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InterPride und Kulturkampf in Preußen und im Deutschen Reich: Unterschied zwischen den Seiten

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{{Dieser Artikel|stellt die Situation in Deutschland dar. Zu den zeitgleichen Ereignissen in der Schweiz siehe [[Kulturkampf in der Schweiz]].}}
'''InterPride''' ''(International Association of Lesbian, Gay, Bisexual, Transgender and Intersex Pride Coordinators)'' ist ein internationaler Zusammenschluss von Organisatoren, welche [[Gay Pride|Prides]] veranstalten. Sie vergibt auch in unregelmäßigen Abständen den Titel ''World Pride'' an eine Veranstaltung.


[[Datei:Leo XIII.gif|miniatur|[[Modus vivendi]], [[Karikatur]] von [[Wilhelm Scholz (Karikaturist)|Wilhelm Scholz]]: Der Papst und der Reichskanzler fordern sich gegenseitig zum Fußkuss auf. Bildunterschrift: ''Pontifex: „Nun bitte, genieren Sie sich nicht!“ Kanzler Bismarck: „Bitte gleichfalls!“''. Aus dem ''[[Kladderadatsch]]'', Nr. 14/15 (18. März 1878).]]
== Aufgabe ==
Die Organisation fördert international Pride-Veranstaltungen für Lesben, Schwule, Bisexuelle und Transgender, fördert die Kommunikation der Organisatoren untereinander und versucht verschiedene Gemeinschaften zur Teilnahme an Pride-Veranstaltungen anzuregen und um als Bildungsquelle zu agieren.


Der '''Kulturkampf''' war eine Auseinandersetzung zwischen der katholischen Zentrumspatei und dem [[Königreich Preußen]] bzw. dem [[Deutsches Kaiserreich|Deutschen Kaiserreich]] unter [[Reichskanzler]] [[Otto von Bismarck]] zwischen 1871 und 1878/1887.
Es findet jährlich im Oktober eine weltweite Konferenz statt. Diese bietet die Möglichkeit, mit anderen Veranstaltern Kontakte zu knüpfen, und verschiedene Workshops und Seminare, welche helfen, die Veranstaltungen zu verbessern und die Organisationen zu stärken. Einzelne Regionen veranstalten auch lokale Konferenzen während des Jahres. Die Veranstaltungen der Mitgliedsorganisationen werden im globalen Veranstaltungskalender eingetragen. Für Organisationen in den Vereinigten Staaten gibt es Sonderkonditionen bei einer Versicherung. Ergeben sich besondere Probleme bei der Organisation der Veranstaltungen kann man sie mit Hilfe der anderen Mitglieder gemeinsam zu lösen versuchen. Es gibt ein Intranet mit Kontaktinformationen, gemeinsamer Firmendatenbank und Daten von verfügbaren Präsentatoren. Es werden auch Unterlagen mit Beispielen für erfolgreiche Sponsoren-Programme zur Verfügung gestellt.


Dabei ging es sachlich um liberale Politik wie z. B. die Einführung der [[Zivilehe]], politisch um die Macht der organisierten katholischen Minderheit in Deutschland. Bismarck handelte mit scharfen Mitteln gegen die katholische Geistlichkeit, womit er schließlich auch Kritik von Protestanten und Liberalen erhielt. Gegen 1878 kam es wieder zu einer Annäherung zwischen Staat und katholischer Kirche.
== Organisation ==
Die Welt ist in 20 geographische Regionen eingeteilt, für welche von den lokalen Organisationen zwei Personen als nahe Ansprechpartner gewählt werden. Sie bilden den Aufsichtsrat, welcher einen Exekutivausschuß aus neun Vertretern wählt. InterPride ist in den USA im Bundesstaat [[Texas]] registriert und geniest den Status einer gemeinnützigen, von den Steuern befreiten Organisation. Finanziert wird sie durch Mitgliedsbeiträge, Sponsoren, Verkauf von Werbeartikeln und Spenden.


== Vorgeschichte ==
Mitglied können nur Pride-Organisationen und keine physische Personen werden. 2008 sind es 138 Organisationen auf allen Kontinenten. Eine Organisation ohne Erwerbscharakter, welche den hauptsächlichen Zweck hat Pride-Veranstaltungen zu organisieren, gilt als Pride-Organisation. Eine Pride-Veranstaltung ist eine Parade, ein Marsch, ein Rennen, ein Festival, ein Kunstfestival, eine kulturelle Veranstaltung oder Aktivität. Sie ist für Menschen organisiert, welche sich als Lesben, Schwule, Bisexuelle, Transgender, Intersexuelle und/oder sich mit anderen in Erscheinung tretenden sexuelle Identitäten identifizieren und soll die öffentliche Wahrnehmung fördern und/oder für die Rechte/Existenz dieser Menschen einstehen. Die Veranstaltung soll weiters an den Stonewall-Aufstand oder ähnliche historische Begebenheiten oder an regelmäßig veranstaltete Festivals erinnern.
Die Kirche war seit dem Mittelalter Trägerin vieler Einrichtungen im Bildungswesen und in der Sozialfürsorge. Spätestens im 18. Jahrhundert kamen mit dem [[Absolutismus]] und der [[Zeitalter der Aufklärung|Aufklärung]] Tendenzen auf, die stattdessen den Staat in dieser Rolle sehen wollten. Dies verstärkte sich im 19. Jahrhundert mit dem [[Liberalismus]] und später dem [[Sozialismus]]. Die protestantischen Kirchen waren meist dem Staat näher als die katholische Kirche.


[[Datei:Wilhelm Emmanuel von Ketteler 1865.jpg|miniatur|Der Mainzer Bischof [[Wilhelm Emmanuel von Ketteler]], Mitbegründer der Zentrumspartei]]
InterPride ist Mitglied der [[International Festivals and Events Association]] (IFEA), der [[International Gay and Lesbian Travel Association]] (IGLTA) und der [[International Lesbian and Gay Association]] (ILGA).


Diese reagierte auf die Tendenzen der Zeit zunehmend schroff abweisend, etwa 1864 mit dem [[Syllabus Errorum]]. Kritiker der katholischen Kirche verwiesen auch auf das (erste) [[Erstes Vatikanisches Konzil|Vatikanische Konzil]] von 1869 bis 1870, das dem Papst unter bestimmten Umständen [[Unfehlbarkeit]] in Glaubens- und Sittenlehre zusprach. Doch kurz danach im Sommer 1870 zog Frankreich seine Schutztruppen aus Rom ab, um gegen Preußen einen Krieg zu führen. Dies nutzten Italiener zur Einnahme des Kirchenstaates durch den neuen italienischen Nationalstaat im September 1870. Die bisherige Schutzmacht Frankreich verlor den Krieg gegen die vereint kämpfenden Deutschen. Der Papst sah sich und seine Unabhängigkeit durch die neuen Konstellationen konkret bedroht.
== Geschichte ==
Die Organisation wurde im Herbst 1982 unter dem Namen ''National Association of Lesbian and Gay Pride Coordinators'' gegründet, als sich sechs Vertreter von US-amerikanischen Pride-Organisationen zum Ideenaustausch in [[Boston]] trafen. Seither findet jedes Jahr in einer anderen Stadt eine Konferenz statt. Als bei einer Konferenz schon Vertreter aus Kanada, Mexiko und dem Vereinigten Königreich teilnahmen, zollte man der Internationalität Respekt und benannte die Organisation in ''International Association of Lesbian and Gay Pride Coordinators'' um. Die Konferenz im Jahre 1997 in [[New York City]] war mit Vertretern von 73 Organisationen aus 18 Ländern schon sehr international. Bei der Konferenz im Jahr darauf, in [[West Hollywood]], entschied man den Namen der Organisation um Bisexuell und Transgender zu ergänzen. Im darauffolgenden Jahr wurde der Organisationsname auf ''InterPride'' geändert um die internationale Struktur widerzuspiegeln. Diese Konferenz im Jahre 1999 in [[Glasgow]] war auch die erste, welche nicht auf dem nordamerikanischen Kontinent stattfand. Zwei Jahre später, im Jahre 2001, fand die Konferenz erstmals in der südlichen Hemisphäre statt und der Premieminister von Neuseeland hieß die Teilnehmer in [[Auckland]] willkommen. Mit der Konferenz 2003 in [[Montreal]] fand sie erstmals in einer Stadt statt, deren Hauptsprache nicht Englisch ist. Und im Jahr darauf fand die Konferenz in [[Reykjavík]] erstmals in einem Land statt, dessen Landessprache nicht englisch ist. Die erste Konferenz in Kontinentaleuropa fand 2007 in Zürich statt.


In Preußen und in Deutschland organisierten sich die Katholiken seit Ende 1870 in der [[Deutsche Zentrumspartei|Zentrumspartei]] und verlangten, die Rechte der Kirchen gegen die staatliche Gesetzgebung zu schützen. Die Partei stieß nicht nur auf den Widerstand von Liberalen im weitesten Sinne. Reichskanzler [[Otto von Bismarck]] war auch gegen die föderativen Vorstellungen des Zentrums und dessen Forderung nach einem Bündnis mit (dem mehrheitlich katholischen) [[Österreich]]; wie in anderen Minderheiten, zum Beispiel Polen, Elsaß-Lothringern und Dänen, sah er in den Katholiken Feinde des Reiches.<ref>Manfred Görtemaker: Deutschland im 19. Jahrhundert. Entwicklungslinien, Opladen 1983, S. 277/278.</ref> Den politisch organisierten Katholiken wurde von den Gegnern „[[Ultramontanismus]]“ vorgeworfen, sie ließen sich also von Rom (hinter den Bergen, den Alpen) beherrschen, nicht von Berlin.
=== Konferenzen und Pride-Themen ===
{| class="wikitable"
|-
! Jahr || Gastgeberstadt || Land || Internationales Pride-Motto
|-
| 1982 || [[Boston]] || USA || ''keines''
|-
| 1983 || [[San Diego]] || USA || ''keines''
|-
| 1984 || [[Wichita]] <!-- Link auf BKL: Iowa oder Kansas? //--> || USA || ''Unity & More in ‘84''<br />(„Einheit & Mehr“)
|-
| 1985 || [[Fort Lauderdale]] || USA || ''Alive with Pride in ‘85''<br />(„Leben mit Stolz“)
|-
| 1986 || [[San Francisco]] || USA || ''Forward Together''<br />(„Zusammen vorwärts“)
|-
| 1987 || [[Baltimore]] || USA || ''Proud, Strong, United''<br />(„Stolz, Stark, Vereint“)
|-
| 1988 || [[St. Louis]] || USA || ''Rightfully Proud''<br />(„Zu Recht stolz“)
|-
| 1989 || [[Vancouver]] || CDN || ''Stonewall 20 – A Generation of Pride''<br />(„20 Jahre Stonewall – Eine Generation mit Stolz“)
|-
| 1990 || [[Minneapolis]] || USA || ''Look to the Future''<br />(„Blick in die Zukunft“)
|-
| 1991 || Boston || USA || ''Together in Pride''<br />(„Mit Stolz zusammen“)
|-
| 1992 || [[Long Beach (Kalifornien)]] || USA || ''Pride = Power''
|-
| 1993 || [[Houston]] || USA || ''A Family of Pride''<br />(„Eine stolze Familie“)
|-
| 1994 || Fort Lauderdale || USA || ''Stonewall 25 – A Global Celebration of Lesbian & Gay Pride & Protest''<br />(„Stonewall 25 – Eine weltweite Festveranstaltung für schwul-lesbischen Stolz & Protest“)
|-
| 1995 || [[Phoenix (Arizona)]] || USA || ''Pride – From Silence to Celebration''<br />(„Stolz – Vom Schweigen bis zum Feiern“)
|-
| 1996 || [[Kansas City (Kansas)]] || USA || ''Pride Without Borders''<br />(„Stolz ohne Grenzen“)
|-
| 1997 || [[New York City]] || USA || ''Equality Through Visibility''<br />(„Gleichberechtigung durch Sichtbarkeit“)
|-
| 1998 || [[West Hollywood]] || USA || ''Unity Through Diversity''<br />(„Einheit durch Verschiedenheit“)
|-
| 1999 || [[Glasgow]] || UK || ''Prideful Past, Powerful Future''<br />(„Stolze Vergangenheit, starke Zukunft“)
|-
| 2000 || [[Atlanta]] || USA || ''Take Pride, Take Joy, Take Action''<br />(„Sei Stolz, hab Freude, werde tätig“)
|-
| 2001 || [[Auckland]] || NZ || ''Embrace Diversity''<br />(„Stell dich der Verschiedenheit“)
|-
| 2002 || San Francisco || USA || ''Pride Worldwide''
|-
| 2003 || Montréal || CDN || ''Peace Through Pride''<br />(„Friede durch Stolz“)
|-
| 2004 || [[Reykjavík]] || IS || ''Vive La Difference''<br />(„Es lebe der Unterschied“)
|-
| 2005 || [[Minneapolis]] || USA || ''Equal Rights. No More. No Less.''<br />(„Gleiche Rechte, nicht mehr, nicht weniger“)
|-
| 2006 || [[Portland (Maine)]] || USA || ''Pride – Not Prejudice''<br />(„Stolz – nicht Vorurteile“)
|-
| 2007 || [[Zürich]] || CH || ''United For Equality''<br />(„Gemeinsam für Gleichberechtigung“)
|-
| 2008 || [[Vancouver]] || CDN || ''Live Love Be''<br />(„Leben, Lieben, Sein“)
|-
| 2009 || [[Saint Petersburg]] || USA || ''Your Rights, Our Rights, Human Rights''<br />(„Deine Rechte, unsere Rechte, Menschenrechte“)
|}


== World Pride ==
== Maßnahmen ==
Der Titel ''World Pride'' wird in unregelmäßigen Abständen in Lizenz an eine der weltweiten Veranstaltung vergeben.<ref>[http://www.interpride.org/224/History.htm Geschichte im Überblick], interpride.org, Abruf: 1. Oktober 2008</ref>


[[Datei:Bundesarchiv Bild 183-R29818, Otto von Bismarck.jpg|miniatur|Otto von Bismarck, Reichskanzler und preußischer Ministerpräsident]]
=== 2000 – Rom ===
Der Europride in Rom vom 1. bis zum 9. Juli mit einer Parade am 8. Juli wurde auch gleichzeitig der erste World Pride. Vom 4. bis zum 7. Juli fand auch die 20. Weltkonferenz der [[International Lesbian and Gay Association]] (ILGA) mit über 100 Delegierten aus aller Welt in Rom statt, wegen durch Faschisten angedrohten Anschlägen in einem unter Polizeischutz stehenden Hotel. Die Gegnerschaft im Vorfeld war groß, auch weil das römisch-katholische [[Jubeljahr|Heilige Jahr]] ausgerufen war. Der [[Heiliger Stuhl|Vatikan]] protestierte, Bischöfe forderten ein Verbot. [[Ersilio Tonini]] bezeichnete als „eine Verletzung der religiösen Gefühle, schädlich für die Erziehung der Jugend.“ Auch konservative und neofaschistische Politiker wetterten dagegen, zogen die Schirmherrschaft, zahlreiche Veranstaltungsgenehmigungen und zugesagte Unterstützungen zurück und wollten die Parade nicht durch die Innenstadt zum [[Kolosseum]] marschieren lassen. Letzteres wurde 2 Tage vor der Parade genehmigt und eine geplante Gegendemonstration der Neofaschisten abgesagt. An der Parade nahmen schätzungsweise 100.000 Menschen teil. Der italienische Ministerpräsident hatte öffentlich bedauert, dass er World Pride leider wegen verfassungsrechtlicher Gründe nicht verhindern könne. Die ganzen Kontroversen bewirkten aber auch, dass es ein großes Medienereignis wurde und schon in den Monaten davor in ganz Italien über Lesben und Schwule diskutiert wurde. Mehrere Prominente, darunter ein Minister bekannten sich während dieser Zeit öffentlich zu ihrer Homosexualität.<ref>Gerhard Grühn: [http://www.lglf.de/ilga-welt/konferenz/rom-2000.htm ILGA-Weltkonferenz 2000], Lesbian & Gay Liberation Front e.V., Abruf: 1. Oktober 2008</ref><ref>Eva Maria Kallinger: [http://www.focus.de/politik/ausland/italien-homo-marsch-auf-rom_aid_186095.html ITALIEN – Homo-Marsch auf Rom], FOCUS Nr. 27, 3. Juli 2000</ref><ref>[http://www.spiegel.de/panorama/0,1518,84440,00.html PROTESTEN ZUM TROTZ – Zehntausende Homosexuelle ziehen durch Rom und Bern], spiegel.de, 8. Juli 2000</ref>


Bismarck und seine Anhänger setzten eine Reihe von Anordnungen und Gesetzen durch, die direkt oder indirekt als gegen die (katholische) Kirche gerichtet verstanden werden konnten. Sachfragen und Repression vermischten sich teilweise. Diese Maßnahmen waren:
=== 2005/2006 – Jerusalem ===
Gay Prides in Jerusalem finden seit 2002 statt. Es gab dabei nur geringe Proteste orthodoxer Juden.<ref name="dw2008">Thilo Schmidt: [http://www.dw-world.de/dw/article/0,,1627624,00.html?maca=de-Newsisfree_germanhomepage-22-rdf Die kleinen Wunder von Jerusalem], dw-world.de, 25. Juni 2005</ref><ref>[http://www.queer.de/detail.php?article_id=1097 Parade in Jerusalem angegriffen], queer.de, 4. Juni 2004</ref>


* Juli 1871: Bismarck löst die katholische Abteilung im preußischen Kultusministerium auf.
Jerusalem wurde 2003<ref>[http://www.queer.de/detail.php?article_id=160 World Pride in Jerusalem], queer.de, 21. Oktober 2003</ref> für den ursprünglich im August 2005 geplanten World Pride unter dem Motto „Ahawah lelo Gwuloth – Liebe ohne Grenzen“ ausgewählt, da es zu den Wiegen der westlichen und nahöstlichen Zivilisationen gehört. Die ruhmvolle Geschichte der Stadt wird heute von einem Konflikt überschattet, wo ethnische und religiöse Spannungen zur Tagesordnung gehören und dadurch sehr schnell das gemeinsame humanistische Element vergessen wird, und schnell die grundlegenden Menschenrechte der Würde und der Freiheit verachtet werden. Der World Pride soll Menschen aus aller Welt versammeln um eine wichtige Botschaft zu verbreiten: „Die Menschenrechte übersteigen kulturelle und ethnische Barrieren, unsere Unterschiede können in Frieden akzeptiert werden, Liebe kennt keine Grenzen.“ Auch waren die dort versammelten Weltreligionen oft Quellen der Feindseligkeit gegenüber Schwulen, Lesben, Bisexuellen und Transgendern.<ref>[http://www.lglf.de/lglf/information/wordpride2005.htm Liebe ohne Grenzen: World Pride 2005 in Jerusalem], lglf.de, 2005</ref> Hauptorganisator war die Organisation ''Jerusalem Open House'', in der Juden, Christen und Muslime, Israelis und Palästinenser zusammenarbeiten. Die Veranstaltung wurde auf zehn Tage angelegt und sollte ein Filmfestival, Gottesdienste, Workshops, Straßenmarkt und eine Parade umfassen.
* Dezember 1871: Im „[[Kanzelparagraph]]en“, einem Reichsgesetz zur Abänderung des Strafgesetzbuches, wird den Geistlichen verboten, bei Verlautbarungen in ihrem Beruf den „öffentlichen Frieden“ zu gefährden, wie es hieß.
* 1872: Die Jesuiten dürfen in Deutschland keine Niederlassungen errichten ([[Jesuitengesetz]]). Die geistliche Schulaufsicht wird durch eine staatliche ersetzt ([[Schulaufsichtsgesetz]]).
* [[Maigesetze]] 1873: Der Staat kontrolliert Ausbildung und Einstellung der Geistlichen, gewählte Gemeindevertretungen verwalten das kirchliche Vermögen.
* 1875: Vor dem Gesetz ist nur noch die Eheschließung des Standesamtes gültig ([[Zivilehe]]), nicht mehr die kirchliche. Wer kirchlich heiraten wollte, durfte dies erst nach der standesamtlichen Trauung.<ref>Bis hierhin Aufzählung nach Manfred Görtemaker: ''Deutschland im 19. Jahrhundert. Entwicklungslinien.'' Opladen 1983, S. 279.</ref>
* 1875: Das „[[Brotkorbgesetz]]“ entzieht der Kirche die staatlichen Zuwendungen. Das „[[Klostergesetz]]“ löst die Klostergenossen in Preußen auf, mit Ausnahme derjenigen, die sich mit Krankenpflege beschäftigen.


Manfred Görtemaker zufolge ist es falsch, wie Papst Pius von einer Verfolgung der Gläubigen zu sprechen. Wohl ging es darum, die Eigenständigkeit und Unabhängigkeit der Kirchen zu brechen oder zu mindern.<ref name="Görtemaker-280">Manfred Görtemaker: ''Deutschland im 19. Jahrhundert. Entwicklungslinien.'' Opladen 1983, S. 280.</ref> Außerdem wurden 1872 die diplomatischen Beziehungen zum [[Vatikanstadt|Vatikan]] abgebrochen. In einer Reichstagsrede bekräftigte Bismarck mit dem Ausspruch „[[Gang nach Canossa|Nach Canossa gehen wir nicht!]]“ seine Absicht, im Konflikt mit der katholischen Kirche „keinen Fußbreit nachzugeben“.
Der Bürgermeister von Jerusalem, [[Uri Lupolianski]] bezeichnete im Dezember 2004 den World Pride als „eklig, beleidigend, anstößig und provokant“. Er versuchte lange Zeit die Polizei zu einem Paradeverbot zu bewegen.<ref>[http://www.queer.de/detail.php?article_id=2308 Jerusalem: OB gegen CSD], queer.de, 19. Januar 2005</ref>


Über den „[[Kanzelparagraph]]en“ kam es sogar zu Haftstrafen für katholische Geistliche, beispielsweise den Erzbischof von Posen, [[Mieczysław Halka Ledóchowski]]. Er wurde zur Höchststrafe von zwei Jahren verurteilt.<ref>[http://www.preussen-chronik.de/person.jsp?key=Person_Mieczyslaw+Graf_Halka-Ledochowski rbb Preußen-Chronik | Mieczyslaw Graf Halka-Ledochowski<!-- Automatisch generierter titel -->]</ref> Am 13. Juli 1874 verübte der katholische Handwerker [[Eduard Kullmann|Eduard Franz Ludwig Kullmann]] wegen des Kulturkampfs ein Attentat auf Bismarck, der dabei aber nur leicht verletzt wurde.
Dies gelang jedoch nicht und so bewirkte die geplante Veranstaltung eine außergewöhnliche Einigkeit hoher religiöser Würdenträger der drei monotheistischen Weltreligionen von Jerusalem. Interreligiöse Übereinstimmung ist eine Seltenheit in Jerusalem. Zwölf Religionsführer unterschrieben eine Erklärung, um ihren Widerspruch gegen die Veranstaltung einzulegen. Die höchsten Würdenträger oder deren Vertreter hielten am 30. März 2005 eine gemeinsame Pressekonferenz in Hebräisch, Englisch und Arabisch ab. Sie beklagten in einer gemeinsamen Erklärung, dass „dieses Ereignis einen Affront gegenüber den Herzen und Seelen der Anhänger aller Religionen darstellt – Juden, Christen und Moslems.“<ref>[http://religion.orf.at/projekt02/news/0503/ne050331_jerusalem_fr.htm Religionsführer gegen Homosexuellen-Treffen in Jerusalem], religion.orf.at, 31. März 2005</ref> <ref>[http://bigbalagan.typepad.com/big_balagan/2005/03/_european_press.html Sodom & Gomorrah], bigbalagan.typepad.com, 31. März 2005</ref> <ref>Laurie Goodstein and Greg Myre: [http://www.nytimes.com/2005/03/31/international/worldspecial/31gay.html Clerics Fighting a Gay Festival for Jerusalem], New York Times, 31. März 2005</ref> <ref>[http://www.israelheute.com/default.aspx?tabid=119&view=item&idx=342 Brennpunkt Jerusalem – Widerstand gegen Gay Parade], israelheute.com, 10. Mai 2005 </ref> <ref>[http://www.report-k.de/content/view/642/40/ World Pride 2005: Eklat bei Pressekonferenz], report-k.de, 2005, Abruf: 2. Oktober 2008</ref>
* [[Shlomo Amar]], [[Sephardim|sephardisch]]er [[Großrabbiner]] von Israel, sagte, Homosexuelle fügten ihren Eltern viel Schmerzen zu. Auch in einer Demokratie dürfe nicht alles erlaubt sein. Sie erzeugen einen tiefen und grausamen Schmerz, der unerträglich ist. „Jene“ mögen doch die „Beleidigung Jerusalems“ unterlassen. Auf die Meldung eines Redakteurs der Ynet-Internetseite in der Fragerunde, dass es sich bei der Parade um eine „Demonstration der Liebe“ handle, erwiderte er: „Wenn sich diese Menschen anständig benehmen und nicht öffentlich zu Sünde aufrufen, sind sie herzlich willkommen.“ Zum Schluss gestand er erneut ein, dass ohne die Demonstration diese seltene Pressekonferenz nicht zustande gekommen wäre. „Auch das ist eine Demonstration der Liebe.“
* [[Yona Metzger]], [[Aschkenasim|aschkenasischer]] Großrabbiner von Jerusalem sagte: „Bitte zerstört nicht die Heiligkeit von Jerusalem, bewahrt ihren Charakter, bewahrt ihren Frieden … sagt eure Pläne ab.“ Es ist eine „geplante Provokation gegen alle Religionen“.
* [[Michel Sabbah]]<!-- Michel Sabbahg, Michael Sabbah -->, [[Lateinisches Patriarchat von Jerusalem|Lateinischer Patriarchat von Jerusalem]], sagte, man respektiere die Freiheit der Anderen, „aber diese müssen wiederum unsere religiösen Gefühle respektieren“. Es gebe „genug Spannungen in der Stadt“.
* [[Torkom Manoogian]], [[Patriarchat von Jerusalem der Armenischen Apostolischen Kirche|armenischer Patriarch von Jerusalem]], und sein Pressesprecher, Bischof Aris Scherevian, sagten, Gott habe „Adam and Eve, not Adam and Steve“ geschaffen. Sie betonten, Gott habe die Einwohner von [[Sodom und Gomorrha]] für ihre Homosexualität bestraft. „Wir sind für Menschenrechte, aber gegen Sünde und Verbrechen, auf die in der Bibel die Todesstrafe stand.“
* Erzbischof Aristachos, Vertreter des umstrittenen [[Orthodoxe Kirchen|orthodoxen]] [[Patriarch von Jerusalem|Patriarchen]] [[Irenaios I.]], sagte, dass Homosexuelle gegen den Willen Gottes ein „ungerechtfertigtes Verhalten“ zeigten. Sie hätten „kein Recht dazu. Das unnatürliche Verhalten ist Sünde“.
* Auch [[Pietro Sambi]], [[apostolischer Nuntius]], schloss sich den Ansichten der anderen an, sprach von einer „Provokation“ und sagte: „Wenn diese Leute erwarten, dass wir sie respektieren, dann sollten sie auch uns respektieren.“
Auch drei wichtige muslimische Prediger waren zugegen.
* Scheich [[Abdel Aziz Bukhari]], muslimischer Prediger, warnte, dass Gott die Stadt bestrafen werde, sollten die religiösen Vertreter die Veranstaltung nicht verhindern. „Wir können niemanden erlauben zu kommen und die Heilige Stadt zu beschmutzen. Es ist sehr häßlich und sehr widerlich, dass diese Leute nach Jerusalem kommen wollen.“ <!-- This is very ugly and very nasty to have these people come to Jerusalem. -->
* Scheich Abed es-Salem Menasra <!-- Abdel-Salem Menasra, Abdel Salem Menasra, Abed el-Salem Menasra, Abed es-Salem Menasra, Abed es- Salem Menasra -->, Vertreter des [[Mufti]] von Jerusalem, [[Ikrimeh Sabri]], sagte in Bezug auf Sodom und Gomorrha: „Gott zerstörte diese Städte und alle Einwohner. Ich warne jeden: Gott wird Jerusalem zerstören, zusammen mit den Juden, den Christen und den Muslimen.“ Er stellte heraus, dass die Stadt den „Jahud“ (Juden), den „Messianern“ (Christen) und dem Islam gleichermaßen heilig sei. Sie dürfe nicht entweiht werden. Homosexualität gebe es bei Tieren nur unter Affen. Weiter führte er aus, dass Judentum und Christentum „auf der Heiligkeit Jerusalems begründet sind, während der Islam Jerusalem respektiert, wegen der Nachtreise des Propheten von El Kuds (Jerusalem).“ Er drohte damit „Jerusalem auf den Kopf zu stellen, mitsamt den Juden und Christen“, falls es zu der „teuflischen Demonstration“ kommen sollte.
* Anwesend war auch Rabbi [[Yehuda Levin]] aus [[New York City]], von der orthodoxen [[Rabbinical Alliance of America]], welche über 1.000 amerikanische Rabbis repräsentieren soll. Er nannte das Festival „die spirituelle Vergewaltigung der Heiligen Stadt. … Das ist nicht das Homo-Land, das ist das [[Heiliges Land|Heilige Land]].“ Er führte weiter aus: „Das ist keine Parade, das ist eine zehntägige radikale, militante, anti-familiäre, anti-göttliche Zelebration von [[Sodomie]] und Pornographie. Sind wir wirklich verrückt, Gott wieder provozieren zu wollen?“
Vertreter der Protestanten waren bei der Pressekonferenz nicht anwesend.


== Beendigung des Kulturkampfes seit 1878 ==
Als Initiator der ungewöhnlichen gemeinsamen Erklärung und Pressekonferenz gilt der evangelikale Prediger Leo Giovinetti von der ''Mission Valley Christian Fellowship'' aus [[San Diego]]. Er predigt schon lange gegen Homosexualität und reist oft nach Israel, wo er Beziehungen zu Rabbis und Politikern pflegt. Bei der Pressekonferenz war er nicht anwesend, aber er verbreitete schon sehr früh Nachrichten über das Festival unter religiösen Führern. Zusammen mit [[Benny Elon]], Mitglied der [[Knesset]] und ehemaliger Tourismusminister, und anderen arbeitete er schon länger daran das Festival zu verhindern. Auf einer Pressekonferenz wurde eine internationale Kampagne angekündigt, in der eine Million Unterschriften als Protest gegen das Festival gesammelt werden sollten. Giovinetti versprach auch seinen landesweiten Radiodienst in Amerika einzusetzen um die dortigen Christen zu mobilisieren.


Bismarck erreichte seine politischen Ziele mit dem Kulturkampf nicht. Das Zentrum erhielt sogar mehr Wählerzulauf als zuvor, der Katholizismus spaltete sich nicht, anders als es mit der Gründung der [[Altkatholische Kirche|Altkatholischen Kirche]] zunächst ausgesehen hatte. Außerdem empörten sich auch viele der Unterstützer Bismarcks: Die protestantischen Konservativen waren ebenfalls gegen die Zivilehe und die staatliche Schulaufsicht, die Liberalen sahen Grundrechte gefährdet.<ref name="Görtemaker-280" /> Bismarck war bereit, sich mit den kirchlichen Kräften zu arrangieren, nachdem er wichtige Ziele durchgesetzt hatte. Ein Grund für das Ende des Kulturkampfes waren die bevorstehenden [[Sozialistengesetz]]e seit 1878, für die Bismarck eine Mehrheit benötigte, die er jedoch von den Liberalen nicht erwarten konnte.
Auch unter politischen Vertretern Israels gab es ungewohnten Zusammenhalt. Benny Elon bekam von dreißig Knessetmitgliedern Unterstützung zugesichert. Darunter auch vom moslemischen Kleriker [[Abdulmalik Dehamshe]], der sonst jeder jüdisch-arabischen Angelegenheit entgegenwirkt. [[Nissim Zeev]] verpflichtete sich und die 11 weiteren Knessetmitglieder der orthodoxen [[Schas]]-Partei, obwohl sie sich so gut wie nie aus irgendeinem Anlass mit Christen zusammenschließt.


Als Pius IX. 1878 starb, folgte ihm [[Leo XIII.]] im Amt. In direkten Verhandlungen mit der Kurie wurden die harten Gesetze gemildert. Im Sommer 1882 nahm Preußen wieder diplomatische Beziehungen zum Vatikan auf. Die 1886 und 1887 erlassenen "Friedensgesetze" führten schließlich zur Beilegung des Konflikts. Leo XIII. erklärte am 23. Mai 1887 öffentlich den ''„Kampf, welcher die Kirche schädigte und dem Staat nichts nützte“'', für beendet.
Daphna Stroumssa vom Open House sagte: „Wenn es eines gibt, das wir erreicht haben: Wir haben diese Menschen zusammengebracht. Wir haben bewiesen: Menschen, die an völlig verschiedene Dinge glauben, können miteinander reden.“<ref name="dw2008"/>


== Folgen und Bewertung ==
Von der Regierung wurde der Rückzug [[Juden|jüdischer]] [[Siedler]] aus dem [[Gazastreifen]] ebenfalls für den Sommer 2006 festgesetzt. Somit wurde ein extrem schwieriges politisches Klima befürchtet und die Einsatzkräfte der Polzei würden an anderer Stelle gebraucht werden. So verschob man den Termin um ein Jahr auf den 6. bis 12. August 2006.<ref>[http://www.queer.de/detail.php?article_id=2812 World Pride in Jerusalem abgesagt], queer.de, 17. Mai 2005</ref> Eine nationale Parade sollte aber stattfinden. Diese wollte Jerusalems Bürgermeister [[Uri Lupolianski]] verbieten, da sie und die damit zusammenhängenden Veranstaltungen von einigen Anwohnern als Provokation wahrgenommen werden könnte und dadurch die öffentliche Ordnung in der von Juden, Moslems und Christen bewohnten Stadt gefährdet wäre.<ref>[http://www.queer.de/detail.php?article_id=3013 CSD Jerusalem verboten], queer.de, 24. Juni 2005</ref> Ein Bezirksgericht hob das Verbot auf und beschuldigte den Bürgermeister den Marsch aus ideologischen und demagogischen Gründen untersagt zu haben.<ref>[http://www.queer.de/detail.php?article_id=3023 Jerusalem: CSD doch erlaubt], 27. Juni 2005</ref> Großteils lief die Parade mit etwa 5.000 Teilnehmern ruhig ab. Von den 1.000 Gegendemonstranten warfen einige wenige Steine sowie Tüten mit Urin und Kot auf die Demonstranten. Insgesamt wurden zwölf Männer festgenommen, darunter zwei, welche Messer bei sich trugen. Einer hatte sich mit einem extra für diesen Zweck gekauften 18 Zentimeter langen Messer in die Menge gestürzt, verletzte zwei Menschen leicht und wenig später einen einschreitenden Passanten. Bei der Einvernahme und der Verhandlung gab der extrem-orthodoxe Mann an, er sei von Gott geschickt worden um Schwule zu töten und solche „Abnormitäten“ wie den Gay Pride zu verhindern. Das Gericht nannte ihn einen [[Fanatismus|Fanatiker]] und verurteilte ihn wegen versuchten Mordes zu zwölf Jahren Haft.<ref>[http://www.queer.de/detail.php?article_id=4312 Israel: CSD-Messerstecher verurteilt], 8. Februar 2006</ref><ref>[http://www.queer.de/detail.php?article_id=3082 Jerusalem: Mann angeklagt], queer.de, 6. Juli 2005</ref>


Der Kulturkampf trug zur [[Trennung von Religion und Staat|Trennung von Kirche und Staat]] bei. Mit der [[Weimarer Verfassung|Weimarer Reichsverfassung]] bekam dann das Verhältnis von Kirche und Staat seine bis heute geltende Fassung. Es ist schwierig abzuschätzen, inwieweit der Kulturkampf das politische Klima noch im 20. Jahrhundert verändert hat; Zentrumspolitiker waren von den entscheidenden Machtpositionen weitgehend ausgeschlossen. Katholiken konnten sich vor allem bis 1918 als Bürger zweiter Klasse empfinden. In Deutschland waren die Auseinandersetzungen zwischen Staat und Kirche zeitweise besonders heftig, es gab sie aber auch in anderen Ländern, nicht zuletzt in den gemischtkonfessionellen wie den Niederlanden, der Schweiz und den USA.
Anfang Juli 2006 sprachen sich wieder Vertreter von jüdischen, christlichen und islamischen Religionen strikt gegen die Austragung des World Pride aus.<ref>[http://www.queer.de/detail.php?article_id=5127 Protest gegen World Pride Jerusalem], queer.de, 4. Juli 2006</ref>
* Der US-amerikanische Rabbi Yehuda Levin sagte: „Wir müssen sechs Tage sexuelle Freizügigkeit und Ausschweifungen ertragen, die es bisher noch nie im Nahen Osten gegeben hat.“
* In einem von ultraorthodoxen Juden veröffentlichten Flyer wurde zu einem Massenprotest gegen die „Abscheulichkeitsparade“ aufgerufen. Sie fürchteten, dass religiöse Jugendliche und Kinder Homosexualität ausgesetzt werden könnten.
* Scheich [[Ibrahim Sarsur]] sagte, Schwule würden „den Tempelberg während der Parade nur über unsere Leichen“ erreichen.
* Erzbischof [[Antonio Franco]], der vatikanische Botschafter in Israel, beschwerte sich in einem Gespräch mit Bürgermeister Uri Lupolianski über die Parade. Es werde „vielen Menschen der Wille von wenigen aufgebürdet“.
Die Reaktionen der Bevölkerung jedoch, deutete Noa Satat, Vorsitzender des ''Open House'', so, dass sie nicht bereit wären die Stadt den Radikalen zu überlassen und die Veranstaltung ein tolerantes, respektvolles Jerusalem zeigen werde. Kurz darauf bat Oberrabbiner Schlomo Amar Papst [[Benedikt XVI.]] öffentlich um Hilfe, ihm im Kampf gegen den World Pride zu unterstützen.<ref>[http://www.queer.de/detail.php?article_id=5144 CSD: Oberrabbi bittet Papst um Hilfe], queer.de, 6. Juli 2006</ref> Am 6. Juli lud der Apostolische Nuntius [[Antonio Franco]] den Bürgermeister in seine Residenz und machte deutlich, dass es für die „Heilige Mutter Kirche“ nicht hinnehmbar sei, dass in Jerusalem Homosexuelle eine derart öffentliche Party feiern. Der Bürgermeister bedauerte, dass ihm rechtlich die Hände gebunden seien.<ref>[http://www.hagalil.com/archiv/2006/07/franco.htm Monseniore Franco zu Jerusalems Bürgermeister Lupoliansky: Stoppen Sie die Gay-Parade!], hagalil.com, 7. Juli 2006</ref>


Das Jesuitengesetz wurde erst 1917, der Kanzelparagraph erst 1953 in der Bundesrepublik aufgehoben. Mit Wirkung zum 1. Januar 2009 muss einer kirchlichen Ehe keine standesamtliche mehr vorangehen. Mittlerweile ist eine Eheschließung allerdings mit vielen Rechten des wirtschaftlich schwächeren Ehepartners etwa im Scheidungsfall verbunden, daher haben die Kirchen kein Interesse daran, eine rein kirchliche Trauung zu fördern und erlauben sie nur im Ausnahmefall. Das [[Schulaufsicht]]sgesetz bleibt jedoch erhalten.
Am 12. Juli 2006 begann der [[Libanonkrieg 2006]] zwischen Israel und der [[Hisbollah]]. Rabbi Mosche Sternbuch machte den World Pride für den Waffengang verantwortlich, da er den Zorn der Muslime geweckt habe. Wegen des Krieges sagte man alleine die Parade Mitte Juli ab. Die anderen Veranstaltungen fanden aber wie geplant statt.<ref>[http://www.queer.de/detail.php?article_id=5267 Jerusalem: CSD-Parade abgesagt], queer.de, 22. Juli 2006</ref> Statt der Parade wurde am 10. August im Liberty Bell Park eine kleine Kundgebung mit etwa 300 Menschen abgehalten. Gegendemonstranten gab es keine. Nach einiger Zeit mutierte die Kundgebung zu einer Demonstration gegen den Krieg, an der aber nicht alle Teilnahmen. Es kam es zu heftigen Diskussionen zwischen Kriegsgegnern und Kriegsbeführwortern. Es wurden Schilder mit Anti-Kriegs-Slogans hochgehalten und eine libanesische Fahne geschwenkt. Der Polizei störten ein paar Sprüche und libanesische Flagge, es kam zu einem Handgemenge und einige Demonstranten wurden verhaftet. Zu diesem Zeitpunkt drohte die Stimmung zu kippen und die Lage zu eskalieren. Da stimmten einige Drag-Queens ''Cindarella'' an, dem Schlager im Shushan, dem einzigen Homoclub der Stadt. Einige konnten die Choreographie der dazugehörigen Drag-Show und fingen an zu tanzen. Die übrigen Demonstranten waren begeistert und tanzten teilweise mit. Bei Einbruch der Dunkelheit löste sich die Demonstration friedlich auf.<ref>[http://www.queer.de/detail.php?article_id=5386 Jerusalem: Verbotener Homomarsch], queer.de, 11. August 2006</ref><ref>Malte Göbel: [http://www.cruiser.ch/archiv/200609/politik2.htm World Pride 2006 in Jerusalem], cruiser.ch, September 2006</ref><ref>Philip Eicker: [http://www.lglf.de/lglf/information/wordpride2006.htm Liebe mit Grenzen], Siegessäule 9/2006</ref>


== Der Begriff „Kulturkampf“ ==
Zuerst plante man die Parade im September nachzuholen,<ref>[http://www.queer.de/detail.php?article_id=5479 Jerusalem: CSD-Parade wird nachgeholt], queer.de, 29. August 2006</ref>, wegen des jüdischen Neujahrsfestes und damit verbundenen Engpässen bei der Bereitstellung der Exekutive wurde fand sie im Endeffekt am 10. November statt.<ref>[http://www.queer.de/detail.php?article_id=5605 Jersualemer CSD findet statt], queer.de, 19. September 2006</ref> Etwa einen Monat davor demonstrierten am 18. Oktober ultraorthodoxe Juden gegen die Parade. Sie wurde wieder für den Krieg im Libanon verantwortlich gemacht. Mosche Sternbuch sagte als Redner: „Wir haben im Libanon nicht unsere Ziele erreicht, weil im Heiligen Land Unzüchtigkeit und sexuelle Freizügigkeit um sich greift.“ Es gebe in Israel „keine größere Beeinträchtigung als diese schändliche Parade.“ Rabbi [[Ovadja Josef]] beteiligte sich ebenfalls an der Demonstration. Er kämpfe gegen die „unzüchtige Schmutzparade von Amalekitern, die die Heilige Stadt besudeln wollen.“<ref>[http://www.queer.de/detail.php?article_id=5788 Jerusalem: Wütender Protest gegen CSD], queer.de, 19. Oktober 2006</ref> ([[Amalekiter]] waren ein Stamm in Kanaan, der in der Frühzeit Israels mit den Hebräern um den Landbesitz kämpfte und deshalb als Feind des Volkes Israels gilt.) Auch in der Zeit danach demonstrierten immer wieder ultraothodoxe Juden, randalierten dabei, setzten Mülltonnen und ausrangierte Autos in Brand, bewarfen die Polizisten mit Steinen und blockierten Straßen. Wegen Informationen über mögliche Anschlagspläne überlegte die Polizei die Parade abzusagen. Generalstaatsanwalt Menachem Mazuz sprach sich gegen ein Verbot aus: „Drohungen nachzugeben ist eine Bedrohung der Demokratie! Daher ist es undenkbar, die Parade zu verbieten.“<ref>[http://www.queer.de/detail.php?article_id=5866 Israel: Gewalttätiger Protest gegen CSD], queer.de, 2. November 2006</ref><ref>[http://www.queer.de/detail.php?article_id=5884 Israel: CSD „wichtig für Demokratie“], queer.de, 6. November 2006</ref> Am 6. November entschied der Oberste Gerichtshof, dass der Klage dreier Männer unter der Führung des ultraorthodoxen Religionsführers [[Yehuda Meshi-Zahav]]<!-- Jehudi Meschi-Zahaw, Jehuda Meschi Zahaw --> für ein Verbot der Parade nicht stattgegeben wird. Die Kläger hatten argumentiert, dass die Parade ein Blutbad auslösen könnte. Die Vorsitzende Richterin [[Dorit Beinisch]] kritisierte die Anwälte der Antragsteller: „Sie können nicht vor einem Blutbad warnen, wenn sie gerade die Leute repräsentieren, die das Blutbad androhen. Es reicht wirklich: Es wäre jetzt Zeit für Deeskalation.“<ref>[http://www.queer.de/detail.php?article_id=5896 Oberstes Gericht erlaubt CSD Jerusalem], queer.de, 7. November 2006</ref> Am 8. November forderte der Vatikan Israel auf die Parade zu verbieten. „Der Vatikan hat wiederholt gesagt, dass die Meinungsfreiheit Grenzen hat, insbesondere dann, wenn sie das religiöse Empfinden von Gläubigen beleidigt“, hieß es in einem Schreiben des [[Heiliger Stuhl|Heiligen Stuhls]]. „Es ist klar, dass die Schwulenparade, die in Jerusalem stattfinden soll, die Mehrheit der Juden, Muslime und Christen beleidigt.“<ref>[http://www.queer.de/detail.php?article_id=5908 Vatikan will CSD-Verbot in Jerusalem], queer.de, 9. November 2006</ref> Am 9. November veranstalteten die religiösen Gegner der Parade einen ''Marsch der Biester''. Sie liefen die geplante Paradestrecke mit Kühen, Eseln und Ziegen ab und trugen Schilder mit der Aufschrift „Ich bin sauer!“ oder „Genug Schmutz!“. Am Nachmittag wurde dann die Absage der Parade durch die Innenstadt bekanntgegeben. Zusätzlich zu den geplanten Protesten der Orthodoxen Juden waren gab es 30 Terrorwarnungen von palästinensischer Seite, da Tags zuvor 18 Zivilisten im nördlichen Gazastreifen versehentlich von israelischem Feuer getroffen wurden. Als Ersatz wurde eine nicht öffentliche Demonstration in einem Stadion der städtischen Universität angesetzt. Die ultraorthodoxen Juden waren damit zufrieden und versprachen nicht gegen die geschlossene Veranstaltung vorzugehen. Zusätzlich forderten sie die Freilassung ihrer Glaubensbrüder, welche bei den gewaltätigen Demonstrationen in den Tagen zuvor festgenommen worden waren.<ref>[http://www.queer.de/detail.php?article_id=5913 CSD Jerusalem abgesagt], queer.de, 9. November 2006</ref>


Der Begriff Kulturkampf wurde erstmals am 17. Januar 1873 im [[Preußisches Abgeordnetenhaus|Preußischen Abgeordnetenhaus]] von [[Rudolf Virchow]] verwendet, wo er in der Beratung des ''Gesetzentwurfes über die Vorbildung und Anstellung der Geistlichen sprach: ''„[...] Ich habe die Überzeugung, es handelt sich hier um einen großen Kulturkampf. [...]“'' <ref>Heinrich August Winkler, Der lange Weg nach Westen. Deutsche Geschichte 1806-1933, München 2000, S. 222; Karl Bachem: Vorgeschichte, Geschichte und Politik der Deutschen Zentrumspartei, Bd. III, 1927, S. 268–269.</ref>
Am Nachmittag des 10. November demonstrierten dann etwa 2.000 (Polizeiangabe) bis zu 10.000 (Veranstalter) Menschen im Stadion der [[Hebräische Universität Jerusalem|Hebräischen Universität Jerusalem]] am [[Givat Ram|Givat-Ram]]-Campus für die Rechte von Schwulen und Lesben. Als Redner trat auch [[Sehava Gal-On]], Abgeordnete der Knesset für die [[Meretz]]-Partei, auf und lobte die „Weisheit und den Mut und die Weise, in der der Kampf um Gleichheit, Redefreiheit und Demokratie geführt wurde.“ Während der Kundgebung versuchte ein Mann die Bühne zu stürmen und homophobe Slogans zu rufen. Er wurde von der Polizei aufgehalten und vom Gelände entfernt.<ref name="queer20081112">[http://www.queer.de/detail.php?article_id=5928 Tausende bei Gay Pride in Jerusalem], queer.de, 12. November 2006</ref>


In einem von Virchow verfassten Wahlaufruf der [[Deutsche Fortschrittspartei|Fortschrittspartei]] vom 23. März 1873 hat er diesen Ausdruck wiederholt<ref name="Bachem">Karl Bachem: Vorgeschichte, Geschichte und Politik der Deutschen Zentrumspartei, Bd. III, 1927, S. 269.</ref>. Der Begriff wurde von der katholischen Presse ironisch aufgenommen und verspottet, von der liberalen Presse begeistert verteidigt.<ref name="Bachem" />
Trotz Sicherheitsrisikos wollten einige Aktivisten eine spontane Parade in Jerusalem abhalten. Dabei wurden 30 Aktivisten und auch fünf Gegendemonstranten festgenommen. Letztere waren mit Schlagstöcken, Messern und einer Pistole bewaffnet. Insgesamt waren 3.000 Polizisten im Einsatz.<ref name="queer20081112"/>


Einige Jahre später (1903–1908) brach der [[Akademischer Kulturkampf|Akademische Kulturkampf]] aus, ein feststehender Begriff der Studentengeschichte für Auseinandersetzungen zwischen den reichstreuen und den katholischen [[Studentenverbindung]]en.
Am 21. Juni 2007 gab es wieder eine kurze Parade durch die Straßen von Jerusalem mit 2.500 Teilnehmern. Nur auf die Schlußkundgebung wurde aus Sicherheitsgründen verzichtet. Man versuchte wie üblich vergeblich ein Verbot durchzusetzen, diemals mit einem Gesetz welches in Jerusalem Veranstaltungen verbieten sollte, welche die religiösen Gefühle verletzen. Es gab aber weniger Aussagen von religiösen Führern. Polizisten entdeckten in der Tasche eines ultra-othodoxen Juden einen Sprengsatz und namen ihn fest. Er hätte ihn während der Parade zünden wollen. In einem anderen Stadtteil kamen mehrere hundert Gegendemonstranten zusammen, brachten aus Protest den Verkehr zum erliegen, schwenkten Transparente und zündeten Mülleimer an. 1.000 Feuerwehrleute waren wegen der Parade in Streik getreten. Insgesamt waren 7.000 Polizisten im Einsatz.<ref>[http://www.queer.de/detail.php?article_id=6992 Polizei lässt CSD Jerusalem zu], queer.de, 29. Mai 2007</ref><ref>[http://www.queer.de/detail.php?article_id=7072 CSD Jerusalem findet statt], queer.de, 14. Juni 2007</ref><ref>[http://www.queer.de/detail.php?article_id=7116 Jerusalem: Anschlag auf CSD vereitelt], queer.de, 22. Juni 2007</ref> Im Juni 2008 normalisierte sich die Lage. Es gab wieder nur wenige Probleme und Gegendemonstranten. 3.000 Teilnehmer wurden von 2.000 Polizisten geschützt.<ref>[http://www.queer.de/detail.php?article_id=8970 CSD Jerusalem ohne Zwischenfälle], queer.de, 27. Juni 2006</ref>


Der Begriff „Kulturkampf“ wird seit geraumer Zeit auch in anderen Zusammenhängen verwendet, so zum Beispiel für den globalen „Kampf“ zwischen Kulturen verschiedener Länder oder Kulturkreise (etwa [[Samuel Phillips Huntington|Samuel P. Huntington]] in seinem berühmten Buch ''[[Kampf der Kulturen|Clash of Civilizations]]'' - ins Deutsche übersetzt unter dem Titel „Kampf der Kulturen“, obwohl „Zusammenprall der Kulturen“ den Sinn des Originaltitels besser träfe), für einen Kampf um die „kulturelle Vorherrschaft“ innerhalb einer Gesellschaft und insbesondere um die [[Definitionsmacht]] über das [[Kulturelle Identität|Selbstverständnis]] und die [[Wertvorstellung]]en einer Nation (siehe [[Neue Rechte]], [[Wertewandel]]), sowie in zahlreichen verwandten Bereichen.
=== 2012 – London ===


Im September 2008 erklärte der [[Bistum Fulda|Fuldaer]] Bischof [[Heinz Josef Algermissen]] auf einem Kongress des [[Forum Deutscher Katholiken|Forums Deutscher Katholiken]], dass er die Katholiken in Deutschland angesichts der aktuellen Diskussion um [[Gender Mainstreaming]] und eine angebliche „Propagierung der [[Homosexualität]]“ in einem neuen Kulturkampf um „die reale Stärkung der Familie“ sehe.<ref>{{Literatur | online=http://www.welt.de/welt_print/article2444971/Papsttreue-Katholiken-sehen-Deutschland-im-Kulturkampf.html | Titel=Papsttreue Katholiken sehen Deutschland im Kulturkampf | Autor=Gernot Facius | Jahr=2008 | Monat=September | Tag=15 | Zugriff=16. September 2008 | Sammelwerk=[[Die Welt]] }}.</ref>
Am 30. Oktober 2008 wurde festgelegt, dass der World Pride 2012 von ''Pride [[London]]'' organisiert wird. Die Veranstaltungen werden von 23. Juni bis 8. Juli stattfinden und die Parade am 7. Juli. Es wird mit mehr als einer Million Besuchern gerechnet.<ref>[http://www.pinknews.co.uk/news/articles/2005-9447.html Boris "thrilled" as London wins right to host World Pride in 2012], pinknews.co.uk, 31. Oktober 2008</ref> 1970 fand in London die erste Demonstration Europas statt<ref>Charlotte Cooper: ''[http://www.rainbownetwork.com/Features/detail.asp?iData=20746&iCat=30&iChannel=25&nChannel=Features Fact File:Pride]'', RainbowNetwork.com, 7. Juni 2006</ref> und 2008 namen an der Parade etwa 825.000 Personen teil. Einen Monat später werden in London vom 27. Juli bis 12. August 2012 die [[Olympische Sommerspiele 2012|Olympischen Sommerspiele 2012]] abgehalten und danach traditionell die [[Paralympics]].

''Siehe auch:'' [[Badischer Kulturkampf]]

== Literatur ==

* Georg Franz: ''Kulturkampf - Staat und katholische Kirche in Mitteleuropa''. Verlag Georg D.W.Callwey, München, 1954
* Christopher Clark und Wolfram Kaiser (Hg.): ''Kulturkampf in Europa im 19. Jahrhundert''. Leipziger Univ.-Verl., Leipzig 2003.


== Weblinks ==
== Weblinks ==

* [http://www.interpride.org interpride.org]
{{wikisource|Religion#Kulturkampf (Deutsches Reich)|Themenseite Religion}}

* [http://www.erziehung.uni-giessen.de/studis/Robert/kulturk1.html Gesetz betreffend die geistlichen Orden und ordensähnlichen Kongregationen der katholischen Kirche vom 31.Mai 1875]
* [http://www.arenberg-info.de/htm/Kulturkf.htm Kulturkampf in den [[Lexikon|Lexika]] von [[Bertelsmann Lexikothek|Bertelsmann]], [[S. Fischer Verlag|Fischer]], [[Meyers Konversations-Lexikon|Meyers]] und [[Bibliographisches Institut & F. A. Brockhaus|Brockhaus]]]
* [http://www.litdok.de/cgi-bin/litdok?lang=de&treu=x&t_multi=x&v_0=THS&q_0=kulturkampf+(1871-1887)%0F Publikationen über den Kulturkampf bei] [[Litdok Ostmitteleuropa]] / [[Herder-Institut (Marburg)]]


== Einzelnachweise ==
== Einzelnachweise ==
<references/>


<references />
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[[sl:Kulturni boj]]
[[sr:Културкамф]]
[[sv:Kulturkampf]]
[[wa:Kulturkampf]]

Version vom 17. März 2010, 17:52 Uhr

Modus vivendi, Karikatur von Wilhelm Scholz: Der Papst und der Reichskanzler fordern sich gegenseitig zum Fußkuss auf. Bildunterschrift: Pontifex: „Nun bitte, genieren Sie sich nicht!“ Kanzler Bismarck: „Bitte gleichfalls!“. Aus dem Kladderadatsch, Nr. 14/15 (18. März 1878).

Der Kulturkampf war eine Auseinandersetzung zwischen der katholischen Zentrumspatei und dem Königreich Preußen bzw. dem Deutschen Kaiserreich unter Reichskanzler Otto von Bismarck zwischen 1871 und 1878/1887.

Dabei ging es sachlich um liberale Politik wie z. B. die Einführung der Zivilehe, politisch um die Macht der organisierten katholischen Minderheit in Deutschland. Bismarck handelte mit scharfen Mitteln gegen die katholische Geistlichkeit, womit er schließlich auch Kritik von Protestanten und Liberalen erhielt. Gegen 1878 kam es wieder zu einer Annäherung zwischen Staat und katholischer Kirche.

Vorgeschichte

Die Kirche war seit dem Mittelalter Trägerin vieler Einrichtungen im Bildungswesen und in der Sozialfürsorge. Spätestens im 18. Jahrhundert kamen mit dem Absolutismus und der Aufklärung Tendenzen auf, die stattdessen den Staat in dieser Rolle sehen wollten. Dies verstärkte sich im 19. Jahrhundert mit dem Liberalismus und später dem Sozialismus. Die protestantischen Kirchen waren meist dem Staat näher als die katholische Kirche.

Der Mainzer Bischof Wilhelm Emmanuel von Ketteler, Mitbegründer der Zentrumspartei

Diese reagierte auf die Tendenzen der Zeit zunehmend schroff abweisend, etwa 1864 mit dem Syllabus Errorum. Kritiker der katholischen Kirche verwiesen auch auf das (erste) Vatikanische Konzil von 1869 bis 1870, das dem Papst unter bestimmten Umständen Unfehlbarkeit in Glaubens- und Sittenlehre zusprach. Doch kurz danach im Sommer 1870 zog Frankreich seine Schutztruppen aus Rom ab, um gegen Preußen einen Krieg zu führen. Dies nutzten Italiener zur Einnahme des Kirchenstaates durch den neuen italienischen Nationalstaat im September 1870. Die bisherige Schutzmacht Frankreich verlor den Krieg gegen die vereint kämpfenden Deutschen. Der Papst sah sich und seine Unabhängigkeit durch die neuen Konstellationen konkret bedroht.

In Preußen und in Deutschland organisierten sich die Katholiken seit Ende 1870 in der Zentrumspartei und verlangten, die Rechte der Kirchen gegen die staatliche Gesetzgebung zu schützen. Die Partei stieß nicht nur auf den Widerstand von Liberalen im weitesten Sinne. Reichskanzler Otto von Bismarck war auch gegen die föderativen Vorstellungen des Zentrums und dessen Forderung nach einem Bündnis mit (dem mehrheitlich katholischen) Österreich; wie in anderen Minderheiten, zum Beispiel Polen, Elsaß-Lothringern und Dänen, sah er in den Katholiken Feinde des Reiches.[1] Den politisch organisierten Katholiken wurde von den Gegnern „Ultramontanismus“ vorgeworfen, sie ließen sich also von Rom (hinter den Bergen, den Alpen) beherrschen, nicht von Berlin.

Maßnahmen

Otto von Bismarck, Reichskanzler und preußischer Ministerpräsident

Bismarck und seine Anhänger setzten eine Reihe von Anordnungen und Gesetzen durch, die direkt oder indirekt als gegen die (katholische) Kirche gerichtet verstanden werden konnten. Sachfragen und Repression vermischten sich teilweise. Diese Maßnahmen waren:

  • Juli 1871: Bismarck löst die katholische Abteilung im preußischen Kultusministerium auf.
  • Dezember 1871: Im „Kanzelparagraphen“, einem Reichsgesetz zur Abänderung des Strafgesetzbuches, wird den Geistlichen verboten, bei Verlautbarungen in ihrem Beruf den „öffentlichen Frieden“ zu gefährden, wie es hieß.
  • 1872: Die Jesuiten dürfen in Deutschland keine Niederlassungen errichten (Jesuitengesetz). Die geistliche Schulaufsicht wird durch eine staatliche ersetzt (Schulaufsichtsgesetz).
  • Maigesetze 1873: Der Staat kontrolliert Ausbildung und Einstellung der Geistlichen, gewählte Gemeindevertretungen verwalten das kirchliche Vermögen.
  • 1875: Vor dem Gesetz ist nur noch die Eheschließung des Standesamtes gültig (Zivilehe), nicht mehr die kirchliche. Wer kirchlich heiraten wollte, durfte dies erst nach der standesamtlichen Trauung.[2]
  • 1875: Das „Brotkorbgesetz“ entzieht der Kirche die staatlichen Zuwendungen. Das „Klostergesetz“ löst die Klostergenossen in Preußen auf, mit Ausnahme derjenigen, die sich mit Krankenpflege beschäftigen.

Manfred Görtemaker zufolge ist es falsch, wie Papst Pius von einer Verfolgung der Gläubigen zu sprechen. Wohl ging es darum, die Eigenständigkeit und Unabhängigkeit der Kirchen zu brechen oder zu mindern.[3] Außerdem wurden 1872 die diplomatischen Beziehungen zum Vatikan abgebrochen. In einer Reichstagsrede bekräftigte Bismarck mit dem Ausspruch „Nach Canossa gehen wir nicht!“ seine Absicht, im Konflikt mit der katholischen Kirche „keinen Fußbreit nachzugeben“.

Über den „Kanzelparagraphen“ kam es sogar zu Haftstrafen für katholische Geistliche, beispielsweise den Erzbischof von Posen, Mieczysław Halka Ledóchowski. Er wurde zur Höchststrafe von zwei Jahren verurteilt.[4] Am 13. Juli 1874 verübte der katholische Handwerker Eduard Franz Ludwig Kullmann wegen des Kulturkampfs ein Attentat auf Bismarck, der dabei aber nur leicht verletzt wurde.

Beendigung des Kulturkampfes seit 1878

Bismarck erreichte seine politischen Ziele mit dem Kulturkampf nicht. Das Zentrum erhielt sogar mehr Wählerzulauf als zuvor, der Katholizismus spaltete sich nicht, anders als es mit der Gründung der Altkatholischen Kirche zunächst ausgesehen hatte. Außerdem empörten sich auch viele der Unterstützer Bismarcks: Die protestantischen Konservativen waren ebenfalls gegen die Zivilehe und die staatliche Schulaufsicht, die Liberalen sahen Grundrechte gefährdet.[3] Bismarck war bereit, sich mit den kirchlichen Kräften zu arrangieren, nachdem er wichtige Ziele durchgesetzt hatte. Ein Grund für das Ende des Kulturkampfes waren die bevorstehenden Sozialistengesetze seit 1878, für die Bismarck eine Mehrheit benötigte, die er jedoch von den Liberalen nicht erwarten konnte.

Als Pius IX. 1878 starb, folgte ihm Leo XIII. im Amt. In direkten Verhandlungen mit der Kurie wurden die harten Gesetze gemildert. Im Sommer 1882 nahm Preußen wieder diplomatische Beziehungen zum Vatikan auf. Die 1886 und 1887 erlassenen "Friedensgesetze" führten schließlich zur Beilegung des Konflikts. Leo XIII. erklärte am 23. Mai 1887 öffentlich den „Kampf, welcher die Kirche schädigte und dem Staat nichts nützte“, für beendet.

Folgen und Bewertung

Der Kulturkampf trug zur Trennung von Kirche und Staat bei. Mit der Weimarer Reichsverfassung bekam dann das Verhältnis von Kirche und Staat seine bis heute geltende Fassung. Es ist schwierig abzuschätzen, inwieweit der Kulturkampf das politische Klima noch im 20. Jahrhundert verändert hat; Zentrumspolitiker waren von den entscheidenden Machtpositionen weitgehend ausgeschlossen. Katholiken konnten sich vor allem bis 1918 als Bürger zweiter Klasse empfinden. In Deutschland waren die Auseinandersetzungen zwischen Staat und Kirche zeitweise besonders heftig, es gab sie aber auch in anderen Ländern, nicht zuletzt in den gemischtkonfessionellen wie den Niederlanden, der Schweiz und den USA.

Das Jesuitengesetz wurde erst 1917, der Kanzelparagraph erst 1953 in der Bundesrepublik aufgehoben. Mit Wirkung zum 1. Januar 2009 muss einer kirchlichen Ehe keine standesamtliche mehr vorangehen. Mittlerweile ist eine Eheschließung allerdings mit vielen Rechten des wirtschaftlich schwächeren Ehepartners etwa im Scheidungsfall verbunden, daher haben die Kirchen kein Interesse daran, eine rein kirchliche Trauung zu fördern und erlauben sie nur im Ausnahmefall. Das Schulaufsichtsgesetz bleibt jedoch erhalten.

Der Begriff „Kulturkampf“

Der Begriff Kulturkampf wurde erstmals am 17. Januar 1873 im Preußischen Abgeordnetenhaus von Rudolf Virchow verwendet, wo er in der Beratung des Gesetzentwurfes über die Vorbildung und Anstellung der Geistlichen sprach: „[...] Ich habe die Überzeugung, es handelt sich hier um einen großen Kulturkampf. [...]“ [5]

In einem von Virchow verfassten Wahlaufruf der Fortschrittspartei vom 23. März 1873 hat er diesen Ausdruck wiederholt[6]. Der Begriff wurde von der katholischen Presse ironisch aufgenommen und verspottet, von der liberalen Presse begeistert verteidigt.[6]

Einige Jahre später (1903–1908) brach der Akademische Kulturkampf aus, ein feststehender Begriff der Studentengeschichte für Auseinandersetzungen zwischen den reichstreuen und den katholischen Studentenverbindungen.

Der Begriff „Kulturkampf“ wird seit geraumer Zeit auch in anderen Zusammenhängen verwendet, so zum Beispiel für den globalen „Kampf“ zwischen Kulturen verschiedener Länder oder Kulturkreise (etwa Samuel P. Huntington in seinem berühmten Buch Clash of Civilizations - ins Deutsche übersetzt unter dem Titel „Kampf der Kulturen“, obwohl „Zusammenprall der Kulturen“ den Sinn des Originaltitels besser träfe), für einen Kampf um die „kulturelle Vorherrschaft“ innerhalb einer Gesellschaft und insbesondere um die Definitionsmacht über das Selbstverständnis und die Wertvorstellungen einer Nation (siehe Neue Rechte, Wertewandel), sowie in zahlreichen verwandten Bereichen.

Im September 2008 erklärte der Fuldaer Bischof Heinz Josef Algermissen auf einem Kongress des Forums Deutscher Katholiken, dass er die Katholiken in Deutschland angesichts der aktuellen Diskussion um Gender Mainstreaming und eine angebliche „Propagierung der Homosexualität“ in einem neuen Kulturkampf um „die reale Stärkung der Familie“ sehe.[7]

Siehe auch: Badischer Kulturkampf

Literatur

  • Georg Franz: Kulturkampf - Staat und katholische Kirche in Mitteleuropa. Verlag Georg D.W.Callwey, München, 1954
  • Christopher Clark und Wolfram Kaiser (Hg.): Kulturkampf in Europa im 19. Jahrhundert. Leipziger Univ.-Verl., Leipzig 2003.
Wikisource: Themenseite Religion – Quellen und Volltexte

Einzelnachweise

  1. Manfred Görtemaker: Deutschland im 19. Jahrhundert. Entwicklungslinien, Opladen 1983, S. 277/278.
  2. Bis hierhin Aufzählung nach Manfred Görtemaker: Deutschland im 19. Jahrhundert. Entwicklungslinien. Opladen 1983, S. 279.
  3. a b Manfred Görtemaker: Deutschland im 19. Jahrhundert. Entwicklungslinien. Opladen 1983, S. 280.
  4. rbb Preußen-Chronik | Mieczyslaw Graf Halka-Ledochowski
  5. Heinrich August Winkler, Der lange Weg nach Westen. Deutsche Geschichte 1806-1933, München 2000, S. 222; Karl Bachem: Vorgeschichte, Geschichte und Politik der Deutschen Zentrumspartei, Bd. III, 1927, S. 268–269.
  6. a b Karl Bachem: Vorgeschichte, Geschichte und Politik der Deutschen Zentrumspartei, Bd. III, 1927, S. 269.
  7. Gernot Facius: Papsttreue Katholiken sehen Deutschland im Kulturkampf. In: Die Welt. 15. September 2008 (welt.de [abgerufen am 16. September 2008])..