeben und übersetzt von Hans Volkmer. (Sammlung Tusculum). Düsseldorf und Zürich. 4. durchges. Auflage 1998.

=== Kommentare ===

* [[Heinz Heubner]], [[Wolfgang Fauth]]: ''P. Cornelius Tacitus. Die Historien, Buch 1–5. Kommentar.'' 5&nbsp;Bde. Winter, Heidelberg 1963–1982. {{Falsche ISBN|3-533-02212}}, ISBN 3-533-02492-X, ISBN 3-533-03028-8
* Heinz Heubner: ''Kommentar zum Agricola des Tacitus''. Göttingen 1984. ISBN 3-525-25744-9
* [[Erich Koestermann]]: ''Tacitus. Annalen''. 4 Bde., Heidelberg 1963–1968.

=== Sekundärliteratur ===

* ''[[Aufstieg und Niedergang der römischen Welt]]''. Bd. II.33.2/3/4. Berlin-New York 1990f. (mehrere fachwissenschaftliche Aufsätze bzw. Bibliographien zu Tacitus und seinen Werken).
* Herbert W. Benario: ''An introduction to Tacitus''. The University of Georgia Press, Athens 1975.
* [[Harald Fuchs (Altphilologe)|Harald Fuchs]]: ''Tacitus über die Christen''. In: ''Vigiliae Christianae'' 4 (1950), S. 65–93.
* [[Konrad Heldmann]]: ''Sine ira et studio. Das Subjektivitätsprinzip der römischen Geschichtsschreibung und das Selbstverständnis antiker Historiker''. München 2011.
* Ronald Mellor: ''Tacitus''. Routledge, London-New York 1993.
* Michael M. Sage: ''Tacitus’ Historical Works: A Survey and Appraisal''. In: ''[[Aufstieg und Niedergang der römischen Welt]]''. Bd. II.33.2. Berlin-New York 1990, S. 851–1030.
* Dylan Sailor: ''Writing and Empire in Tacitus''. Cambridge 2008.
* Stephan Schmal: ''Tacitus''. Georg Olms, Hildesheim 2005, ISBN 3-487-12884-5
* [[Ronald Syme]]: ''Tacitus.'' 2&nbsp;Bde. Clarendon Press, Oxford 1958 (immer noch wichtiges Standardwerk).


== Weblinks ==
== Weblinks ==
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{{Commons|Gaius Cornelius Tacitus|Tacitus}}
* {{DNB-Portal|118620452}}
* [http://www.thelatinlibrary.com/tac.html Werke auf Latein]
* [http://onlinebooks.library.upenn.edu/webbin/book/search?author=tacitus&amode=words Werke in englischer Übersetzung]
* [http://www.gottwein.de/Lat/tac/Germ01.php Germania, lateinisch und deutsch mit weiterführenden Angaben]
* [http://www.gottwein.de/Lat/tac00.php Lektüreauswahl für den altsprachlichen Unterricht (mit deutscher Übersetzung)]
* [http://penelope.uchicago.edu/Thayer/E/Roman/Texts/Tacitus/home.html Engl. Übersetzung der ''Annalen'' und der ''Historien''] bei [[LacusCurtius]]
* [http://webwise.de/1351.htm Tacitus-Links]
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== Anmerkungen ==
{{SORTIERUNG:Teutsch, Georg Daniel}}

[[Kategorie:Lutherischer Theologe (19. Jahrhundert)]]
<references />
[[Kategorie:Lutherischer Bischof (19. Jahrhundert)]]

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[[uk:Публій Корнелій Тацит]]
[[zh:塔西佗]]

Version vom 23. Juli 2011, 15:34 Uhr

Publius Cornelius Tacitus (* um 58 n. Chr.; † um 120) war ein bedeutender römischer Historiker und Senator.

Name und Familie

Tacitus’ praenomen (Vorname) dürfte (wie aus einer Handschrift ersichtlich) Publius gewesen sein,[1] wenngleich ihn Sidonius Apollinaris (5. Jahrhundert) als Gaius bezeichnete. Das Cognomen Tacitus (wörtlich „der Schweigsame“) findet sich auch beim möglichen Vater des Historikers, einem Prokurator von Gallia Belgica.[2] Wenn diese Verbindung korrekt ist, gehörte Tacitus’ Familie dem Ritterstand an, und er stieg als ihr erster Angehöriger (homo novus) in den Senatorenstand auf. Die Familie stammte wahrscheinlich aus einer der römischen Provinzen, vielleicht Gallia Cisalpina oder Gallia Narbonensis.[3] Tacitus’ mögliche Grabinschrift[4] überliefert mit CA den Beginn eines weiteren Namensbestandteils; möglicherweise lautete er vollständig Caecina (Paetus?), was auf eine familiäre Verbindung mit der senatorischen Familie der Caecinae hindeuten könnte. Eventuell war Tacitus’ Vater mit einer Caecinia verheiratet.[5]

Leben

Über Tacitus’ Leben existieren nur verstreute Zeugnisse von ihm selbst oder von seinen Zeitgenossen, vor allem vom jüngeren Plinius, in dessen Briefesammlung Tacitus der häufigste Adressat ist. Er dürfte etwa 58 n. Chr. geboren sein[6] und wurde offenbar zielstrebig auf den Eintritt in den Staatsdienst vorbereitet. Als seine Lehrer nennt er selbst[7] Marcus Aper und Iulius Secundus. Er schlug die übliche Laufbahn als Gerichtsredner, d. h. Rechtsanwalt, ein. Schon als junger Mann brachte er es zu Ansehen, wie der etwas jüngere Plinius angibt, der ihm nachzueifern strebte.[8] Etwa im Jahr 76 oder 77 verlobte sich Tacitus mit der Tochter des Konsuls Gnaeus Iulius Agricola und heiratete sie bald darauf. Unter Vespasian begann er die politische Karriere eines römischen Senators (cursus honorum), die er unter den beiden folgenden flavischen Kaisern fortsetzte.[9] In welchen Jahren er dabei die üblichen Ämter bekleidete, ist nicht genau bekannt, lässt sich aber aus dem Vergleich mit besser dokumentierten Karrieren teilweise erschließen. Nach einer neueren Vermutung, die eine fragmentarisch überlieferte Grabinschrift auf Tacitus bezieht,[4] war er Decemvir stlitibus iudicandis, etwa im Jahr 76, und anschließend vermutlich Militärtribun.[10] Die Inschrift nennt als nächstes Amt eine Vertrauensstellung beim Kaiser als quaestor Augusti, die Tacitus vielleicht gegen Ende der Herrschaft des Titus im Jahr 81 bekleidete. Letztes erhaltenes Amt auf der Inschrift ist das Volkstribunat, das in die ersten Jahre der Herrschaft Domitians fallen dürfte. Möglicherweise war Tacitus vorher oder hinterher als Legat eines Prokonsuls in einer Provinz.[11]

Von Tacitus selbst bezeugt ist, dass er 88 n. Chr., im Jahr der von Domitian gefeierten Säkularspiele, Prätor war und zu diesem Zeitpunkt schon die religiöse Funktion eines Quindecimvir sacris faciundis innehatte.[12] Anschließend war er (als Statthalter oder Legat einer Legion?) mehrere Jahre lang nicht in Rom und deswegen nicht zugegen, als sein Schwiegervater im Jahr 93 starb.[13] Tacitus kann also, ebenso wie übrigens auch Agricola, kaum als Gegner Domitians gelten, sondern er machte unter diesem Kaiser, den er später als Tyrannen zeichnete, Karriere. Während der Herrschaft Nervas (96–98 n. Chr.) wurde Tacitus im Jahre 97 Suffektkonsul - mutmaßlich war er hierzu bereits von Domitian designiert worden, doch ist dies umstritten - und hielt in diesem Amt eine Leichenrede auf Lucius Verginius Rufus.[14] Etwa in dieser Zeit, spätestens mit Beginn der Herrschaft Trajans (98–117 n. Chr.), nahm er seine schriftstellerische Tätigkeit auf.

Im Jahr 100 klagte Tacitus zusammen mit Plinius den früheren Statthalter der Provinz Africa, Marius Priscus, in einem Repetundenverfahren an.[15] In den folgenden Jahren bis 104/105 scheint er zeitweilig von Rom abwesend gewesen zu sein,[16] möglicherweise als Statthalter einer konsularischen Provinz.[17] Nach seiner Rückkehr arbeitete er an seinem ersten großen Geschichtswerk, den Historien, die in mehreren Briefen des Plinius erwähnt werden.[18] Tacitus bekleidete, wohl im Amtsjahr 112/113, das Prokonsulat der Provinz Asia (auf dem Gebiet der heutigen Türkei), wie eine in Mylasa gefundene Inschrift zeigt.[19] Er hat vermutlich Trajan überlebt; das genaue Todesjahr ist nicht bekannt.[20]

Werke

Allgemeines

Tacitus galt als einer der bedeutendsten Redner seiner Zeit; der Redekunst widmete er unter stilistischer Anlehnung an Marcus Tullius Cicero, den bedeutendsten Redner der goldenen Latinität, den Dialogus de oratoribus. Nach dem Konsulat (97) unter Nerva begann er mit der Arbeit an seinen großen Geschichtswerken, die sich vielleicht noch bis in die beginnende Herrschaft des Kaisers Hadrian hinzog. Tacitus schrieb seine Geschichtswerke aus der Perspektive des Senators, der die Zeit der römischen Kaiser von Tiberius bis Domitian danach beurteilte, wie weit sie noch den Idealvorstellungen der römischen Republik entsprach. Im Grunde lehnte er die Monarchie prinzipiell ab und beklagte immer wieder den Verlust der senatorischen Freiheit. Seine scharfen und auch sprachlich brillanten Analysen haben das moderne Bild vom römischen Reich im 1. Jahrhundert n. Chr. ganz wesentlich geprägt. Er kritisierte die zeitgenössischen Zustände als Verfallserscheinungen und versuchte, dies anhand von bewusst ausgewählten Ausschnitten aus der Geschichte zu belegen. Der subtilen Coloration der Charaktere kam so die Aufgabe zu, dem Leser ein ganz bestimmtes Bild zu vermitteln. Dabei ist zu beachten, dass Tacitus sich zwar ausdrücklich der Maxime sine ira et studio (lat. „ohne Zorn und Eifer“) verschrieben hatte; dies meint aber keineswegs eine neutrale oder objektive Berichterstattung, sondern ähnlich wie sein Vorbild Sallust wollte Tacitus durch diese Formel lediglich seine Unabhängigkeit von der Tagespolitik betonen. Zwar hielt er sich in der Regel bei der Wiedergabe der tatsächlichen Ereignisse an die Fakten. Doch die Auswahl des Materials und vor allem die Interpretation der Vorgänge, die er seinem Leser nahelegte, ist zumeist keineswegs objektiv; dies zeigt sich beispielsweise bei der Charakterisierung des Tiberius, dem von Tacitus grundsätzlich üble Absichten und Hintergedanken unterstellt wurden. Dabei macht sich oft Tacitus' Denken in stereotypen Kategorien bemerkbar. Ein genaues Hinsehen lohnt sich auch immer dann, wenn Tacitus die Verantwortung für das Berichtete nicht selbst übernimmt, sondern ausdrücklich Gerüchte oder die Erzählungen anderer wiedergibt - dies gilt etwa für seine wenig plausible Darstellung der angeblichen Ermordung des Claudius.

Als Quellen dienten Tacitus neben mündlichen Berichten und Senatsakten auch mehrere uns nicht erhaltene Geschichtswerke. So benutzte er unter anderem die Germanenkriege und die Historien des älteren Plinius. Des Weiteren wurden wohl die Werke des Aufidius Bassus, des Servilius Nonianus, des Fabius Rusticus und des Cluvius Rufus in Anspruch genommen.[21] Die Tatsache, dass diese Werke verloren sind, erschwert es ganz erheblich, die Originalität und Bedeutung des Tacitus im Vergleich zu seinen Vorgängern zu beurteilen. In der neueren Forschung wird jedenfalls davon ausgegangen, dass Tacitus jeweils mehrere Quellen benutzt hat.

Die Werke in vermuteter Entstehungsfolge:

  • Agricola (De vita et moribus Iulii Agricolae) – Biographie des Feldherrn Gnaeus Iulius Agricola, seines Schwiegervaters, mit einer geographischen Beschreibung Britanniens.
  • Germania (De origine et situ Germanorum liber) – Geographie und Kultur der Germanen, teilweise seinen Landsleuten als Gegenbild einer nicht korrupten und dekadenten Gesellschaft vor Augen gehalten. (Siehe unter Germania).
  • Dialogus de oratoribus – über den Verfall der Beredsamkeit.
  • Historien (Historiae) – Geschichte des römischen Reiches von Galba (69) bis Domitian (96) (nur teilweise erhalten).
  • Annalen (Annales bzw. ab excessu divi Augusti) – Geschichte des römischen Reiches vom Tod des Augustus (14) bis Nero (68) (etwa zur Hälfte erhalten)

Charakter der taciteischen Historiographie

Tacitus war ein scharfer Kritiker der von Augustus begründeten staatlichen Ordnung des Prinzipats. Als Anhänger der alten Republik (und der damit assoziierten Freiheit aus Perspektive der senatorisch-republikanischen Oberschicht) kritisierte er die Alleinherrschaft, die er als ursächlich für den Verfall von Gerechtigkeit und virtus ansah. Zugleich war er Realist genug, um die faktische Unvermeidbarkeit der Monarchie anzuerkennen. Geprägt vom Erlebnis der (in dieser Weise wohl zu Unrecht) als Tyrannei dargestellten Herrschaft Domitians (81–96), schilderte er die julisch-claudischen Kaiser von Tiberius bis Nero (Annales) sowie die Flavier Vespasian, Titus und eben jenen Domitian (Historiae), wobei sich sein Geschichtsbild allmählich verdunkelte: Die vorgebliche Absicht, Zeugnis gegenwärtigen Glücks (testimonium praesentium bonorum) abzulegen, trat in den Hintergrund und wich dem Bestreben, die Erinnerung an frühere Knechtschaft (memoria prioris servitutis) wachzuhalten. In dem Bewusstsein, dass die Zeiten knapp bemessen seien, in welchen man frei seine Meinung äußern könne, geriet ebendies zu seinem Hauptaugenmerk: den Taten der historischen Personen Würdigung oder Schmach zuteil werden zu lassen, wobei Tacitus eben oft in stereotype Denkmuster verfiel. Tiberius etwa ist bei ihm ein durch und durch böser Mensch, wobei Tacitus die Person des Germanicus als Antipode zu Tiberius glorifizierend darstellt. Zur angeblich geplanten Schilderung der ihm positiver erscheinenden Zeit unter Augustus, Nerva und Trajan kam es nicht mehr (nach Ansicht mancher Althistoriker schrieb Tacitus hingegen ganz einfach deshalb nicht über seine eigene Zeit, weil ihm dies zu riskant erschien). Offenbar sah Tacitus, wie gesagt, auch ein, dass es unmöglich war, zu den idealisierten Zuständen der res publica libera zurückzukehren bzw. dass er bei dem Verfassen einer „Zeitgeschichte“ auf Trajan hätte Rücksicht nehmen müssen.

Tacitus' Geschichtsschreibung ist demnach nicht wie beispielsweise die eines Titus Livius didaktisch-moralisch, sondern eher deskriptiv-moralisch und zutiefst pessimistisch. Er glaubt nicht an eine Besserung der Situation, da die Heilmittel gegen die Laster der Zeit zu langsam wirkten, zumal die meisten Träger der Tugend (virtus) Tyrannen zum Opfer gefallen seien und der Rest der Bürgerschaft (civitas) in Lethargie versunken sei.

Tacitus und der Aufstand des Arminius

Tacitus beschrieb in seinen Annalen den Krieg gegen die Germanen eingehend. Von den zeitgenössischen Autoren unterschied sich Tacitus gerade durch seine bittere Kritik am Ausgang des Krieges. Hinsichtlich seiner verwendeten Quellen in Bezug auf die Germanicusfeldzüge sind keine sicheren Angaben möglich. In Frage kommen aber diverse heute verlorene Werke, wie die des Aufidius Bassus oder des älteren Plinius; wenigstens letzterer wird auch von Tacitus erwähnt.[22] Für die Germanicusfeldzüge erlaubt die Darstellung des Tacitus nur bedingt eine sachliche Rekonstruktion der Ereignisse; vor allem die hinter den einzelnen Feldzügen stehenden Ziele und Absichten bleiben unklar.

Der kompositorisch zentrale Aspekt der ersten beiden Bücher der Annalen des Tacitus ist der scharfe Gegensatz zwischen dem Helden Germanicus und dem Tyrannen Tiberius (Parallele zu Tacitus' Schwiegervater Agricola und Domitian). Der Marserfeldzug nach der Niederschlagung der Meuterei der Rheinlegionen (Herbst 14 n. Chr.) wird zum eigentlichen Neubeginn sieg- und ruhmreicher römischer Offensiven gegen das rechtsrheinische Germanien. Auch erzeugt Tacitus die Vorstellung, dass Rom bereits unter Augustus das einzig ehrenvolle Ziel einer expansiven Wiederherstellung der römischen Herrschaft über Germanien (bis an die Elbe) definitiv aufgegeben habe. Für Tacitus – und nur für ihn – begann „der“ germanische Krieg im Herbst 14 und endete im Herbst 16. Aus der Natur der Sache ergab sich die Auffassung des Tacitus keineswegs. Die moderne Geschichtsschreibung ist ihm dennoch hierin z. T. gefolgt.

Tacitus über Jesus Christus und das frühe Christentum

Tacitus überliefert uns auch ein außerbiblisches Zeugnis über Jesus Christus und das frühe Christentum. Im 15. Buch seiner Annalen schreibt Tacitus über den Brand Roms im Jahre 64 n. Chr. und über den Versuch Neros, die Schuld dafür den Christen zu geben. Über ihren Namen berichtet Tacitus: „Dieser Name stammt von Christus, der unter Tiberius vom Prokurator Pontius Pilatus hingerichtet worden war“.[23]

Judenexkurs

Tacitus gibt im 5. Buch der Historien als Exkurs zur Darstellung des jüdischen Kriegs einen Abriss über das antike Judentum.[24] Darin charakterisiert er die jüdische Kultpraxis sehr negativ:

„Damit er sich des Volkes für die Zukunft versichere, gab Moyses ihnen neue Kultbräuche, die im Gegensatz stehen zu denen aller übrigen Menschen. Unheilig ist dort alles, was bei uns heilig, andererseits ist erlaubt bei ihnen, was für uns als Schande gilt.“[25]

Bewertung

Man muss bei der Betrachtung der Geschichtswerke des Tacitus – die zweifellos stilistisch beeindruckend sind und die annalistisch-historiographische Tradition Roms auf ihren Höhepunkt führten – kritisch verfahren. So baute Tacitus oft auch Gerüchte und Hofklatsch mit ein,[26] was wohl auch auf das Quellenmaterial zurückzuführen ist, das er zur Fertigstellung seiner Werke gesichtet hatte. Geschickt legt er dem Leser damit eine bestimmte Interpretation der geschilderten Vorgänge nahe, ohne selbst Farbe zu bekennen. Auch das Denken in Schwarz-Weiß-Kategorien sollte zur Vorsicht mahnen. Manche Ereignisse lässt er wegfallen, andere interpretiert er so, dass sie seine Thesen zu untermauern scheinen. Gerne werden den Akteuren heimliche Motive unterstellt, von denen Tacitus, objektiv betrachtet, gar keine Kenntnis besessen haben kann. Von seinem verlockend klingendem Grundsatz, sine ira et studio (ohne Zorn und blinden Eifer) zu schreiben, kann daher bei seinem eigenen Werk nur bedingt die Rede sein. Gerade in solchen Fällen, in denen eine Parallelüberlieferung existiert, die eine Überprüfung seiner Angaben ermöglicht, zeigt sich, dass Tacitus das ihm vorliegende Material mitunter manipuliert hat.[27] Dies mindert jedoch kaum den Quellenwert seiner Darstellung, sofern sie mit entsprechender Vorsicht genutzt wird, und ganz und gar nicht die literarische Qualität seiner Werke; und es ändert auch nichts an der Tatsache, dass Tacitus als der bedeutendste römische Historiker anzusehen ist.

Nachleben

In der Antike fand Tacitus – obwohl er, wie Plinius belegt, bei seinen Zeitgenossen als Schriftsteller großen Ruhm genoss – relativ wenig Beachtung, zumal durch Sueton die traditionelle Form der Geschichtsschreibung (besonders in ihrer spezifischen senatorischen Form, für die gerade Tacitus stand) im lateinischen Westen bis in die Spätantike offenbar erlosch (zumindest kennen wir keine entsprechenden Werke). Dort dominierte, anders als im griechischen Osten, fortan wohl das Genre der Kaiserbiographien (siehe auch Marius Maximus). Zudem galten Tacitus’ Sprache und Stil vielen vermutlich als zu anspruchsvoll. Ammianus Marcellinus schloss mit seinem umfassenden Geschichtswerk im späten 4. Jahrhundert bewusst an Tacitus an; nicht wenige Historiker, darunter Syme, sehen Ammianus sogar als (literarischen) „Erben des Tacitus“ an.[28] Sidonius Apollinaris (5. Jahrhundert) hat Tacitus offenbar gelesen, und der Kirchenvater Hieronymus fasste die Annalen und die Historien als eine 30 Bücher umfassende Kaisergeschichte auf.

Im Mittelalter waren die Schriften des Tacitus fast völlig in Vergessenheit geraten; immerhin gibt es eine umfangreiche Benutzung der Germania in der Einleitung zur Translatio s. Alexandri des Rudolf von Fulda, der für eine Beschreibung der Sachsen des 9. Jahrhunderts die Germanencharakteristik des Tacitus nahezu wörtlich verwendet. In der Zeit des Humanismus (15./16. Jahrhundert) wurden die Schriften des Tacitus (v. a. die Germania, aber auch die Kapitel über Arminius in den Annalen) nach ihrer Wiederauffindung und Publizierung in Erstdrucken dann zu einer wichtigen Grundlage des entstehenden deutschen Nationalbewusstseins. Die positive Charakteristik der Germanen durch Tacitus wurde von den deutschen Humanisten begeistert aufgenommen und recht unkritisch und in wörtlicher Übernahme zur Darstellung „des“ deutschen Nationalcharakters herangezogen. Auch die Gestalt des Arminius entwickelte sich von da an zum deutschen Nationalhelden und zum Vorkämpfer deutscher Freiheit gegen Rom (vgl. v. a. den Arminius des Ulrich von Hutten). In der Zeit der Französischen Revolution wurde er als Vorkämpfer gegen die Unterdrückung gefeiert, später wurde er jedoch teils sehr kritisch betrachtet (Theodor Mommsen).

Literatur

Kritische Werkausgaben

  • Cornelii Taciti libri qui supersunt. Tom. I Pars Prima: Ab Excessu Divi Augusti Libri I-VI. Ed. Stephanus Borzsák. Stuttgart und Leipzig 1992.
  • P. Cornelii Taciti libri qui supersunt. Tom. II Fasc. 3: Agricola. Ed. Iosephus Delz. Stuttgart 1983.
  • Cornelii Taciti Annalium ab Excessu Divi Augusti Libri. Rec. brev. adnot. crit. instr. C. D. Fisher. Oxford 1906. ND 1951.
  • P. Corneli Taciti libri qui supersunt. Tom. I: Ab Excessu Divi Augusti. Ed. Henricus Heubner. Stuttgart 1992.
  • P. Cornelii Taciti libri qui supersunt. Tom. II Fasc. 4: Dialogus de oratoribus. Ed. Henricus Heubner. Stuttgart 1983.
  • P. Cornelii Taciti libri qui supersunt. Tom. I: Ab Excessu Divi Augusti. Ed. Erich Koestermann. Leipzig 1960.
  • P. Cornelii Taciti libri qui supersunt. Tom. II Fasc. 2: De origine et situ Germanorum liber. Rec. Alf Önnerfors. Stuttgart 1983.
  • Cornelii Taciti libri qui supersunt. Tom. I, Pars Secunda: Ab Excessu Divi Augusti libri XI-XVI. Ed. Kenneth Wellesley. Leipzig 1986.
  • Cornelii Taciti libri qui supersunt. Tom. II Pars Prima: Historiarum libri. Ed. Kenneth Wellesley. Leipzig 1989.

Zweisprachige Ausgaben und Übersetzungen

Annalen

  • P. Cornelius Tacitus. Annalen. Lateinisch-Deutsch. Hg. von Erich Heller. Mit einer Einführung von Manfred Fuhrmann (Sammlung Tusculum). Düsseldorf und Zürich 3. Aufl. 1997.
  • Tacitus. Annalen. Deutsch von August Horneffer. Mit einer Einleitung von Joseph Vogt und Anmerkungen von Werner Schur. Stuttgart 1957.
  • Tacitus. The Annals, Books I-III. With an English Translation by John Jackson. In: Tacitus in Five Volumes III: The Histories, Book IV-V. The Annals, Books I-III. Cambridge, Mass. und London 1969 (Erstausgabe 1931).
  • Tacitus in Five Volumes IV: The Annals. Books IV-VI, XI-XII. With an English Translation by John Jackson. (Loeb Classical Library 312). Cambridge, Mass. und London 1970 (Erstausgabe 1937).
  • Tacitus in Five Volumes V: The Annals. Books XIII-XVI. With an English Translation by John Jackson. Cambridge, Mass. und London 1969 (Erstausgabe 1937).
  • Cornelius Tacitus. Tiberius. Annales ab excessu Divi Augusti/Roms Geschichte seit Augustus Tod. Erster Teil: I.-III. Buch. Lateinisch und Deutsch. Übertragen von Ludwig Maenner. München 1923.
  • Tacitus. Annalen I-VI. Übersetzung, Einleitung und Anmerkungen von Walther Sontheimer. (RUB 2457). Stuttgart 1964.
  • Tacitus. Annalen XI-XVI. Übersetzung und Anmerkungen von Walther Sontheimer. (RUB 2458). Stuttgart 1967.

Historien

  • P. Cornelius Tacitus. Historiae / Historien. Lateinisch-Deutsch. Herausgegeben von Joseph Borst unter Mitarbeit von Helmut Hross und Helmut Borst. München, 4. Aufl. 1979.
  • Tacitus in Five Volumes II: The Histories. Books I-III. With an English Translation by Clifford H. Moore. (The Loeb Classical Library). London und Cambridge, Mass. 1925. ND 1968.
  • Tacitus, The Histories, Books IV-V. With an English Translation by Clifford H. Moore. In: Tacitus in Five Volumes III: The Histories, Book IV-V. The Annals, Books I-III. Cambridge, Mass. und London 1969 (Erstausgabe 1931).
  • P. Cornelius Tacitus. Historien. Lateinisch / Deutsch. Übersetzt und Herausgegeben von Helmuth Vretska. (RUB 2721). Stuttgart 1984.

Agricola, Germania, Dialogus

  • Publius Cornelius Tacitus. Die historischen Versuche. Agricola. Germania. Dialogus. Übers. u. hg. von Karl Büchner (Kröner Taschenbuchausgabe Bd. 255). Stuttgart 1955.
  • Tacitus. Agricola. Lateinisch / Deutsch. Übersetzt, erläutert und mit einem Nachwort herausgegeben von Robert Feger. (RUB 836) Stuttgart 1973.
  • Tacitus. Germania. Lateinisch / Deutsch. Übersetzt, erläutert und mit einem Nachwort herausgegeben von Manfred Fuhrmann. (RUB 9391). Stuttgart 1972.
  • Tacitus. Dialogus de oratoribus / Dialog über den Redner. Lateinisch / Deutsch. Nach der Ausgabe von Helmut Gugel herausgegeben von Dietrich Klose (RUB 7700). Stuttgart 1981.
  • Tacitus. Agricola. Translated by M. Hutton. Revised by R.M. Ogilvie. In: Tacitus in Five Volumes I: Agricola. Germania. Dialogus (The Loeb Classical Library). Cambridge, Mass. und London 1970 (Erstausgabe 1914).
  • Tacitus. Germania. Translated by M. Hutton. Revised by E.H. Warmington. In: Tacitus in Five Volumes I: Agricola. Germania. Dialogus (The Loeb Classical Library). Cambridge, Mass. und London 1970 (Erstausgabe 1914).
  • Tacitus. Germania. Lateinisch und Deutsch. Übertragen und erläutert von Arno Mauersberger (Sammlung Dietrich Bd. 100). Leipzig 1942.
  • Tacitus, Dialogus. Translated by Sir W. Peterson. Revised by Michael Winterbottom. In: Tacitus in Five Volumes I: Agricola. Germania. Dialogus (The Loeb Classical Library). Cambridge, Mass. und London 1970. (Erstausgabe 1914)
  • Cornelius Tacitus. Agricola. Germania.- Lateinisch und Deutsch. Herausgegeben, übersetzt und erläutert von Alfons Städele. (Sammlung Tusculum). München 1991.
  • Tacitus. Das Leben des Iulius Agricola. Lateinisch und Deutsch von Rudolf Till. Darmstadt 1961.
  • P. Cornelius Tacitus. Das Gespräch über die Redner / Dialogus de oratoribus. Lateinisch - Deutsch. Herausgegeben und übersetzt von Hans Volkmer. (Sammlung Tusculum). Düsseldorf und Zürich. 4. durchges. Auflage 1998.

Kommentare

Sekundärliteratur

  • Aufstieg und Niedergang der römischen Welt. Bd. II.33.2/3/4. Berlin-New York 1990f. (mehrere fachwissenschaftliche Aufsätze bzw. Bibliographien zu Tacitus und seinen Werken).
  • Herbert W. Benario: An introduction to Tacitus. The University of Georgia Press, Athens 1975.
  • Harald Fuchs: Tacitus über die Christen. In: Vigiliae Christianae 4 (1950), S. 65–93.
  • Konrad Heldmann: Sine ira et studio. Das Subjektivitätsprinzip der römischen Geschichtsschreibung und das Selbstverständnis antiker Historiker. München 2011.
  • Ronald Mellor: Tacitus. Routledge, London-New York 1993.
  • Michael M. Sage: Tacitus’ Historical Works: A Survey and Appraisal. In: Aufstieg und Niedergang der römischen Welt. Bd. II.33.2. Berlin-New York 1990, S. 851–1030.
  • Dylan Sailor: Writing and Empire in Tacitus. Cambridge 2008.
  • Stephan Schmal: Tacitus. Georg Olms, Hildesheim 2005, ISBN 3-487-12884-5
  • Ronald Syme: Tacitus. 2 Bde. Clarendon Press, Oxford 1958 (immer noch wichtiges Standardwerk).
Wikiquote: Tacitus – Zitate
Wikisource: Tacitus – Quellen und Volltexte
Wikisource: Tacitus – Quellen und Volltexte (Latein)
Commons: Tacitus – Album mit Bildern, Videos und Audiodateien

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Anmerkungen

  1. Vgl. Anthony R. Birley: The life and death of Cornelius Tacitus. In: Historia 49 (2000), S. 231 mit Anm. 4.
  2. Plinius der Ältere, naturalis historia 7, 76: Corneli Taciti, equitis Romani Belgicae Galliae rationes procurantis („des Cornelius Tacitus, eines römischen Ritters, der die Finanzen der Gallia Belgica verwaltete“).
  3. Ronald Syme, Tacitus, Bd. 2, S. 611 ff., hat als möglichen Herkunftsort Vasio (Vaison-la-Romaine) vorgeschlagen.
  4. a b CIL 6, 41106 (Abbildung): [---]cito Ca[--- X]viro stlitib[us iudicandis --- quaesto]ri Aug(usti) tribun[o plebis („dem -cito Ca---, Decemvir stlitibus iudicandis, … Quästor des Kaisers, Volkstribun“); dazu Géza Alföldy, Bricht der Schweigsame sein Schweigen? Eine Grabinschrift aus Rom, in: Mitteilungen des Deutschen Archäologischen Instituts, Römische Abteilung 102 (1995), S. 251–268 (Rekonstruktionszeichnung mit vorgeschlagenen Ergänzungen).
  5. Birley: The life and death of Cornelius Tacitus, S. 231–233.
  6. Vgl. Birley: The life and death of Cornelius Tacitus, S. 236.
  7. Tacitus, dialogus 2, 1.
  8. Plinius der Jüngere, epistulae 7, 20, 4.
  9. Tacitus, Historiae 1, 1, 3: dignitatem nostram a Vespasiano inchoatam, a Tito auctam, a Domitiano longius provectam non abnuerim („ich will nicht ableugnen, dass mein Rang von Vespasian begonnen, von Titus vermehrt, von Domitian noch weiter vorangebracht wurde“).
  10. Birley: The life and death of Cornelius Tacitus, S. 237–238, hält es für möglich, dass Tacitus im Heer seines Schwiegervaters diente, der zu dieser Zeit Statthalter von Britannien war.
  11. So die Vermutung von Birley: The life and death of Cornelius Tacitus, S. 237–238.
  12. Tacitus, Annales 11, 11, 1.
  13. Tacitus, Agricola 45, 4–5.
  14. Plinius, epistulae 2, 1, 6.
  15. Plinius, epistulae 2, 11.
  16. Plinius, epistulae 4, 13, 1.
  17. Birley: The life and death of Cornelius Tacitus, S. 247, Anm. 70, weist auf eine ohne Namensnennung erhaltene Inschrift vom Anfang des 2. Jahrhunderts hin (CIL 3, 10804); der in ihr Geehrte, Quindecimvir wie Tacitus, war Statthalter von Germania Inferior und Hispania Tarraconensis.
  18. Plinius, epistulae 6, 16 und 20; 7, 33.
  19. Inschriften von Mylasa 365, Z. 2: [ἀνθυπά]τω Κορνηλίω Τακίτω („unter dem Prokonsul Cornelius Tacitus“).
  20. Zur Frage vgl. Birley: The life and death of Cornelius Tacitus, S. 241–247, der es wie schon Ronald Syme für möglich hält, dass große Teile der Annalen erst unter Hadrian entstanden sind, während andere Wissenschaftler keine Anzeichen dafür sehen, dass Tacitus Trajan überlebt hat.
  21. Ausführliche Diskussion bei Syme, Tacitus, passim. Allgemein siehe auch John Wilkes: Julio-Claudian Historians. In: Classical World 65 (1972), S. 177ff.
  22. Tacitus, Annales, I 69; zu den von Tacitus für diese Zeit benutzten Quellen vgl. u.a. F. A. Marx: Die Quellen der Germanenkriege bei Tacitus und Dio. In: Klio 26 (1933), S. 323–329; Friedrich Münzer: Die Quelle des Tacitus für die Germanenkriege. In: Bonner Jahrbücher 104 (1899), S. 67ff.; Sage, Historical Works, S. 1004ff.; Schmal, Tacitus, S. 113; Syme, Tacitus, Bd. 1, S. 274ff.
  23. Tacitus: Annalen 15, 44, 3–4. In den ältesten Handschriften steht statt Christus und Christiani Chrestus und Chrestiani, was in der älteren Forschung teils für Verwirrung gesorgt hat; vgl. E. Koestermann, "Ein folgenschwerer Irrtum des Tacitus (Ann. 15, 44, 2ff.)?", Historia 16, 1967, S. 456ff. Ebenfalls irrig ist die Bezeichnung Procurator, da Pilatus eigentlich praefectus iudaeae war.
  24. Vgl. René S. Bloch: Antike Vorstellungen vom Judentum. Der Judenexkurs des Tacitus im Rahmen der griechisch-römischen Ethnographie. Steiner, Stuttgart 2002, ISBN 3-515-07971-8.
  25. Tacitus: Historien 5, 4–5: Moyses quo sibi in posterum gentem firmaret, novos ritus contrariosque ceteris mortalibus indidit. profana illic omnia quae apud nos sacra, rursum concessa apud illos quae nobis incesta.
  26. Tacitus, Annales, 4, 53.
  27. Ein besonders eindrucksvolles Beispiel ist die Affäre rund um Gnaeus Calpurnius Piso; da der Senatsbeschluss in Sachen Piso heute als Inschrift vorliegt, kann man einen Vergleich mit der taciteischen Version durchführen; vgl. Cynthia Damon: The Trial of Cn. Piso in Tacitus' Annales and the Senatus consultum de Cn. Pisone Patre. New light on Narrative Technique. In: American Journal of Philology 120 (1999), S. 143-162.
  28. Syme, Tacitus, Bd. 2, S. 503, Anmerkung 8: „The heir of Tacitus, in every sense, is Ammianus“.

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