Kafjord und Ostfriesland: Unterschied zwischen den Seiten
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{{Begriffsklärungshinweis|Dieser Artikel behandelt die historische Landschaft Ostfriesland. Für den geografischen Raum der ostfriesischen Halbinsel, siehe [[Ost-Friesland]], für das Großkampfschiff der Kaiserlichen Marine siehe [[SMS Ostfriesland]]}} |
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'''Ostfriesland''' ([[Ostfriesisches Platt]]deutsch: '''Oostfreesland''') ist eine [[Region]] in [[Niedersachsen]] im äußersten Nordwesten der [[Bundesrepublik Deutschland]]. Ostfriesland besteht aus den [[Landkreise]]n [[Landkreis Aurich|Aurich]], [[Landkreis Leer|Leer]] und [[Landkreis Wittmund|Wittmund]] sowie der kreisfreien Stadt [[Emden]]. <ref>[http://www.ostfriesischelandschaft.de/ol/index.jsp?id=109 Satzung der Ostfriesischen Landschaft], Artikel I (Grundsätze), Absatz 2: Ostfriesland umfaßt die kommunalen Gebietskörperschaften Landkreise Aurich, Leer und Wittmund sowie Stadt Emden.</ref><ref>[http://www.ihk-emden.de/images_beitraege/downloads/Satzung2008.pdf Satzung der Industrie- und Handelskammer für Ostfriesland und Papenburg]: § 1 (1) Die Kammer führt die Bezeichnung "Industrie- und Handelskammer für Ostfriesland und Papenburg". <nowiki>[... ]</nowiki> Ihr Bezirk umfasst die kreisfreie Stadt Emden, die Landkreise Aurich, Leer und Wittmund sowie <nowiki>[...]</nowiki> die Stadt Papenburg.</ref><ref>[http://www.hwk-aurich.de/index.php?id=70 Handwerkskammer für Ostfriesland]: "Zur Handwerkskammer für Ostfriesland gehören <nowiki>[...]</nowiki> aus den Landkreisen Aurich, Wittmund, Leer und der kreisfreien Stadt Emden."</ref><ref>[http://interfriesischerrat.de/index.php?option=com_content&task=view&id=5&Itemid=6 Homepage des Interfriesischens Rats]: "Das östliche Friesland innerhalb des deutschen Bundeslandes Niedersachsen von der niederländischen Grenze bis jenseits der Wesermündung. Es wird häufig Ost-Friesland genannt oder insgesamt ''(nicht ganz korrekt) als Ostfriesland bezeichnet''. Es umfasst ''das eigentliche Ostfriesland'', das oldenburger Friesland (Friesische Wehde, Jeverland, Wilhelmshaven), das ehemalige Rüstringen (Butjadingen u.a.), das Land Wursten und andere Gebiete." (Hervorhebungen nachträglich für das Zitat)</ref> Ostfriesland liegt an der [[Nordsee]][[küste]] und umfasst neben dem Festland auch die [[Ostfriesische Inseln|Ostfriesischen Inseln]] mit der Ausnahme [[Wangerooge]]s, die historisch zum [[Land Oldenburg]] zählt. |
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Kommunalpolitisch ist Ostfriesland ein [[Landschaftsverband#Landschaftsverbände in Niedersachsen|Landschaftsverband]]. In Ostfriesland leben ungefähr 465.000 Menschen auf 3144,26 Quadratkilometern. Die Region ist damit im Vergleich zum Bundesdurchschnitt dünn besiedelt. Prägend für Ostfriesland ist, dass die Region nicht von einer größeren Stadt dominiert wird. Vielmehr sind es die fünf [[Mittelstadt|Mittelstädte]] [[Emden]], [[Aurich]], [[Leer (Ostfriesland)|Leer]], [[Norden (Ostfriesland)|Norden]] und [[Wittmund]] und fünf [[Kleinstadt|Kleinstädte]] ([[Weener]], [[Wiesmoor]], [[Esens]] sowie die Inselstädte [[Norderney]] und [[Borkum]])<ref>Reihenfolge nach jeweiliger Einwohnerzahl der Mittel-, Klein- und Inselstädte sortiert.</ref>, die zusammen mit einer Vielzahl von Dörfern die Struktur Ostfrieslands bestimmen. |
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Das heutige Gebiet Ostfrieslands entspricht bis auf kleinere [[Arrondierung]]en dem Gebiet des früheren Fürstentums Ostfriesland (bis 1744). Die Region war über Jahrhunderte von der [[Landwirtschaft]], der [[Fischerei]] und − besonders in den wenigen Städten − vom [[Handel]] geprägt. Dazu zählte in den [[Seehafen|Hafenstädten]] insbesondere der Seehandel. Inzwischen haben der [[Tourismus]] und einige industrielle Kerne hohe Bedeutung für die ostfriesische Wirtschaft erlangt. Gleichwohl nimmt die Landwirtschaft auch weiterhin eine starke Stellung in Ostfriesland ein - kulturräumlich wie wirtschaftlich. Trotz wirtschaftlicher Fortschritte in den vergangenen Jahrzehnten gilt Ostfriesland weiterhin als [[Regionaler Strukturwandel|strukturschwache]] Region. |
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[[Bild:Ostfriesland_Flagge_mit_Wappen.0.2.svg|thumb|200px|Ostfriesische Flagge mit Wappen]] |
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==Geografie == |
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=== Lage und Gebiet === |
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[[Bild:Ostfriesland_de.svg|thumb|Karte Ostfrieslands]] |
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[[Bild:Ost-Friesland.png|thumb|Ostfriesland im weiteren Sinn]] |
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Ostfriesland ist die nordwestlichste Region Deutschlands und liegt an der [[Nordsee]]küste. Im allgemeinen wird unterschieden zwischen Ostfriesland im historisch-politischen Sinne (um das es im vorliegenden Artikel geht) und dem geografischen Begriff Ostfriesland, der weiter gefasst ist (siehe dazu auch den Artikel [[Ost-Friesland]]). Das „Ost“ in „Ostfriesland“ bezieht sich auf die Tatsache, dass Ostfriesland im östlichen Teil des alten [[Friesland]]s liegt − im Gegensatz zum ''Westfriesland'' genannten Teil (der Provinz [[Fryslân]] und der Region [[Westfriesland]] in den [[Niederlande]]n). Neben diesen beiden Frieslanden gibt es das analog als [[Nordfriesland]] bezeichnete Gebiet im nordwestlichen [[Schleswig-Holstein]], außerhalb der im [[Heiliges Römisches Reich|Heiligen Römischen Reich]] als Friesland bezeichneten Territorien. |
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Ostfriesland besteht aus der kreisfreien Stadt [[Emden]] sowie den Landkreisen [[Landkreis Aurich|Aurich]], [[Landkreis Leer|Leer]] und [[Landkreis Wittmund|Wittmund]]. Diese bilden – von kleineren Grenzkorrekturen abgesehen – das Gebiet des ehemaligen Fürstentums Ostfriesland (1464−1744), das später als [[Regierungsbezirk Aurich]] (bis 1978) innerhalb [[Preußen]]s und später [[Niedersachsen]]s fortbestand. Die Einwohner dieses Landstriches sind die einzigen, die sich heute noch uneingeschränkt als [[Ostfriesen]] bezeichnen. Zudem sind die Stadt und die drei Kreise das Gebiet, das von der [[Ostfriesische Landschaft|Ostfriesischen Landschaft]], dem „Kulturparlament“ der Ostfriesen, betreut wird. |
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Ostfriesland wird begrenzt von den drei [[Land Oldenburg|oldenburgischen]] Landkreisen [[Landkreis Friesland|Friesland]] (sogenannte [[Goldene Linie]]), [[Landkreis Ammerland|Ammerland]] und [[Landkreis Cloppenburg|Cloppenburg]] im Osten sowie dem [[Landkreis Emsland]] im Süden. Im Westen grenzt Ostfriesland an die Niederlande, im Norden an die Nordsee. Dem Festland vorgelagert sind die [[Ostfriesische Inseln|Ostfriesischen Inseln]], von denen sieben bewohnt sind. Wangerooge zählt allerdings historisch zum [[Oldenburg (Land)|Oldenburger Land]]. |
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Ostfriesen fühlen sich als Teil der friesischen Kultur – als [[Friesen]], die in den Nationalstaaten der [[Niederlande]] und Deutschlands an der Nordseeküste wohnen. Zur „Sektion Ost“ des [[Friesenrat]]es gehören daher neben Ostfriesland, dem Oldenburger Friesland und dem [[Saterland]] auch die Landstriche [[Butjadingen]] (Landkreis Wesermarsch) und [[Land Wursten]] (zwischen [[Bremerhaven]] und [[Cuxhaven]]). |
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Prägend für Ostfriesland ist unter anderem, dass es nicht von einer größeren Stadt dominiert wird, sondern dass die Vielfalt der Städte und Dörfer vorherrschend ist. |
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Die Jahrhunderte dauernde, landseitige relative Isolation durch [[Moor]]e im Süden Ostfrieslands bedingte eine sehr eigenständige Entwicklung der Region innerhalb Deutschlands. Deshalb gibt es noch heute einen latenten Hang zum [[Sezession|Separatismus]], der sich vor allem in kulturellen Belangen zeigt und politisch als ein Bemühen um den Erhalt historisch gewachsener Strukturen und der Vermeidung der Verschmelzung mit außerostfriesischen Institutionen oder verwaltungstechnischen Einheiten hervortritt.<ref>Beispielhaft hierfür ist der gescheiterte Zusammenschluss der Landkreise Wittmund und [[Landkreis Friesland|Friesland]] (siehe dort) im Zuge der niedersächsischen Landkreisreform 1977/78. Der Landkreis hieß Friesland, Kreisstadt war Wittmund. Nach erfolgreichen Klagen vor dem Staatsgerichtshof in Bückeburg wurde der Zusammenschluss per 1. Januar 1980 zurückgenommen. Aus jüngerer Zeit ist die niedersächsische Polizeireform zu nennen, die den Landkreis Wittmund der Polizeiinspektion in Wilhelmshaven und damit der Polizeidirektion in Oldenburg zuschlug, während die Kreise Aurich und Leer sowie die Stadt Emden zwei weitere Polizeiinspektionen innerhalb der Polizeidirektion Osnabrück bildeten. Diese Regelung wurde, wie der örtlichen Presse zu entnehmen war, 2007 nach vielerlei Interventionen und Bitten zurückgenommen: Der Kreis Wittmund wurde der Polizeiinspektion Aurich angeschlossen. Ostfriesland besteht seitdem aus den Inspektionen Leer/Emden und Aurich/Wittmund, beide unter dem Dach der Direktion Osnabrück.</ref> |
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=== Landschaftsformen === |
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[[Bild:Juister_Strand.jpg|thumb|Strand auf [[Juist]]]] |
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[[Bild:NASA World Wind - Ostfriesland.png|thumb|300 px|left|Ostfriesland aus dem All]] |
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[[Bild:Langeoog8.jpg|thumb|Dünen auf [[Langeoog]]]] |
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[[Bild:Salzwiese Watt.jpg|thumb|Salzwiesen am Übergang zum Watt]] |
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[[Bild:DeichvorlandBeiNessmersiel.jpg|thumb|Landwirtschaftlich genutztes Deichvorland nahe [[Dornum|Neßmersiel]], im Hintergrund Langeoog]] |
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[[Bild:WindlooperGründeich.jpg|thumb|Vom steten Wind gebeugter „[[Windflüchter|Windlooper]]“ nahe [[Esens]]]] |
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Auf den Inseln finden sich hinter den [[Strand|Stränden]] [[Dünen]]landschaften. Der Bewuchs der Weißdünen wird stellenweise künstlich gefördert – hauptsächlich durch eine Bepflanzung mit [[Gewöhnlicher Strandhafer|Gewöhnlichem Strandhafer]] – welcher die Stabilität der Dünen fördern soll. |
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Zwischen den Inseln und dem [[Festland]] befindet sich das [[Watt (Küste)|Watt]], ein einzigartiges Ökosystem, das seine Entstehung den [[Gezeiten]] verdankt. Bei [[Ebbe]] fällt es weitgehend trocken, bei [[Hochwasser]] liegt es dagegen völlig unter Wasser. Das Watt ist durchzogen von [[Priel]]en, über die das Wasser ab- oder zuströmt. Ostfriesland hat einen wesentlichen Anteil am [[Nationalpark Niedersächsisches Wattenmeer]]. |
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Natürlicherweise folgen dem Watt [[Salzwiese]]n, sowohl an den Südseiten der Inseln als auch an der Festlandsküste. Sie werden regional unter anderem ''Heller'' genannt. Sie werden nur noch gelegentlich bei besonders hohen Wasserständen ganz oder teilweise überflutet. Sie bilden einen ganz eigenen Lebensraum, der durch spezifische Gesellschaften aus [[Salzpflanzen]] (Halophyten) geprägt ist. Als erste [[Pionierpflanze]] siedelt sich der [[Europäischer Queller|Europäische Queller]] an. Inzwischen werden die Salzwiesen extensiv beweidet oder vielfach völlig der Natur überlassen. |
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Vor etwa 1000 Jahren begannen die Menschen, sich durch [[Deich]]e gegen die Nordseefluten zu schützen. Dennoch kam es im Zuge großer Flutkatastrophen immer wieder zu teilweise erheblichen Landverlusten. Im Gegenzug begannen die Menschen schon bald, Neuland aus dem Meer zu gewinnen. Es entstanden sogenannte [[Koog|Polder]]. Die Folge der Eindeichungen waren unter anderem große Verlust natürlicher Salzwiesen, die sich aufgrund der nun eingeschränkten Dynamik nicht mehr in vollem Ausmaße entwickeln konnten. |
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Der Küstenraum des Festlandes ist [[Marsch (Schwemmland)|Marschland]], das weiter landeinwärts in [[Niedermoor]]e, [[Geest]] und [[Hochmoor]]e übergeht. |
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An Hochmoorresten ist insbesondere das Gebiet um das [[Ewiges Meer|Ewige Meer]] bei der nach ihm benannten Ortschaft [[Eversmeer]] hervorzuheben, der größte Hochmoorsee Deutschlands und Naturschutzgebiet. Zahlreiche weitere Flächen, die Reste der ehemals großen Hochmoore darstellen, und darin gelegene kleinere [[Moorsee]]n wie das [[Lengener Meer]] sind heute ebenfalls Schutzgebiete. In jüngerer Zeit wurde versuchtr durch [[Wiedervernässung]]smaßnahmen den ursprünglichen Charaktern annähernd zu erhalten bzw. wiederherzustelln, nachdem diese Flächen über lange Zeit wegen ihrer Insellage inmitten von [[Kulturland]] stark entwässert und anschließend verbuscht waren. |
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Die Altmoränenlandschaft der [[Geest]] zeichnet sich durch vorwiegend sandiges Geschiebematerial der [[Saaleeiszeit]] aus und ist heute weitgehend als land- oder (in geringem Umfang) forstwirtschaftliche Fläche kultiviert. |
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Nach Auflösung der [[Allmende]] entstand dank der den Bauern auferlegten Pflicht, ihre Parzellen abzugrenzen und das Ausbrechen des Weideviehs zu verhindern, die typische [[Wallhecke]]nlandschaft mit kleinen Weideflächen, die von busch- und baumbestandenen Erdwällen umgeben sind, deren Zugangsöffnungen mit den ebenso typischen grob gezimmerten Holztoren (Plattdeutsch: ''hek'') verschlossen werden. Heutzutage werden allerdings häufiger Stahltore genutzt. Die kleineren Parzellen dienen auch heute meist der Viehhaltung, während auf größeren Parzellen, auf denen der Maschineneinsatz lohnend ist, auch Pflanzenanbau betrieben wird. |
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Zu den größeren Waldgebieten gehören der Heseler Wald (Samtgemeinde Hesel), der Ihlower Forst (Gemeinde Ihlow), der Karl-Georgs-Forst (Gemeinde Friedeburg), der Egelser Wald und der Meerhusener Wald (beide Stadt Aurich). In den Samtgemeinden Hage und Esens befinden sich nennenswerte Waldareale, die nur wenige Kilometer hinter der Küstenlinie liegen. |
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Weiterhin gibt es in Ostfriesland eine größere Anzahl natürlicher (Niedermoor-)Seen, deren größter das [[Großes Meer|Große Meer]] bei [[Bedekaspel]] (Gemeinde [[Südbrookmerland]]) ist. Neben den vorstehend bereits genannten Seen befinden sich noch weitere in Ostfriesland, insbesondere im Städtedreieck Emden-Aurich-Leer, darunter die [[Hieve]] (Gemeinde [[Hinte]]) und das [[Sandwater]] (Gemeinde [[Ihlow (Ostfriesland)|Ihlow]]). |
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Größter Fluss Ostfrieslands ist die [[Ems]], nach [[Elbe]] und [[Weser]] der kleinste der drei [[Strom (Gewässer)|Ströme]], die in Deutschland in die Nordsee münden. Weitere Flüsse sind die [[Leda (Fluss)|Leda]] (Landkreis Leer), die bei [[Leerort]] in die Ems mündet, ihr Nebenfluss [[Jümme (Fluss)|Jümme]], sowie die [[Harle (Fluss)|Harle]] im Landkreis Wittmund, die in Harlesiel in die Nordsee fließt − allerdings durch ein [[Siel]]. |
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Ostfriesland ist zudem von einer Vielzahl kleinerer natürlicher Gewässerläufe durchzogen, die Tief genannt werden. Sie sind mit künstlich angelegten Kanälen verbunden und entwässern über Siele oder [[Schleuse]]n, etwa in Emder Hafen, in die Ems oder direkt in die Nordsee. Der längste künstliche Wasserlauf ist der [[Ems-Jade-Kanal]]. Weitere längere Kanäle sind der [[Ems-Seitenkanal]] zwischen Emden und Oldersum sowie der [[Nordgeorgsfehnkanal|Nord-]] und der Südgeorgsfehnkanal. Am stärksten von [[Moorkolonisierung#Zum_Begriff_Fehn_.28Veen.29|Fehnkanälen]] durchzogen sind die Gemeinden [[Großefehn]], [[Rhauderfehn]] und [[Ostrhauderfehn]] sowie die Stadt Wiersmoor, während die Kanäle in Emden, die keine Fehnkanäle sind, die größte Länge von Kanälen unter den ostfriesischen Städten umfassen. |
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Der höchste natürliche Punkt Ostfrieslands ist eine Wanderdüne im Naturschutzgebiet Hollsand in der Gemeinde [[Uplengen]], die etwa 18,5 Meter über dem [[Meeresspiegel]] liegt. Der tiefste Punkt liegt nahe der Nordseeküste in der Gemeinde [[Krummhörn]]. Hier liegt ein Teil des [[Freepsumer Meer]]es 2,5 Meter<ref>[http://www.nls.niedersachsen.de/Tabellen/Allgemeines/Vorstellung.html Niedersachsen.de: ''Niedersachsen - Ein Land stellt sich vor'']</ref> unter dem Meeresspiegel. 1983 wurde dieser als tiefster Punkt Deutschlands in das Guinnessbuch der Rekorde eingetragen. Seit 1988 gilt jedoch eine Stelle (-3,54 m) in der Gemeinde [[Neuendorf-Sachsenbande]] in der [[Wilstermarsch]] in [[Schleswig-Holstein]] als tieferliegend. |
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=== Klima === |
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[[Bild:Nebelostfriesland.jpg|thumb|left|Bodennebel in Ostfriesland]] |
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[[Bild:Rheiderland.jpg|thumb|Marsch im [[Rheiderland]]]] |
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[[Bild:EwigesMeer1(neu).jpg|thumb|Der Hochmoorsee [[Ewiges Meer]]]] |
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[[Bild:BerumerfehnerMoor.jpg|thumb|Berumerfehner Moor]] |
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[[Bild:WrisseWallhecken.jpg|thumb|Wallheckenlandschaft in [[Großefehn|Wrisse]]]] |
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[[Bild:Abbruchkante2.jpg|thumb|Mit dem Gewöhnlichen Strandhafer bewachsene Weißdüne]] |
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[[Bild:Eriophorum vaginatum Standort.jpg|thumb|Typischer Moorbewohner: [[Wollgras]]]] |
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[[Bild:Miesmuscheln Mytilus 1.jpg|thumb|Miesmuschel]] |
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Ostfriesland liegt in der warmgemäßigten Zone mit ganzjährigen Niederschlägen. Nach der Klimaklassifikation von [[Wladimir Peter Köppen|Köppen]] befindet sich Ostfriesland in der Einteilung ''Cfb'' (Klimazone ''C'': Warm-Gemäßigtes Klima; Klimatyp ''Cf'': Feucht-Gemäßigtes Klima; Klimauntertyp ''b'': warme [[Sommer]]). |
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Die [[Temperatur]]en sind aufgrund der Nähe zur Nordsee relativ ausgeglichen; die [[Sommer]] sind warm, häufig liegt die Höchsttemperatur über 20 °C, doch wird die [[Heißer Tag|30 °C-Marke]] nur an wenigen Tagen erreicht oder überschritten. Die [[Winter]] sind im Allgemeinen mild und feucht mit sehr wenigen [[Eistag]]en,<ref>Im Landesinneren in Aurich durchschnittlich 20, auf der Insel Norderney sogar nur zwölf Tage. Vgl. Rack, a. a. O., S. 30.</ref> leichter [[Frost]] ist aber jederzeit möglich. Nur selten gibt es Temperaturen unter −10 °C. Die Jahresmitteltemperatur liegt bei 8,4 °C im zentral innerhalb Ostfrieslands gelegenen Aurich und 9 °C auf der Insel Norderney. Auf den Inseln sind die Temperaturen noch ausgeglichener. Durch den Speichereffekt des Meeres wird noch lange nach dem Hochsommer Wärme abgegeben. Die Temperaturen sind daher im Winter milder. In den Hochmoorgebieten im Landesinneren liegen die Temperaturen zumeist etwas niedriger als in der küstennahen Marsch. |
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Im Laufe des Jahres fällt im Mittel rund 800 mm Niederschlag, auf den Inseln weniger. Ostfriesland liegt damit über dem bundesdeutschen Durchschnittswert von rund 700 mm. Der meiste Niederschlag fällt im Landesinneren in den Sommermonaten, vor allem im Juni und Juli. Auf den Inseln sind die Herbstmonate die niederschlagsreichsten. Die Zahl der Nebeltage mit Sichtweiten von weniger als einem Kilometer ist deutlich überdurchschnittlich: 35 Tage auf den Inseln, 45 Tage auf dem Festland. Sehr nebelintensiv sind die Hochmoorgegenden. Die Zahl der Schneetage im Jahr liegt zumeist im einstelligen Bereich. Trotz des überdurchschnittlichen Niederschlags und des überdurchschnittlich oft auftretenden Nebels ist Ostfriesland relativ bewölkungsarm und sonnenreich. <ref name="rack">Rack, a. a. O., S. 32</ref> Die Sonnenscheindauer liegt mit rund 1500 bis 1600 Stunden etwa im Mittel für den nordwestdeutschen Raum, die Inseln liegen noch darüber.<ref name="rack" /> |
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In Ostfriesland weht der Wind stärker und häufiger als im bundesdeutschen Durchschnitt. Zumeist kommt er aus westlichen Richtungen. Die mittlere Windgeschwindigkeit liegt auf dem Festland bei 5,5 bis 6 m/sec, auf den Inseln sogar bei bei 7,5 bis 8 m/sec. Sturm (Windgeschwindigkeit von mehr als 20 m/sec) tritt überdurchschnittlich häufig auf: Auf den Inseln an 30, auf dem Festland an 22 Tagen im Jahr.<ref name="rack" /> An der Küste und auf den Inseln herrscht im Winterhalbjahr bei solchen Wetterlagen [[Sturmflut]]gefahr, besonders bei Winden aus Nordwest. Diese ist besonders groß, wenn zur Sturmlage auch die [[Springtide]] hinzukommt, die das Wasser ohnehin höher auflaufen lässt. |
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Die geringen Temperaturunterschiede, der stetige Wind sowie eine salz-, ozon- und jodreiche Luft von hoher Reinheit und Feuchte bilden das [[Reizklima]], das Heilwirkungen hervorrufen kann. Hinzu kommen eine erhöhte Ultraviolett-Strahlung <ref name="rack" /> und - auf den Inseln - die überdurchschnittliche Sonnenscheindauer. |
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Klimatabellen (langjähriges Mittel 1961-1990) von Aurich und Norderney zum Vergleich: |
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{{Klimatabelle |
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| DIAGRAMM TEMPERATUR = deaktiviert |
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| DIAGRAMM NIEDERSCHLAG = deaktiviert |
|||
| QUELLE = [http://www.dwd.de/bvbw/appmanager/bvbw/dwdwwwDesktop/?_nfpb=true&_pageLabel=dwdwww_start&T3200039671164966383319gsbDocumentPath=Navigation%2FOeffentlichkeit%2FKlima__Umwelt%2FKlimadatenzentren%2FNKDZ%2Fkldaten__akt%2Fausgabe__mittelwerte__node.html__nnn%3Dtrue Deutscher Wetterdienst] |
|||
| Ort = Aurich |
|||
| avjan = 1.0 |
|||
| avfeb = 1.3 |
|||
| avmär = 3.7 |
|||
| avapr = 6.9 |
|||
| avmai = 11.5 |
|||
| avjun = 14.6 |
|||
| avjul = 16.0 |
|||
| avaug = 15.9 |
|||
| avsep = 13.2 |
|||
| avokt = 9.6 |
|||
| avnov = 5.2 |
|||
| avdez = 2.2 |
|||
| nbjan = 66.6 |
|||
| nbfeb = 43.1 |
|||
| nbmär = 57.9 |
|||
| nbapr = 48.2 |
|||
| nbmai = 57.8 |
|||
| nbjun = 83.8 |
|||
| nbjul = 82.1 |
|||
| nbaug = 78.6 |
|||
| nbsep = 76.6 |
|||
| nbokt = 76.2 |
|||
| nbnov = 84.4 |
|||
| nbdez = 74.3 |
|||
| shjan = 1.11 |
|||
| shfeb = 2.16 |
|||
| shmär = 3.19 |
|||
| shapr = 5.19 |
|||
| shmai = 6.36 |
|||
| shjun = 6.37 |
|||
| shjul = 6.03 |
|||
| shaug = 6.15 |
|||
| shsep = 4.02 |
|||
| shokt = 2.55 |
|||
| shnov = 1.33 |
|||
| shdez = 0.55 |
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| rdjan = |
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| rdfeb = |
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| rdmär = |
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| rdapr = |
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| rdmai = |
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| rdjun = |
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| rdjul = |
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| rdaug = |
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| rdsep = |
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| rdokt = |
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| rdnov = |
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| rddez = |
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}} |
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{{Klimatabelle |
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| DIAGRAMM TEMPERATUR = deaktiviert |
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| DIAGRAMM NIEDERSCHLAG = deaktiviert |
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| QUELLE = [http://www.dwd.de/bvbw/appmanager/bvbw/dwdwwwDesktop/?_nfpb=true&_pageLabel=dwdwww_start&T3200039671164966383319gsbDocumentPath=Navigation%2FOeffentlichkeit%2FKlima__Umwelt%2FKlimadatenzentren%2FNKDZ%2Fkldaten__akt%2Fausgabe__mittelwerte__node.html__nnn%3Dtrue Deutscher Wetterdienst] |
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| Ort = Norderney |
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| avjan = 1.6 |
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| avfeb = 1.8 |
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| avmär = 4.0 |
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| avapr = 6.9 |
|||
| avmai = 11.2 |
|||
| avjun = 14.4 |
|||
| avjul = 16.3 |
|||
| avaug = 16.8 |
|||
| avsep = 14.5 |
|||
| avokt = 10.8 |
|||
| avnov = 6.3 |
|||
| avdez = 3.2 |
|||
| nbjan = 60.0 |
|||
| nbfeb = 40.7 |
|||
| nbmär = 52.8 |
|||
| nbapr = 41.2 |
|||
| nbmai = 48.7 |
|||
| nbjun = 62.7 |
|||
| nbjul = 76.0 |
|||
| nbaug = 72.8 |
|||
| nbsep = 72.2 |
|||
| nbokt = 80.2 |
|||
| nbnov = 87.6 |
|||
| nbdez = 74.5 |
|||
| shjan = 1.28 |
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| shfeb = 2.42 |
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| shmär = 3.52 |
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| shapr = 5.49 |
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| shmai = 7.17 |
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| shjun = 7.27 |
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| shjul = 6.46 |
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| shaug = 6.44 |
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| shsep = 4.51 |
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| shokt = 3.17 |
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| shnov = 1.51 |
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| shdez = 1.13 |
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| rdjan = |
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| rdfeb = |
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| rdmär = |
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| rdapr = |
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| rdmai = |
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| rdjun = |
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| rdjul = |
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| rdaug = |
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| rdsep = |
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| rdokt = |
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| rdnov = |
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| rddez = |
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=== Flora und Fauna === |
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An den Stränden der Inseln und der Küste werden [[Blasentang|Tang]] und [[Gewöhnliches Seegras|Seegras]] angespült. In den Dünen der Inseln sind viele Arten von [[Strandpflanze]]n vorhanden. Zu den typischen Vertretern gehören [[Pionierpflanze]]n wie der [[Strandhafer]] auf Weißdünen sowie [[Sanddorn]] auf Braundünen. Auf letzteren breitet sich oft auch großflächig die [[Krähenbeere]] aus. |
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Im [[Wattenmeer (Nordsee)|Watt]] gibt es eine außerordentliche Zahl an endemischen Pflanzen. Auf den höher gelegenen und bei Ebbe länger trocken fallenden Abschnitten siedelt sich als Pionierpflanze beispielsweise der [[Queller]] an. |
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[[Bild:Lesser Black-backed Gull 3.jpg|thumb|Heringsmöwe]] |
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[[Bild:Holstein-Rind.jpg|thumb|Holstein Friesian]] |
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[[Bild:Kinderzahl je Frau (2003) bezogen auf Landkreise (2007-07).png|thumb|Zusammengefasste Fruchtbarkeitsziffern in Deutschland nach Landkreisen im Jahr 2003. Die drei ostfriesischen Landkreise (in der Grafik oben links) liegen noch über dem Durchschnitt, in etwas schwächerer Form auch noch die Stadt Emden. Legende - grün: mehr als 1,7; gelb: 1,51 bis 1,7; orange: 1,41 bis 1,5; rosa: 1,31 bis 1,4; rot: 1,3 und weniger]] |
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Die Inseln sind - abgesehen von den Vögeln - relativ artenarm. An Säugetieren sind nur [[Wanderratte]], [[Igel]] und die sehr zahlreichen [[Kaninchen]] zu nennen.<ref>Rack, a. a. O., S. 42</ref> Im 19. Jahrhundert wurden [[Feldhase|Hase]]n, [[Rebhuhn (Art)|Rebhühner]] und [[Fasan]]e ausgesetzt. Lediglich der Hase hat sich aber den Insel-Bedingungen gut anpassen können. |
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Im Wattenmeer - und hier besonders auf [[Sandbank|Sandbänken]] - ist der [[Seehund]] anzutreffen. Das Watt bietet auch einer Vielzahl von Vogelarten Nahrung - in Form von [[Krebstiere|Krebsen]], [[Muscheln]], [[Schnecken]] und [[Würmer]]n wie dem [[Pierwurm|Sandpier]]. Die Küste ist ausgesprochen vogelreich und ein wichtiges Durchzugsgebiet von europäischer Bedeutung für Wandervögel. Anzutreffen sind unter anderem [[Regenpfeiferartige|Watvögel]], [[Gänse]], [[Entenvögel|Enten]] und [[Möwen]]. Die Insel Memmert ist mit rund 12.000 Brutpaaren der [[Silbermöwe]]n die größte Kolonie dieser Art in Deutschland <ref>ebd.</ref> und auch der einzige bekannte Brutplatz für die Englische [[Heringsmöwe]] in Deutschland. Auch [[Kormoran (Art)|Kormorane]] gibt es dort in größerer Zahl. |
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Die Marsch ist - ebenso wie die Niederungsflächen am Rande der Geest - aufgrund der Eingriffe des Menschen in die Natur und der intensiven landwirtschaftlichen Nutzung relativ artenarm. Es finden sich Hasen und Fasane, [[Feldmaus|Feldmäuse]] und - in großer Zahl - [[Europäischer Maulwurf|Maulwürfe]]. In der Marsch ist unter den Entenarten die [[Stockente]] verbreitet. An den Binnengewässern finden sich auch weitere Entenarten, Gänse, [[Reiher]] und [[Schwäne]]. Zu den in den Binnengewässern vorkommenden Fischarten zählen [[Europäischer Aal|Aal]], [[Hecht]], [[Echte Barsche (Familie)|Barsch]], [[Zander]] und [[Karpfen]].<ref>Rack, a. a. O., S. 43</ref> |
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Die Geest ist deutlich artenreicher als die Marsch. Zwischen Äckern und Grünlandflächen finden sich die Wallhecken, die günstigere Lebensbedingungen bietet als die Marsch. Dort sind viele Kleinvogelarten anzutreffen, aber auch Rebhuhn und [[Wachtel (Art)|Wachtel]]. Das Hochmoor hingegen dient nur wenigen Vogelarten als Lebensraum. Eine Ausnahme bildet das [[Birkhuhn]]. Dafür gibt es in den Hochmooren [[Moorfrosch|Moorfrösche]], [[Echte Eidechsen|Eidechsen]] und [[Kreuzotter]]n. In den wenigen Wäldern Ostfrieslands ist auch [[Damwild]] und [[Schwarzwild]] anzutreffen. |
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Ostfriesland hat als landwirtschaftlich geprägte Region einige eigenständige Nutztierrassen hervorgebracht. Hervorzuheben sind dabei das [[Alt-Oldenburger|Ostfriesenpferd]], das [[Ostfriesisches Milchschaf|Ostfriesische Milchschaf]], das mittlerweile nur noch in wenigen reinen Exemplaren vertretene schwarzbunte Rind und die [[Emdener Gans|Emder Gans]] sowie die Hühnerrasse [[Ostfriesische Möve|Ostfriesische Möven]] in verschiedenen Farbschlägen. Das zum Typ des Niederungsviehs gehörende [[Deutsche Schwarzbunte alter Zuchtrichtung|schwarzbunte Rind]] gehört zu den bedrohten alten Rassen. Es wurde seit langem durch Hochleistungszuchten wie die [[Holstein Friesian]], eine in den USA entstandene Hybridrasse, verdrängt. |
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=== Einwohner === |
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Siehe auch: ''[[Liste der Städte und Gemeinden in Ostfriesland]]'' |
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In Ostfriesland leben etwa 465.000 Menschen auf 3.144,26 Quadratkilometern. Daraus ergibt sich eine [[Bevölkerungsdichte|Einwohnerdichte]] von rund 148 Einwohnern pro km². Damit liegt Ostfriesland deutlich unter dem Bundesdurchschnitt von 230 Ew/km² und auch noch unter dem Durchschnitt des Landes Niedersachsen (168 Ew/km²). |
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Die größten Städte Ostfrieslands sind Emden (51.742 Einwohner), Aurich (40.651), Leer (34.128), Norden (25.147) und Wittmund (21.465). Die fünf Mittelstädte verteilen sich über die Region, lediglich Aurich und Wittmund haben eine gemeinsame Grenze - dies allerdings bedingt durch sehr umfangreiche Eingemeindungen bei der Kommunalrefom 1972. Die am dichtesten besiedelte dieser Städte ist Leer, da sie sich auf lediglich gut 70 km² erstreckt. Die kleinste Gemeinde Ostfrieslands ist die Insel Baltrum mit 479 Einwohnern. |
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Zur Einwohnerzahl Ostfrieslands in gräflicher bzw. fürstlicher Zeit liegen keine Daten vor. Erst mit dem Einzug der Preußen wurden ab 1750 Listen geführt. Für das Jahr 1744 variieren die Schätzungen zwischen 80.000 und 100.000 Einwohnern. |
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Ostfriesland hat zwar bis heute eine im Bundesvergleich überdurchschnittliche [[Geburtenrate]]. Sie lag 2003 in den Landkreisen Aurich und Leer bei 1,6 Geburten pro Frau im gebärfähigen Alter. <ref> Vgl. [http://www1.ndr.de/nachrichten/niedersachsen/nds1544.html diese] Kurzmeldung des NDR.</ref> Im Landkreis Wittmund lag sie sogar noch etwas höher. <ref>Grafik auf der Homepage des [http://www.berlin-institut.org/fileadmin/user_upload/Studien/Demografische_Lage_dt_Kurzfassung_Webversion.pdf Berlin-Instituts für Bevölkerung und Entwicklung], pdf-Datei</ref> Der Bundesdurchschnitt lag 2003 (Jahr der Untersuchung) bei 1,37. Allerdings reichen die Geburtenzahlen - wie im übrigen Bundesgebiet - nicht aus, um den Bevölkerungsstand zu halten: Sie liegen unterhalb der [[Zusammengefasste Fruchtbarkeitsziffer|Nettoreproduktionsrate]]. |
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Zuwanderung gleicht allerdings das [[Geburtendefizit]] wieder aus. Dabei handelte es sich in den 1990ern oftmals um Zuwanderer aus den neuen Bundesländern sowie Spätaussiedler aus Osteuropa. Allerdings spielen auch Ruheständler aus anderen Teilen Deutschlands, die in Ostfriesland ihren Lebensabend verbringen wollen, eine wichtige Rolle bei der Zuwanderung. Dies verstärkt allerdings noch - über den ohnehin erwartbaren [[Demografischer Wandel|demografischen Wandel]] hinaus - die Überalterung. |
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! style="background:#BBBBBB;" | Jahr |
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! style="background:#BBBBBB;" | Einwohner |
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| 1823 || align="right" | 142.114 |
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| 1833 || align="right" | 153.671 |
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| 1842 || align="right" | 167.469 |
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| 1867 || align="right" | 193.876 |
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| 1871 || align="right" | 193.044 |
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| 1885 || align="right" | 211.825 |
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| 1895 || align="right" | 228.040 |
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| 1905 || align="right" | 251.666 |
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| 1925 || align="right" | 290.517 |
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{| class="prettytable" |
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! style="background:#BBBBBB;" | Jahr |
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! style="background:#BBBBBB;" | Einwohner<ref>Industrie und Handelskammer für Ostfriesland und Papenburg: ''Tabelle A 2- Bevölkerungsentwicklung in Ostfriesland und Papenburg''</ref> |
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| 1939 || align="right" | 295.687 |
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| 1948 || align="right" | 390.334 |
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| 1950 || align="right" | 391.570 |
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| 1960 || align="right" | 359.175 |
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| 1970 || align="right" | 402.094 |
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| 1980 || align="right" | 412.079 |
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| 1990 || align="right" | 415.261 |
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| 2000 || align="right" | 454.808 |
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| 2007 || align="right" | 465.170 |
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== Geschichte == |
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Hauptartikel: ''[[Geschichte Ostfrieslands]]'' |
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=== Frühgeschichte und Besiedlung === |
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[[bild:Butterbrodkaese.jpg|thumb|[[Großsteingrab Tannenhausen]]]] |
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Früheste Siedlungsnachweise finden sich für jungpaläolithische Rentierjäger der [[Hamburger Kultur]]. Es folgen Nachweise mesolithischer Besiedlung und später neolithischer Siedlungen der [[Glockenbecherkultur]], der [[Megalithkultur]] und der [[Schnurkeramik]]er. |
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Für spätere Zeit ist die Siedlung germanischer Stämme aus dem Großverband der [[Ingwäonen]] nachgewiesen. Dies waren [[Chauken]] und [[Friesen]]. Während ursprünglich Chauken das Gebiet zwischen Ems und [[Weser]] bewohnten, begannen etwa um die Zeitenwende Friesen in diesen Raum vorzudringen. Die Chauken wurden von diesen teils verdrängt, teils in deren Stammesverband aufgesogen. Seit dem zweiten nachchristlichen Jahrhundert werden die Chauken nicht mehr erwähnt. Von der Landseite her drängten derweil sächsische Stämme in die [[Geest]]gebiete vor. Die späteren [[Ostfriesen]] gingen aus der Mischung dieser Bevölkerungsgruppen hervor. |
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Im frühen Mittelalter war eine Besiedlung nur in höher gelegenen [[Geest]]gebieten und auf so genannten [[Warft]]en im regelmäßig von der Nordsee überfluteten [[Marsch (Schwemmland)|Marschland]] möglich. |
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Erst der [[Deich]]bau (ab ca. 1000 n. Chr.) ermöglichte es den Friesen die gesamte Marsch zu besiedeln, woraus der Sinnspruch entstand ''„Gott schuf das Meer, der Friese die Deiche“''. |
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[[Bild:Germanen_50_n._Chr.png|thumb|right|Karte der germanischen Stämme um 50 n. Chr. (ohne Skandinavien)]] |
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Nach der nur archäologisch zu erhellenden Vorgeschichte erschließt sich die Frühgeschichte Ostfrieslands teils über die Archäologie, teils über fremde, etwa römische Quellen. Die Berichte von [[Plinius der Ältere|Plinius]], [[Gaius Cornelius Tacitus|Tacitus]] und [[Strabon]] sind, obwohl ihre Aussagen über Zahl, Verteilung und Form der Siedlungen recht allgemeiner Natur sind, insofern wichtig, als sie davon Kunde geben, dass die deutsche [[Nordsee]]küste schon in der Zeit um Christi Geburt bewohnt war. Plinius berichtet von den [[Chauken]], die unter primitiven Verhältnissen im Wattgebiet zwischen [[Elbe|Unterelbe]] und Unterems lebten.<ref>Plinius: ''Naturalis historia XVI 1, 2-4''</ref> In dieses Gebiet drangen wahrscheinlich während der Völkerwanderung von Osten die [[Sachsen (Volk)|Sachsen]] und von Westen die [[Friesen]] ein und nahmen das Küstengebiet in dauernden Besitz. |
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=== Frühkarolingische und karolingische Zeit === |
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Klarer lässt sich die Geschichte Ostfrieslands erst ab der frühkarolingischen Zeit nachweisen. Damals existierte ein friesisches Großreich, das weite Teile des heutigen [[Westfriesland]], Ostfriesland und Gebiete bis zur [[Weser]] umschloss und von Königen beherrscht wurde, deren Namen teilweise überliefert sind. Einer dieser Großfriesischen Könige ist [[Radbod (Friesland)|Radbod]], um den sich viele ostfriesische [[Sage]]n und Erzählungen ranken. An vielen Orten wird er durch Straßennamen geehrt. |
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[[Bild:Upstalsboommeyer.jpg|thumb|right|Upstalsboom, älteste bekannte Ansicht von C. B. Meyer (1790)]] |
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Das Großfriesische Reich war nur von relativ kurzem Bestand und fiel mit der Unterwerfung des östlichen [[Friesland]] durch [[Karl der Große|Karl den Großen]] im Jahre 785 an die [[Fränkisches Reich|Franken]]. |
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Unter Karl dem Großen wurde Ostfriesland in zwei Grafschaften geteilt. Zu dieser Zeit setzte die [[Christianisierung]] durch die Missionare [[Liudger]] und [[Willehad]] ein. Ostfriesland wurde zu einem Teil dem [[Bistum Bremen]], zum anderen dem [[Bistum Münster]] zugeschlagen. |
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Mit dem Verfall des Karolingerreiches löste sich Ostfriesland aus den früheren Bindungen. Es entstand ein Verbund selbstständiger, selbst verwalteter Bezirke, die jeweils jährlich als ihre Vertreter so genannte „Redjeven“ (Rechtsprecher, Ratsmänner) wählten, die sowohl die Gerichtsbarkeit ausübten als auch die Verwaltung und Organisation ihrer Bezirke regelten. |
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So blieb der im Mittelalter in Europa verbreitete [[Feudalismus]] in Ostfriesland unbekannt. Vielmehr verstanden sich die Friesen als freie Menschen, die keiner Obrigkeit verpflichtet waren. |
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Alljährlich versammelten sich während dieser Zeit, der so genannten [[Friesische Freiheit|Friesischen Freiheit]], die vom 12. bis ins 14. Jahrhundert währte, Abgesandte der sieben friesischen Seelande am [[Upstalsboom]] nahe [[Aurich]], um dort Recht zu sprechen und politische Entscheidungen von überregionaler Bedeutung zu treffen. Die Zahl sieben ist hierbei lediglich symbolisch, tatsächlich waren es Abgesandte aus mehr Landstrichen. |
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=== Ostfriesische Häuptlinge === |
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Hauptartikel: ''[[Ostfriesische Häuptlinge]]'' |
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[[Bild:Ostfriesland_um_1300.png|thumb|Ostfriesland zur Zeit der Häuptlinge]] |
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[[Bild:Friesische Seelande um 1300.png|thumb|Friesische Seelande um 1300]] |
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Im Verlauf des 14. Jahrhunderts zerfiel die Redjeven-Verfassung zusehends und weitere Ereignisse wie z. B. der Ausbruch der Pest und große Sturmflutkatastrophen sorgten für weitere Destabilisierung der Verhältnisse. Diese Situation machten sich einige einflussreiche Familien zu Nutze und schufen ein Herrschaftssystem, indem sie als ''Häuptlinge'' (hovedlinge) die Macht über mehr oder weniger weite Gebiete an sich rissen<ref>SCHMIDT, Heinrich: ''Das östliche Friesland um 1400. Territorialpolitische Strukturen und Bewegungen'', in: EHBRECHT, Wilfried (Hg.): ''Störtebeker – 600 Jahre nach seinem Tod, Trier 2005'', S. 87.</ref>. Dabei etablierten sie weiterhin kein Feudalsystem, wie es im übrigen Europa zu finden war, sondern eher ein Gefolgschaftssystem, das älteren Herrschaftsformen germanischer Kulturen im Norden ähnelte, indem die Bewohner der jeweiligen Machtbereiche zwar in einem Abhängigkeitsverhältnis zum Häuptling standen, diesem verschiedentlich verpflichtet waren, im Übrigen ihre Freiheit behielten und sich auch anderweitig niederlassen konnten. |
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Es folgte eine Zeit, geprägt vom ständigen Streit der Häuptlingssippen um Machtbereiche, Einfluss und Vorherrschaft, die erst endete, nachdem um 1430 Edzard Cirksena sich als Anführer eines [[Freiheitsbund der Sieben Ostfrieslande|Bundes der Freiheit]] durchgesetzt hatte. [[Ulrich I. (Ostfriesland)|Ulrich Cirksena]], ein Angehöriger eines der letzten einflussreichen Häuptlingsgeschlechter, wurde 1464 von Kaiser [[Friedrich III. (HRR)|Friedrich III.]] in den Reichsgrafenstand erhoben und mit Ostfriesland als Reichsgrafschaft belehnt. Es gehörte zum [[Niederrheinisch-Westfälischer Reichskreis|Niederrheinisch-Westfälischen Reichskreis]]. |
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=== Ostfriesland unter den Cirksena (1464 - 1744) === |
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[[Bild:Frisiae-edited.jpg|thumb|Ostfriesland um 1600, gezeichnet von [[Ubbo Emmius]]]] |
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Unter der Herrschaft des 1662 in den erblichen Fürstenstand erhobenen [[Liste der Grafen und Fürsten von Ostfriesland|Hauses Cirksena]] entwickelte sich Ostfriesland gesellschaftlich und wirtschaftlich vorteilhaft. Die größte Ausdehnung erreichte die Grafschaft unter [[Edzard I. (Ostfriesland)|Edzard dem Großen]], dem bedeutendsten Cirksena-Herrscher, unter dessen Herrschaft auch die Ausbreitung der [[Reformation]] in Ostfriesland begann und das [[Ostfriesisches Landrecht|Ostfriesische Landrecht]] konzipiert wurde. In dieser Zeit (1547–1625) lebte auch [[Ubbo Emmius]], der bedeutende ostfriesische [[Humanist]], [[Historiker]] und Gründungs[[rektor]] der [[Universität Groningen]]. Die Grafen konnten in Ostfriesland allerdings keine starke Adelsherrschaft wie in den anderen Staaten des Reiches durchsetzen, da die friesischen Stände ihre Freiheitsrechte weitgehend zu wahren und verteidigen wussten. |
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Während des [[Dreißigjähriger Krieg|Dreißigjährigen Krieges]] litt Ostfriesland große Not unter der Heimsuchung durch die Truppen des Grafen von [[Peter Ernst II. von Mansfeld|Mansfeld]]. Die einzige Ausnahme bildete Emden, da der kurz zuvor fertig gestellte [[Emder Wall]] die Stadt vor der Einnahme durch fremde Truppen schützte. Die Stadt erlebte zwischen 1570 und dem Ende des Dreißigjährigen Krieges ihre größte Blütezeit und wurde einer der wichtigsten europäischen Hafen- und Reedereistandorte. Dies war in erster Linie der großen Zahl niederländischer Glaubensflüchtlinge geschuldet, die sich in der Seehafenstadt niederließen. Emder Kaufleute gründeten 1633 die erste Fehnsiedlung Ostfrieslands, (West-)Großefehn. <ref>Siegfried Lüderitz: Westgroßefehn, in: Arbeitsgruppe der Ortschronisten der Ostfriesischen Landschaft, [http://www.ostfriesischelandschaft.de/ortschronisten/Ortsartikel/HOO_WESTGROSSEFEHN-1_LUEDERITZ_A_P.pdf pdf-Datei]</ref> |
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Nachdem die Ordnung nach dem Dreißigjährigen Krieg wieder hergestellt war, kam es zu einer unvergleichlichen Machtentfaltung der ostfriesischen Stände, die sich damit weitgehend unabhängig vom jeweiligen Landesherrn machten. Dies führte zu vielen Streitfällen, aber der Versuch, die landesherrliche Macht wiederherzustellen, schlug fehl. Aus der damaligen Vertretung der ostfriesischen Stände ging später die [[Ostfriesische Landschaft]] hervor, die noch heute deren Wappen führt, sich inzwischen aber von einer politischen Institution zu einer Einrichtung der Kulturpflege gewandelt hat. |
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Das Fürstentum Ostfriesland kam in jener Zeit unter Einfluss der Niederlande und lehnte sich politisch, kulturell und wirtschaftlich eng an diese an. De facto wurde es ein Satellit der Niederlande, die an zentralen Orten Truppen stationierten, darunter in Leerort bei [[Leer (Ostfriesland)|Leer]] und Emden. |
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[[Bild:Georgalbrecht.jpg|thumb|130px|Georg Albrecht]] |
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1726/27 kam es zum so genannten [[Appell-Krieg]], der sich in einem erneuten Konflikt zwischen dem Fürsten [[Georg Albrecht (Ostfriesland)|Georg Albrecht]] und einem Teil der Stände äußerte, die sich in gehorsame und renitente Stände aufspalteten. Der Fürst ging als Sieger aus diesem Konflikt hervor. Selbst die an der Spitze der renitenten Stände stehende Stadt Emden unterwarf sich. Durch das schlechte Verhandlungsgeschick des Kanzlers von Georg Albrecht, [[Enno Rudolph Brenneysen]], kam es in der Folge jedoch nicht zu einer friedlichen Einigung der an dem Konflikt beteiligten Parteien. Obwohl Kanzler und Fürst eine strenge Bestrafung der Renitenten forderten, wurden diese 1732 vom Kaiser amnestiert. Als Fürst Georg Albrecht am 11. Juni 1734 starb, übernahm [[Carl Edzard (Ostfriesland)|Carl Edzard]] im Alter von 18 Jahren die Amtsgeschäfte als letzter noch lebender Nachkomme von Georg Albrecht. Auch er konnte die Konflikte mit den Ständen nicht lösen. |
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Zu dieser Zeit wurden die Weichen für die Machtübernahme [[Preußen]]s in Ostfriesland gestellt. Eine bedeutende Stellung hierbei nahm die Stadt Emden ein, die nach dem Appell-Krieg politisch isoliert und wirtschaftlich stark geschwächt war. Ziel der Emder Stadtspitze war es, Emden die Stellung als „ständische Hauptstadt“ und Handelsmetropole zurückzugeben. Ab 1740 setzte sich in Emden die Meinung durch, dass dieses Ziel mit preußischer Hilfe erreicht werden könnte. Dazu sollte ein Vertragswerk geschaffen werden, das die preußische Anwartschaft in Ostfriesland anerkannte. Die wirtschaftliche Position Emdens sollte durch vertraglich festgelegte Schutzmaßnahmen und Förderungen gestützt und die bestehenden Privilegien (etwa das [[Stapelrecht]]) der Stadt bestätigt werden. Die Verhandlungen auf preußischer Seite führte der Direktorialrat im niederrheinisch-westfälischen Reichskreis, [[Sebastian Anton Homfeld]], der am 8. November 1740 einen ersten Entwurf über die Verfahrensweise beim Eintreten des Erbfalls vorlegte.<ref>Thorsten Melchers: ''Ostfriesland: Preußens atypische Provinz? preußische Integrationspolitik im 18. Jahrhundert'' 2002. - 668 S. - Oldenburg, Univ., Diss., 2002, Seite 168, Verfügbar auch [http://docserver.bis.uni-oldenburg.de/publikationen/dissertation/2002/melost02/melost02.html zum Download</ref> |
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Homfeld galt als einer der führenden Vertreter der renitenten Stände. Nach anfänglichen Schwierigkeiten kam es darauf aufbauend am 14. März 1744 zum Abschluss von zwei Verträgen, die zusammenfassend als [[Emder Konvention]] bezeichnet werden. Zum einen war dies die Königliche Special-Declarations- und Versicherungsakte, zu anderen die Agitations- und Konventionsakte, in der vornehmlich wirtschaftliche Regelungen getroffen wurden. Des weiteren stütze sich Preußen auf das von [[Kaiser]] [[Leopold I. (HRR)|Leopold I.]] 1694 ausgestellte Expektanz, das das Recht auf Belehnung des Fürstentums Ostfriesland für den Fall fehlender männlicher Erben sicherstellte. Trotz des Widerstands des Königreichs Hannover sollte sich Preußen im Bemühen um Ostfriesland durchsetzen. |
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=== Von der ersten zur zweiten preußischen Herrschaft (1744 - 1918) === |
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[[Bild:IhlowerfehnKanal.jpg|thumb|Fehnkanal in [[Ihlowerfehn]]. Der Ort entstand ab 1780.]] |
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Als am 25. Mai 1744 [[Carl Edzard (Ostfriesland)|Carl Edzard]], der letzte [[Liste der Grafen und Fürsten von Ostfriesland|ostfriesische Fürst]] aus dem Hause Cirksena, starb, machte König [[Friedrich II. (Preußen)|Friedrich II.]] von Preußen sein Nachfolgerecht geltend, welches in der [[Emder Konvention]] geregelt war. Er ließ Ostfriesland von Emden ausgehend ohne Widerstand besetzen, worauf am 23. Juni das Land der preußischen Krone huldigte. Die alte Landeshauptstadt Aurich blieb Sitz der Landesbehörden, erhielt eine [[Kriegs- und Domänenkammer]] und wurde Regierungshauptstadt der Preußischen Provinz Ostfriesland. Unmittelbar nach dem Machtantritt der Preußen begann der Ausverkauf des Fürstlichen Mobiliars in Aurich. Das gesamte Inventar des Schlosses, darunter die ostfriesische Fürstenbibliothek, wurde in mehreren Auktionen versteigert, so das davon heute kaum noch etwas erhalten ist.<ref>[http://www.google.de/url?sa=t&ct=res&cd=1&url=http%3A%2F%2Fwww.bibliothek-saur.de%2F1997_1%2F64-67.pdf&ei=r145SIDsGai2-gKWqeWuCg&usg=AFQjCNHsigYcrbjwj2IYQiyje8hLrX7r5w&sig2=_NvFjSMxNAYRjsZxfWg-lQ Martin Tielke: ''Die neue Bibliothek der Ostfriesischen Landschaft in Aurich'']</ref> |
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Die nun folgende Zeit preußischer Herrschaft brachte für Ostfriesland einen erheblichen wirtschaftlichen Aufschwung, verstärkte Öffnung nach außen und vielerlei Neuerungen. So profitierte die Stadt Emden etwa von der Einrichtung eines [[Freihafen]]s im Jahr 1751. <ref>http://www.zoll.de/b0_zoll_und_steuern/a0_zoelle/j1_freizonen_und_freilager/f0_emden/index.html</ref> Der [[Emder Hafen]] ist damit einer der ältesten Freihäfen Mitteleuropas. In diese Zeit fällt auch der Beginn der ausgedehnten und geplanten [[Moorkolonisierung]] und die Gründung vieler neuer [[Fehnsiedlungen]], beginnend mit dem [[Urbarmachungsedikt]] von 1765. Preußen erkannte die selbständige Stellung Ostfrieslands innerhalb des preußischen Staates an und setzte einen weitgehend autonom regierenden ostfriesischen Kanzler ein. Der erste Kanzler war der oben schon genannte, äußerst einflussreiche Sebastian Anton Homfeld aus einer rheiderländischen Honoratiorenfamilie, dem Gerüchte die Vergiftung des letzten ostfriesischen Fürsten zuschreiben. |
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Nach der [[Schlacht bei Jena und Auerstedt]] wurde Ostfriesland in das [[Königreich Holland]] und damit in den französischen Machtbereich eingegliedert. 1810 kam es als Departement „[[Ems-Oriental]]e“ („Osterems“) unmittelbar zum französischen Kaiserreich. Das westliche Ostfriesland (Rheiderland) wurde aufgrund alter niederländischer Ansprüche aus Ostfriesland ausgegliedert und dem niederländischen Departement „[[Ems-Occidental]]“ mit der Hauptstadt [[Groningen]] zugeschlagen. Frankreich brachte moderne Rechtsvorstellungen nach Ostfriesland und unternahm die ersten bedeutenden Schritte zu einem umfassenden Umbau des alten ostfriesischen Gesellschaftssystems. Auf Anordnung Napoleons mussten die Ostfriesen 1811 die bisher unbekannten Familiennamen annehmen und ihr bisheriges kompliziertes System der [[patronym]]ischen Namensvererbung aufgeben - dies setzte sich aber erst Mitte des 19. Jahrhunderts durch. Es wurden auch erstmals Bürgermeister in den Dörfern eingeführt. Die ostfriesischen Dorfgesellschaften kannten bis dahin keine zentrale Verwaltungsstelle, da die Verantwortung auf die Olderlinge, Deichgrafen und andere lokale Honoratioren gleichmäßig verteilt war. Außerdem wurde der [[Code Civil]] eingeführt. Es wurden zur Durchsetzung der [[Kontinentalsperre]] außerdem zahlreiche französische Zollbeamte in Ostfriesland eingesetzt, deren Nachkommen teils noch immer in Ostfriesland leben. Einige Ostfriesen wurden in dieser wirtschaftlich schwierigen Zeit durch den England-Schmuggel wohlhabend, unter anderem mit [[Tee]]. |
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Nach der Niederlage [[Napoléon Bonaparte|Napoleons]] und des Zusammenbruchs seiner Herrschaft, kam es in den Jahren 1813 bis 1815 erneut zum Einzug [[Preußen]]s in Ostfriesland. Ostfriesische Soldaten nahmen während dieser Zeit an den Schlachten von [[Schlacht bei Ligny|Ligny]] und [[Schlacht bei Waterloo|Belle-Alliance]] (Waterloo) teil. Die Hoffnungen Ostfrieslands, preußisch zu bleiben, wurden jedoch mit dem [[Wiener Kongress]] 1814/15 enttäuscht. Nach dem Abtreten Napoleons sollte in [[Wien]] eine neue territoriale Ordnung [[Europa]]s begründet werden. Preußen erhielt einen Teil des Großherzogtums [[Warschau]] ([[Posen]]), zugesprochen. Außerdem erhielt Preußen noch [[Vorpommern]], [[Westfalen]] und die Rheinprovinz, musste Ostfriesland jedoch an das Königreich Hannover abtreten. Federführend hierbei war [[England]], das die Festsetzung Preußens an der Nordseeküste verhindern wollte. Dazu heißt es in Artikel 27 der Schlussakte des Wiener Kongresses: „Der König von Preußen tritt an den König von [[Vereinigtes Königreich von Großbritannien und Irland|Großbritannien]] und [[Königreich Hannover|Hannover]] das Fürstentum Ostfriesland ab unter den Bedingungen, die im Artikel 5 über die Emsschiffahrt und den Handel im Emder Hafen gegenseitig festgelegt sind. Die Stände des Fürstentums werden ihre Rechte und Privilegien behalten.“ Die dann folgende Zeit war geprägt von Stillstand und teilweisem Rückschritt. |
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[[Bild:ostfriesische nachrichten iowa.jpg|thumb|Auswandererzeitung ''Ostfriesische Nachrichten- Heimatblatt der Ostfriesen in Amerika'']] |
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Zur Verwaltung des neuen Gebietes wurde am 17. Juni 1817 eine ''Provinzialregierung'' mit Sitz in Aurich gebildet. 1823 wurde daraus die [[Drost|Landdrostei]] Aurich als Mittelbehörde des Königreichs, die ihren Sitz in der Stadt hatte.<ref name="hgis">[http://www.hgisg-ekompendium.ieg-mainz.de/Dokumentation_Datensaetze/Multimedia/Regierungsbezirke/Landdrostei_Aurich.pdf HGIS Germany: ''Landdrostei Aurich (1823–1865)'']</ref> Zu dieser Zeit leben etwa 142.114 Einwohner in Ostfriesland. Bis zum Ende der Hannoverschen Zeit erhöht sich die Einwohnerzahl um etwa 37 Prozent auf 194.033.<ref name="hgis" /> Dies führte zu einer Auswanderungswelle von Ostfriesen in die USA, die etwa um 1848/50 ihren ersten Höhepunkt erreichte. Ziele der Ostfriesen waren vor allem die Staaten [[Illinois]] und [[Iowa]], in denen es noch heute Regionen gibt, in denen Plattdeutsch gesprochen wird. Auffällig bei den Ostfriesischen Auswanderern war, dass sie bevorzugt mit Menschen zusammenzogen, mit denen sie schon in Ihren Heimatdörfern zusammengelebt haben. Von 1882 bis 1971 erschien in den USA die Zeitung ''[[Ostfriesische Nachrichten (USA)|Ostfriesische Nachrichten]]- Heimatblatt der Ostfriesen in Amerika''. |
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[[Bild:Kaiserbes1.jpg|thumb|Aufnahme vom Besuch Kaiser Wilhelm II. am 2. Juli 1902 zur Einweihung des neuen Emder Hafens]] |
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In Ostfriesland stieß es allgemein auf Beifall, als das Land mit der Annexion des Königreiches Hannover durch Preußen 1866 wieder preußisch wurde und sich daraus tatsächlich umgehend ein Entwicklungsschub ergab. Seitdem setzte sich in Ostfriesland die kulturelle Verbindung mit Deutschland („Duitsland“) endgültig durch, und auch die Verwendung der deutschen Sprache in der Schule wurde endgültig üblich (in manchen Gebieten zuvor noch Niederländisch und auch Ostfriesisches Platt). |
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Ostfriesland war nun Teil der preußischen Provinz Hannover. Aus der Landdrostei wurde der preußische Regierungsbezirk Aurich gebildet, wobei die Bezeichnung Landdrostei ebenso wie die Ämterstruktur noch bis 1885 erhalten blieben.<ref name="hgis" /> In jenem Jahr wurden die Landkreise Aurich, Emden (ohne Stadt Emden), Leer, Norden, Weener und Wittmund gebildet. Als kreisfreie Stadt kam Emden hinzu. |
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In den Jahren 1880 bis 1888 wurde der [[Ems-Jade-Kanal]] erbaut. Seine Entstehung verdankt er dem Wunsche Preußens, seinen als Exklave im damaligen [[Oldenburg (Land)|Großherzogtum Oldenburg]] gelegenen Kriegshafen [[Wilhelmshaven]] über den Wasserweg mit dem preußischen Ostfriesland zu verbinden, zu dem Wilhelmshaven politisch gehörte – und hier speziell mit dem [[Emder Hafen]]. |
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Wirtschaftlich blieben Ackerbau und Viehzucht, insbesondere die Rinderzucht dominierend. Aurich und Leer waren zu dieser Zeit bedeutende Viehhandelsplätze. Eine Industrialisierung fand hingegen nur sehr zögerlich statt. Bedeutung erlangten dabei die Werften in Leer und Emden. Hier lagen auch die Handelszentren des Regierungsbezirks. Bei der wirtschaftlichen Förderung konzentrierte sich der preußische Staat auf Emden. Die Stadt entwickelte sich infolgedessen zum Seehafen des Ruhrgebiets und bedeutenden Umschlagplatz für Massengüter wie Erze und Kohle. Einen Schub leistete dabei der 1899 fertiggestellte [[Dortmund-Ems-Kanal]].<ref>[http://webmap.geoinform.fh-mainz.de/hgisg/multi4/startTemplAll.php?gebiet=111 HGIS Germany: ''Regierungsbezirk Aurich'']</ref> 1913 wurde in der Stadt Große Seeschleuse eingeweiht. Mit einer Länge von 260 Metern galt sie zu diesem Zeitpunkt als eine der größten Seeschleusen der Welt. Mit dem Bau der Schleuse wurde auch ein neues Hafenbecken angelegt, der Neue Binnenhafen. Hier wurden vornehmlich Erze und Kohle umgeschlagen. Die Einfuhr im Emder Hafen steigerte sich so von 75.000 Tonnen im Jahr 1899 auf 1,5 Millionen Tonnen im Jahre 1913.<ref name="kurowski">[[Franz Kurowski]]: ''Das Volk am Meer – Die dramatische Geschichte der Friesen'', [[Türmer-Verlag]] 1984, ISBN 3-87829-082-9, S. 386 f</ref> |
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Dieser Entwicklung folgten die anderen Städte nur bedingt. Lediglich in Leer gab es ein bescheidendes Wachstum, nachdem der Hafen von 1901 bis 1903 modernisiert worden war. |
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Das rasante Bevölkerungswachstum in der Region setzte sich fort. Im Jahre 1905 lebten 251.666 Menschen in Ostfriesland, mithin etwa 30 Prozent mehr als zu Beginn der preußischen Herrschaft. |
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Um die Jahrhundertwende setzte ein Wirtschaftswachstum ein, das bis zum Beginn des [[Erster Weltkrieg|Ersten Weltkrieges]] anhielt.<ref name="kurowski" /> Wie im übrigen Reich wurde in Ostfriesland der Beginn des Krieges begeistert gefeiert. Viele junge Männer meldeten sich freiwillig zum Dienst. Das in Aurich stationierte ''Ostfriesische Infanterie-Regiment Nr. 78.'' wurde zunächst in Richtung Belgien geschickt und kam im Verlaufe des Krieges sowohl an der [[Westfront (Erster Weltkrieg)|Westfront]] als auch an der [[Ostfront (Erster Weltkrieg)|Ostfront]] zum Einsatz. Nach Ende des Krieges wurde es Mitte 1919 aufgelöst. |
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Einen Tag vor Abdankung des Kaisers wurde in Aurich und Emden am 8. November 1918 der erste Soldatenrat zur „Aufrechterhaltung der öffentlichen Ordnung“ gegründet. Wenig später folgten Leer, Norden, Esens, Wittmund und Dornum. Am 10. November 1918 wurde vor rund 100.000 begeisterten Demonstranten in Wilhelmshaven ''die Nordseestation und alle umliegenden Inseln und Marineteile sowie das dazugehörige ganze Oldenburger Land zur sozialistischen Republik Oldenburg/Ostfriesland'' ausgerufen.<ref>Martin Wein: ''Stadt wider Willen. Kommunale Entwicklung in Wilhelmshaven/Rüstringen 1853–1937.'' Tectum, Marburg 2006, S. 262</ref> Zum Präsidenten wurde [[Bernhard Kuhnt]] ernannt. Eine Episode, die jedoch ohne Folgen für Ostfriesland blieb. |
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In der ländlich, eher konservativ geprägten Bevölkerung Ostfrieslands konnten sich die Arbeiter- und Soldatenräte nicht etablieren, so lösten sie sich nach der Wahl zur [[Weimarer Nationalversammlung]] nach und nach auf.<ref>Herbert Reyer: ''Revolution und demokratischer Neubeginn in der Stadt und dem Landkreis Aurich in den Jahren 1918–1920'' in: Ostfriesland zwischen Republik und Diktatur, Aurich 1998, S.85f</ref> |
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=== Weimarer Republik und Nationalsozialismus === |
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Hauptartikel: ''[[Ostfriesland zur Zeit des Nationalsozialismus]]'' |
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Im Jahre 1932 kam es in Ostfriesland zu einer Kreisreform. Der [[Kreis Weener]] wurde aufgelöst und in den Landkreis Leer integriert. Der [[Kreis Emden]] wurde ebenfalls aufgelöst, nachdem die kreisfreie Stadt Emden vier Jahre zuvor einige Gebiete eingemeindet hatte. Der Großteil des Kreises Emden kam zum [[Landkreis Norden]], ein kleinerer Teil zum Landkreis Leer, der dadurch seine heutige Größe erreichte. |
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[[Bild:Ostfriesische Tageszeitung.jpg|thumb|''„Ostfriesische Tageszeitung“'' vom 1. Oktober 1942]] |
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Bei den Reichstagswahlen am 5. März erreichten die Nationalsozialisten 47,5 Prozent der in Ostfriesland abgegebenen Stimmen<ref>Kurowski, a.a.O, S. 390</ref>, in einzelnen Orten, wie etwa [[Oldersum]] sogar fast 70 Prozent. Mit Verleumdungskampagnen, teilweise auch mit roher Gewalt wurden nach der so genannten [[Machtergreifung]] demokratisch gewählte Politiker aus dem Amt gedrängt: in Leer wählte Bürgermeister Dr. [[vom Bruch]] nach massiven Vorwürfen und Drohungen im Mai 1933 den Freitod, im Oktober wurde Emdens Oberbürgermeister Dr. [[Wilhelm Mützelburg]] bedrängt und nach körperlichen Misshandlungen durch Nationalsozialisten im wahrsten Sinne des Wortes „aus dem Rathaus geworfen“. Die Medien wurden [[Gleichschaltung|gleichgeschaltet]], was auf nur geringen Widerstand traf. Wichtigstes Organ der [[NSDAP]] in Ostfriesland war die 1932 gegründete ''[[Ostfriesische Tageszeitung]]'' (OTZ), das zum Leitmedium wurde. |
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Verbände und Vereine wurden nach dem [[Führerprinzip]] strukturiert, jüdische Mitglieder hinausgedrängt und die freie Marktwirtschaft eingeschränkt. Auch in die Verwaltungsstrukturen griffen die Nationalsozialisten ein: Ostfriesland zählte nun zum [[Struktur der NSDAP#Die 43 Gaue (1941) inkl. Gauleiter|Gau]] [[Weser-Ems]] der NSDAP. |
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Nach der Machtübernahme der [[Nationalsozialismus|Nationalsozialisten]] im Jahre 1933 hatten vor allem die Juden in Ostfriesland unter Repressionen staatlicher Organe zu leiden. Sozialisten und Kommunisten wurden in Schutzhaft genommen und zum Teil in [[Konzentrationslager]]n inhaftiert.<ref>Kurowski, a.a.O, S. 391</ref> |
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Zwei Monate nach der Machtergreifung und vier Tage früher als in anderen Teilen des [[deutsches Reich|deutschen Reiches]] begann in Ostfriesland der Boykott jüdischer Geschäfte. Am 28. März 1933 postierte sich die [[SA]] vor den Geschäften. In der Nacht wurden in Emden 26 Schaufensterscheiben eingeworfen, was die Nationalsozialisten später den Kommunisten anlasten wollten. |
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Mit Einführung der [[allgemeine Wehrpflicht|allgemeinen Wehrpflicht]] wurden nach Aurich auch Emden und Leer Garnisonstädte. |
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[[Bild:Judeninostfriesland.png|thumb|Jüdische Gemeinden in Ostfriesland vor 1938]] |
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In der Nacht vom 9. auf den 10. November 1938 beteiligten sich Ostfriesische SA-Truppen an den von der Reichsleitung der Nationalsozialisten befohlenen Ausschreitungen gegen die Juden, die später als ''Reichskristallnacht'' oder Novemberpogrome 1938 bezeichnet wurden. In dieser Nacht wurden die Synagogen von Aurich, Emden, Esens, Leer, Norden und Weener niedergebrannt. Die Synagoge in Bunde war schon vor 1938 an den Kaufmann Barfs verkauft und abgerissen worden. Die Synagoge von Jemgum war bereits um 1930 verfallen. In [[Neustadtgödens]] hatte ein Kaufmann das Gebäude 1938 erworben und nutzte das Gebäude als Farblager, weshalb die Nazis wahrscheinlich kein Feuer legten. Die Synagoge von Norderney wurde 1938 verkauft. Die Synagoge Wittmund war im Juni 1938 auf Abbruch verkauft worden. Erhalten ist heute nur noch die Synagoge von Dornum, welche am 7. November 1938 an einen Tischler verkauft wurde. |
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Alle männlichen Juden wurden zusammengetrieben und nach zum Teil stundenlanger Schikane über [[Oldenburg (Oldenburg)|Oldenburg]] in das [[Konzentrationslager Sachsenhausen]] deportiert, aus dem sie erst nach Wochen zurückkehren konnten. |
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Die Diskriminierung hielt weiter an, und zwei Jahre später, im April 1940, meldeten die ostfriesischen Städte und Landgemeinden dem Regierungspräsidenten, früher als anderswo im Reich, dass sie „[[judenfrei]]“ seien. |
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Während des Zweiten Weltkrieges war vor allem Emden wegen seiner relativen Nähe zu [[Vereinigtes Königreich|Großbritannien]] und als wirtschaftliches wie industrielles Zentrum Ostfrieslands mehrfach Ziel von Luftangriffen, die jedoch zunächst nur kleinere Schäden anrichteten. |
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Am 27. September 1943 fanden in Esens 165 Menschen bei einem Bombenangriff der Alliierten den Tod. Das „Armen- und Arbeiterhaus“ wurde total zerstört, im Keller des Gebäudes starben 102 Schul- und Landjahrkinder. Esens - selbst ohne militärische Bedeutung - wurde als so genanntes "Target of Opportunity" (Gelegenheitsziel) von verirrten Bombern getroffen, die eigentlich Emden als Ziel hatten.<ref>Siehe hierzu auch die Dokumentation von Gerd Rokahr: "Der Bombenangriff auf Esens am 27. September 1943", erschienen als Begleitbuch zur gleichnamigen Ausstellung im "Müllerhaus", der Städtischen Galerie Esens vom 27. September bis 2. November 2003</ref>. |
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Aurich wurde während des Krieges dreimal bombardiert. Dabei kamen 17 Menschen ums Leben und 24 wurden verletzt. Am 6. September 1944 wurde Emden erneut bombardiert. Beim Angriff der 8. USAAF wurden rund 80 Prozent der Innenstadt und damit fast die gesamte historische Bausubstanz der vergangenen Jahrhunderte zerstört.<ref>Kurowski, a.a.O., S. 393</ref> |
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Gegen Ende des Krieges wurde 1944 das [[KZ Engerhafe]] errichtet. Die hier unter unmenschlichen Bedingungen Inhaftierten mussten Panzergräben rund um die zur Festung erklärte Stadt Aurich ausheben. Kurz vor der Fertigstellung der „Rundumverteidigung Aurichs“ wurde das Lager am 22. Dezember 1944 aufgelöst. Innerhalb der zwei Monate seines Bestehens starben 188 Häftlinge.<ref>[http://www.ostfriesland-brookmerland.de/Presseberichte/Berichte_aus_dem_Ostfriesland-/KZ_Engerhafe/kz_engerhafe.html ''Der verdrängte Herbst von Engerhafe'', Ostfriesland-Magazin (Ausgabe 11/1994)]</ref> |
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Ende April 1945 erreichten Alliierte Bodentruppen Ostfriesland. Am 30. April wurde Leer von kanadisch-englischen Truppen eingenommen. Bis zum 2. Mai wurden auch Oldersum und Großefehn erreicht.<ref>[http://www.ostfriesischelandschaft.de/ortschronisten/Protokolle/Museum_Friedeburg/Stickhausen/Kriegsende_in_Ostfriesland/kriegsende_in_ostfriesland.html Rudolf Nassua: ''Das Kriegsende in Ostfriesland'']</ref> Am 3. und 4. Mai 1945 verhandelte eine Delegation aus Aurich mit den heranrückenden [[Kanada|Kanadiern]] zur kampflosen Übergabe der Stadt. Diese erfolgte am 5. Mai 1945, nachdem ein am 4. Mai bei [[Wendisch Evern#Neuere Geschichte (Zweiter Weltkrieg)|Lüneburg]] unterzeichneter Vertrag zur bedingungslosen Kapitulation der drei in Nordwestdeutschland operierenden deutschen Armeen am selben Tag um acht Uhr in Kraft getreten war. |
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=== Ostfriesland nach 1945 === |
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[[Bild:Emden_city_hall.jpg|thumb|upright|Nach historischem Vorbild in moderner Weise wieder aufgebautes Emder Rathaus (1962)]] |
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Nach Ende des [[Zweiter Weltkrieg|Zweiten Weltkrieges]] wurde Ostfriesland Teil der [[Britische Besatzungszone|Britischen Besatzungszone]]. Dabei waren auch kanadische Soldaten in Ostfriesland stationiert. In den Niederlanden gab es Überlegungen, einige [[Niederländische Annexionspläne nach dem Zweiten Weltkrieg|Gebiete Deutschlands zu annektieren]]. Dabei wurde auch Ostfriesland ins Auge gefasst. Insbesondere auf den Dollart, die Emsmündung und Borkum hatten es die Niederlande abgesehen, um Emden vom Seehandel abzuschneiden. Diese Pläne scheiterten am Widerstand der Westalliierten. |
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1946 bildeten die Briten aus den Ländern [[Provinz Hannover|Hannover]], [[Braunschweig (Land)|Braunschweig]], [[Oldenburg (Land)|Oldenburg]], [[Schaumburg-Lippe]] das [[Land Hannover]], aus dem später das Land [[Niedersachsen]] hervorging. Ostfriesland kam als [[Regierungsbezirk Aurich]] dazu. |
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Nach dem Zweiten Weltkrieg wurde Ostfriesland von vielen Flüchtlingen und Vertriebenen aus den [[Ostgebiete des Deutschen Reiches|Ostgebieten des Deutschen Reiches]] bevölkert. Lebten 1945 noch etwa 295.600 Einwohner in der Region, waren es ein Jahr später bereits 364.500, 1948 dann 390.334 Einwohner. 1950 wurde mit 391.570 Einwohnern das vorläufige Maximum erreicht, unter ihnen stellten die Vertriebenen 16,3 Prozent.<ref>Kurowski, a.a.O., S. 394</ref> |
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Der Wiederaufbau nach dem Krieg dauerte in Emden aufgrund der massiven Zerstörungen am längsten. Noch zu Beginn der 1960er Jahre gab es in der Stadt [[Baracke]]nlager. |
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Im Zuge der niedersächsischen Kommunalreform wurde 1972 die vormals ostfriesische Gemeinde Gödens in die [[Oldenburg (Land)|oldenburgische]] Gemeinde [[Sande (Friesland)|Sande]] eingegliedert. Innerhalb Ostfriesland wurden viele kleine Gemeinden mit einer teils nur einstelligen Einwohnerzahl zu größeren Gemeinden oder [[samtgemeinde]]n verschmolzen. Auch haben Städte in größerem Umfang umliegende Gemeinden eingegliedert. |
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1978 wurde der Regierungsbezirk mit den Bezirken Osnabrück und Oldenburg im Regierungsbezirk [[Regierungsbezirk Weser-Ems|Weser-Ems]] zusammengefasst. Seit 1978 ist Ostfriesland somit keine eigenständige Verwaltungseinheit mehr. Lediglich die [[Ostfriesische Landschaft]] als Landschaftsverband ist weiterhin ostfrieslandweit tätig - politisch jedoch lediglich auf dem Gebiet der Kulturpolitik, wozu die Pflege des Plattdeutschen, die Aufarbeitung der Geschichte Ostfrieslands und seit 2006 auch Teile des Regionalmarketings gehören. "Die Landschaft", wie sie kurz genannt wird, ist die einzige Körperschaft, die aus gewählten Vertretern (zu benennen von den Kreistagen und dem Emder Stadtrat) besteht, versteht sich als identitätsstiftende Institution aller Ostfriesen. |
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1964 wurde mit dem Bau des bis heute wichtigsten Industriebetriebs begonnen, dem [[Volkswagenwerk Emden]]. 1977 lief hier der letzte in Deutschland gebaute [[VW Käfer]] vom Montageband. 1984 wurde in Aurich der Windenergieanlagenhersteller [[Enercon]] gegründet, der heute direkt etwa 3000 Beschäftigte in Ostfriesland zählt. In den 1980ern begann auch der Aufstieg Leers zum zweitgrößten deutschen Seereedereistandort (nach Hamburg). |
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Mit der [[Nordseehalle]] in Emden (1972), der [[Kunsthalle in Emden]] (1983), der [[Johannes-a-Lasco-Bibliothek]] in Emden (1995) und kleineren Museen in anderen ostfriesischen Orten wurde die kulturelle Infrastruktur seit Anfang der 1970er deutlich ausgebaut. |
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== Politik == |
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Ostfriesland ist keine eigenständige Verwaltungseinheit. Die heutigen Landkreise Leer, Aurich und Wittmund sowie die kreisfreie Stadt Emden bilden die Verwaltungseinheiten des ursprünglichen [[Regierungsbezirk]]es [[Regierungsbezirk Aurich|Ostfriesland]] (bis 1978). |
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Im Jahr 2005 begann in den ostfriesischen Kreistagen eine Diskussion über einen möglichen Zusammenschluss zu einem „Landkreis Ostfriesland“. 2006 wurde von regionalen SPD- und CDU-Politikern stattdessen vorgeschlagen, einen Regionalrat zu bilden aus Vertretern der vier Landkreise und zwei kreisfreien Städte auf der [[Ost-Friesland|ostfriesischen Halbinsel]], also inklusive Friesland und Wilhelmshaven. Dieser soll die Zusammenarbeit zwischen den Kreisen und Städten stärken. |
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=== Wahlen === |
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Bei Wahlen ist Ostfriesland insgesamt eine traditionelle [[SPD]]-Hochburg. Bei der Wahl 2005 erreichte die SPD im [[Bundestagswahlkreis Aurich - Emden]] mit 55,9 Prozent das höchste [[Zweitstimme]]nergebnis in ganz Deutschland. Auch im [[Bundestagswahlkreis Unterems]] (Landkreis Leer/nördlicher Landkreis Emsland) erreicht die SPD im ostfriesischen Teil besonders hohe Anteile, im Gegensatz zum katholisch geprägten [[Emsland]], das ungefähr die andere Hälfte dieses Wahlkreises bildet und wo die [[CDU]] die deutliche Mehrheit der Stimmen holte. Im [[Bundestagswahlkreis Friesland - Wilhelmshaven]], zu dem auch der Landkreis Wittmund zählt, gewann ebenfalls traditionell die SPD - auch wenn die CDU im Landkreis Wittmund selbst vor der SPD lag. Der Landkreis Wittmund ist auch der einzige mit einem CDU-[[Landrat (Deutschland)|Landrat]], in den anderen drei Kommunen stellt die SPD die Hauptverwaltungsbeamten. |
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Bei der [[Landtagswahl in Niedersachsen 2008]] allerdings gelang es der CDU, erstmals seit Jahrzehnten ostfrieslandweit mehr Wählerstimmen auf sich zu vereinigen als die SPD - wenn auch der Vorsprung knapp war. <ref>Ostfriesen-Zeitung, 28. Januar 2008, S. 9</ref> Die Sozialdemokraten mussten bei dieser Landtagswahl jedoch ohnehin das schlechteste Ergebnis bei einer Landtagswahl in Niedersachsen registrieren. Die SPD holte allerdings im Wahlkreis Emden/Norden mit 41,8 % der Stimmen ihr bestes Ergebnis landesweit und gewann auch drei der fünf [[Direktmandat]]e, die anderen beiden holte die CDU. |
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=== Wappen und Flagge === |
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[[Bild:Ostfriesland CoA.svg|thumb|200px|Das von Graf Rudolf Christian eingeführte Wappen Ostfrieslands]] |
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[[Bild:Ostflandstcoa.jpg|thumb|Das 1678 von Kaiser Leopold I. verliehene Upstalsboomwappen]] |
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[[Bild:Flag of East Frisia.svg|thumb|200px|Flagge Ostfrieslands]] |
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====Das gräfliche Wappen ==== |
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Ein offizielles ostfriesisches Landeswappen gibt es heute nicht mehr, da Ostfriesland als Gebietskörperschaft nur noch in Form der Ostfriesischen Landschaft existiert. In der öffentlichen Wahrnehmung und durchaus auch in der praktischen Verwendung übernimmt heute jedoch nach wie vor das Wappen der ehemaligen ostfriesischen Grafen die Funktion eines ostfriesischen Landeswappens. Das populäre sechsfeldrige Wappen wurde 1626 in seiner endgültigen Form von Graf [[Rudolf Christian (Ostfriesland)|Rudolf Christian]] eingeführt. |
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Dieses Wappen vereint in sich die Wappen der wichtigsten [[Ostfriesische Häuptlinge|ostfriesischen Häuptlingsfamilien]], in deren Nachfolge sich die Grafen und Fürsten sahen. Es zeigt (unheraldisch von links oben bis rechts unten): |
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* das Wappen der [[Cirksena]] aus [[Greetsiel]], den goldenen, gekrönten Jungfrauenadler (die Spornräder sollen dem [[Norden (Ostfriesland)|Norder]] Stadtwappen entnommen sein und werden als Hinweis auf die Herkunft der ältesten nachweisbaren Vorfahren gewertet), |
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* das Wappen der [[tom Brok]] aus dem [[Brokmerland (Gau)|Brokmerland]], einen goldenen, auf Haupt und Flügeln gekrönten Adler, |
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* das Wappen der Häuptlinge von [[Manslagt]] aus der [[Krummhörn]], ein silbernes Feld, in ihm ein roter Balken, der mit fünf abwechselnd goldenen und silbernen Rauten besetzt ist; über dem Balken zwei blaue und unter ihm ein blauer Sichelmond, |
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* das Wappen des Häuptlings [[Focko Ukena]] aus [[Leer (Ostfriesland)|Leer]] und [[Moormerland]], ein rechtsaufgerichteter silberner Löwe auf blauem Grund mit einer gestürzten goldenen Krone um den Hals, |
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* das Wappen der [[Attena]] aus [[Esens]], die über die Herrschaft Wittmund verfügten, der rechtsaufgerichtete, rot bewehrte schwarze Bär mit goldenem Halsband auf goldenem Grund, |
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* das Wappen des Attena-Häuptlings [[Hero Omken]] aus dem [[Harlingerland]], zwei goldene schräggekreuzte zweisträngige Geißeln im blauen Feld. |
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Die drei gekrönten Bügelhelme über dem ostfriesischen Wappen sind Bestandteile der Wappen der Cirksena (mittlerer Helm, welcher als Helmzier eine goldene Lilie vor sechs goldenen Straußenfedern trägt) und des Harlingerlandes (rechter Helm mit zwei schräggekreuzten Geißeln und eine Lilie) sowie der tom Brok (mit rot-goldener Helmdecke). Der Wappenspruch ''[[Eala Frya Fresena]]'' deutet auf die Tradition der [[Friesische Freiheit|friesischen Freiheit]] hin. |
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==== Das ständische Wappen ==== |
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Aus der freiheitlichen Tradition der Friesen heraus entwickelte sich in der Grafschaft Ostfriesland eine starke Stellung der Standesversammlung. Die Landstände hatten neben den Grafen und Fürsten umfangreiche landesherrliche Rechte. Diesem Umstand trug Kaiser [[Leopold I. (HRR)|Leopold I.]] Leopold mit einem im alten Reich einmaligen Vorgang Rechnung, als er der Ostfriesischen Landschaft am 14. Januar ([[Julianischer Kalender]]) bzw. 24. Januar 1678 ([[Gregorianischer Kalender]], dieser wurde in den protestantischen Landesteilen erst 1700 eingeführt) ein eigenes Wappen verlieh. Dieses [[Upstalsboom]]-Wappen wird bis heute von der Landschaft verwendet.<ref>http://www.ostfriesischelandschaft.de/ol/templates/101.jsp?id=111&thema=71</ref> |
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Auf einem roten Schild zeigt es einen grünen Eichenbaum auf einem grünen Hügel (als Sinnbild für den Upstalsboom), daneben stehend einen geharnischten Mann, eine Lanze in seiner rechten und einen Degen in seiner linken Hand, mit zwei weißen und zwei blauen Federn gezierten Bügelhelm auf dem Haupt. |
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==== Die ostfriesische Flagge ==== |
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Die ostfriesische Flagge zeigt drei gleich breite Querstreifen in den Farben schwarz, rot und blau. Diese Farben sind dem gräflichen Wappen entnommen: Schwarz ist die Grundfarbe des Cirksena-Wappens, das Rot entstammt dem Wappen der tom Brok und Blau steht für das Harlingerland. |
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Im Gegensatz zum gräflichen Wappen hat die populäre ostfriesische Flagge heute wieder offiziellen Status, da sie von der Ostfriesischen Landschaft im Jahr 1989 offiziell angenommen wurde.<ref>[http://www.ostfriesischelandschaft.de/ol/index.jsp?id=109 Satzung der Ostfriesischen Landschaft], Artikel V (Wappen, Flagge und Dienstsiegel), Absatz 2: Die Farben der Flagge der Ostfriesischen Landschaft sind in drei gleich breiten Querstreifen schwarz-rot-blau.</ref> Im privaten Gebrauch wird die Flagge fast ausschließlich mit dem gräflichen Wappen verwendet und vor vielen Häusern in Ostfriesland gehisst. |
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== Kultur == |
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=== Sprache === |
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Hauptartikel: ''[[Ostfriesisches Platt]]'' |
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[[Bild:aurich_schild.jpg|thumb|right||Zweisprachiges Ortsschild Aurich (Auerk)]] |
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[[Bild:luetetsburg.gif|thumb|right|Zweisprachiges Ortsschild Lütetsburg (Lütsbörg)]] |
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Die Volkssprache in Ostfriesland ist das Ostfriesische Platt, eine [[nordniedersächsisch]]e Variante der [[Niederdeutsche Sprache|niederdeutschen Sprache]]. Ostfriesland gehört heute zu den wenigen noch relativ intakten Sprachgebieten des Niederdeutschen, gilt aber auch als dialektales Rückzugsgebiet. Genaue Sprecherzahlen liegen nicht vor, aber es wird davon ausgegangen, dass noch die Hälfte der Einwohner Ostfrieslands Platt beherrscht. Die Zweisprachigkeit wird von der ''Ostfriesischen Landschaft'' gefördert. Seit dem Jahr 2004 dürfen einige Gemeinden und Städte in Ostfriesland zweisprachige Ortsschilder (deutsch/plattdeutsch) aufstellen, dies sind unter anderem die Stadt [[Aurich]] (Auerk) sowie die Gemeinden [[Großheide]] (Grootheid), [[Wirdum]] (Wir'm) und [[Lütetsburg]] (Lütsbörg). In weiten Gebieten haben sich allerdings die plattdeutschen Ortsnamen erhalten (Beispiele: Möhlenwarf, Moorhusen, Rechtsupweg), so dass keine zweisprachigen Schilder notwendig sind. |
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Die ursprüngliche Volkssprache in Ostfriesland war jedoch nicht Niederdeutsch, sondern die zum [[Friesische Sprache|Friesischen]] gehörende [[Ostfriesische Sprache]]. Diese wurde zwischen dem 15. und 18. Jahrhundert durch das Niederdeutsche ersetzt. Mit der Reformation kamen schließlich die hochdeutsche Sprache und - besonders im calvinistischen Westen Ostfrieslands - auch das Niederländische ins Land. Im späten 19. Jahrhundert hielt die deutsche Sprache auch in den calvinistischen Gemeinden Einzug. Spätestens in dieser Zeit gerieten auch die abgelegensten Gebiete Ostfrieslands unter hochdeutschen Einfluss, und der zweite Sprachwechsel der Ostfriesen, vom Niederdeutschen zum [[Standarddeutsch]]en, begann.<ref>Reershemius, Gertrud: ''Niederdeutsch in Ostfriesland. Zwischen Sprachkontakt, Sprachveränderung und Sprachwechsel''. Stuttgart 2004</ref> |
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Durch diese bewegte Sprachgeschichte hebt sich das Ostfriesische Platt in der Aussprache wie im Wortschatz von den Nachbardialekten ab. Das Friesische und das Niederländische haben ihre Spuren hinterlassen, aber auch der niederdeutsche Kern der Sprache gilt als relativ konservativ. Durch seine isolierte Lage bewahrt das ostfriesische Niederdeutsch manche alten niederdeutschen Wörter wie ''fuul'' (schmutzig), ''Penn'' ((Schreib-)Feder), ''quaad'' (böse); es enthält außerdem noch eine Anzahl friesischer Wörter und Formen wie die Personalpronomen ''hör'' (sie) und ''hum'' (ihn/ihm), sowie Bezeichnungen wie ''Gulf'' (Scheunenteil), ''Heff'' (Wattenmeer), ''Jier'' (Jauche) usw., und schließlich (besonders im westlichen Teil) hat es eine Reihe niederländischer Wörter aufgenommen wie ''Bahntje'' (Anstellung, Posten), ''Patries'' (Rebhuhn) oder ''Ühr'' (Stunde). |
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Die alte [[Ostfriesische Sprache]] hat sich nur außerhalb Ostfriesland erhalten. Im Jahrhunderte lang schwer zugänglichen [[Saterland]], einer südöstlich von Ostfriesland gelegenen ehemaligen „Insel“ im Moor, sprechen bis heute etwa 2000 Menschen [[Saterfriesisch]]. |
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Der Standardgruß in Ostfriesland ist "[[Moin]]" und wird zu jeder Tages- und Nachtzeit benutzt. Dabei gilt "Moin" in Ostfriesland auch durchaus als formelle Grußformel, während in anderen Gegenden Norddeutschlands häufig in formeller Umgebung auf "Guten Tag" o.ä. zurückgegriffen wird.<ref>König, Werner: ''dtv-Atlas Deutsche Sprache''. 15. Auflage München 2005, S. 242.</ref> Die Herkunft des recht jungen Grußes "Moin" ist nach wie vor ungeklärt. Die gängigsten Theorien gehen von einer Herkunft aus dem niederländischen/niederdeutschen "Mojen Dag" ("Schönen Tag")<ref>http://www.laage-ulm.de/etc/moin.htm</ref> oder von einer schrittweisen Verkürzung von "En goden mörgen" ("Einen guten Morgen") aus.<ref>http://www.geschichte-s-h.de/vonabisz/moin.htm</ref> |
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=== Essen und Trinken === |
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Siehe auch: ''[[Ostfriesische Teekultur]]'' |
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[[Bild:tee_mit_sahne.jpg|thumb|right|Eine Tasse Ostfriesentee]] |
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[[Bild:Gruenkohlgericht.jpg|thumb|Grünkohl mit Pinkel und Kassler]] |
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Eine der auffälligsten Besonderheiten Ostfrieslands ist der hohe [[Tee]]konsum, der mit ca. 2,5 kg pro Kopf und Jahr etwa zehnmal höher ist als im restlichen Deutschland. Schon im 17. Jahrhundert kam der erste Tee vor allem durch die Niederländer und die Briten nach Ostfriesland. Nur 100 Jahre später war der Tee in Ostfriesland bereits in allen Gesellschaftsschichten weit verbreitet und sorgte mit dafür, dass der vorher große Bierkonsum deutlich verringert wurde. 1806 wurde die heute noch existierende Teehandelsfirma ''Bünting'' (Teil der [[Bünting-Gruppe]] in Leer) gegründet und mischte den echten [[Ostfriesentee]]. Zwei weitere Firmen (''[[Thiele & Freese]]'' in Emden sowie ''[[Ostfriesische Tee Gesellschaft Laurens Spethmann|Onno Behrends]]'' in Norden) stellen ebenfalls Tee mit der geschützten Bezeichnung ''Echter Ostfriesentee'' her. |
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Gästen wird in Ostfriesland traditionell Tee als Begrüßungsgetränk angeboten. Nach der alten Sitte „Dree is Oostfresenrecht“ werden mindestens drei Tassen Tee getrunken. Wenn kein weiterer Tee mehr gewünscht wird, ist der Löffel in die Tasse zu legen. |
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Eine Reihe von Spirituosen wird in der Region hergestellt, darunter ein 32-prozentiger Kräuterbitter namens [[Kruiden]]. Der wohl bekannsteste Schnaps Ostfrieslands, [[Doornkaat]], wird mittlerweile nicht mehr in Norden hergestellt, sondern bei [[Berentzen]] im [[Landkreis Emsland|emsländischen]] [[Haselünne]]. Die Produktion ostfriesischer Schnäpse findet heute vornehmlich in Betrieben in Leer (''Folts & Speulda'') und [[Friedeburg (Ostfriesland)|Friedeburg]] (''Heiko Blume'') statt. |
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Das für Ostfriesland bekannteste Hauptgericht ist zur Winterzeit der [[Grünkohl]] mit [[Pinkel]] und/oder mit Kassler sowie durchwachsenem Speck. Um die deftige, würzige ostfriesische Variante des Grünkohls zu erreichen, muss das Fleisch zwingend im Grünkohl und niemals davon getrennt gegart werden. Der Grünkohl wird traditionell erst geerntet, nachdem er mindestens einem Tag [[Frost]] ausgesetzt war; dadurch erreicht er seinen unverwechselbaren Geschmack. |
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In den Sielorten werden [[Nordseegarnele|Krabben]] angelandet, die regional gerne auf Schwarzbrot gegessen werden. Den Fischreichtum in Ostfrieslands Binnengewässern nutzen Angler zur Selbstversorgung mit Fisch. Dieser wird oft [[Räuchern|geräuchert]]. |
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Eine andere Spezialität Ostfrieslands sind die ausschließlich zu Silvester gebackenen [[Neujahrshörnchen]], plattdeutsch ''Rullekes/Nijaahrskook'', zu Hörnchen geformte, harte [[Waffel]]n. Auch nur zu Silvester gibt es die sogenannten [[Speckendicken]], ein in der Pfanne gebratenes Gebäck. |
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=== Bauen und Wohnen === |
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[[Bild:Gulfhaus Wangerland.jpg|thumb|Gulfhof aus Ziegelsteinen]] |
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In Ostfriesland ist das selbstbewohnte [[Einfamilienwohnhaus]] weit verbreitet. Viele junge Leute bauen ihr Haus unter Mithilfe der Familie selbst. Gerade bei personalintensiven Gewerken, wie z. B. beim [[Dachdecker|Dachdecken]], gesellen sich oft noch viele Bekannte dazu. Hier kommt der hohe Anteil von [[Handwerk]]ern unter der ostfriesischen Bevölkerung zum Tragen. |
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Die typische Form des ostfriesischen Bauernhauses ist das [[Gulfhaus]]. |
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=== Bräuche === |
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[[Bild:Klasohm.jpg|thumb|Klaasohm auf Borkum]] |
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Zu den Festtagsbräuchen zählt das Aufstellen des [[Maibaum]]s am Vorabend des 1. Mai, das in eine große eurasische Traditionslinie gehört, in Ostfriesland aber eine eigene Form und eigene Regeln ausgeprägt hat. Neben Nachbargemeinschaften sind es auch Vereine oder ganze Dörfer, die ihren Maibaum aufstellen. Der Maibaum muss bis zum Morgengrauen bewacht werden, was sich durch dauerndes Handanlegen eines der Besitzer ausdrückt. Ansonsten kann der Maibaum durch drei symbolische Spatenstiche „geklaut“ werden und ist am nächsten Tag meist durch einen Kasten Bier und Schnaps wieder auszulösen. Weitere Bräuche sind das [[Martinisingen]] und das [[Brautpfad]]legen zu [[Himmelfahrt]]. Einige besondere Traditionen haben sich zudem auf den ostfriesischen Inseln erhalten, zum Beispiel [[Klasohm|Klaasohm]] auf der Insel Borkum - eine Veranstaltung, deren Ausrichtung lediglich Borkumer Männern vorbehalten ist. |
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Insbesondere in Neubaugebieten fällt beim Richten des Dachstuhls den zukünftigen Nachbarn die Aufgabe zu, in der Nacht zuvor einen [[Sparren]] zu verstecken. Das Bauherrehepaar muss diesen dann suchen, durch [[Spirituosen|Schnaps]] auslösen und wird darauf von den Nachbarn durch die Siedlung zu ihrem Haus getragen, in das der noch fehlende Sparren eingesetzt und anschließend das [[Richtfest]] gefeiert wird. |
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Auch das Bogenmachen zum Anlass einer (Jubel-)Hochzeit ist sehr beliebt. Hierzu trifft sich die Nachbargemeinschaft meist einige Tage vorher. Die Männer bauen das Bogengestell, welches dann mit Tannenzweigen bestückt wird, während die Frauen im Haus die Rosen und Girlanden aus Papier herstellen. Ausrichter ist zumeist ein unmittelbarer Nachbar. Dieser Bogen wird anschließend gemeinsam zu dem (Jubel-)Paar getragen und an dessen Hauseingang befestigt, woran sich oft noch eine Stehparty auf der Hauseinfahrt anschließt. |
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Ebenfalls sehr verbreitet sind „Strafen“ für diejenigen, die an ihrem 30. Geburtstag noch unverheiratet sind. Männer müssen an ihrem 30. Geburtstag fegen, Frauen Klinken putzen. Zumeist werden hierzu Rathaus- oder Kirchentreppen bzw. -türen herangezogen. Erst durch das „Freiküssen“ einer Jungfrau bzw. eines „Jungmannes“ wird man von dieser Pflicht entbunden. An ihrem 25. Geburtstag werden unverheiratete Männer als „Alte Socke“ oder „Alte Flasche“ und die Frauen als „Alte Schachtel“ bezeichnet und erhalten oft auch einen entsprechend behangenen Bogen. Dieser ist idealerweise von der Straße aus gut einsehbar, damit jeder von dieser „Nachricht“ Notiz nimmt. |
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=== Sport === |
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[[Bild:BensersielBoßler.jpg|thumb|90px|Boßelstatue in [[Bensersiel]]]] |
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In Ostfriesland entwickelten sich eigenständige Sportarten wie [[Boßeln]], [[Klootschießen]] und [[Pultstockspringen]], diese drei Sportarten finden sich auch im sogenannten [[Ostfriesenabitur]] wieder. Das hiervon verbreiteteste Boßeln wird als Mannschaftssportart in vielen Vereinen und Ligen mit allwöchentlichen Punktspielen und Meisterschaften bis zur niedersächsischen Ebene durchgeführt. Es gibt auch Europameisterschaften im Boßeln und Klootschießen. |
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In strengeren Wintern, wenn die Meere und Kanäle zufrieren, ist auch das [[Schlittschuh]]laufen („Schöfeln“) eine traditionell beliebte Sportart. Früher wurden die typischen ostfriesischen Schlittschuhe in dem Ort [[Breinermoor]] hergestellt und werden daher ''Breinermoorkes'' genannt. |
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Auf professioneller Ebene in ihren jeweiligen Sportarten sind der [[Fußball]]-[[3. Liga (DFB)|Drittligist]] [[Kickers Emden]] und der [[Handball]]-[[2. Handball-Bundesliga|Zweitligist]] [[OHV Aurich]] vertreten. |
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Nach einer Erhebung des Niedersächsischen Landesamtes für Statistik weist Ostfriesland eine durchweg überdurchschnittliche Dichte an Mitgliedschaften in Sportvereinen innerhalb Niedersachsens auf. ''Mitgliedschaften'' ist in diesem Fall nicht gleichzusetzen mit ''Mitgliedern'', da ein und dieselbe Person natürlich auch Mitglied in zwei oder mehr Sportvereinen sein kann. |
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=== Orgellandschaft === |
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Hauptartikel: ''[[Orgellandschaft Ostfriesland]]'' |
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[[Image:Rysumorgan.jpg|thumb|Orgel in Rysum]]Ostfriesland ist nicht zuletzt wegen seiner reichen Orgellandschaft bekannt. <ref>"Ems-Dollart Region: The most concentrated region of well-preserved historic organs in the world. [S. 170]. ... With its wealth of historic instruments, the region became an early focus for scholars and builders... The emergence of the Ems-Dollart organs as cultural treasures of worldwide significance was made possible by four important events: (1) the founding of the Jürgen Ahrend and Gerhard Brunzema workshop (Leer) in 1954, which quickly established itself as the leading shop for restoration and conservation; (2) the establishment of the Norddeutsche Orgelakademie (Bunderhee) by Harald Vogel (1977) which serves as a central research facility for study of the area`s historic instruments and makes access to them possible for visiting builders, players, and scholars... [S. 172f.]". (Cleveland Johnson: ''Ems-Dollart Region''. In: ''The Organ. An Encyclopedia''. Douglas E. Bush, Richard Kassel (Hrsg.). Routledge, New York u. London 2006, ISBN 0415941741, ([http://books.google.com/books?id=cgDJaeFFUPoC&pg=PP1&dq=Organ+Encyclopedia&lr=&as_brr=0&hl=de online])</ref> In den ca. 170 alten Kirchen finden sich an die 100 historische Orgeln aus allen Epochen seit der Spät[[gotik]]. Eine der ältesten Orgeln der Welt, die noch in ihrem Grundbestand erhalten und spielbar ist, steht in [[Orgel der Rysumer Kirche|Rysum]] (1457). <ref>http://www.reformiert.de - Menüpunkte Arbeitsbereiche/Orgellandschaft (direkter Link funktioniert nicht)</ref> Weitgehend vollständig erhaltene Instrumente aus dem 17. Jahrhundert mit Pfeifenmaterial aus dem 16. Jahrhundert stehen in [[Osteel]] (1619), [[Orgel der Westerhusener Kirche|Westerhusen]] (1642-1643) und [[Orgel der Uttumer Kirche|Uttum]] (ca. 1660). Auch der bekannte Orgelbauer [[Arp Schnitger]] hat mit Neubauten, etwa in [[Orgel der Ludgerikirche (Norden)|Norden]] und [[Orgel der St. Georgskirche (Weener)|Weener]], seine Spuren in Ostfriesland hinterlassen. Im 18. Jh. erlebte die Orgelkultur einen weiteren Höhepunkt, als die Orgelbauer [[Johann Friedrich Wenthin]] und [[Hinrich Just Müller]] miteinander konkurrierten und sich selbst kleine Dorfkirchen wertvolle Orgeln anschafften. Als zwischen ca. 1850 und 1950 das Niveau im ostfriesischen Orgelbau seinen Tiefpunkt erreichte, hatte man kein Geld, sich zeitgemäßere Instrumente anzuschaffen, sodass die alten Orgeln meist erhalten blieben. In den vergangenen 50 Jahren wurden fast alle Originalinstrumente restauriert, was vor allem dem führenden Orgelbauer [[Jürgen Ahrend]] ([[Loga (Leer)|Leer-Loga]]) zu verdanken ist. <ref>"Ostfriesland ist in den letzten Jahrzehnten zu einem Zentrum der europäischen Orgelkultur geworden." (Harald Vogel / Reinhard Ruge / Robert Noah / Martin Stromann: Orgellandschaft Ostfriesland. Verlag Soltau-Kurier Norden, Norden 1995, ISBN 3928327194, S. 8)</ref> Heute ist das [[Organeum]] in [[Weener]] ein wichtiges Orgelzentrum, um Experten, aber auch einer breiten Öffentlichkeit die Schätze der alten Orgeln auf vielfältige Art und Weise zu erschließen. Auch bei Veranstaltungen wie dem "[[Krummhörn]]er Orgelfrühling" oder der "Nachtorgel" in der Gemeinde [[Dornum]] werden die Instrumente einem breiteren Publikum bekannt gemacht. <ref>http://www.nachtorgel.de nachtorgel.de</ref> <ref>http://www.greetsiel.de/index.php3?nav=1&inhalt=124&link_id1=8&link_id2=90 Krummhörner Orgelfrühling</ref> |
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== Konfessionen == |
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[[Bild:Critzum kirche.jpg|thumb|Kirche in Critzum]] |
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Die ostfriesische Bevölkerung ist überwiegend protestantisch. In der [[Krummhörn]], der Küstengemeinde zwischen [[Norden (Ostfriesland)|Norden]] und Emden, sowie entlang der niederländischen Grenze ([[Rheiderland]]) herrscht das [[Reformierte Kirche|reformierte]] Bekenntnis vor. In Emden und Leer sind Reformierte ebenfalls stark vertreten - in Emden etwa gibt es lediglich einige Hundert Lutheraner mehr. Die anderen ostfriesischen Regionen sind [[Evangelisch-lutherische Kirche|lutherisch]] geprägt. Die Landkreise Aurich und Wittmund haben die höchsten Anteile von Lutheranern an der Gesamtbevölkerung in ganz Deutschland. <ref>http://www.sprengel-ostfriesland.de/statistik/statistik.html#spitze</ref> In Ostfriesland leben etwa 266.000 Lutheraner und rund 80.000 Reformierte. <ref>http://www.sprengel-ostfriesland.de/statistik/statistik.html#266000</ref> |
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Evangelische [[Freikirchen]] sind in Ostfriesland ebenfalls überdurchschnittlich stark vertreten. Die Geschichte der Emder [[Mennoniten]]gemeinde reicht in die Reformationszeit zurück. Die [[Baptisten]]gemeinden (offizieller Name heute: [[Evangelisch-Freikirchliche Gemeinde]]n) entstanden in der Mitte des 19. Jahrhunderts. Ausgangspunkt waren die Gemeinden in [[Jever]] und [[Westoverledingen]]-[[Ihren]]. In Ostfriesland existieren fünf [[Evangelisch-altreformierte Kirche in Niedersachsen|evangelisch-altreformierte Gemeinden]], die in den Jahren von 1854-1861 gegründet wurden. Es folgte die [[Evangelisch-methodistische Kirche]], die mit ihren ostfriesischen Gemeindegründungen ebenfalls im 19. Jahrhundert begann. [[Freie evangelische Gemeinde]]n begannen erst Anfang der 50er Jahre des 20. Jahrhunderts mit ihrem Wirken. Weiterhin ist in Ostfriesland die [[Siebenten-Tags-Adventisten|Freikirche der Siebenten-Tags-Adventisten]] mit drei Gemeinden vertreten. |
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[[Bild:ChurchOfBedekaspel.jpg|thumb|Kirche und Friedhof von [[Bedekaspel]]]] |
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Weitere Religionsgemeinschaften sind die [[Neuapostolische Kirche]] mit 16 lokalen Gemeinden und die [[Zeugen Jehovas]], die mit ihren [[Königreichssaal|Königreichssälen]] ebenfalls in allen größeren Orten vertreten sind. |
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Die [[Römisch-katholische Kirche]] ist trotz des Zuzugs vieler katholischer Flüchtlinge in der Nachkriegszeit eine Minderheitskirche geblieben. Ostfriesland wurde dort bis vor wenigen Jahren noch als [[Diaspora]] bezeichnet, was aber im Zuge der [[Ökumene]] aufgegeben wurde. Die katholischen Kirchengemeinden gehören zum [[Bistum Osnabrück]]. Knapp sieben Prozent der Ostfriesen gehören der katholischen Kirche an. |
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In Bagband-Hesel gibt es seit den dreißiger Jahren des vergangenen Jahrhunderts eine Gemeinde der [[Selbständige Evangelisch-Lutherische Kirche|Selbstständigen Evangelisch-Lutherischen Kirche]] (SELK). MIt Ausnahme dieser Gemeinde gehören die lutherischen Kirchengemeinden zur [[Evangelisch-Lutherische Landeskirche Hannovers|Evangelisch-Lutherischen Landeskirche Hannover]], die reformierten Gemeinden aber zur [[Evangelisch-reformierte Kirche (Synode evangelisch-reformierter Kirchen in Bayern und Nordwestdeutschland)|Evangelisch-Reformierten Kirche (Bayern und Nordwestdeutschland]]) oder zur schon genannten Evangelisch-altreformierten Kirche. Die Evangelisch-Freikirchlichen Gemeinden Ostfrieslands gehören zum Landesverband [[Baptisten im Nordwesten]] und bilden hier den Regionalverband [[EJM|Ems-Jade]]. Die mennonitischen Gemeinden Emden, Leer und Norden gehören zur Konferenz der nordwestdeutschen Mennonitengemeinden. |
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Fast 90 Prozent der Einwohner Ostfrieslands sind Mitglieder einer christlichen Kirche. <ref>http://www.sprengel-ostfriesland.de/statistik/statistik.html#deutschland</ref> |
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Jüdische Gemeinden bestanden in Ostfriesland über einen Zeitraum von ca. 400 Jahren von ihren Anfängen im 15. Jahrhundert bis zu ihrem Ende 1942. Die wenigen heute in Ostfriesland lebenden Juden sind Teil der jüdischen Gemeinde in Oldenburg. |
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Siehe auch ''[[Freikirchen in Ostfriesland]]'' und ''[[Geschichte der Juden in Ostfriesland]]'' |
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== Wirtschaft == |
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=== Geschichtlicher Hintergrund === |
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Immer wieder im Laufe der Geschichte haben sich in Ostfriesland Zeiten relativer Armut mit Phasen relativen wirtschaftlichen Aufschwungs abgelöst, wobei insbesondere im Küstenraum, wo eine kleine Schicht wohlhabender Hofbesitzer einem kopfstarken Landarbeiter-[[Proletariat]] gegenüberstand, häufig ein erhebliches Sozialgefälle festzustellen war. |
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Als Reaktion auf die ärmlichen Verhältnisse suchten junge Leute vielfach als Wanderarbeiter beispielsweise in den [[Niederlande]]n ein Auskommen (die so genannten „[[Hollandgänger]]“) oder sie verließen ihre Heimat ganz. Viele Ostfriesen wanderten in die [[USA|Vereinigten Staaten von Amerika]] aus, wo noch heute ein starker Gemeinschaftssinn zu finden ist. |
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Im 20. Jahrhundert und auch noch heute war und ist zudem eine deutliche Tendenz zur Bildungswanderung festzustellen: Wer nicht an der regionalen Fachhochschule ein Studium aufnehmen kann (oder - wegen beschränkter Auswahlmöglichkeiten - will) oder sich für einen dualen Studiengang/Berufsausbildung an der regionalen Berufsakademie entscheidet, ist gezwungen, Ostfriesland zu Studienzwecken zu verlassen. Nur ein kleiner Teil kehrt nach dem Studium zurück ("[[Brain Drain]]"). |
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=== Landwirtschaft und Fischerei === |
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[[Bild:Greetsiel 33 Poseidon 03.jpg|thumb|Kochen der Krabben auf einem Greetsieler Kutter]] |
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Die Landwirtschaft war jahrhundertelang der Haupterwerbszweig der Ostfriesen, wenn auch in den Städten der Handel und seit etwa Mitte des 19. Jahrhunderts, noch mehr im 20. Jahrhundert, auch die Industrie einen bedeutenden Anteil an der Wertschöpfung erlangte - und noch heute innehat. |
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Auch im 21. Jahrhundert spielt die Landwirtschaft in Ostfriesland eine große Rolle. So zählt der Landwirtschaftliche Hauptverein für Ostfriesland, die Interessenvertretung der ostfriesischen Landwirte, 7500 Mitglieder <ref>http://www.lhv.de/seiten/leistungen.html</ref>. Der Anteil der Beschäftigten in der Land- und Forstwirtschaft reicht von 0,4 % in der Stadt Emden bis zu 2,7 % im Landkreis Aurich (Bundesdurchschnitt: 0,9 %).<ref>http://www.regis-online.de/de/region/daten-fakten.html</ref> |
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Besonders die Milchwirtschaft ist stark ausgeprägt. Durch die großen Flächen an fruchtbarem Weideland bieten sich gute Bedingungen für die Milchviehhaltung. Ostfriesland zählt mit anderen norddeutschen Regionen sowie dem bayrischen Voralpenland zu den Hauptregionen für Milchviehhaltung in Deutschland. Trotz der hohen Bedeutung der Milchviehhaltung findet sich nur noch eine größere [[Molkerei]] in Ostfriesland, die Firma [[Rücker GmbH|Rücker]] in Aurich. Weitere größere Molkereien sind in den Nachbarlandkreisen [[Landkreis Ammerland|Ammerland]] und [[Emsland]] zu finden, darunter zwei Standorte von [[Nordmilch]]. Diese werden auch von ostfriesischen Milchbauern beliefert. |
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In den [[Koog|Poldergegenden]] am Küstensaum (vom [[Rheiderland]] über die [[Krummhörn]] und das [[Norderland]] bis zum [[Harlingerland]]) finden sich auch Getreidebauern. In den Moor- und [[Geest]]gegenden des Binnenlands hingegen ist die Viehwirtschaft vorherrschend. |
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Die Landwirtschaft hat auch wesentlichen Anteil an der kulturräumlichen Entwicklung Ostfrieslands. So entstanden die [[Moorkolonisierung|Moorkolonien]] mit ihren typischen Fehnkanälen durch die Arbeit derer, die sich in den Mooren eine (landwirtschaftliche) Existenz aufbauen wollten. Die [[Wallhecke]]n in der Mitte Ostfrieslands entstanden als Einfriedungen von Feldern. |
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Die zunehmende Bedeutung der regenerativen Energieerzeugung hat vielen Landwirten ein zusätzliches Einkommen ermöglicht - sei es durch [[Windkraftanlage]]n oder durch [[Biomasse]]-Kleinkraftwerke. Letztere führen allerdings teilweise bereits zu einer Flächenkonkurrenz zwischen Nutzpflanzen mit hohem Energiewert für die Stromerzeugung (etwa [[Mais]]) und anderen Pflanzen. Auf mehreren Feldern in Ostfriesland finden sich (Stand: Januar 2008) auch erste größere Freiland-[[Photovoltaik]]anlagen. |
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In mehreren kleinen Häfen in Ostfriesland befinden sich Flotten von Krabbenkuttern, größere darunter in Greetsiel und Norddeich. Die Krabbe (eigentlich [[Nordseegarnele]]) ist die einzige marine Garnele mit fischereiwirtschaftlicher Bedeutung in Deutschland. <ref name="fittschen">Ursula Elisabeth Adriane Fittschen: ''[http://deposit.ddb.de/cgi-bin/dokserv?idn=964083116&dok_var=d1&dok_ext=pdf&filename=964083116.pdf Identifizierung von Naturstoffprofilen aus der Nordseekrabbe]'', Köln 2001</ref> Daneben werden auch [[Miesmuscheln]] gefischt. Hochseefischerei wird von Ostfriesland aus nach Einstellung der Emder [[Atlantischer Hering|Herings]]<nowiki/>fischerei nicht mehr betrieben. Wohl aber findet in nennenswertem Umfang Sportfischerei statt, besonders in den zahlreichen Binnengewässern. |
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=== Industrie === |
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Siehe auch: ''[[Schiffbau in Ostfriesland und Papenburg]]'' |
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[[Bild:E-112 Egeln feb2005.jpg|thumb|Enercon-Windkraftanlage]] |
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[[Bild:Nordseewerke2.jpg|thumb|[[Helling]] der Nordseewerke]] |
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In Ostfriesland fand im Vergleich zu anderen Teilen Deutschlands die [[Industrialisierung]] erst recht spät statt. Zu den ersten Industrien gehörten [[Schiffbau]]betriebe, [[Ziegelei]]en und einzelne [[Textilindustrie]]betriebe, vornehmlich [[Weberei]]en in Leer. Durch den Ausbau Emdens zum Seehafen des [[Ruhrgebiet]]es wurde die Industrialisierung vorangetrieben, Emden ist industrieller Schwerpunkt Ostfrieslands. Einen weiteren Schub erhielt die Industrialisierung in der Region durch den Bau des [[Volkswagenwerk Emden|Volkswagenwerks Emden]] 1964. Das VW-Werk ist mit 9100 Beschäftigten sowie allein 1000 Mitarbeitern in einem angrenzenden Zuliefererpark der größte industrielle Arbeitgeber der Region. Weitere Industriebetriebe mit einer vierstelligen Mitarbeiterzahl sind das [[Enercon]]-Werk in Aurich und die Werft [[Nordseewerke]] in Emden. |
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Neben dem Automobilbau ist der Schiffbau ein weiteres Standbein der regionalen Industrie. Die Nordseewerke in Emden beschäftigen etwa 1400 Mitarbeiter. Hinzu kommen weitere kleinere Werften, unter anderem in Emden und Leer. Viele Ostfriesen, besonders aus dem südlichen Landkreis Leer, finden zudem Arbeit bei der [[Meyer Werft]] im benachbarten [[Papenburg]], wo 2500 Menschen beschäftigt sind. |
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Enercon, der größte deutsche Hersteller von [[Windkraftanlage]]n, hat seinen Hauptsitz in Aurich. Enercon betreibt in Ostfriesland Produktionsstätten in Aurich und Emden, eine weitere in Georgsheil (Gemeinde [[Südbrookmerland]]) soll 2009 hinzukommen. Enercon beschäftigt in Aurich und Emden direkt etwa 3000 Personen, rund 2800 davon in Aurich. In Emden hat zudem das Unternehmen Bard Engineering seinen Sitz und fertigt dort eigene Windkraftanlagen für [[Offshorebauwerk|Offshore]]-Windparks. Derzeit hat Bard Engineering in Emden etwa 150 Beschäftigte. In Leer ist zudem eine Gießerei dieses Unternehmens geplant.<ref>Jahresbericht 2007 der IHK für Ostfriesland und Papenburg, S. 6</ref> |
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In Ostfriesland werden nicht nur Windenergieanlagen hergestellt, die Region ist auch selbst eine Hochburg der Windenergie-Nutzung in Deutschland. Wegen der kräftigen Winde an der Küste und die dünne Besiedlung gibt es viele große [[Windpark]]s in der Region. Der Gesamtverbrauch der Strommenge betrug 2007 in Ostfriesland 2160 Millionen Kilowattstunden. Rechnerisch wurden 84,8 % dieses Verbrauchs aus Windenergie in der Region gewonnen, weitere 11 % aus Biomasse und zusammen 1 % aus Photovoltaik, Klärgas, Deponiegas und anderen regenerativen Energiequellen. Der Anteil regenerativ erzeugter Energie am Gesamtverbruch der Region betrug somit 96,8 %. <ref>Jahresbericht 2007 der IHK für Ostfriesland und Papenburg, Anlage</ref> |
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Im Bezirk der Industrie- und Handelskammer für Ostfriesland und Papenburg, der neben Ostfriesland auch die emsländische Stadt Papenburg umfasst, hat die Zahl der Industriebeschäftigten 2007 um 0,4 % auf 22.154 Arbeitnehmer zugenommen.<ref name="jahresberichtihk">Jahresbericht 2007 der IHK für Ostfriesland und Papenburg, S. 5</ref> Die Exportquote liegt mit 45,4 % über dem Durchschnitt des Landes Niedersachsen.<ref name="jahresberichtihk" /> Für die Exportquote waren vor allem das Emder VW-Werk, die beiden Großwerften Meyer Werft und Nordseewerke, Enercon und die jeweiligen Zulieferer verantwortlich. |
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Neben den genannten Betrieben finden sich in Ostfriesland [[Elektroindustrie]], Stahl- und Maschinenbau, Nahrungsmittelindustrie und eine Vielzahl von Betrieben des Bauhaupt- und Baunebengewerbes. |
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In den einzelnen Städten und ihrem Umland, von wo aus viele Arbeitnehmer einpendeln, ergibt sich durch die Abhängigkeit von den großen Unternehmen eine [[Monostruktur]]. So arbeiten von den gut 22.000 Industriebeschäftigten im IHK-Bezirk allein rund 15.500 bei den größten vier Unternehmen, davon wiederum allein 9100 bei VW - die Zulieferer noch nicht eingerechnet. Versinnbildlicht wird diese Monostruktur durch den oft zu hörenden Ausspruch ''"Wenn VW hustet, bekommt Ostfriesland eine Lungenentzündung."'' |
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=== Dienstleistungen === |
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[[Bild:Borkum Hauptstrand.JPG|thumb|Strand auf [[Borkum]]]] |
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[[Bild:Greetsiel hafen 001.jpg|thumb|Fischerdorf [[Greetsiel]]]] |
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Touristisch erschlossen sind in erster Linie die [[Ostfriesische Inseln|Ostfriesischen Inseln]], welche breite Sandstrände zum Baden bieten. Auf den Inseln begann der [[Tourismus]] bereits am Ende des 18. Jahrhunderts (Norderney war 1797 erstes deutsches Nordseeheilbad). Davon profitierten dann auch die Fährorte wie [[Norddeich]] oder [[Bensersiel]]. Abseits von den Inseln und den Küstenorten spielte der Tourismus im Landesinneren lange Zeit keine große Rolle. Seit Mitte der 1970er Jahre ändert sich dies aber zunehmend, und die Regionen im Binnenland versuchen, ihre Orte ebenfalls touristisch zu vermarkten. Die Anlegung von Wander- und [[Radwanderweg]]en, Paddelrouten sowie touristischen Themenrouten hat dazu beigetragen. Auch der Kulturtourismus gewann in den vergangenen Jahrzehnten an Bedeutung, unter anderem seit Eröffnung der [[Kunsthalle in Emden]]. |
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Leer ist ein bedeutender [[Reederei]]-Standort: Nach Hamburg ist hier der zweitgrößte Teil der deutschen Seehandelsflotte beheimatet. Als Einkaufsorte der Region dienen vor allem Aurich und Leer, in geringerem Maße auch Emden, gefolgt von Norden und Wittmund. Besonders der [[Einzelhandel]] in den küstennahen Städten Norden und Wittmund profitiert dabei auch von den Urlaubern. Aurich hat eine [[Einzelhandelszentralität]] von 153 % (2007), <ref>Ostfriesischer Kurier, 13. Februar 2008, S. 12</ref> Leer liegt sogar bei 170 % und Emden bei 116 %.<ref>Emder Zeitung, 6. August 2008, Seite 4</ref> |
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Größere öffentliche Dienstleister sind unter anderem der [[Niedersächsischer Landesbetrieb für Wasserwirtschaft, Küsten- und Naturschutz|Niedersächsische Landesbetrieb für Wasserwirtschaft, Küsten- und Naturschutz]], der in Norden seinen Sitz hat, sowie die [[Wasser- und Schifffahrtsdirektion Nordwest]] in Aurich. |
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Drei ostfriesische Städte sind Garnisonsstädte: Aurich, Leer und Wittmund. In der Auricher ''Blücher-Kaserne'' hat die [[Luftwaffenführungskommando|4. Luftwaffendivision]] ihr Hauptquartier. In der Nachbarstadt Wittmund ist das [[Richthofengeschwader]] stationiert, das unter anderem die [[Alarmrotte]] für den norddeutschen Raum stellt. In der Leeraner ''von Lettow-Vorbeck-Kaserne'' ist das [[Kommando Schnelle Einsatzkräfte Sanitätsdienst]] beheimatet. |
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In Emden und Leer befinden sich die beiden ostfriesischen Standorte der [[Fachhochschule Oldenburg/Ostfriesland/Wilhelmshaven]]. |
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=== Medien === |
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In Ostfriesland gibt es eine große Vielfalt an Tageszeitungen mit eigenständigen Lokalredaktionen. Die Auflagen der Zeitungen (Daten aus dem vierten Quartal 2007, jeweils verkaufte Auflage <ref>http://www.ivw.de</ref>) reichen von 37.222 ([[Ostfriesen-Zeitung]]) bis hinunter zu einer kleinen vierstelligen Zahl bei den nicht werktäglich, aber mehrmals in der Woche erscheinenden Insel-Blättern [[Borkumer Zeitung]] und [[Norderneyer Badezeitung]] (Auflage: 1.733). Die Ostfriesen-Zeitung ist die einzige regionsweit erscheinende Tageszeitung, während die beiden Insel-Zeitungen lediglich auf den jeweiligen Inseln erscheinen. Die Verbreitungsgebiete der übrigen Titel orientieren sich oftmals, aber nicht ausschließlich an (teils ehemaligen) Verwaltungsgrenzen der Landkreise. |
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Die Ostfriesen-Zeitung ist in einem Teil des Landkreises Leer (Stadt Leer sowie nördlicher und östlicher Landkreis Leer) de facto die einzige Tageszeitung. Im Südosten des Landkreises Leer, im [[Overledingerland]], erscheint zudem der [[General-Anzeiger (Rhauderfehn)|General-Anzeiger]] (Auflage: 9.577). General-Anzeiger und Ostfriesen-Zeitung sind in dem Verlagshaus [[Zeitungsgruppe Ostfriesland]] wirtschaftlich und größtenteils auch redaktionell zusammengefasst. Im [[Rheiderland]], dem Gebiet des früheren [[Kreis Weener|Landkreises Weener]], hat die [[Rheiderland-Zeitung]] (5.592) ihren Auflagenschwerpunkt. |
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Die [[Emder Zeitung]] (Auflage: 10.730) hat ihren Schwerpunkt in der kreisfreien Stadt Emden und ihren Umlandgemeinden. Der [[Ostfriesischer Kurier|Ostfriesische Kurier]] (13.931) erscheint in erster Linie im Gebiet des ehemaligen [[Landkreis Norden|Landkreises Norden]], die [[Ostfriesische Nachrichten|Ostfriesischen Nachrichten]] (13.768) vornehmlich im Altkreis Aurich (Aurich und Umlandgemeinden). Der [[Anzeiger für Harlingerland]] (14.036) hat den Schwerpunkt seiner verkauften Auflage im Landkreis Wittmund. |
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Zwei Zeitungen (Ostfriesische Nachrichten, Rheiderland-Zeitung) beziehen den sogenannten [[Mantel (Journalismus)|Mantel]] von der in Osnabrück erscheinenden [[Neue Osnabrücker Zeitung|Neuen Osnabrücker Zeitung]], während fast alle anderen Verlage ihren Mantel von der in Oldenburg erscheinenden [[Nordwest-Zeitung]] beziehen. Lediglich die [[Emder Zeitung]] ist eine [[Vollredaktion|Vollzeitung]]. |
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Das [[Ostfriesland Magazin]] ist die Monatszeitschrift für Ostfriesland. Daneben erscheint ostfrieslandweit das Magazin ''53 Grad'', eine Anspielung auf den Breitengrad durch Ostfriesland. Die Zeitschrift erscheint zweimonatlich. In mehreren Städten und Gemeinden gibt es darüber hinaus Anzeigenblätter mit verschiedenen Erscheinungsweisen. |
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Der [[Bürgerrundfunk]]sender [[Radio Ostfriesland]] sendet neben seinem Musikprogramm täglich Nachrichten und Features aus der Region, teils auch komplett Sendungen auf Plattdeutsch. Der in Wilhelmshaven beheimatete Sender [[Radio Jade]] sendet ebenfalls bis nach Ostfriesland. Auf Norderney hat sich aus einem ehemaligen [[Piratensender]] das Privatradio SWS (''Sturmwellensender'') entwickelt, das in den Sommermonaten ein Programm für die Küste, besonders aber die Insel Norderney selbst, ausstrahlt. |
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Der [[Friesischer Rundfunk|Friesische Rundfunk]] ist ein lokaler Fernsehsender, der in erster Linie Werbesendungen ausstrahlt, per Textlaufband mit Nachrichten untermalt. Er war zunächst in Hinte beheimatet, ist inzwischen aber ins friesländische [[Sande (Friesland)|Sande]] umgezogen. |
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== Verkehr == |
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Über Jahrhunderte waren Wasserstraßen für Ostfriesland die wichtigsten Verkehrswege - zumindest für den Fernhandel und den überörtlichen Handel innerhalb Ostfrieslands. Aufgrund seiner peripheren Lage wurde die Region erst spät an das Eisenbahn- und später das [[Autobahn (Deutschland)|Autobahnnetz]] angeschlossen. |
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Die wichtigsten Verkehrsverbindungen folgen zum einen grob dem Lauf der Ems in Richtung Süden und queren zum anderen Ostfriesland in Ost-West-Richtung in Höhe der Städte Leer und Oldenburg. |
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=== Straßenverkehr === |
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[[Bild:Bundesautobahn 31 map.png|thumb|200 px|Verlauf der Autobahn 31 von Ostfriesland ins Ruhrgebiet]] |
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Drei Autobahnen führen durch Ostfriesland, eine weitere weiter östlich ist zumindest für das östliche Ostfriesland (Landkreis Wittmund) von großer Bedeutung. |
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Die 1988 auf dem ostfriesischen Abschnitt fertig gestellte [[Bundesautobahn 28|A 28]] ist eine Ost-West-Verbindung von Leer über Oldenburg bis zur [[Bundesautobahn 1|A 1]] bei Stuhr. Zwischen dem Dreieck Delmenhorst und Groß-Mackenstedt wird der Verkehr über die bis 2009 zur Autobahn auszubauende [[Bundesstraße 322|B 322]] geführt. Die A 28 ist die wichtigste Ost-West-Verbindung in Ostfriesland und verbindet die Region mit dem Ballungsraum [[Metropolregion Bremen/Oldenburg|Bremen/Oldenburg]] sowie darüber hinaus mit [[Hamburg]] und [[Hannover]]. |
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Die im Dezember 2004 vollendete [[Bundesautobahn 31|A 31]] verbindet den Nordseehafen Emden mit der im [[Ruhrgebiet]] gelegenen [[Bundesautobahn 2|A 2]]/[[Bundesautobahn 3|A 3]] bei [[Bottrop]]. Sie wird auch als ''Ostfriesenspieß'' oder ''Emslandautobahn'' bezeichnet. Ihr Bau wurde teilweise von den Regionen [[Emsland]] und Ostfriesland, durch Spenden von Privatleuten und Firmen aus den genannten beiden Regionen sowie von den Niederlanden finanziert, für die die A 31 eine wichtige grenznahe Verbindung ist. Dieses Finanzierungsmodell ist bislang ohne Beispiel in Deutschland. |
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Die vier Kilometer lange [[Bundesautobahn 280|A 280]] verlängert die [[Rijksweg 7|niederländische A 7]], die von [[Zaandam]] über [[Groningen]] nach Deutschland führt, zur A 31. Sie verbindet somit das deutsche und das [[Autobahn (Niederlande)|niederländische Autobahnnetz]]. Die A 280 in ihrer Gesamtlänge, gefolgt von einem Teilstück der A 31 und der A 28 in ihrer Gesamtlänge sind Bestandteil der [[Europastraße 22]]. |
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Daneben ist die [[Bundesautobahn 29]], die [[Wilhelmshaven]] mit der [[Bundesautobahn 1|A 1]] bei [[Ahlhorn]] verbindet, der wichtigste Zubringer für das östliche Ostfriesland, im Wesentlichen also den Landkreis Wittmund. Die A 29 verläuft jedoch an keiner Stelle über ostfriesischen Boden. |
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Nach der A 28 ist die [[Bundesstraße 210|B 210]] die zweite wichtige Ost-West-Verbindung in Ostfriesland. Sie führt von Emden über Aurich und Wittmund nach Wilhelmshaven. Für den Landkreis Wittmund ist sie eine der beiden Verbindungsstraßen zur A 29. Eine weitere Ost-West-Verbindung ist die [[Bundesstraße 436|B 436]] von Weener zur A 29 bei Sande im Landkreis Friesland. Zwischen Weener und [[Hesel]] führt die B 436 über dieselbe Trasse wie früher die - in Ostfriesland inzwischen entwidmete - [[Bundesstraße 75]], die durch die A 28 ersetzt wurde. |
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In der Zeit vor der Eröffnung der Autobahnen in Ostfriesland haben - neben der früheren B 75 - besonders zwei Bundesstraßen eine wichtige Rolle für den überregionalen Verkehr gespielt: die [[Bundesstraße 70|B 70]] und die [[Bundesstraße 72|B 72]]. Die B 70 ist eine der längsten Bundesstraßen in Nordwestdeutschland und verbindet Ostfriesland mit dem Niederrhein. Die B 70 führt auf ihrem Weg von [[Neermoor]] nach [[Wesel]] fast immer entlang der Ems. Während die B 70 heute in Neermoor endet, führte sie in früheren Jahrzehnten üweiter ber Emden bis nach Norddeich. Die B 72 führt von der [[Bundesautobahn 1|A 1]] bei [[Cloppenburg]] über Aurich bis an die Küste nach Norddeich und wurde vor Eröffnung der A 28 ausgebaut, weil sie ein wichtiger Zubringer im Urlauberverkehr war. Zwischen [[Friesoythe]] (Landkreis Cloppenburg) und der Anschlussstelle [[Filsum]] an der A 28 verläuft die B 72 als Kraftfahrstraße im „2 zu 1“-System. Sie stellt weiterhin eine Alternative zur kompletten Fahrt auf der Autobahn dar, wenn das Fahrtziel der Raum Osnabrück ist. |
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Die [[Bundesstraße 438|B 438]] führt von Folmhusen (Gemeinde Westoverledingen) über Collinghorst, Rhaudermoor, Westrhauderfehn (Gemeinde Rhauderfehn) und Ostrhauderfehn, Idafehn (Gemeinde Ostrhauderfehn) nach Wittensand (Saterland). Sie verbindet die B 70 mit der B 72 und erschließt den südlichen Landkreis Leer. Die [[Bundesstraße 461|B 461]] führt von der Kreisstadt [[Wittmund]] zu den Sielhäfen in den Wittmunder Stadtteilen [[Carolinensiel]] und [[Harlesiel]]. Sie ist damit die einzige Bundesstraße in Deutschland, die sich innerhalb einer Gemeinde befindet. |
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Der am stärksten befahrene Abschnitt einer Bundesstraße in Ostfriesland ist die B 72/210 am westlichen Stadtrand Aurichs, im Stadtteil [[Extum]]. Dort fahren täglich knapp 28.000 Fahrzeuge vorbei.<ref>Ostfriesischer Kurier, 24. Januar 2007, S. 9</ref> Auf dem östlichen Innenstadtring Aurichs (B 72) sind es noch fast 26.300 Fahrzeuge, darunter knapp 1400 [[LKW]], was den höchsten Wert für Lastwagen auf Ostfrieslands Bundesstraßen darstellt. Auf der B 210 im Emder Stadtteil [[Harsweg]], der Hauptausfallstraße in nördliche Richtung, wird der dritthöchste Wert erreicht: fast 23.100 Fahrzeuge. Der vierthöchste Wert wird am südlichen Stadteingang Nordens nahe des Bahnhofs beobachtet (22.200 Fahrzeuge). |
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=== Bahnverkehr === |
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[[Bild:Karte Emslandbahn.png|thumb|200 px|Emslandstrecke Münster-Emden mit angeschlossener Ostfriesischen Küstenbahn bis Norddeich]] |
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Die wichtigsten Eisenbahnlinien Ostfrieslands sind die elektrifizierten Hauptbahnstrecken von Emden in Richtung Oldenburg/Bremen und in Richtung Münster, die im Regional- ([[Regionalexpress|RE]], [[Regionalbahn|RB]]) und Fernverkehr ([[Intercity|IC]]) der [[DB AG]] befahren werden. |
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Die [[Emslandstrecke]] (Kursbuchstrecke 395) von Emden über Leer nach Münster ist zweigleisig und - wegen der früheren Erztransporte zwischen Emden und dem Ruhrgebiet - für den Schwerstlastverkehr ausgelegt. Die [[Bahnstrecke Oldenburg–Leer]] (Kursbuchstrecke 390) ist hingegen lediglich eingleisig. Im Bundesverkehrswegeplan ist ein zweigleisiger Ausbau lediglich als "weiterer Bedarf" festgehalten. |
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Intercity-Zugverbindungen bestehen vom Bahnhof Norddeich Mole in Richtung Berlin/Leipzig sowie in Richtung Köln/Luxemburg. Teilweise enden Züge am [[Bahnhof Emden Außenhafen]] statt in Norddeich. Die IC-Linie von Norddeich/Emden-Außenhafen über Emden und Leer nach Luxemburg (IC-Linie 35) wird im [[Liste der Intercity-Bahnhöfe|Zwei-Stunden-Takt]] bedient, die Strecke von Norddeich über Emden und Leer nach Berlin/Cottbus bzw. Leipzig (IC-Linie 56) im Vier-Stunden-Takt. Regionalexpress-Verbindungen bestehen von Norddeich nach Hannover sowie von Emden nach Münster. Einige der Verbindungen nach Münster enden nicht am Emder Hauptbahnhof, sondern am Bahnhof Emden Außenhafen, abgestimmt auf die Fährzeiten nach Borkum. Die Strecke zwischen dem Emder Hauptbahnhof und dem Außenhafen ist die Kursbuchstrecke 396. |
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Zwischen Emden und Wittmund verlief die Strecke der [[Ostfriesische Küstenbahn|Ostfriesischen Küstenbahn]]. Sie ist eine eingleisige Strecke. Für den regelmäßigen Personenverkehr wird heute der Abschnitt Emden-Norddeich genutzt. Zwischen Norden und [[Dornum]] verkehren im Ausflugsverkehr Züge der ''Museumseisenbahn Küstenbahn Ostfriesland (MKO)''. Der Streckenabschnitt zwischen [[Dornum]] und Esens ist abgebaut. |
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Die Strecken [[Bahnstrecke Wilhelmshaven–Oldenburg|Wilhelmshaven–Oldenburg]] (–[[Osnabrück]], nicht auf ostfriesischem Gebiet) und Esens–Wilhelmshaven werden von der [[NordWestBahn GmbH|Nordwest-Bahn]] betrieben. Von Esens aus fahren täglich Züge über Wittmund nach Wilhelmshaven, wobei Anschluss in Richtung Oldenburg besteht. Die Strecke zwischen Esens und der Kreisgrenze zum Landkreis Friesland bildet heute den östlichen Abschnitt der Ostfriesischen Küstenbahn. |
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Die [[Bahnstrecke Abelitz–Aurich]] wurde nach ihrer zwischenzeitlichen Stilllegung 1996 im April 2008 wieder reaktiviert. Allerdings wird diese Strecke (zumindest vorerst) ausschließlich für den Güterverkehr genutzt, vor allem als Verbindung für Enercon in den Emder Hafen. |
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Die internationale Schienenverbindung von Leer über [[Weener]] und [[Reiderland|Neuschanz]] nach [[Groningen]] ([[Bahnstrecke Leer–Groningen]], Kursbuchstrecke 397) wurde auf deutscher Seite lange Zeit durch Busse bedient. Inzwischen wird die Strecke vom Transportunternehmen [[Arriva]] befahren. Leer ist damit der Knotenpunkt des ostfriesischen Eisenbahnnetzes mit Strecken in alle vier Himmelrichtungen. Die Stadt bezeichnet sich deswegen als ''Tor Ostfrieslands''. |
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=== Schiffsverkehr und Häfen === |
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[[Bild:EmdenMoleAutotransporterSchlepper.jpg|thumb|Ein mit Autos beladenes [[RoRo-Schiff]] verlässt den Emder Außenhafen, rechts die [[Mole|Westmole]]]] |
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Die Ems ist der wichtigste Transportweg zu Wasser. An ihrem rechtsseitigen Ufer liegen die drei [[Seehafen|Seehäfen]] (flussaufwärts geordnet) Emden, Leer und Papenburg - wobei letzteres bereits zum [[Landkreis Emsland]] zählt. Mit gut sechs Millionen Tonnen Jahresumschlag ist der [[Emder Hafen]] der größte dieser drei. Emden ist nach [[Bremerhaven]] und [[Brügge|Zeebrügge]] der drittgrößte Autoverladehafen Europas mit rund einer Million umgeschlagenen Fahrzeugen pro Jahr – fast ausschließlich solche der [[Volkswagen AG]]. Daneben werden Forstprodukte und Flüssigkreide umgeschlagen, beides für die [[Nordland Papier]] in [[Dörpen]]. Diese Güter werden per Binnenschiff über die Ems weitertransportiert. Zunehmende Bedeutung für den Emder Hafen erhält der Umschlag von Enercon-Windmühlen, die nach Übersee exportiert werden. Auch für die [[Meyer-Werft]] in Papenburg ist die Ems von immenser Bedeutung, werden auf ihr doch die Schiffe der Werft gen See überführt. Die Leda hat lediglich auf dem kurzen Abschnitt zwischen ihrer Mündung in die Ems und dem Leeraner Hafen Bedeutung für die Seeschiffahrt. |
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Der [[Ems-Jade-Kanal]], einst als innerostfriesische Verbindung zwischen Emden und [[Wilhelmshaven]] angelegt, hat heute fast ausschließlich für die Sportschifffahrt Bedeutung. Lediglich der Transport von Baustoffen vom Emder Hafen zum Binnenhafen von Aurich fällt noch ein wenig ins Gewicht. Der [[Ems-Seitenkanal]] wurde einst als Ergänzung zum [[Dortmund-Ems-Kanal]] angelegt, wird aber ebenfalls nur noch für die Sportschifffahrt genutzt. Der Dortmund-Ems-Kanal selbst, einst wichtiger Transportweg für Erz von Emden ins Ruhrgebiet, verläuft nicht über ostfriesischen Boden. Er beginnt (aus nördlicher Perspektive betrachtet) erst im Emsland, bis dort benutzen Binnenschiffe die Ems. |
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In früheren Jahrhunderten waren die Fehnkanäle in Ostfriesland wichtige Transportwege. Auch sie dienen heute allein der Erholung auf dem Wasser. Zu den längsten Fehnkanälen Ostfrieslands zählt der [[Nordgeorgsfehnkanal]]. |
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Fährhäfen zu den Inseln sind - von West nach Ost - Emden (nach Borkum), [[Norddeich]] (nach Juist und Norderney), [[Neßmersiel]] (nach Baltrum), [[Bensersiel]] (nach Langeoog), [[Neuharlingersiel]] (nach Spiekeroog) und [[Harlesiel]] (nach Wangerooge). Weitere kleinere Häfen (teils eher Marinas) mit schleusenfreier Verbindung zur Ems und zur Nordsee befinden sich in [[Pogum]], [[Ditzum]], [[Midlum (Rheiderland)|Midlum]], [[Jemgum]], [[Bingum]], [[Weener]], [[Oldersum]] und [[Petkum]] an der Ems sowie in [[Dornumersiel]] am Wattenmeer. Die Häfen von [[Greetsiel]] und [[Carolinensiel]] können durch Schleusen erreicht werden. Für die Fischerei sind die Häfen in Ditzum, Greetsiel, Norddeich, Dornumersiel und Neuharlingersiel von Bedeutung. In Oldersum ist am Hafen zudem eine kleinere Werft ansässig. |
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=== Flugverkehr === |
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Ostfriesland verfügt über zivile Flugplätze in Leer (''Flugplatz Leer/Papenburg''), [[Flugplatz Emden|Emden]] und Norddeich. Außerdem verfügen alle Inseln mit Ausnahme Spiekeroogs über Flugplätze. Diese dienen dem Personentransport von und zu den Inseln, teils auch dem Gütertransport mit leichteren Waren. Die meisten Flugbewegungen werden auf dem Flugplatz in Leer verzeichnet, der besonders von Geschäftsreisenden aus Leer und Papenburg häufig genutzt wird. Der Emder Flugplatz ist für die ansässigen Betriebe, vor allem das VW-Werk, ebenfalls von Bedeutung. Der Norddeicher Flugplatz hingegen dient dem Inselverkehr. In Emden ist die [[Ostfriesische Lufttransport]] (OLT) beheimatet. Die OLT betreibt in Emden und Bremen Flugzeugwerften, die größere in Bremen. |
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Der nächstgelegene internationale Verkehrsflughafen ist der [[Flughafen Bremen]]. |
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== Persönlichkeiten == |
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[[Bild:Wolfgang Petersen.jpg|thumb|Wolfgang Petersen]] |
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[[Bild:OttoWalkes (jha).jpg|thumb|Otto Waalkes]] |
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[[Bild:Ubbo-Emmius.jpg|thumb|Ubbo Emmius]] |
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Siehe auch: ''[[Liste der Persönlichkeiten Ostfrieslands]]'' |
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Ostfriesland hat im Laufe der vergangenen Jahrhunderte - und bis heute - eine Reihe von bekannten Persönlichkeiten hervorgebracht. Den meisten ist gemeinsam, dass sie ihre Karriere anderenorts begannen oder fortsetzten - was als Hinweis auf die periphere Lage des Landstrichs und auf das Fehlen einer Metropole verstanden werden kann. |
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Der international bekannteste Ostfriese dürfte der aus Emden stammende Filmregisseur [[Wolfgang Petersen]] sein. Zu den national bekanntesten Ostfriesen gehören darüber hinaus die ebenfalls aus Emden stammenden Komiker [[Otto Waalkes]] und [[Karl Dall]]. Besonders ''Otto'' hat sich in vielen Musikalben und Filmen stets zu seiner Herkunft bekannt. Der Frontmann der Techno-Band ''[[Scooter (Band)|Scooter]]'', ''H. P. Baxxter'', heißt mit bürgerlichem Namen Hans-Peter Geerdes und stammt aus Leer. |
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Der in Emden geborene Journalist [[Henri Nannen]] hat das Magazin ''Stern'' gegründet und damit einen wesentlichen Beitrag zur Presselandschaft im Nachkriegsdeutschland geleistet. Der Fernsehjournalist und langjährige ARD-Korrespondent in Paris, [[Heiko Engelkes]], wurde in Norden geboren. |
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Zu den bedeutendsten deutschen Philosophen der Gegenwart zählt der gebürtige Auricher [[Hermann Lübbe]]. Ebenfalls in Aurich geboren wurde [[Rudolf Eucken]], der 1908 als zweiter Deutscher den Literatur-Nobelpreis gewann und damit der einzige Ostfriese ist, der bislang diese Ehrung erhielt. Die aus Pewsum stammende [[Hermine Heusler-Edenhuizen]] war 1911 die erste offiziell anerkannte und niedergelassene Frauenärztin in Deutschland. In früheren Jahrhunderten haben der Universalgelehrte [[Ubbo Emmius]] aus Greetsiel gewirkt, der unter anderem Gründungsrektor der Universität Groningen war, sowie der Astronom [[Johann Fabricius (Astronom)|Johann Fabricius]] aus Resterhafe, der unabhängig von Galileo Galilei die Sonnenflecken entdeckte. |
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Die Ostfriesen [[Garrelt Duin]] (aus Hinte) und [[Ulf Thiele]] (aus Remels) bestimmen in herausgehobenen Positionen die niedersächsische Landespolitik mit - ersterer als SPD-Landesvorsitzender, letzterer als CDU-Generalsekretär. Der [[Wehrbeauftragte]] des Deutschen Bundestages, [[Reinhold Robbe]], stammt aus Bunde. |
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[[Dieter Eilts]] aus Upgant-Schott, früherer Fußballprofi bei Werder Bremen, hat zum Gewinn der Europameisterschaft 1996 beigetragen. Der gebürtige Norderneyer [[Bernd Flessner]] ist mit zwölf deutschen Meistertiteln der erfolgreichste deutsche Windsurfer. Um die Gesundheit von Sportlern kümmert sich einer der bekanntesten deutschen Sportmediziner, der gebürtige Leerhafer [[Hans-Wilhelm Müller-Wohlfahrt]]. Die frühere Box-Weltmeisterin [[Heidi Hartmann]] wurde ebenso wie der iranische Fußball-Nationalspieler [[Ferydoon Zandi]] in Emden geboren. |
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Eine Reihe von bekannten Persönlichkeiten wurde zwar nicht in Ostfriesland geboren, ist der Region aber verschiedentlich verbunden gewesen. Dazu zählt der Seeräuber [[Klaus Störtebeker]], der sich im 14. Jahrhundert die Lage Ostfrieslands an Seewegen bei gleichzeitiger Abgeschiedenheit auf dem Landwege zunutze machte und in Ostfriesland Unterschlupf fand, vor allem in Marienhafe. |
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Der aus Diedenshausen bei Siegen stammende Rechtsgelehrte [[Johannes Althusius]] war einer der bedeutendsten Nicht-Ostfriesen, die in Ostfriesland gewirkt haben. Als Stadtsyndikus von Emden lenkte er maßgeblich die Geschicke der Stadt in der Zeit ihrer größten Blüte um 1600. Althusius gilt auch als einer der ersten Deutschen, die sich wissenschaftlich mit Politik befasst haben. |
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Der spätere Regierende Bürgermeister von Berlin, [[Ernst Reuter]], gebürtig aus Nordschleswig, verbrachte einen Teil seiner Jugend in Leer. Er besuchte dort die Volksschule und das Gymnasium. |
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Ex-Bundeskanzler [[Gerhard Schröder]] hat sich auf der Insel Borkum einen Zweitwohnsitz eingerichtet. Auf Norderney lebt und arbeitet der aus dem schleswig-holsteinischen Wedel stammende Kunstmaler [[Ole West]]. |
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== Ostfriesland in den Medien == |
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=== Weblinks === |
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{{Commons|Category:East Frisia|Ostfriesland}} |
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{{Portal|Ostfriesland}} |
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*[http://re.search.wikia.com/search.html#ostfriesland Links zum Thema Ostfriesland] bei [[Wikia Search]] |
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{{dmoz|World/Deutsch/Regional/Europa/Deutschland/Niedersachsen/Regionen/Ostfriesland}} |
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=== Literatur === |
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* Karl Cramer – ''Die Geschichte Ostfrieslands. Ein Überblick'', Isensee – Oldenburg |
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* Karl-Ernst Behre, Hajo van Lengen: ''Ostfriesland. Geschichte und Gestalt einer Kulturlandschaft'', Aurich 1995, ISBN 3-925365-85-0 |
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* Hermann Homann: ''Ostfriesland – Inseln, Watt und Küstenland'', F. [[Coppenrath Verlag]], Münster |
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* [[Onno Klopp]]: ''Geschichte Ostfrieslands'', 3 Bde., Hannover 1854–1858 |
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* Stefan Kröger: ''Das Ostfriesland-Lexikon. Ein unterhaltsames Nachschlagewerk'', Isensee Verlag, Oldenburg 2006 |
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* [[Franz Kurowski]]: ''Das Volk am Meer – Die dramatische Geschichte der Friesen'', [[Türmer-Verlag]] 1984, ISBN 3-87829-082-9 |
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* Hajo van Lengen – ''Ostfriesland, Kultur und Landschaft'', ruhrspiegel-Verlag, Essen 1978 |
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* Hajo van Lengen (Hrsg.): ''Die Friesische Freiheit des Mittelalters – Leben und Legende'', Verlag Ostfriesische Landschaft 2003, ISBN 3-932206-30-4 |
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* Herbert Reyer: ''Ostfriesland im Dritten Reich- Die Anfänge der nationalsozialistischen Gewaltherrschaft im Regierungsbezirk Aurich 1933–1938'', Aurich 1992, Ostfriesische Landschaftliche Verlags- und Vertriebsgesellschaft mbh |
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* Tielke, Martin (Hrsg.):– ''Biographisches Lexikon für Ostfriesland'', Ostfries. Landschaftliche Verl.- u. Vertriebsges. Aurich, Bd. 1 ISBN 3-925365-75-3 (1993), Bd. 2 ISBN 3-932206-00-2 (1997), Bd. 3 ISBN 3-932206-22-3 (2001) |
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* ''Ostfriesland im Schutze des Deiches. Beiträge zur Kultur- und Wirtschaftsgeschichte des ostfriesischen Küstenlandes'', hrsg. im Auftrag der Niederemsischen Deichacht, 12 Bände, Selbstverlag, Pewsum u. a. 1969 |
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=== Ostfriesland in belletristischen Texten === |
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Seit Mitte der 1980er-Jahre wurde Ostfriesland insbesondere als Schauplatz für Krimis von mehreren Autoren entdeckt. Den Anfang machte dabei der aus Nordrhein-Westfalen stammende, aber seit den 1970ern in Ostfriesland lebende Theodor J. Reisdorf. Ihm folgte unter anderem der ebenfalls aus NRW stammende und in Ostfriesland lebende Klaus-Peter Wolf, wohingegen die Autorin Sandra Lüpkes zwar in Göttingen geboren wurde, aber auf der Insel Juist auswuchs. |
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Eine Auswahl an belletristischen Texten mit dem Sujet Ostfriesland: |
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* Erskine Childers: ''Das Rätsel der Sandbank'' |
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* S. Wörrishofer: ''Onnen Visser, der Schmugglersohn von Norderney'' (im späten Kaiserreich eines der beliebtesten Jugendbücher über Ostfriesland unter französischer Herrschaft). |
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* Krimis mit Lokalkolorit von Theodor J. Reisdorf: ''Land, Leute und Leichen'' (1982), ''Inselschönheit'' (1984), ''Jadedistel'' (1986), ''Der Mord macht die Musik'' (1987), ''Du sollst nicht begehren'' (1990), ''Die toten Mädchen von Jever'' (1991), ''Tödliche Teestunde Rezension'' (1992), ''Die Tote vom Nordstrand'' (1993), ''Mord im Fischerhafen'' (1995), ''Todestörn vor Juist'' (1996), ''Das Dünengrab'' (1997), ''Tod vor Borkum'' (1999), ''Friesischer Tod'' (2000), ''Mörderische Friesenhochzeit'' (2001), ''Letzter Törn nach Spiekeroog'' (2003), ''Der Tote im Maisfeld'' (2005), ''Friesische Todessinfonie'' (2006). |
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* Krimis mit Lokalkolorit von Klaus-Peter Wolf: ''Ostfriesenkiller'' (2007), ''Ostfriesenblut'' (2008), ''Ostfriesengrab'' (2009). |
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* Krimis mit Lokalkolorit von Sandra Lüpkes: ''Die Sanddornkönigin'' (2001), ''Der Brombeerpirat'' (2002), ''Fischer, wie tief ist das Wasser'' (2003), ''Das Hagebuttenmädchen'' (2004), ''Halbmast'' (2005), ''Die Wacholderteufel'' (2006), ''Das Sonnentau-Kind'' (2007), ''Die Blütenfrau'' (2008). |
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=== Ostfriesland in Film und Fernsehen === |
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* ''[[Britta (Fernsehspiel)|Britta]]'', zweiteiliges [[ARD]]-[[Fernsehspiel]] aus dem Jahr 1978. Der Autor und Regisseur [[Berengar Pfahl]] hatte den Löwenanteil der Handlung nach Ostfriesland verlegt und es dabei verstanden, Lebensumstände und Lebensgefühl der Region, insbesondere das der Jugendlichen zu transportieren. So war die Produktion auch in weiten Teilen Ostfrieslands ein [[Straßenfeger]]. |
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* ''[[Otto – Der Außerfriesische]]'', Kinofilm von und mit [[Otto Waalkes]] aus dem Jahr 1989, in dem er seine Heimat Ostfriesland davor bewahrt, dass dort eine Teststrecke für Hochgeschwindigkeitszüge errichtet wird. In jenem Film bewohnt Otto den [[Pilsum|Pilsumer Leuchtturm]], der es nicht zuletzt durch diesen Film zu Berühmtheit gebracht hat und als „Markenzeichen“ Ostfrieslands gilt. Otto Waalkes hat sein Ostfriesentum zudem im Kabarett und in weiteren Spielfilmen zum Thema gemacht. |
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* ''[[Frankie, Johnny und die Anderen]]'', Kinofilm von [[Hans-Erich Viet]] (1992). Im Sumpf des Rheiderlandes: Fünf Freunde, angeführt von Frankie (Detlef Kuper) versuchen, ihre Langeweile mit dem Erlernen fernöstlicher Kampfsportarten und Meditation zu vertreiben, und planen schließlich ein Bombenattentat auf die Dorfkirmes. |
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* ''Sonne und Sturm'', Folge der ARD-Reihe ''Tatort'' (2003), die in dem fiktiven Küstenort "Nordersiel" spielt, jedoch in Greetsiel gedreht wurde. |
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* ''[[Doktor Martin]]'', komödiantische Vorabendfamilienserie im [[ZDF]]. Ausstrahlung seit Juli 2007. Doktor Martin gespielt von [[Axel Milberg]] ist ein Arzt, der wegen einer Blutphobie einen Neuanfang im Fischerdorf [[Neuharlingersiel]] sucht. |
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== Einzelnachweise und Anmerkungen == |
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[[br:Friz ar Reter]] |
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[[ru:Восточная Фризия]] |
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[[sv:Ostfriesland]] |
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{{Exzellent Kandidat}} |
Version vom 11. November 2008, 16:30 Uhr
Ostfriesland (Ostfriesisches Plattdeutsch: Oostfreesland) ist eine Region in Niedersachsen im äußersten Nordwesten der Bundesrepublik Deutschland. Ostfriesland besteht aus den Landkreisen Aurich, Leer und Wittmund sowie der kreisfreien Stadt Emden. [1][2][3][4] Ostfriesland liegt an der Nordseeküste und umfasst neben dem Festland auch die Ostfriesischen Inseln mit der Ausnahme Wangerooges, die historisch zum Land Oldenburg zählt.
Kommunalpolitisch ist Ostfriesland ein Landschaftsverband. In Ostfriesland leben ungefähr 465.000 Menschen auf 3144,26 Quadratkilometern. Die Region ist damit im Vergleich zum Bundesdurchschnitt dünn besiedelt. Prägend für Ostfriesland ist, dass die Region nicht von einer größeren Stadt dominiert wird. Vielmehr sind es die fünf Mittelstädte Emden, Aurich, Leer, Norden und Wittmund und fünf Kleinstädte (Weener, Wiesmoor, Esens sowie die Inselstädte Norderney und Borkum)[5], die zusammen mit einer Vielzahl von Dörfern die Struktur Ostfrieslands bestimmen.
Das heutige Gebiet Ostfrieslands entspricht bis auf kleinere Arrondierungen dem Gebiet des früheren Fürstentums Ostfriesland (bis 1744). Die Region war über Jahrhunderte von der Landwirtschaft, der Fischerei und − besonders in den wenigen Städten − vom Handel geprägt. Dazu zählte in den Hafenstädten insbesondere der Seehandel. Inzwischen haben der Tourismus und einige industrielle Kerne hohe Bedeutung für die ostfriesische Wirtschaft erlangt. Gleichwohl nimmt die Landwirtschaft auch weiterhin eine starke Stellung in Ostfriesland ein - kulturräumlich wie wirtschaftlich. Trotz wirtschaftlicher Fortschritte in den vergangenen Jahrzehnten gilt Ostfriesland weiterhin als strukturschwache Region.

Geografie
Lage und Gebiet


Ostfriesland ist die nordwestlichste Region Deutschlands und liegt an der Nordseeküste. Im allgemeinen wird unterschieden zwischen Ostfriesland im historisch-politischen Sinne (um das es im vorliegenden Artikel geht) und dem geografischen Begriff Ostfriesland, der weiter gefasst ist (siehe dazu auch den Artikel Ost-Friesland). Das „Ost“ in „Ostfriesland“ bezieht sich auf die Tatsache, dass Ostfriesland im östlichen Teil des alten Frieslands liegt − im Gegensatz zum Westfriesland genannten Teil (der Provinz Fryslân und der Region Westfriesland in den Niederlanden). Neben diesen beiden Frieslanden gibt es das analog als Nordfriesland bezeichnete Gebiet im nordwestlichen Schleswig-Holstein, außerhalb der im Heiligen Römischen Reich als Friesland bezeichneten Territorien.
Ostfriesland besteht aus der kreisfreien Stadt Emden sowie den Landkreisen Aurich, Leer und Wittmund. Diese bilden – von kleineren Grenzkorrekturen abgesehen – das Gebiet des ehemaligen Fürstentums Ostfriesland (1464−1744), das später als Regierungsbezirk Aurich (bis 1978) innerhalb Preußens und später Niedersachsens fortbestand. Die Einwohner dieses Landstriches sind die einzigen, die sich heute noch uneingeschränkt als Ostfriesen bezeichnen. Zudem sind die Stadt und die drei Kreise das Gebiet, das von der Ostfriesischen Landschaft, dem „Kulturparlament“ der Ostfriesen, betreut wird.
Ostfriesland wird begrenzt von den drei oldenburgischen Landkreisen Friesland (sogenannte Goldene Linie), Ammerland und Cloppenburg im Osten sowie dem Landkreis Emsland im Süden. Im Westen grenzt Ostfriesland an die Niederlande, im Norden an die Nordsee. Dem Festland vorgelagert sind die Ostfriesischen Inseln, von denen sieben bewohnt sind. Wangerooge zählt allerdings historisch zum Oldenburger Land.
Ostfriesen fühlen sich als Teil der friesischen Kultur – als Friesen, die in den Nationalstaaten der Niederlande und Deutschlands an der Nordseeküste wohnen. Zur „Sektion Ost“ des Friesenrates gehören daher neben Ostfriesland, dem Oldenburger Friesland und dem Saterland auch die Landstriche Butjadingen (Landkreis Wesermarsch) und Land Wursten (zwischen Bremerhaven und Cuxhaven).
Prägend für Ostfriesland ist unter anderem, dass es nicht von einer größeren Stadt dominiert wird, sondern dass die Vielfalt der Städte und Dörfer vorherrschend ist.
Die Jahrhunderte dauernde, landseitige relative Isolation durch Moore im Süden Ostfrieslands bedingte eine sehr eigenständige Entwicklung der Region innerhalb Deutschlands. Deshalb gibt es noch heute einen latenten Hang zum Separatismus, der sich vor allem in kulturellen Belangen zeigt und politisch als ein Bemühen um den Erhalt historisch gewachsener Strukturen und der Vermeidung der Verschmelzung mit außerostfriesischen Institutionen oder verwaltungstechnischen Einheiten hervortritt.[6]
Landschaftsformen






Auf den Inseln finden sich hinter den Stränden Dünenlandschaften. Der Bewuchs der Weißdünen wird stellenweise künstlich gefördert – hauptsächlich durch eine Bepflanzung mit Gewöhnlichem Strandhafer – welcher die Stabilität der Dünen fördern soll.
Zwischen den Inseln und dem Festland befindet sich das Watt, ein einzigartiges Ökosystem, das seine Entstehung den Gezeiten verdankt. Bei Ebbe fällt es weitgehend trocken, bei Hochwasser liegt es dagegen völlig unter Wasser. Das Watt ist durchzogen von Prielen, über die das Wasser ab- oder zuströmt. Ostfriesland hat einen wesentlichen Anteil am Nationalpark Niedersächsisches Wattenmeer.
Natürlicherweise folgen dem Watt Salzwiesen, sowohl an den Südseiten der Inseln als auch an der Festlandsküste. Sie werden regional unter anderem Heller genannt. Sie werden nur noch gelegentlich bei besonders hohen Wasserständen ganz oder teilweise überflutet. Sie bilden einen ganz eigenen Lebensraum, der durch spezifische Gesellschaften aus Salzpflanzen (Halophyten) geprägt ist. Als erste Pionierpflanze siedelt sich der Europäische Queller an. Inzwischen werden die Salzwiesen extensiv beweidet oder vielfach völlig der Natur überlassen.
Vor etwa 1000 Jahren begannen die Menschen, sich durch Deiche gegen die Nordseefluten zu schützen. Dennoch kam es im Zuge großer Flutkatastrophen immer wieder zu teilweise erheblichen Landverlusten. Im Gegenzug begannen die Menschen schon bald, Neuland aus dem Meer zu gewinnen. Es entstanden sogenannte Polder. Die Folge der Eindeichungen waren unter anderem große Verlust natürlicher Salzwiesen, die sich aufgrund der nun eingeschränkten Dynamik nicht mehr in vollem Ausmaße entwickeln konnten.
Der Küstenraum des Festlandes ist Marschland, das weiter landeinwärts in Niedermoore, Geest und Hochmoore übergeht.
An Hochmoorresten ist insbesondere das Gebiet um das Ewige Meer bei der nach ihm benannten Ortschaft Eversmeer hervorzuheben, der größte Hochmoorsee Deutschlands und Naturschutzgebiet. Zahlreiche weitere Flächen, die Reste der ehemals großen Hochmoore darstellen, und darin gelegene kleinere Moorseen wie das Lengener Meer sind heute ebenfalls Schutzgebiete. In jüngerer Zeit wurde versuchtr durch Wiedervernässungsmaßnahmen den ursprünglichen Charaktern annähernd zu erhalten bzw. wiederherzustelln, nachdem diese Flächen über lange Zeit wegen ihrer Insellage inmitten von Kulturland stark entwässert und anschließend verbuscht waren.
Die Altmoränenlandschaft der Geest zeichnet sich durch vorwiegend sandiges Geschiebematerial der Saaleeiszeit aus und ist heute weitgehend als land- oder (in geringem Umfang) forstwirtschaftliche Fläche kultiviert.
Nach Auflösung der Allmende entstand dank der den Bauern auferlegten Pflicht, ihre Parzellen abzugrenzen und das Ausbrechen des Weideviehs zu verhindern, die typische Wallheckenlandschaft mit kleinen Weideflächen, die von busch- und baumbestandenen Erdwällen umgeben sind, deren Zugangsöffnungen mit den ebenso typischen grob gezimmerten Holztoren (Plattdeutsch: hek) verschlossen werden. Heutzutage werden allerdings häufiger Stahltore genutzt. Die kleineren Parzellen dienen auch heute meist der Viehhaltung, während auf größeren Parzellen, auf denen der Maschineneinsatz lohnend ist, auch Pflanzenanbau betrieben wird.
Zu den größeren Waldgebieten gehören der Heseler Wald (Samtgemeinde Hesel), der Ihlower Forst (Gemeinde Ihlow), der Karl-Georgs-Forst (Gemeinde Friedeburg), der Egelser Wald und der Meerhusener Wald (beide Stadt Aurich). In den Samtgemeinden Hage und Esens befinden sich nennenswerte Waldareale, die nur wenige Kilometer hinter der Küstenlinie liegen.
Weiterhin gibt es in Ostfriesland eine größere Anzahl natürlicher (Niedermoor-)Seen, deren größter das Große Meer bei Bedekaspel (Gemeinde Südbrookmerland) ist. Neben den vorstehend bereits genannten Seen befinden sich noch weitere in Ostfriesland, insbesondere im Städtedreieck Emden-Aurich-Leer, darunter die Hieve (Gemeinde Hinte) und das Sandwater (Gemeinde Ihlow).
Größter Fluss Ostfrieslands ist die Ems, nach Elbe und Weser der kleinste der drei Ströme, die in Deutschland in die Nordsee münden. Weitere Flüsse sind die Leda (Landkreis Leer), die bei Leerort in die Ems mündet, ihr Nebenfluss Jümme, sowie die Harle im Landkreis Wittmund, die in Harlesiel in die Nordsee fließt − allerdings durch ein Siel.
Ostfriesland ist zudem von einer Vielzahl kleinerer natürlicher Gewässerläufe durchzogen, die Tief genannt werden. Sie sind mit künstlich angelegten Kanälen verbunden und entwässern über Siele oder Schleusen, etwa in Emder Hafen, in die Ems oder direkt in die Nordsee. Der längste künstliche Wasserlauf ist der Ems-Jade-Kanal. Weitere längere Kanäle sind der Ems-Seitenkanal zwischen Emden und Oldersum sowie der Nord- und der Südgeorgsfehnkanal. Am stärksten von Fehnkanälen durchzogen sind die Gemeinden Großefehn, Rhauderfehn und Ostrhauderfehn sowie die Stadt Wiersmoor, während die Kanäle in Emden, die keine Fehnkanäle sind, die größte Länge von Kanälen unter den ostfriesischen Städten umfassen.
Der höchste natürliche Punkt Ostfrieslands ist eine Wanderdüne im Naturschutzgebiet Hollsand in der Gemeinde Uplengen, die etwa 18,5 Meter über dem Meeresspiegel liegt. Der tiefste Punkt liegt nahe der Nordseeküste in der Gemeinde Krummhörn. Hier liegt ein Teil des Freepsumer Meeres 2,5 Meter[7] unter dem Meeresspiegel. 1983 wurde dieser als tiefster Punkt Deutschlands in das Guinnessbuch der Rekorde eingetragen. Seit 1988 gilt jedoch eine Stelle (-3,54 m) in der Gemeinde Neuendorf-Sachsenbande in der Wilstermarsch in Schleswig-Holstein als tieferliegend.
Klima







Ostfriesland liegt in der warmgemäßigten Zone mit ganzjährigen Niederschlägen. Nach der Klimaklassifikation von Köppen befindet sich Ostfriesland in der Einteilung Cfb (Klimazone C: Warm-Gemäßigtes Klima; Klimatyp Cf: Feucht-Gemäßigtes Klima; Klimauntertyp b: warme Sommer).
Die Temperaturen sind aufgrund der Nähe zur Nordsee relativ ausgeglichen; die Sommer sind warm, häufig liegt die Höchsttemperatur über 20 °C, doch wird die 30 °C-Marke nur an wenigen Tagen erreicht oder überschritten. Die Winter sind im Allgemeinen mild und feucht mit sehr wenigen Eistagen,[8] leichter Frost ist aber jederzeit möglich. Nur selten gibt es Temperaturen unter −10 °C. Die Jahresmitteltemperatur liegt bei 8,4 °C im zentral innerhalb Ostfrieslands gelegenen Aurich und 9 °C auf der Insel Norderney. Auf den Inseln sind die Temperaturen noch ausgeglichener. Durch den Speichereffekt des Meeres wird noch lange nach dem Hochsommer Wärme abgegeben. Die Temperaturen sind daher im Winter milder. In den Hochmoorgebieten im Landesinneren liegen die Temperaturen zumeist etwas niedriger als in der küstennahen Marsch.
Im Laufe des Jahres fällt im Mittel rund 800 mm Niederschlag, auf den Inseln weniger. Ostfriesland liegt damit über dem bundesdeutschen Durchschnittswert von rund 700 mm. Der meiste Niederschlag fällt im Landesinneren in den Sommermonaten, vor allem im Juni und Juli. Auf den Inseln sind die Herbstmonate die niederschlagsreichsten. Die Zahl der Nebeltage mit Sichtweiten von weniger als einem Kilometer ist deutlich überdurchschnittlich: 35 Tage auf den Inseln, 45 Tage auf dem Festland. Sehr nebelintensiv sind die Hochmoorgegenden. Die Zahl der Schneetage im Jahr liegt zumeist im einstelligen Bereich. Trotz des überdurchschnittlichen Niederschlags und des überdurchschnittlich oft auftretenden Nebels ist Ostfriesland relativ bewölkungsarm und sonnenreich. [9] Die Sonnenscheindauer liegt mit rund 1500 bis 1600 Stunden etwa im Mittel für den nordwestdeutschen Raum, die Inseln liegen noch darüber.[9]
In Ostfriesland weht der Wind stärker und häufiger als im bundesdeutschen Durchschnitt. Zumeist kommt er aus westlichen Richtungen. Die mittlere Windgeschwindigkeit liegt auf dem Festland bei 5,5 bis 6 m/sec, auf den Inseln sogar bei bei 7,5 bis 8 m/sec. Sturm (Windgeschwindigkeit von mehr als 20 m/sec) tritt überdurchschnittlich häufig auf: Auf den Inseln an 30, auf dem Festland an 22 Tagen im Jahr.[9] An der Küste und auf den Inseln herrscht im Winterhalbjahr bei solchen Wetterlagen Sturmflutgefahr, besonders bei Winden aus Nordwest. Diese ist besonders groß, wenn zur Sturmlage auch die Springtide hinzukommt, die das Wasser ohnehin höher auflaufen lässt.
Die geringen Temperaturunterschiede, der stetige Wind sowie eine salz-, ozon- und jodreiche Luft von hoher Reinheit und Feuchte bilden das Reizklima, das Heilwirkungen hervorrufen kann. Hinzu kommen eine erhöhte Ultraviolett-Strahlung [9] und - auf den Inseln - die überdurchschnittliche Sonnenscheindauer.
Klimatabellen (langjähriges Mittel 1961-1990) von Aurich und Norderney zum Vergleich:
Monatliche Durchschnittstemperaturen und -niederschläge für Aurich
Quelle: Deutscher Wetterdienst
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Monatliche Durchschnittstemperaturen und -niederschläge für Norderney
Quelle: Deutscher Wetterdienst
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Flora und Fauna
An den Stränden der Inseln und der Küste werden Tang und Seegras angespült. In den Dünen der Inseln sind viele Arten von Strandpflanzen vorhanden. Zu den typischen Vertretern gehören Pionierpflanzen wie der Strandhafer auf Weißdünen sowie Sanddorn auf Braundünen. Auf letzteren breitet sich oft auch großflächig die Krähenbeere aus.
Im Watt gibt es eine außerordentliche Zahl an endemischen Pflanzen. Auf den höher gelegenen und bei Ebbe länger trocken fallenden Abschnitten siedelt sich als Pionierpflanze beispielsweise der Queller an.



Die Inseln sind - abgesehen von den Vögeln - relativ artenarm. An Säugetieren sind nur Wanderratte, Igel und die sehr zahlreichen Kaninchen zu nennen.[10] Im 19. Jahrhundert wurden Hasen, Rebhühner und Fasane ausgesetzt. Lediglich der Hase hat sich aber den Insel-Bedingungen gut anpassen können.
Im Wattenmeer - und hier besonders auf Sandbänken - ist der Seehund anzutreffen. Das Watt bietet auch einer Vielzahl von Vogelarten Nahrung - in Form von Krebsen, Muscheln, Schnecken und Würmern wie dem Sandpier. Die Küste ist ausgesprochen vogelreich und ein wichtiges Durchzugsgebiet von europäischer Bedeutung für Wandervögel. Anzutreffen sind unter anderem Watvögel, Gänse, Enten und Möwen. Die Insel Memmert ist mit rund 12.000 Brutpaaren der Silbermöwen die größte Kolonie dieser Art in Deutschland [11] und auch der einzige bekannte Brutplatz für die Englische Heringsmöwe in Deutschland. Auch Kormorane gibt es dort in größerer Zahl.
Die Marsch ist - ebenso wie die Niederungsflächen am Rande der Geest - aufgrund der Eingriffe des Menschen in die Natur und der intensiven landwirtschaftlichen Nutzung relativ artenarm. Es finden sich Hasen und Fasane, Feldmäuse und - in großer Zahl - Maulwürfe. In der Marsch ist unter den Entenarten die Stockente verbreitet. An den Binnengewässern finden sich auch weitere Entenarten, Gänse, Reiher und Schwäne. Zu den in den Binnengewässern vorkommenden Fischarten zählen Aal, Hecht, Barsch, Zander und Karpfen.[12]
Die Geest ist deutlich artenreicher als die Marsch. Zwischen Äckern und Grünlandflächen finden sich die Wallhecken, die günstigere Lebensbedingungen bietet als die Marsch. Dort sind viele Kleinvogelarten anzutreffen, aber auch Rebhuhn und Wachtel. Das Hochmoor hingegen dient nur wenigen Vogelarten als Lebensraum. Eine Ausnahme bildet das Birkhuhn. Dafür gibt es in den Hochmooren Moorfrösche, Eidechsen und Kreuzottern. In den wenigen Wäldern Ostfrieslands ist auch Damwild und Schwarzwild anzutreffen.
Ostfriesland hat als landwirtschaftlich geprägte Region einige eigenständige Nutztierrassen hervorgebracht. Hervorzuheben sind dabei das Ostfriesenpferd, das Ostfriesische Milchschaf, das mittlerweile nur noch in wenigen reinen Exemplaren vertretene schwarzbunte Rind und die Emder Gans sowie die Hühnerrasse Ostfriesische Möven in verschiedenen Farbschlägen. Das zum Typ des Niederungsviehs gehörende schwarzbunte Rind gehört zu den bedrohten alten Rassen. Es wurde seit langem durch Hochleistungszuchten wie die Holstein Friesian, eine in den USA entstandene Hybridrasse, verdrängt.
Einwohner
Siehe auch: Liste der Städte und Gemeinden in Ostfriesland
In Ostfriesland leben etwa 465.000 Menschen auf 3.144,26 Quadratkilometern. Daraus ergibt sich eine Einwohnerdichte von rund 148 Einwohnern pro km². Damit liegt Ostfriesland deutlich unter dem Bundesdurchschnitt von 230 Ew/km² und auch noch unter dem Durchschnitt des Landes Niedersachsen (168 Ew/km²).
Die größten Städte Ostfrieslands sind Emden (51.742 Einwohner), Aurich (40.651), Leer (34.128), Norden (25.147) und Wittmund (21.465). Die fünf Mittelstädte verteilen sich über die Region, lediglich Aurich und Wittmund haben eine gemeinsame Grenze - dies allerdings bedingt durch sehr umfangreiche Eingemeindungen bei der Kommunalrefom 1972. Die am dichtesten besiedelte dieser Städte ist Leer, da sie sich auf lediglich gut 70 km² erstreckt. Die kleinste Gemeinde Ostfrieslands ist die Insel Baltrum mit 479 Einwohnern.
Zur Einwohnerzahl Ostfrieslands in gräflicher bzw. fürstlicher Zeit liegen keine Daten vor. Erst mit dem Einzug der Preußen wurden ab 1750 Listen geführt. Für das Jahr 1744 variieren die Schätzungen zwischen 80.000 und 100.000 Einwohnern.
Ostfriesland hat zwar bis heute eine im Bundesvergleich überdurchschnittliche Geburtenrate. Sie lag 2003 in den Landkreisen Aurich und Leer bei 1,6 Geburten pro Frau im gebärfähigen Alter. [13] Im Landkreis Wittmund lag sie sogar noch etwas höher. [14] Der Bundesdurchschnitt lag 2003 (Jahr der Untersuchung) bei 1,37. Allerdings reichen die Geburtenzahlen - wie im übrigen Bundesgebiet - nicht aus, um den Bevölkerungsstand zu halten: Sie liegen unterhalb der Nettoreproduktionsrate.
Zuwanderung gleicht allerdings das Geburtendefizit wieder aus. Dabei handelte es sich in den 1990ern oftmals um Zuwanderer aus den neuen Bundesländern sowie Spätaussiedler aus Osteuropa. Allerdings spielen auch Ruheständler aus anderen Teilen Deutschlands, die in Ostfriesland ihren Lebensabend verbringen wollen, eine wichtige Rolle bei der Zuwanderung. Dies verstärkt allerdings noch - über den ohnehin erwartbaren demografischen Wandel hinaus - die Überalterung.
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Geschichte
Hauptartikel: Geschichte Ostfrieslands
Frühgeschichte und Besiedlung

Früheste Siedlungsnachweise finden sich für jungpaläolithische Rentierjäger der Hamburger Kultur. Es folgen Nachweise mesolithischer Besiedlung und später neolithischer Siedlungen der Glockenbecherkultur, der Megalithkultur und der Schnurkeramiker.
Für spätere Zeit ist die Siedlung germanischer Stämme aus dem Großverband der Ingwäonen nachgewiesen. Dies waren Chauken und Friesen. Während ursprünglich Chauken das Gebiet zwischen Ems und Weser bewohnten, begannen etwa um die Zeitenwende Friesen in diesen Raum vorzudringen. Die Chauken wurden von diesen teils verdrängt, teils in deren Stammesverband aufgesogen. Seit dem zweiten nachchristlichen Jahrhundert werden die Chauken nicht mehr erwähnt. Von der Landseite her drängten derweil sächsische Stämme in die Geestgebiete vor. Die späteren Ostfriesen gingen aus der Mischung dieser Bevölkerungsgruppen hervor.
Im frühen Mittelalter war eine Besiedlung nur in höher gelegenen Geestgebieten und auf so genannten Warften im regelmäßig von der Nordsee überfluteten Marschland möglich. Erst der Deichbau (ab ca. 1000 n. Chr.) ermöglichte es den Friesen die gesamte Marsch zu besiedeln, woraus der Sinnspruch entstand „Gott schuf das Meer, der Friese die Deiche“.

Nach der nur archäologisch zu erhellenden Vorgeschichte erschließt sich die Frühgeschichte Ostfrieslands teils über die Archäologie, teils über fremde, etwa römische Quellen. Die Berichte von Plinius, Tacitus und Strabon sind, obwohl ihre Aussagen über Zahl, Verteilung und Form der Siedlungen recht allgemeiner Natur sind, insofern wichtig, als sie davon Kunde geben, dass die deutsche Nordseeküste schon in der Zeit um Christi Geburt bewohnt war. Plinius berichtet von den Chauken, die unter primitiven Verhältnissen im Wattgebiet zwischen Unterelbe und Unterems lebten.[16] In dieses Gebiet drangen wahrscheinlich während der Völkerwanderung von Osten die Sachsen und von Westen die Friesen ein und nahmen das Küstengebiet in dauernden Besitz.
Frühkarolingische und karolingische Zeit
Klarer lässt sich die Geschichte Ostfrieslands erst ab der frühkarolingischen Zeit nachweisen. Damals existierte ein friesisches Großreich, das weite Teile des heutigen Westfriesland, Ostfriesland und Gebiete bis zur Weser umschloss und von Königen beherrscht wurde, deren Namen teilweise überliefert sind. Einer dieser Großfriesischen Könige ist Radbod, um den sich viele ostfriesische Sagen und Erzählungen ranken. An vielen Orten wird er durch Straßennamen geehrt.

Das Großfriesische Reich war nur von relativ kurzem Bestand und fiel mit der Unterwerfung des östlichen Friesland durch Karl den Großen im Jahre 785 an die Franken.
Unter Karl dem Großen wurde Ostfriesland in zwei Grafschaften geteilt. Zu dieser Zeit setzte die Christianisierung durch die Missionare Liudger und Willehad ein. Ostfriesland wurde zu einem Teil dem Bistum Bremen, zum anderen dem Bistum Münster zugeschlagen.
Mit dem Verfall des Karolingerreiches löste sich Ostfriesland aus den früheren Bindungen. Es entstand ein Verbund selbstständiger, selbst verwalteter Bezirke, die jeweils jährlich als ihre Vertreter so genannte „Redjeven“ (Rechtsprecher, Ratsmänner) wählten, die sowohl die Gerichtsbarkeit ausübten als auch die Verwaltung und Organisation ihrer Bezirke regelten. So blieb der im Mittelalter in Europa verbreitete Feudalismus in Ostfriesland unbekannt. Vielmehr verstanden sich die Friesen als freie Menschen, die keiner Obrigkeit verpflichtet waren.
Alljährlich versammelten sich während dieser Zeit, der so genannten Friesischen Freiheit, die vom 12. bis ins 14. Jahrhundert währte, Abgesandte der sieben friesischen Seelande am Upstalsboom nahe Aurich, um dort Recht zu sprechen und politische Entscheidungen von überregionaler Bedeutung zu treffen. Die Zahl sieben ist hierbei lediglich symbolisch, tatsächlich waren es Abgesandte aus mehr Landstrichen.
Ostfriesische Häuptlinge
Hauptartikel: Ostfriesische Häuptlinge


Im Verlauf des 14. Jahrhunderts zerfiel die Redjeven-Verfassung zusehends und weitere Ereignisse wie z. B. der Ausbruch der Pest und große Sturmflutkatastrophen sorgten für weitere Destabilisierung der Verhältnisse. Diese Situation machten sich einige einflussreiche Familien zu Nutze und schufen ein Herrschaftssystem, indem sie als Häuptlinge (hovedlinge) die Macht über mehr oder weniger weite Gebiete an sich rissen[17]. Dabei etablierten sie weiterhin kein Feudalsystem, wie es im übrigen Europa zu finden war, sondern eher ein Gefolgschaftssystem, das älteren Herrschaftsformen germanischer Kulturen im Norden ähnelte, indem die Bewohner der jeweiligen Machtbereiche zwar in einem Abhängigkeitsverhältnis zum Häuptling standen, diesem verschiedentlich verpflichtet waren, im Übrigen ihre Freiheit behielten und sich auch anderweitig niederlassen konnten.
Es folgte eine Zeit, geprägt vom ständigen Streit der Häuptlingssippen um Machtbereiche, Einfluss und Vorherrschaft, die erst endete, nachdem um 1430 Edzard Cirksena sich als Anführer eines Bundes der Freiheit durchgesetzt hatte. Ulrich Cirksena, ein Angehöriger eines der letzten einflussreichen Häuptlingsgeschlechter, wurde 1464 von Kaiser Friedrich III. in den Reichsgrafenstand erhoben und mit Ostfriesland als Reichsgrafschaft belehnt. Es gehörte zum Niederrheinisch-Westfälischen Reichskreis.
Ostfriesland unter den Cirksena (1464 - 1744)

Unter der Herrschaft des 1662 in den erblichen Fürstenstand erhobenen Hauses Cirksena entwickelte sich Ostfriesland gesellschaftlich und wirtschaftlich vorteilhaft. Die größte Ausdehnung erreichte die Grafschaft unter Edzard dem Großen, dem bedeutendsten Cirksena-Herrscher, unter dessen Herrschaft auch die Ausbreitung der Reformation in Ostfriesland begann und das Ostfriesische Landrecht konzipiert wurde. In dieser Zeit (1547–1625) lebte auch Ubbo Emmius, der bedeutende ostfriesische Humanist, Historiker und Gründungsrektor der Universität Groningen. Die Grafen konnten in Ostfriesland allerdings keine starke Adelsherrschaft wie in den anderen Staaten des Reiches durchsetzen, da die friesischen Stände ihre Freiheitsrechte weitgehend zu wahren und verteidigen wussten.
Während des Dreißigjährigen Krieges litt Ostfriesland große Not unter der Heimsuchung durch die Truppen des Grafen von Mansfeld. Die einzige Ausnahme bildete Emden, da der kurz zuvor fertig gestellte Emder Wall die Stadt vor der Einnahme durch fremde Truppen schützte. Die Stadt erlebte zwischen 1570 und dem Ende des Dreißigjährigen Krieges ihre größte Blütezeit und wurde einer der wichtigsten europäischen Hafen- und Reedereistandorte. Dies war in erster Linie der großen Zahl niederländischer Glaubensflüchtlinge geschuldet, die sich in der Seehafenstadt niederließen. Emder Kaufleute gründeten 1633 die erste Fehnsiedlung Ostfrieslands, (West-)Großefehn. [18]
Nachdem die Ordnung nach dem Dreißigjährigen Krieg wieder hergestellt war, kam es zu einer unvergleichlichen Machtentfaltung der ostfriesischen Stände, die sich damit weitgehend unabhängig vom jeweiligen Landesherrn machten. Dies führte zu vielen Streitfällen, aber der Versuch, die landesherrliche Macht wiederherzustellen, schlug fehl. Aus der damaligen Vertretung der ostfriesischen Stände ging später die Ostfriesische Landschaft hervor, die noch heute deren Wappen führt, sich inzwischen aber von einer politischen Institution zu einer Einrichtung der Kulturpflege gewandelt hat.
Das Fürstentum Ostfriesland kam in jener Zeit unter Einfluss der Niederlande und lehnte sich politisch, kulturell und wirtschaftlich eng an diese an. De facto wurde es ein Satellit der Niederlande, die an zentralen Orten Truppen stationierten, darunter in Leerort bei Leer und Emden.

1726/27 kam es zum so genannten Appell-Krieg, der sich in einem erneuten Konflikt zwischen dem Fürsten Georg Albrecht und einem Teil der Stände äußerte, die sich in gehorsame und renitente Stände aufspalteten. Der Fürst ging als Sieger aus diesem Konflikt hervor. Selbst die an der Spitze der renitenten Stände stehende Stadt Emden unterwarf sich. Durch das schlechte Verhandlungsgeschick des Kanzlers von Georg Albrecht, Enno Rudolph Brenneysen, kam es in der Folge jedoch nicht zu einer friedlichen Einigung der an dem Konflikt beteiligten Parteien. Obwohl Kanzler und Fürst eine strenge Bestrafung der Renitenten forderten, wurden diese 1732 vom Kaiser amnestiert. Als Fürst Georg Albrecht am 11. Juni 1734 starb, übernahm Carl Edzard im Alter von 18 Jahren die Amtsgeschäfte als letzter noch lebender Nachkomme von Georg Albrecht. Auch er konnte die Konflikte mit den Ständen nicht lösen.
Zu dieser Zeit wurden die Weichen für die Machtübernahme Preußens in Ostfriesland gestellt. Eine bedeutende Stellung hierbei nahm die Stadt Emden ein, die nach dem Appell-Krieg politisch isoliert und wirtschaftlich stark geschwächt war. Ziel der Emder Stadtspitze war es, Emden die Stellung als „ständische Hauptstadt“ und Handelsmetropole zurückzugeben. Ab 1740 setzte sich in Emden die Meinung durch, dass dieses Ziel mit preußischer Hilfe erreicht werden könnte. Dazu sollte ein Vertragswerk geschaffen werden, das die preußische Anwartschaft in Ostfriesland anerkannte. Die wirtschaftliche Position Emdens sollte durch vertraglich festgelegte Schutzmaßnahmen und Förderungen gestützt und die bestehenden Privilegien (etwa das Stapelrecht) der Stadt bestätigt werden. Die Verhandlungen auf preußischer Seite führte der Direktorialrat im niederrheinisch-westfälischen Reichskreis, Sebastian Anton Homfeld, der am 8. November 1740 einen ersten Entwurf über die Verfahrensweise beim Eintreten des Erbfalls vorlegte.[19]
Homfeld galt als einer der führenden Vertreter der renitenten Stände. Nach anfänglichen Schwierigkeiten kam es darauf aufbauend am 14. März 1744 zum Abschluss von zwei Verträgen, die zusammenfassend als Emder Konvention bezeichnet werden. Zum einen war dies die Königliche Special-Declarations- und Versicherungsakte, zu anderen die Agitations- und Konventionsakte, in der vornehmlich wirtschaftliche Regelungen getroffen wurden. Des weiteren stütze sich Preußen auf das von Kaiser Leopold I. 1694 ausgestellte Expektanz, das das Recht auf Belehnung des Fürstentums Ostfriesland für den Fall fehlender männlicher Erben sicherstellte. Trotz des Widerstands des Königreichs Hannover sollte sich Preußen im Bemühen um Ostfriesland durchsetzen.
Von der ersten zur zweiten preußischen Herrschaft (1744 - 1918)

Als am 25. Mai 1744 Carl Edzard, der letzte ostfriesische Fürst aus dem Hause Cirksena, starb, machte König Friedrich II. von Preußen sein Nachfolgerecht geltend, welches in der Emder Konvention geregelt war. Er ließ Ostfriesland von Emden ausgehend ohne Widerstand besetzen, worauf am 23. Juni das Land der preußischen Krone huldigte. Die alte Landeshauptstadt Aurich blieb Sitz der Landesbehörden, erhielt eine Kriegs- und Domänenkammer und wurde Regierungshauptstadt der Preußischen Provinz Ostfriesland. Unmittelbar nach dem Machtantritt der Preußen begann der Ausverkauf des Fürstlichen Mobiliars in Aurich. Das gesamte Inventar des Schlosses, darunter die ostfriesische Fürstenbibliothek, wurde in mehreren Auktionen versteigert, so das davon heute kaum noch etwas erhalten ist.[20]
Die nun folgende Zeit preußischer Herrschaft brachte für Ostfriesland einen erheblichen wirtschaftlichen Aufschwung, verstärkte Öffnung nach außen und vielerlei Neuerungen. So profitierte die Stadt Emden etwa von der Einrichtung eines Freihafens im Jahr 1751. [21] Der Emder Hafen ist damit einer der ältesten Freihäfen Mitteleuropas. In diese Zeit fällt auch der Beginn der ausgedehnten und geplanten Moorkolonisierung und die Gründung vieler neuer Fehnsiedlungen, beginnend mit dem Urbarmachungsedikt von 1765. Preußen erkannte die selbständige Stellung Ostfrieslands innerhalb des preußischen Staates an und setzte einen weitgehend autonom regierenden ostfriesischen Kanzler ein. Der erste Kanzler war der oben schon genannte, äußerst einflussreiche Sebastian Anton Homfeld aus einer rheiderländischen Honoratiorenfamilie, dem Gerüchte die Vergiftung des letzten ostfriesischen Fürsten zuschreiben.
Nach der Schlacht bei Jena und Auerstedt wurde Ostfriesland in das Königreich Holland und damit in den französischen Machtbereich eingegliedert. 1810 kam es als Departement „Ems-Orientale“ („Osterems“) unmittelbar zum französischen Kaiserreich. Das westliche Ostfriesland (Rheiderland) wurde aufgrund alter niederländischer Ansprüche aus Ostfriesland ausgegliedert und dem niederländischen Departement „Ems-Occidental“ mit der Hauptstadt Groningen zugeschlagen. Frankreich brachte moderne Rechtsvorstellungen nach Ostfriesland und unternahm die ersten bedeutenden Schritte zu einem umfassenden Umbau des alten ostfriesischen Gesellschaftssystems. Auf Anordnung Napoleons mussten die Ostfriesen 1811 die bisher unbekannten Familiennamen annehmen und ihr bisheriges kompliziertes System der patronymischen Namensvererbung aufgeben - dies setzte sich aber erst Mitte des 19. Jahrhunderts durch. Es wurden auch erstmals Bürgermeister in den Dörfern eingeführt. Die ostfriesischen Dorfgesellschaften kannten bis dahin keine zentrale Verwaltungsstelle, da die Verantwortung auf die Olderlinge, Deichgrafen und andere lokale Honoratioren gleichmäßig verteilt war. Außerdem wurde der Code Civil eingeführt. Es wurden zur Durchsetzung der Kontinentalsperre außerdem zahlreiche französische Zollbeamte in Ostfriesland eingesetzt, deren Nachkommen teils noch immer in Ostfriesland leben. Einige Ostfriesen wurden in dieser wirtschaftlich schwierigen Zeit durch den England-Schmuggel wohlhabend, unter anderem mit Tee.
Nach der Niederlage Napoleons und des Zusammenbruchs seiner Herrschaft, kam es in den Jahren 1813 bis 1815 erneut zum Einzug Preußens in Ostfriesland. Ostfriesische Soldaten nahmen während dieser Zeit an den Schlachten von Ligny und Belle-Alliance (Waterloo) teil. Die Hoffnungen Ostfrieslands, preußisch zu bleiben, wurden jedoch mit dem Wiener Kongress 1814/15 enttäuscht. Nach dem Abtreten Napoleons sollte in Wien eine neue territoriale Ordnung Europas begründet werden. Preußen erhielt einen Teil des Großherzogtums Warschau (Posen), zugesprochen. Außerdem erhielt Preußen noch Vorpommern, Westfalen und die Rheinprovinz, musste Ostfriesland jedoch an das Königreich Hannover abtreten. Federführend hierbei war England, das die Festsetzung Preußens an der Nordseeküste verhindern wollte. Dazu heißt es in Artikel 27 der Schlussakte des Wiener Kongresses: „Der König von Preußen tritt an den König von Großbritannien und Hannover das Fürstentum Ostfriesland ab unter den Bedingungen, die im Artikel 5 über die Emsschiffahrt und den Handel im Emder Hafen gegenseitig festgelegt sind. Die Stände des Fürstentums werden ihre Rechte und Privilegien behalten.“ Die dann folgende Zeit war geprägt von Stillstand und teilweisem Rückschritt.

Zur Verwaltung des neuen Gebietes wurde am 17. Juni 1817 eine Provinzialregierung mit Sitz in Aurich gebildet. 1823 wurde daraus die Landdrostei Aurich als Mittelbehörde des Königreichs, die ihren Sitz in der Stadt hatte.[22] Zu dieser Zeit leben etwa 142.114 Einwohner in Ostfriesland. Bis zum Ende der Hannoverschen Zeit erhöht sich die Einwohnerzahl um etwa 37 Prozent auf 194.033.[22] Dies führte zu einer Auswanderungswelle von Ostfriesen in die USA, die etwa um 1848/50 ihren ersten Höhepunkt erreichte. Ziele der Ostfriesen waren vor allem die Staaten Illinois und Iowa, in denen es noch heute Regionen gibt, in denen Plattdeutsch gesprochen wird. Auffällig bei den Ostfriesischen Auswanderern war, dass sie bevorzugt mit Menschen zusammenzogen, mit denen sie schon in Ihren Heimatdörfern zusammengelebt haben. Von 1882 bis 1971 erschien in den USA die Zeitung Ostfriesische Nachrichten- Heimatblatt der Ostfriesen in Amerika.

In Ostfriesland stieß es allgemein auf Beifall, als das Land mit der Annexion des Königreiches Hannover durch Preußen 1866 wieder preußisch wurde und sich daraus tatsächlich umgehend ein Entwicklungsschub ergab. Seitdem setzte sich in Ostfriesland die kulturelle Verbindung mit Deutschland („Duitsland“) endgültig durch, und auch die Verwendung der deutschen Sprache in der Schule wurde endgültig üblich (in manchen Gebieten zuvor noch Niederländisch und auch Ostfriesisches Platt).
Ostfriesland war nun Teil der preußischen Provinz Hannover. Aus der Landdrostei wurde der preußische Regierungsbezirk Aurich gebildet, wobei die Bezeichnung Landdrostei ebenso wie die Ämterstruktur noch bis 1885 erhalten blieben.[22] In jenem Jahr wurden die Landkreise Aurich, Emden (ohne Stadt Emden), Leer, Norden, Weener und Wittmund gebildet. Als kreisfreie Stadt kam Emden hinzu.
In den Jahren 1880 bis 1888 wurde der Ems-Jade-Kanal erbaut. Seine Entstehung verdankt er dem Wunsche Preußens, seinen als Exklave im damaligen Großherzogtum Oldenburg gelegenen Kriegshafen Wilhelmshaven über den Wasserweg mit dem preußischen Ostfriesland zu verbinden, zu dem Wilhelmshaven politisch gehörte – und hier speziell mit dem Emder Hafen.
Wirtschaftlich blieben Ackerbau und Viehzucht, insbesondere die Rinderzucht dominierend. Aurich und Leer waren zu dieser Zeit bedeutende Viehhandelsplätze. Eine Industrialisierung fand hingegen nur sehr zögerlich statt. Bedeutung erlangten dabei die Werften in Leer und Emden. Hier lagen auch die Handelszentren des Regierungsbezirks. Bei der wirtschaftlichen Förderung konzentrierte sich der preußische Staat auf Emden. Die Stadt entwickelte sich infolgedessen zum Seehafen des Ruhrgebiets und bedeutenden Umschlagplatz für Massengüter wie Erze und Kohle. Einen Schub leistete dabei der 1899 fertiggestellte Dortmund-Ems-Kanal.[23] 1913 wurde in der Stadt Große Seeschleuse eingeweiht. Mit einer Länge von 260 Metern galt sie zu diesem Zeitpunkt als eine der größten Seeschleusen der Welt. Mit dem Bau der Schleuse wurde auch ein neues Hafenbecken angelegt, der Neue Binnenhafen. Hier wurden vornehmlich Erze und Kohle umgeschlagen. Die Einfuhr im Emder Hafen steigerte sich so von 75.000 Tonnen im Jahr 1899 auf 1,5 Millionen Tonnen im Jahre 1913.[24]
Dieser Entwicklung folgten die anderen Städte nur bedingt. Lediglich in Leer gab es ein bescheidendes Wachstum, nachdem der Hafen von 1901 bis 1903 modernisiert worden war.
Das rasante Bevölkerungswachstum in der Region setzte sich fort. Im Jahre 1905 lebten 251.666 Menschen in Ostfriesland, mithin etwa 30 Prozent mehr als zu Beginn der preußischen Herrschaft.
Um die Jahrhundertwende setzte ein Wirtschaftswachstum ein, das bis zum Beginn des Ersten Weltkrieges anhielt.[24] Wie im übrigen Reich wurde in Ostfriesland der Beginn des Krieges begeistert gefeiert. Viele junge Männer meldeten sich freiwillig zum Dienst. Das in Aurich stationierte Ostfriesische Infanterie-Regiment Nr. 78. wurde zunächst in Richtung Belgien geschickt und kam im Verlaufe des Krieges sowohl an der Westfront als auch an der Ostfront zum Einsatz. Nach Ende des Krieges wurde es Mitte 1919 aufgelöst.
Einen Tag vor Abdankung des Kaisers wurde in Aurich und Emden am 8. November 1918 der erste Soldatenrat zur „Aufrechterhaltung der öffentlichen Ordnung“ gegründet. Wenig später folgten Leer, Norden, Esens, Wittmund und Dornum. Am 10. November 1918 wurde vor rund 100.000 begeisterten Demonstranten in Wilhelmshaven die Nordseestation und alle umliegenden Inseln und Marineteile sowie das dazugehörige ganze Oldenburger Land zur sozialistischen Republik Oldenburg/Ostfriesland ausgerufen.[25] Zum Präsidenten wurde Bernhard Kuhnt ernannt. Eine Episode, die jedoch ohne Folgen für Ostfriesland blieb.
In der ländlich, eher konservativ geprägten Bevölkerung Ostfrieslands konnten sich die Arbeiter- und Soldatenräte nicht etablieren, so lösten sie sich nach der Wahl zur Weimarer Nationalversammlung nach und nach auf.[26]
Weimarer Republik und Nationalsozialismus
Hauptartikel: Ostfriesland zur Zeit des Nationalsozialismus
Im Jahre 1932 kam es in Ostfriesland zu einer Kreisreform. Der Kreis Weener wurde aufgelöst und in den Landkreis Leer integriert. Der Kreis Emden wurde ebenfalls aufgelöst, nachdem die kreisfreie Stadt Emden vier Jahre zuvor einige Gebiete eingemeindet hatte. Der Großteil des Kreises Emden kam zum Landkreis Norden, ein kleinerer Teil zum Landkreis Leer, der dadurch seine heutige Größe erreichte.

Bei den Reichstagswahlen am 5. März erreichten die Nationalsozialisten 47,5 Prozent der in Ostfriesland abgegebenen Stimmen[27], in einzelnen Orten, wie etwa Oldersum sogar fast 70 Prozent. Mit Verleumdungskampagnen, teilweise auch mit roher Gewalt wurden nach der so genannten Machtergreifung demokratisch gewählte Politiker aus dem Amt gedrängt: in Leer wählte Bürgermeister Dr. vom Bruch nach massiven Vorwürfen und Drohungen im Mai 1933 den Freitod, im Oktober wurde Emdens Oberbürgermeister Dr. Wilhelm Mützelburg bedrängt und nach körperlichen Misshandlungen durch Nationalsozialisten im wahrsten Sinne des Wortes „aus dem Rathaus geworfen“. Die Medien wurden gleichgeschaltet, was auf nur geringen Widerstand traf. Wichtigstes Organ der NSDAP in Ostfriesland war die 1932 gegründete Ostfriesische Tageszeitung (OTZ), das zum Leitmedium wurde.
Verbände und Vereine wurden nach dem Führerprinzip strukturiert, jüdische Mitglieder hinausgedrängt und die freie Marktwirtschaft eingeschränkt. Auch in die Verwaltungsstrukturen griffen die Nationalsozialisten ein: Ostfriesland zählte nun zum Gau Weser-Ems der NSDAP.
Nach der Machtübernahme der Nationalsozialisten im Jahre 1933 hatten vor allem die Juden in Ostfriesland unter Repressionen staatlicher Organe zu leiden. Sozialisten und Kommunisten wurden in Schutzhaft genommen und zum Teil in Konzentrationslagern inhaftiert.[28]
Zwei Monate nach der Machtergreifung und vier Tage früher als in anderen Teilen des deutschen Reiches begann in Ostfriesland der Boykott jüdischer Geschäfte. Am 28. März 1933 postierte sich die SA vor den Geschäften. In der Nacht wurden in Emden 26 Schaufensterscheiben eingeworfen, was die Nationalsozialisten später den Kommunisten anlasten wollten.
Mit Einführung der allgemeinen Wehrpflicht wurden nach Aurich auch Emden und Leer Garnisonstädte.

In der Nacht vom 9. auf den 10. November 1938 beteiligten sich Ostfriesische SA-Truppen an den von der Reichsleitung der Nationalsozialisten befohlenen Ausschreitungen gegen die Juden, die später als Reichskristallnacht oder Novemberpogrome 1938 bezeichnet wurden. In dieser Nacht wurden die Synagogen von Aurich, Emden, Esens, Leer, Norden und Weener niedergebrannt. Die Synagoge in Bunde war schon vor 1938 an den Kaufmann Barfs verkauft und abgerissen worden. Die Synagoge von Jemgum war bereits um 1930 verfallen. In Neustadtgödens hatte ein Kaufmann das Gebäude 1938 erworben und nutzte das Gebäude als Farblager, weshalb die Nazis wahrscheinlich kein Feuer legten. Die Synagoge von Norderney wurde 1938 verkauft. Die Synagoge Wittmund war im Juni 1938 auf Abbruch verkauft worden. Erhalten ist heute nur noch die Synagoge von Dornum, welche am 7. November 1938 an einen Tischler verkauft wurde.
Alle männlichen Juden wurden zusammengetrieben und nach zum Teil stundenlanger Schikane über Oldenburg in das Konzentrationslager Sachsenhausen deportiert, aus dem sie erst nach Wochen zurückkehren konnten.
Die Diskriminierung hielt weiter an, und zwei Jahre später, im April 1940, meldeten die ostfriesischen Städte und Landgemeinden dem Regierungspräsidenten, früher als anderswo im Reich, dass sie „judenfrei“ seien.
Während des Zweiten Weltkrieges war vor allem Emden wegen seiner relativen Nähe zu Großbritannien und als wirtschaftliches wie industrielles Zentrum Ostfrieslands mehrfach Ziel von Luftangriffen, die jedoch zunächst nur kleinere Schäden anrichteten.
Am 27. September 1943 fanden in Esens 165 Menschen bei einem Bombenangriff der Alliierten den Tod. Das „Armen- und Arbeiterhaus“ wurde total zerstört, im Keller des Gebäudes starben 102 Schul- und Landjahrkinder. Esens - selbst ohne militärische Bedeutung - wurde als so genanntes "Target of Opportunity" (Gelegenheitsziel) von verirrten Bombern getroffen, die eigentlich Emden als Ziel hatten.[29].
Aurich wurde während des Krieges dreimal bombardiert. Dabei kamen 17 Menschen ums Leben und 24 wurden verletzt. Am 6. September 1944 wurde Emden erneut bombardiert. Beim Angriff der 8. USAAF wurden rund 80 Prozent der Innenstadt und damit fast die gesamte historische Bausubstanz der vergangenen Jahrhunderte zerstört.[30]
Gegen Ende des Krieges wurde 1944 das KZ Engerhafe errichtet. Die hier unter unmenschlichen Bedingungen Inhaftierten mussten Panzergräben rund um die zur Festung erklärte Stadt Aurich ausheben. Kurz vor der Fertigstellung der „Rundumverteidigung Aurichs“ wurde das Lager am 22. Dezember 1944 aufgelöst. Innerhalb der zwei Monate seines Bestehens starben 188 Häftlinge.[31]
Ende April 1945 erreichten Alliierte Bodentruppen Ostfriesland. Am 30. April wurde Leer von kanadisch-englischen Truppen eingenommen. Bis zum 2. Mai wurden auch Oldersum und Großefehn erreicht.[32] Am 3. und 4. Mai 1945 verhandelte eine Delegation aus Aurich mit den heranrückenden Kanadiern zur kampflosen Übergabe der Stadt. Diese erfolgte am 5. Mai 1945, nachdem ein am 4. Mai bei Lüneburg unterzeichneter Vertrag zur bedingungslosen Kapitulation der drei in Nordwestdeutschland operierenden deutschen Armeen am selben Tag um acht Uhr in Kraft getreten war.
Ostfriesland nach 1945

Nach Ende des Zweiten Weltkrieges wurde Ostfriesland Teil der Britischen Besatzungszone. Dabei waren auch kanadische Soldaten in Ostfriesland stationiert. In den Niederlanden gab es Überlegungen, einige Gebiete Deutschlands zu annektieren. Dabei wurde auch Ostfriesland ins Auge gefasst. Insbesondere auf den Dollart, die Emsmündung und Borkum hatten es die Niederlande abgesehen, um Emden vom Seehandel abzuschneiden. Diese Pläne scheiterten am Widerstand der Westalliierten.
1946 bildeten die Briten aus den Ländern Hannover, Braunschweig, Oldenburg, Schaumburg-Lippe das Land Hannover, aus dem später das Land Niedersachsen hervorging. Ostfriesland kam als Regierungsbezirk Aurich dazu.
Nach dem Zweiten Weltkrieg wurde Ostfriesland von vielen Flüchtlingen und Vertriebenen aus den Ostgebieten des Deutschen Reiches bevölkert. Lebten 1945 noch etwa 295.600 Einwohner in der Region, waren es ein Jahr später bereits 364.500, 1948 dann 390.334 Einwohner. 1950 wurde mit 391.570 Einwohnern das vorläufige Maximum erreicht, unter ihnen stellten die Vertriebenen 16,3 Prozent.[33]
Der Wiederaufbau nach dem Krieg dauerte in Emden aufgrund der massiven Zerstörungen am längsten. Noch zu Beginn der 1960er Jahre gab es in der Stadt Barackenlager.
Im Zuge der niedersächsischen Kommunalreform wurde 1972 die vormals ostfriesische Gemeinde Gödens in die oldenburgische Gemeinde Sande eingegliedert. Innerhalb Ostfriesland wurden viele kleine Gemeinden mit einer teils nur einstelligen Einwohnerzahl zu größeren Gemeinden oder samtgemeinden verschmolzen. Auch haben Städte in größerem Umfang umliegende Gemeinden eingegliedert.
1978 wurde der Regierungsbezirk mit den Bezirken Osnabrück und Oldenburg im Regierungsbezirk Weser-Ems zusammengefasst. Seit 1978 ist Ostfriesland somit keine eigenständige Verwaltungseinheit mehr. Lediglich die Ostfriesische Landschaft als Landschaftsverband ist weiterhin ostfrieslandweit tätig - politisch jedoch lediglich auf dem Gebiet der Kulturpolitik, wozu die Pflege des Plattdeutschen, die Aufarbeitung der Geschichte Ostfrieslands und seit 2006 auch Teile des Regionalmarketings gehören. "Die Landschaft", wie sie kurz genannt wird, ist die einzige Körperschaft, die aus gewählten Vertretern (zu benennen von den Kreistagen und dem Emder Stadtrat) besteht, versteht sich als identitätsstiftende Institution aller Ostfriesen.
1964 wurde mit dem Bau des bis heute wichtigsten Industriebetriebs begonnen, dem Volkswagenwerk Emden. 1977 lief hier der letzte in Deutschland gebaute VW Käfer vom Montageband. 1984 wurde in Aurich der Windenergieanlagenhersteller Enercon gegründet, der heute direkt etwa 3000 Beschäftigte in Ostfriesland zählt. In den 1980ern begann auch der Aufstieg Leers zum zweitgrößten deutschen Seereedereistandort (nach Hamburg).
Mit der Nordseehalle in Emden (1972), der Kunsthalle in Emden (1983), der Johannes-a-Lasco-Bibliothek in Emden (1995) und kleineren Museen in anderen ostfriesischen Orten wurde die kulturelle Infrastruktur seit Anfang der 1970er deutlich ausgebaut.
Politik
Ostfriesland ist keine eigenständige Verwaltungseinheit. Die heutigen Landkreise Leer, Aurich und Wittmund sowie die kreisfreie Stadt Emden bilden die Verwaltungseinheiten des ursprünglichen Regierungsbezirkes Ostfriesland (bis 1978).
Im Jahr 2005 begann in den ostfriesischen Kreistagen eine Diskussion über einen möglichen Zusammenschluss zu einem „Landkreis Ostfriesland“. 2006 wurde von regionalen SPD- und CDU-Politikern stattdessen vorgeschlagen, einen Regionalrat zu bilden aus Vertretern der vier Landkreise und zwei kreisfreien Städte auf der ostfriesischen Halbinsel, also inklusive Friesland und Wilhelmshaven. Dieser soll die Zusammenarbeit zwischen den Kreisen und Städten stärken.
Wahlen
Bei Wahlen ist Ostfriesland insgesamt eine traditionelle SPD-Hochburg. Bei der Wahl 2005 erreichte die SPD im Bundestagswahlkreis Aurich - Emden mit 55,9 Prozent das höchste Zweitstimmenergebnis in ganz Deutschland. Auch im Bundestagswahlkreis Unterems (Landkreis Leer/nördlicher Landkreis Emsland) erreicht die SPD im ostfriesischen Teil besonders hohe Anteile, im Gegensatz zum katholisch geprägten Emsland, das ungefähr die andere Hälfte dieses Wahlkreises bildet und wo die CDU die deutliche Mehrheit der Stimmen holte. Im Bundestagswahlkreis Friesland - Wilhelmshaven, zu dem auch der Landkreis Wittmund zählt, gewann ebenfalls traditionell die SPD - auch wenn die CDU im Landkreis Wittmund selbst vor der SPD lag. Der Landkreis Wittmund ist auch der einzige mit einem CDU-Landrat, in den anderen drei Kommunen stellt die SPD die Hauptverwaltungsbeamten.
Bei der Landtagswahl in Niedersachsen 2008 allerdings gelang es der CDU, erstmals seit Jahrzehnten ostfrieslandweit mehr Wählerstimmen auf sich zu vereinigen als die SPD - wenn auch der Vorsprung knapp war. [34] Die Sozialdemokraten mussten bei dieser Landtagswahl jedoch ohnehin das schlechteste Ergebnis bei einer Landtagswahl in Niedersachsen registrieren. Die SPD holte allerdings im Wahlkreis Emden/Norden mit 41,8 % der Stimmen ihr bestes Ergebnis landesweit und gewann auch drei der fünf Direktmandate, die anderen beiden holte die CDU.
Wappen und Flagge



Das gräfliche Wappen
Ein offizielles ostfriesisches Landeswappen gibt es heute nicht mehr, da Ostfriesland als Gebietskörperschaft nur noch in Form der Ostfriesischen Landschaft existiert. In der öffentlichen Wahrnehmung und durchaus auch in der praktischen Verwendung übernimmt heute jedoch nach wie vor das Wappen der ehemaligen ostfriesischen Grafen die Funktion eines ostfriesischen Landeswappens. Das populäre sechsfeldrige Wappen wurde 1626 in seiner endgültigen Form von Graf Rudolf Christian eingeführt.
Dieses Wappen vereint in sich die Wappen der wichtigsten ostfriesischen Häuptlingsfamilien, in deren Nachfolge sich die Grafen und Fürsten sahen. Es zeigt (unheraldisch von links oben bis rechts unten):
- das Wappen der Cirksena aus Greetsiel, den goldenen, gekrönten Jungfrauenadler (die Spornräder sollen dem Norder Stadtwappen entnommen sein und werden als Hinweis auf die Herkunft der ältesten nachweisbaren Vorfahren gewertet),
- das Wappen der tom Brok aus dem Brokmerland, einen goldenen, auf Haupt und Flügeln gekrönten Adler,
- das Wappen der Häuptlinge von Manslagt aus der Krummhörn, ein silbernes Feld, in ihm ein roter Balken, der mit fünf abwechselnd goldenen und silbernen Rauten besetzt ist; über dem Balken zwei blaue und unter ihm ein blauer Sichelmond,
- das Wappen des Häuptlings Focko Ukena aus Leer und Moormerland, ein rechtsaufgerichteter silberner Löwe auf blauem Grund mit einer gestürzten goldenen Krone um den Hals,
- das Wappen der Attena aus Esens, die über die Herrschaft Wittmund verfügten, der rechtsaufgerichtete, rot bewehrte schwarze Bär mit goldenem Halsband auf goldenem Grund,
- das Wappen des Attena-Häuptlings Hero Omken aus dem Harlingerland, zwei goldene schräggekreuzte zweisträngige Geißeln im blauen Feld.
Die drei gekrönten Bügelhelme über dem ostfriesischen Wappen sind Bestandteile der Wappen der Cirksena (mittlerer Helm, welcher als Helmzier eine goldene Lilie vor sechs goldenen Straußenfedern trägt) und des Harlingerlandes (rechter Helm mit zwei schräggekreuzten Geißeln und eine Lilie) sowie der tom Brok (mit rot-goldener Helmdecke). Der Wappenspruch Eala Frya Fresena deutet auf die Tradition der friesischen Freiheit hin.
Das ständische Wappen
Aus der freiheitlichen Tradition der Friesen heraus entwickelte sich in der Grafschaft Ostfriesland eine starke Stellung der Standesversammlung. Die Landstände hatten neben den Grafen und Fürsten umfangreiche landesherrliche Rechte. Diesem Umstand trug Kaiser Leopold I. Leopold mit einem im alten Reich einmaligen Vorgang Rechnung, als er der Ostfriesischen Landschaft am 14. Januar (Julianischer Kalender) bzw. 24. Januar 1678 (Gregorianischer Kalender, dieser wurde in den protestantischen Landesteilen erst 1700 eingeführt) ein eigenes Wappen verlieh. Dieses Upstalsboom-Wappen wird bis heute von der Landschaft verwendet.[35]
Auf einem roten Schild zeigt es einen grünen Eichenbaum auf einem grünen Hügel (als Sinnbild für den Upstalsboom), daneben stehend einen geharnischten Mann, eine Lanze in seiner rechten und einen Degen in seiner linken Hand, mit zwei weißen und zwei blauen Federn gezierten Bügelhelm auf dem Haupt.
Die ostfriesische Flagge
Die ostfriesische Flagge zeigt drei gleich breite Querstreifen in den Farben schwarz, rot und blau. Diese Farben sind dem gräflichen Wappen entnommen: Schwarz ist die Grundfarbe des Cirksena-Wappens, das Rot entstammt dem Wappen der tom Brok und Blau steht für das Harlingerland.
Im Gegensatz zum gräflichen Wappen hat die populäre ostfriesische Flagge heute wieder offiziellen Status, da sie von der Ostfriesischen Landschaft im Jahr 1989 offiziell angenommen wurde.[36] Im privaten Gebrauch wird die Flagge fast ausschließlich mit dem gräflichen Wappen verwendet und vor vielen Häusern in Ostfriesland gehisst.
Kultur
Sprache
Hauptartikel: Ostfriesisches Platt


Die Volkssprache in Ostfriesland ist das Ostfriesische Platt, eine nordniedersächsische Variante der niederdeutschen Sprache. Ostfriesland gehört heute zu den wenigen noch relativ intakten Sprachgebieten des Niederdeutschen, gilt aber auch als dialektales Rückzugsgebiet. Genaue Sprecherzahlen liegen nicht vor, aber es wird davon ausgegangen, dass noch die Hälfte der Einwohner Ostfrieslands Platt beherrscht. Die Zweisprachigkeit wird von der Ostfriesischen Landschaft gefördert. Seit dem Jahr 2004 dürfen einige Gemeinden und Städte in Ostfriesland zweisprachige Ortsschilder (deutsch/plattdeutsch) aufstellen, dies sind unter anderem die Stadt Aurich (Auerk) sowie die Gemeinden Großheide (Grootheid), Wirdum (Wir'm) und Lütetsburg (Lütsbörg). In weiten Gebieten haben sich allerdings die plattdeutschen Ortsnamen erhalten (Beispiele: Möhlenwarf, Moorhusen, Rechtsupweg), so dass keine zweisprachigen Schilder notwendig sind.
Die ursprüngliche Volkssprache in Ostfriesland war jedoch nicht Niederdeutsch, sondern die zum Friesischen gehörende Ostfriesische Sprache. Diese wurde zwischen dem 15. und 18. Jahrhundert durch das Niederdeutsche ersetzt. Mit der Reformation kamen schließlich die hochdeutsche Sprache und - besonders im calvinistischen Westen Ostfrieslands - auch das Niederländische ins Land. Im späten 19. Jahrhundert hielt die deutsche Sprache auch in den calvinistischen Gemeinden Einzug. Spätestens in dieser Zeit gerieten auch die abgelegensten Gebiete Ostfrieslands unter hochdeutschen Einfluss, und der zweite Sprachwechsel der Ostfriesen, vom Niederdeutschen zum Standarddeutschen, begann.[37]
Durch diese bewegte Sprachgeschichte hebt sich das Ostfriesische Platt in der Aussprache wie im Wortschatz von den Nachbardialekten ab. Das Friesische und das Niederländische haben ihre Spuren hinterlassen, aber auch der niederdeutsche Kern der Sprache gilt als relativ konservativ. Durch seine isolierte Lage bewahrt das ostfriesische Niederdeutsch manche alten niederdeutschen Wörter wie fuul (schmutzig), Penn ((Schreib-)Feder), quaad (böse); es enthält außerdem noch eine Anzahl friesischer Wörter und Formen wie die Personalpronomen hör (sie) und hum (ihn/ihm), sowie Bezeichnungen wie Gulf (Scheunenteil), Heff (Wattenmeer), Jier (Jauche) usw., und schließlich (besonders im westlichen Teil) hat es eine Reihe niederländischer Wörter aufgenommen wie Bahntje (Anstellung, Posten), Patries (Rebhuhn) oder Ühr (Stunde).
Die alte Ostfriesische Sprache hat sich nur außerhalb Ostfriesland erhalten. Im Jahrhunderte lang schwer zugänglichen Saterland, einer südöstlich von Ostfriesland gelegenen ehemaligen „Insel“ im Moor, sprechen bis heute etwa 2000 Menschen Saterfriesisch.
Der Standardgruß in Ostfriesland ist "Moin" und wird zu jeder Tages- und Nachtzeit benutzt. Dabei gilt "Moin" in Ostfriesland auch durchaus als formelle Grußformel, während in anderen Gegenden Norddeutschlands häufig in formeller Umgebung auf "Guten Tag" o.ä. zurückgegriffen wird.[38] Die Herkunft des recht jungen Grußes "Moin" ist nach wie vor ungeklärt. Die gängigsten Theorien gehen von einer Herkunft aus dem niederländischen/niederdeutschen "Mojen Dag" ("Schönen Tag")[39] oder von einer schrittweisen Verkürzung von "En goden mörgen" ("Einen guten Morgen") aus.[40]
Essen und Trinken
Siehe auch: Ostfriesische Teekultur


Eine der auffälligsten Besonderheiten Ostfrieslands ist der hohe Teekonsum, der mit ca. 2,5 kg pro Kopf und Jahr etwa zehnmal höher ist als im restlichen Deutschland. Schon im 17. Jahrhundert kam der erste Tee vor allem durch die Niederländer und die Briten nach Ostfriesland. Nur 100 Jahre später war der Tee in Ostfriesland bereits in allen Gesellschaftsschichten weit verbreitet und sorgte mit dafür, dass der vorher große Bierkonsum deutlich verringert wurde. 1806 wurde die heute noch existierende Teehandelsfirma Bünting (Teil der Bünting-Gruppe in Leer) gegründet und mischte den echten Ostfriesentee. Zwei weitere Firmen (Thiele & Freese in Emden sowie Onno Behrends in Norden) stellen ebenfalls Tee mit der geschützten Bezeichnung Echter Ostfriesentee her.
Gästen wird in Ostfriesland traditionell Tee als Begrüßungsgetränk angeboten. Nach der alten Sitte „Dree is Oostfresenrecht“ werden mindestens drei Tassen Tee getrunken. Wenn kein weiterer Tee mehr gewünscht wird, ist der Löffel in die Tasse zu legen.
Eine Reihe von Spirituosen wird in der Region hergestellt, darunter ein 32-prozentiger Kräuterbitter namens Kruiden. Der wohl bekannsteste Schnaps Ostfrieslands, Doornkaat, wird mittlerweile nicht mehr in Norden hergestellt, sondern bei Berentzen im emsländischen Haselünne. Die Produktion ostfriesischer Schnäpse findet heute vornehmlich in Betrieben in Leer (Folts & Speulda) und Friedeburg (Heiko Blume) statt.
Das für Ostfriesland bekannteste Hauptgericht ist zur Winterzeit der Grünkohl mit Pinkel und/oder mit Kassler sowie durchwachsenem Speck. Um die deftige, würzige ostfriesische Variante des Grünkohls zu erreichen, muss das Fleisch zwingend im Grünkohl und niemals davon getrennt gegart werden. Der Grünkohl wird traditionell erst geerntet, nachdem er mindestens einem Tag Frost ausgesetzt war; dadurch erreicht er seinen unverwechselbaren Geschmack.
In den Sielorten werden Krabben angelandet, die regional gerne auf Schwarzbrot gegessen werden. Den Fischreichtum in Ostfrieslands Binnengewässern nutzen Angler zur Selbstversorgung mit Fisch. Dieser wird oft geräuchert.
Eine andere Spezialität Ostfrieslands sind die ausschließlich zu Silvester gebackenen Neujahrshörnchen, plattdeutsch Rullekes/Nijaahrskook, zu Hörnchen geformte, harte Waffeln. Auch nur zu Silvester gibt es die sogenannten Speckendicken, ein in der Pfanne gebratenes Gebäck.
Bauen und Wohnen

In Ostfriesland ist das selbstbewohnte Einfamilienwohnhaus weit verbreitet. Viele junge Leute bauen ihr Haus unter Mithilfe der Familie selbst. Gerade bei personalintensiven Gewerken, wie z. B. beim Dachdecken, gesellen sich oft noch viele Bekannte dazu. Hier kommt der hohe Anteil von Handwerkern unter der ostfriesischen Bevölkerung zum Tragen.
Die typische Form des ostfriesischen Bauernhauses ist das Gulfhaus.
Bräuche
Zu den Festtagsbräuchen zählt das Aufstellen des Maibaums am Vorabend des 1. Mai, das in eine große eurasische Traditionslinie gehört, in Ostfriesland aber eine eigene Form und eigene Regeln ausgeprägt hat. Neben Nachbargemeinschaften sind es auch Vereine oder ganze Dörfer, die ihren Maibaum aufstellen. Der Maibaum muss bis zum Morgengrauen bewacht werden, was sich durch dauerndes Handanlegen eines der Besitzer ausdrückt. Ansonsten kann der Maibaum durch drei symbolische Spatenstiche „geklaut“ werden und ist am nächsten Tag meist durch einen Kasten Bier und Schnaps wieder auszulösen. Weitere Bräuche sind das Martinisingen und das Brautpfadlegen zu Himmelfahrt. Einige besondere Traditionen haben sich zudem auf den ostfriesischen Inseln erhalten, zum Beispiel Klaasohm auf der Insel Borkum - eine Veranstaltung, deren Ausrichtung lediglich Borkumer Männern vorbehalten ist.
Insbesondere in Neubaugebieten fällt beim Richten des Dachstuhls den zukünftigen Nachbarn die Aufgabe zu, in der Nacht zuvor einen Sparren zu verstecken. Das Bauherrehepaar muss diesen dann suchen, durch Schnaps auslösen und wird darauf von den Nachbarn durch die Siedlung zu ihrem Haus getragen, in das der noch fehlende Sparren eingesetzt und anschließend das Richtfest gefeiert wird.
Auch das Bogenmachen zum Anlass einer (Jubel-)Hochzeit ist sehr beliebt. Hierzu trifft sich die Nachbargemeinschaft meist einige Tage vorher. Die Männer bauen das Bogengestell, welches dann mit Tannenzweigen bestückt wird, während die Frauen im Haus die Rosen und Girlanden aus Papier herstellen. Ausrichter ist zumeist ein unmittelbarer Nachbar. Dieser Bogen wird anschließend gemeinsam zu dem (Jubel-)Paar getragen und an dessen Hauseingang befestigt, woran sich oft noch eine Stehparty auf der Hauseinfahrt anschließt.
Ebenfalls sehr verbreitet sind „Strafen“ für diejenigen, die an ihrem 30. Geburtstag noch unverheiratet sind. Männer müssen an ihrem 30. Geburtstag fegen, Frauen Klinken putzen. Zumeist werden hierzu Rathaus- oder Kirchentreppen bzw. -türen herangezogen. Erst durch das „Freiküssen“ einer Jungfrau bzw. eines „Jungmannes“ wird man von dieser Pflicht entbunden. An ihrem 25. Geburtstag werden unverheiratete Männer als „Alte Socke“ oder „Alte Flasche“ und die Frauen als „Alte Schachtel“ bezeichnet und erhalten oft auch einen entsprechend behangenen Bogen. Dieser ist idealerweise von der Straße aus gut einsehbar, damit jeder von dieser „Nachricht“ Notiz nimmt.
Sport

In Ostfriesland entwickelten sich eigenständige Sportarten wie Boßeln, Klootschießen und Pultstockspringen, diese drei Sportarten finden sich auch im sogenannten Ostfriesenabitur wieder. Das hiervon verbreiteteste Boßeln wird als Mannschaftssportart in vielen Vereinen und Ligen mit allwöchentlichen Punktspielen und Meisterschaften bis zur niedersächsischen Ebene durchgeführt. Es gibt auch Europameisterschaften im Boßeln und Klootschießen.
In strengeren Wintern, wenn die Meere und Kanäle zufrieren, ist auch das Schlittschuhlaufen („Schöfeln“) eine traditionell beliebte Sportart. Früher wurden die typischen ostfriesischen Schlittschuhe in dem Ort Breinermoor hergestellt und werden daher Breinermoorkes genannt.
Auf professioneller Ebene in ihren jeweiligen Sportarten sind der Fußball-Drittligist Kickers Emden und der Handball-Zweitligist OHV Aurich vertreten.
Nach einer Erhebung des Niedersächsischen Landesamtes für Statistik weist Ostfriesland eine durchweg überdurchschnittliche Dichte an Mitgliedschaften in Sportvereinen innerhalb Niedersachsens auf. Mitgliedschaften ist in diesem Fall nicht gleichzusetzen mit Mitgliedern, da ein und dieselbe Person natürlich auch Mitglied in zwei oder mehr Sportvereinen sein kann.
Orgellandschaft
Hauptartikel: Orgellandschaft Ostfriesland

Ostfriesland ist nicht zuletzt wegen seiner reichen Orgellandschaft bekannt. [41] In den ca. 170 alten Kirchen finden sich an die 100 historische Orgeln aus allen Epochen seit der Spätgotik. Eine der ältesten Orgeln der Welt, die noch in ihrem Grundbestand erhalten und spielbar ist, steht in Rysum (1457). [42] Weitgehend vollständig erhaltene Instrumente aus dem 17. Jahrhundert mit Pfeifenmaterial aus dem 16. Jahrhundert stehen in Osteel (1619), Westerhusen (1642-1643) und Uttum (ca. 1660). Auch der bekannte Orgelbauer Arp Schnitger hat mit Neubauten, etwa in Norden und Weener, seine Spuren in Ostfriesland hinterlassen. Im 18. Jh. erlebte die Orgelkultur einen weiteren Höhepunkt, als die Orgelbauer Johann Friedrich Wenthin und Hinrich Just Müller miteinander konkurrierten und sich selbst kleine Dorfkirchen wertvolle Orgeln anschafften. Als zwischen ca. 1850 und 1950 das Niveau im ostfriesischen Orgelbau seinen Tiefpunkt erreichte, hatte man kein Geld, sich zeitgemäßere Instrumente anzuschaffen, sodass die alten Orgeln meist erhalten blieben. In den vergangenen 50 Jahren wurden fast alle Originalinstrumente restauriert, was vor allem dem führenden Orgelbauer Jürgen Ahrend (Leer-Loga) zu verdanken ist. [43] Heute ist das Organeum in Weener ein wichtiges Orgelzentrum, um Experten, aber auch einer breiten Öffentlichkeit die Schätze der alten Orgeln auf vielfältige Art und Weise zu erschließen. Auch bei Veranstaltungen wie dem "Krummhörner Orgelfrühling" oder der "Nachtorgel" in der Gemeinde Dornum werden die Instrumente einem breiteren Publikum bekannt gemacht. [44] [45]
Konfessionen

Die ostfriesische Bevölkerung ist überwiegend protestantisch. In der Krummhörn, der Küstengemeinde zwischen Norden und Emden, sowie entlang der niederländischen Grenze (Rheiderland) herrscht das reformierte Bekenntnis vor. In Emden und Leer sind Reformierte ebenfalls stark vertreten - in Emden etwa gibt es lediglich einige Hundert Lutheraner mehr. Die anderen ostfriesischen Regionen sind lutherisch geprägt. Die Landkreise Aurich und Wittmund haben die höchsten Anteile von Lutheranern an der Gesamtbevölkerung in ganz Deutschland. [46] In Ostfriesland leben etwa 266.000 Lutheraner und rund 80.000 Reformierte. [47]
Evangelische Freikirchen sind in Ostfriesland ebenfalls überdurchschnittlich stark vertreten. Die Geschichte der Emder Mennonitengemeinde reicht in die Reformationszeit zurück. Die Baptistengemeinden (offizieller Name heute: Evangelisch-Freikirchliche Gemeinden) entstanden in der Mitte des 19. Jahrhunderts. Ausgangspunkt waren die Gemeinden in Jever und Westoverledingen-Ihren. In Ostfriesland existieren fünf evangelisch-altreformierte Gemeinden, die in den Jahren von 1854-1861 gegründet wurden. Es folgte die Evangelisch-methodistische Kirche, die mit ihren ostfriesischen Gemeindegründungen ebenfalls im 19. Jahrhundert begann. Freie evangelische Gemeinden begannen erst Anfang der 50er Jahre des 20. Jahrhunderts mit ihrem Wirken. Weiterhin ist in Ostfriesland die Freikirche der Siebenten-Tags-Adventisten mit drei Gemeinden vertreten.

Weitere Religionsgemeinschaften sind die Neuapostolische Kirche mit 16 lokalen Gemeinden und die Zeugen Jehovas, die mit ihren Königreichssälen ebenfalls in allen größeren Orten vertreten sind.
Die Römisch-katholische Kirche ist trotz des Zuzugs vieler katholischer Flüchtlinge in der Nachkriegszeit eine Minderheitskirche geblieben. Ostfriesland wurde dort bis vor wenigen Jahren noch als Diaspora bezeichnet, was aber im Zuge der Ökumene aufgegeben wurde. Die katholischen Kirchengemeinden gehören zum Bistum Osnabrück. Knapp sieben Prozent der Ostfriesen gehören der katholischen Kirche an.
In Bagband-Hesel gibt es seit den dreißiger Jahren des vergangenen Jahrhunderts eine Gemeinde der Selbstständigen Evangelisch-Lutherischen Kirche (SELK). MIt Ausnahme dieser Gemeinde gehören die lutherischen Kirchengemeinden zur Evangelisch-Lutherischen Landeskirche Hannover, die reformierten Gemeinden aber zur Evangelisch-Reformierten Kirche (Bayern und Nordwestdeutschland) oder zur schon genannten Evangelisch-altreformierten Kirche. Die Evangelisch-Freikirchlichen Gemeinden Ostfrieslands gehören zum Landesverband Baptisten im Nordwesten und bilden hier den Regionalverband Ems-Jade. Die mennonitischen Gemeinden Emden, Leer und Norden gehören zur Konferenz der nordwestdeutschen Mennonitengemeinden.
Fast 90 Prozent der Einwohner Ostfrieslands sind Mitglieder einer christlichen Kirche. [48]
Jüdische Gemeinden bestanden in Ostfriesland über einen Zeitraum von ca. 400 Jahren von ihren Anfängen im 15. Jahrhundert bis zu ihrem Ende 1942. Die wenigen heute in Ostfriesland lebenden Juden sind Teil der jüdischen Gemeinde in Oldenburg.
Siehe auch Freikirchen in Ostfriesland und Geschichte der Juden in Ostfriesland
Wirtschaft
Geschichtlicher Hintergrund
Immer wieder im Laufe der Geschichte haben sich in Ostfriesland Zeiten relativer Armut mit Phasen relativen wirtschaftlichen Aufschwungs abgelöst, wobei insbesondere im Küstenraum, wo eine kleine Schicht wohlhabender Hofbesitzer einem kopfstarken Landarbeiter-Proletariat gegenüberstand, häufig ein erhebliches Sozialgefälle festzustellen war.
Als Reaktion auf die ärmlichen Verhältnisse suchten junge Leute vielfach als Wanderarbeiter beispielsweise in den Niederlanden ein Auskommen (die so genannten „Hollandgänger“) oder sie verließen ihre Heimat ganz. Viele Ostfriesen wanderten in die Vereinigten Staaten von Amerika aus, wo noch heute ein starker Gemeinschaftssinn zu finden ist.
Im 20. Jahrhundert und auch noch heute war und ist zudem eine deutliche Tendenz zur Bildungswanderung festzustellen: Wer nicht an der regionalen Fachhochschule ein Studium aufnehmen kann (oder - wegen beschränkter Auswahlmöglichkeiten - will) oder sich für einen dualen Studiengang/Berufsausbildung an der regionalen Berufsakademie entscheidet, ist gezwungen, Ostfriesland zu Studienzwecken zu verlassen. Nur ein kleiner Teil kehrt nach dem Studium zurück ("Brain Drain").
Landwirtschaft und Fischerei

Die Landwirtschaft war jahrhundertelang der Haupterwerbszweig der Ostfriesen, wenn auch in den Städten der Handel und seit etwa Mitte des 19. Jahrhunderts, noch mehr im 20. Jahrhundert, auch die Industrie einen bedeutenden Anteil an der Wertschöpfung erlangte - und noch heute innehat.
Auch im 21. Jahrhundert spielt die Landwirtschaft in Ostfriesland eine große Rolle. So zählt der Landwirtschaftliche Hauptverein für Ostfriesland, die Interessenvertretung der ostfriesischen Landwirte, 7500 Mitglieder [49]. Der Anteil der Beschäftigten in der Land- und Forstwirtschaft reicht von 0,4 % in der Stadt Emden bis zu 2,7 % im Landkreis Aurich (Bundesdurchschnitt: 0,9 %).[50]
Besonders die Milchwirtschaft ist stark ausgeprägt. Durch die großen Flächen an fruchtbarem Weideland bieten sich gute Bedingungen für die Milchviehhaltung. Ostfriesland zählt mit anderen norddeutschen Regionen sowie dem bayrischen Voralpenland zu den Hauptregionen für Milchviehhaltung in Deutschland. Trotz der hohen Bedeutung der Milchviehhaltung findet sich nur noch eine größere Molkerei in Ostfriesland, die Firma Rücker in Aurich. Weitere größere Molkereien sind in den Nachbarlandkreisen Ammerland und Emsland zu finden, darunter zwei Standorte von Nordmilch. Diese werden auch von ostfriesischen Milchbauern beliefert.
In den Poldergegenden am Küstensaum (vom Rheiderland über die Krummhörn und das Norderland bis zum Harlingerland) finden sich auch Getreidebauern. In den Moor- und Geestgegenden des Binnenlands hingegen ist die Viehwirtschaft vorherrschend.
Die Landwirtschaft hat auch wesentlichen Anteil an der kulturräumlichen Entwicklung Ostfrieslands. So entstanden die Moorkolonien mit ihren typischen Fehnkanälen durch die Arbeit derer, die sich in den Mooren eine (landwirtschaftliche) Existenz aufbauen wollten. Die Wallhecken in der Mitte Ostfrieslands entstanden als Einfriedungen von Feldern.
Die zunehmende Bedeutung der regenerativen Energieerzeugung hat vielen Landwirten ein zusätzliches Einkommen ermöglicht - sei es durch Windkraftanlagen oder durch Biomasse-Kleinkraftwerke. Letztere führen allerdings teilweise bereits zu einer Flächenkonkurrenz zwischen Nutzpflanzen mit hohem Energiewert für die Stromerzeugung (etwa Mais) und anderen Pflanzen. Auf mehreren Feldern in Ostfriesland finden sich (Stand: Januar 2008) auch erste größere Freiland-Photovoltaikanlagen.
In mehreren kleinen Häfen in Ostfriesland befinden sich Flotten von Krabbenkuttern, größere darunter in Greetsiel und Norddeich. Die Krabbe (eigentlich Nordseegarnele) ist die einzige marine Garnele mit fischereiwirtschaftlicher Bedeutung in Deutschland. [51] Daneben werden auch Miesmuscheln gefischt. Hochseefischerei wird von Ostfriesland aus nach Einstellung der Emder Heringsfischerei nicht mehr betrieben. Wohl aber findet in nennenswertem Umfang Sportfischerei statt, besonders in den zahlreichen Binnengewässern.
Industrie
Siehe auch: Schiffbau in Ostfriesland und Papenburg


In Ostfriesland fand im Vergleich zu anderen Teilen Deutschlands die Industrialisierung erst recht spät statt. Zu den ersten Industrien gehörten Schiffbaubetriebe, Ziegeleien und einzelne Textilindustriebetriebe, vornehmlich Webereien in Leer. Durch den Ausbau Emdens zum Seehafen des Ruhrgebietes wurde die Industrialisierung vorangetrieben, Emden ist industrieller Schwerpunkt Ostfrieslands. Einen weiteren Schub erhielt die Industrialisierung in der Region durch den Bau des Volkswagenwerks Emden 1964. Das VW-Werk ist mit 9100 Beschäftigten sowie allein 1000 Mitarbeitern in einem angrenzenden Zuliefererpark der größte industrielle Arbeitgeber der Region. Weitere Industriebetriebe mit einer vierstelligen Mitarbeiterzahl sind das Enercon-Werk in Aurich und die Werft Nordseewerke in Emden.
Neben dem Automobilbau ist der Schiffbau ein weiteres Standbein der regionalen Industrie. Die Nordseewerke in Emden beschäftigen etwa 1400 Mitarbeiter. Hinzu kommen weitere kleinere Werften, unter anderem in Emden und Leer. Viele Ostfriesen, besonders aus dem südlichen Landkreis Leer, finden zudem Arbeit bei der Meyer Werft im benachbarten Papenburg, wo 2500 Menschen beschäftigt sind.
Enercon, der größte deutsche Hersteller von Windkraftanlagen, hat seinen Hauptsitz in Aurich. Enercon betreibt in Ostfriesland Produktionsstätten in Aurich und Emden, eine weitere in Georgsheil (Gemeinde Südbrookmerland) soll 2009 hinzukommen. Enercon beschäftigt in Aurich und Emden direkt etwa 3000 Personen, rund 2800 davon in Aurich. In Emden hat zudem das Unternehmen Bard Engineering seinen Sitz und fertigt dort eigene Windkraftanlagen für Offshore-Windparks. Derzeit hat Bard Engineering in Emden etwa 150 Beschäftigte. In Leer ist zudem eine Gießerei dieses Unternehmens geplant.[52]
In Ostfriesland werden nicht nur Windenergieanlagen hergestellt, die Region ist auch selbst eine Hochburg der Windenergie-Nutzung in Deutschland. Wegen der kräftigen Winde an der Küste und die dünne Besiedlung gibt es viele große Windparks in der Region. Der Gesamtverbrauch der Strommenge betrug 2007 in Ostfriesland 2160 Millionen Kilowattstunden. Rechnerisch wurden 84,8 % dieses Verbrauchs aus Windenergie in der Region gewonnen, weitere 11 % aus Biomasse und zusammen 1 % aus Photovoltaik, Klärgas, Deponiegas und anderen regenerativen Energiequellen. Der Anteil regenerativ erzeugter Energie am Gesamtverbruch der Region betrug somit 96,8 %. [53]
Im Bezirk der Industrie- und Handelskammer für Ostfriesland und Papenburg, der neben Ostfriesland auch die emsländische Stadt Papenburg umfasst, hat die Zahl der Industriebeschäftigten 2007 um 0,4 % auf 22.154 Arbeitnehmer zugenommen.[54] Die Exportquote liegt mit 45,4 % über dem Durchschnitt des Landes Niedersachsen.[54] Für die Exportquote waren vor allem das Emder VW-Werk, die beiden Großwerften Meyer Werft und Nordseewerke, Enercon und die jeweiligen Zulieferer verantwortlich.
Neben den genannten Betrieben finden sich in Ostfriesland Elektroindustrie, Stahl- und Maschinenbau, Nahrungsmittelindustrie und eine Vielzahl von Betrieben des Bauhaupt- und Baunebengewerbes.
In den einzelnen Städten und ihrem Umland, von wo aus viele Arbeitnehmer einpendeln, ergibt sich durch die Abhängigkeit von den großen Unternehmen eine Monostruktur. So arbeiten von den gut 22.000 Industriebeschäftigten im IHK-Bezirk allein rund 15.500 bei den größten vier Unternehmen, davon wiederum allein 9100 bei VW - die Zulieferer noch nicht eingerechnet. Versinnbildlicht wird diese Monostruktur durch den oft zu hörenden Ausspruch "Wenn VW hustet, bekommt Ostfriesland eine Lungenentzündung."
Dienstleistungen

Touristisch erschlossen sind in erster Linie die Ostfriesischen Inseln, welche breite Sandstrände zum Baden bieten. Auf den Inseln begann der Tourismus bereits am Ende des 18. Jahrhunderts (Norderney war 1797 erstes deutsches Nordseeheilbad). Davon profitierten dann auch die Fährorte wie Norddeich oder Bensersiel. Abseits von den Inseln und den Küstenorten spielte der Tourismus im Landesinneren lange Zeit keine große Rolle. Seit Mitte der 1970er Jahre ändert sich dies aber zunehmend, und die Regionen im Binnenland versuchen, ihre Orte ebenfalls touristisch zu vermarkten. Die Anlegung von Wander- und Radwanderwegen, Paddelrouten sowie touristischen Themenrouten hat dazu beigetragen. Auch der Kulturtourismus gewann in den vergangenen Jahrzehnten an Bedeutung, unter anderem seit Eröffnung der Kunsthalle in Emden.
Leer ist ein bedeutender Reederei-Standort: Nach Hamburg ist hier der zweitgrößte Teil der deutschen Seehandelsflotte beheimatet. Als Einkaufsorte der Region dienen vor allem Aurich und Leer, in geringerem Maße auch Emden, gefolgt von Norden und Wittmund. Besonders der Einzelhandel in den küstennahen Städten Norden und Wittmund profitiert dabei auch von den Urlaubern. Aurich hat eine Einzelhandelszentralität von 153 % (2007), [55] Leer liegt sogar bei 170 % und Emden bei 116 %.[56]
Größere öffentliche Dienstleister sind unter anderem der Niedersächsische Landesbetrieb für Wasserwirtschaft, Küsten- und Naturschutz, der in Norden seinen Sitz hat, sowie die Wasser- und Schifffahrtsdirektion Nordwest in Aurich.
Drei ostfriesische Städte sind Garnisonsstädte: Aurich, Leer und Wittmund. In der Auricher Blücher-Kaserne hat die 4. Luftwaffendivision ihr Hauptquartier. In der Nachbarstadt Wittmund ist das Richthofengeschwader stationiert, das unter anderem die Alarmrotte für den norddeutschen Raum stellt. In der Leeraner von Lettow-Vorbeck-Kaserne ist das Kommando Schnelle Einsatzkräfte Sanitätsdienst beheimatet.
In Emden und Leer befinden sich die beiden ostfriesischen Standorte der Fachhochschule Oldenburg/Ostfriesland/Wilhelmshaven.
Medien
In Ostfriesland gibt es eine große Vielfalt an Tageszeitungen mit eigenständigen Lokalredaktionen. Die Auflagen der Zeitungen (Daten aus dem vierten Quartal 2007, jeweils verkaufte Auflage [57]) reichen von 37.222 (Ostfriesen-Zeitung) bis hinunter zu einer kleinen vierstelligen Zahl bei den nicht werktäglich, aber mehrmals in der Woche erscheinenden Insel-Blättern Borkumer Zeitung und Norderneyer Badezeitung (Auflage: 1.733). Die Ostfriesen-Zeitung ist die einzige regionsweit erscheinende Tageszeitung, während die beiden Insel-Zeitungen lediglich auf den jeweiligen Inseln erscheinen. Die Verbreitungsgebiete der übrigen Titel orientieren sich oftmals, aber nicht ausschließlich an (teils ehemaligen) Verwaltungsgrenzen der Landkreise.
Die Ostfriesen-Zeitung ist in einem Teil des Landkreises Leer (Stadt Leer sowie nördlicher und östlicher Landkreis Leer) de facto die einzige Tageszeitung. Im Südosten des Landkreises Leer, im Overledingerland, erscheint zudem der General-Anzeiger (Auflage: 9.577). General-Anzeiger und Ostfriesen-Zeitung sind in dem Verlagshaus Zeitungsgruppe Ostfriesland wirtschaftlich und größtenteils auch redaktionell zusammengefasst. Im Rheiderland, dem Gebiet des früheren Landkreises Weener, hat die Rheiderland-Zeitung (5.592) ihren Auflagenschwerpunkt.
Die Emder Zeitung (Auflage: 10.730) hat ihren Schwerpunkt in der kreisfreien Stadt Emden und ihren Umlandgemeinden. Der Ostfriesische Kurier (13.931) erscheint in erster Linie im Gebiet des ehemaligen Landkreises Norden, die Ostfriesischen Nachrichten (13.768) vornehmlich im Altkreis Aurich (Aurich und Umlandgemeinden). Der Anzeiger für Harlingerland (14.036) hat den Schwerpunkt seiner verkauften Auflage im Landkreis Wittmund.
Zwei Zeitungen (Ostfriesische Nachrichten, Rheiderland-Zeitung) beziehen den sogenannten Mantel von der in Osnabrück erscheinenden Neuen Osnabrücker Zeitung, während fast alle anderen Verlage ihren Mantel von der in Oldenburg erscheinenden Nordwest-Zeitung beziehen. Lediglich die Emder Zeitung ist eine Vollzeitung.
Das Ostfriesland Magazin ist die Monatszeitschrift für Ostfriesland. Daneben erscheint ostfrieslandweit das Magazin 53 Grad, eine Anspielung auf den Breitengrad durch Ostfriesland. Die Zeitschrift erscheint zweimonatlich. In mehreren Städten und Gemeinden gibt es darüber hinaus Anzeigenblätter mit verschiedenen Erscheinungsweisen.
Der Bürgerrundfunksender Radio Ostfriesland sendet neben seinem Musikprogramm täglich Nachrichten und Features aus der Region, teils auch komplett Sendungen auf Plattdeutsch. Der in Wilhelmshaven beheimatete Sender Radio Jade sendet ebenfalls bis nach Ostfriesland. Auf Norderney hat sich aus einem ehemaligen Piratensender das Privatradio SWS (Sturmwellensender) entwickelt, das in den Sommermonaten ein Programm für die Küste, besonders aber die Insel Norderney selbst, ausstrahlt.
Der Friesische Rundfunk ist ein lokaler Fernsehsender, der in erster Linie Werbesendungen ausstrahlt, per Textlaufband mit Nachrichten untermalt. Er war zunächst in Hinte beheimatet, ist inzwischen aber ins friesländische Sande umgezogen.
Verkehr
Über Jahrhunderte waren Wasserstraßen für Ostfriesland die wichtigsten Verkehrswege - zumindest für den Fernhandel und den überörtlichen Handel innerhalb Ostfrieslands. Aufgrund seiner peripheren Lage wurde die Region erst spät an das Eisenbahn- und später das Autobahnnetz angeschlossen.
Die wichtigsten Verkehrsverbindungen folgen zum einen grob dem Lauf der Ems in Richtung Süden und queren zum anderen Ostfriesland in Ost-West-Richtung in Höhe der Städte Leer und Oldenburg.
Straßenverkehr

Drei Autobahnen führen durch Ostfriesland, eine weitere weiter östlich ist zumindest für das östliche Ostfriesland (Landkreis Wittmund) von großer Bedeutung.
Die 1988 auf dem ostfriesischen Abschnitt fertig gestellte A 28 ist eine Ost-West-Verbindung von Leer über Oldenburg bis zur A 1 bei Stuhr. Zwischen dem Dreieck Delmenhorst und Groß-Mackenstedt wird der Verkehr über die bis 2009 zur Autobahn auszubauende B 322 geführt. Die A 28 ist die wichtigste Ost-West-Verbindung in Ostfriesland und verbindet die Region mit dem Ballungsraum Bremen/Oldenburg sowie darüber hinaus mit Hamburg und Hannover.
Die im Dezember 2004 vollendete A 31 verbindet den Nordseehafen Emden mit der im Ruhrgebiet gelegenen A 2/A 3 bei Bottrop. Sie wird auch als Ostfriesenspieß oder Emslandautobahn bezeichnet. Ihr Bau wurde teilweise von den Regionen Emsland und Ostfriesland, durch Spenden von Privatleuten und Firmen aus den genannten beiden Regionen sowie von den Niederlanden finanziert, für die die A 31 eine wichtige grenznahe Verbindung ist. Dieses Finanzierungsmodell ist bislang ohne Beispiel in Deutschland.
Die vier Kilometer lange A 280 verlängert die niederländische A 7, die von Zaandam über Groningen nach Deutschland führt, zur A 31. Sie verbindet somit das deutsche und das niederländische Autobahnnetz. Die A 280 in ihrer Gesamtlänge, gefolgt von einem Teilstück der A 31 und der A 28 in ihrer Gesamtlänge sind Bestandteil der Europastraße 22.
Daneben ist die Bundesautobahn 29, die Wilhelmshaven mit der A 1 bei Ahlhorn verbindet, der wichtigste Zubringer für das östliche Ostfriesland, im Wesentlichen also den Landkreis Wittmund. Die A 29 verläuft jedoch an keiner Stelle über ostfriesischen Boden.
Nach der A 28 ist die B 210 die zweite wichtige Ost-West-Verbindung in Ostfriesland. Sie führt von Emden über Aurich und Wittmund nach Wilhelmshaven. Für den Landkreis Wittmund ist sie eine der beiden Verbindungsstraßen zur A 29. Eine weitere Ost-West-Verbindung ist die B 436 von Weener zur A 29 bei Sande im Landkreis Friesland. Zwischen Weener und Hesel führt die B 436 über dieselbe Trasse wie früher die - in Ostfriesland inzwischen entwidmete - Bundesstraße 75, die durch die A 28 ersetzt wurde.
In der Zeit vor der Eröffnung der Autobahnen in Ostfriesland haben - neben der früheren B 75 - besonders zwei Bundesstraßen eine wichtige Rolle für den überregionalen Verkehr gespielt: die B 70 und die B 72. Die B 70 ist eine der längsten Bundesstraßen in Nordwestdeutschland und verbindet Ostfriesland mit dem Niederrhein. Die B 70 führt auf ihrem Weg von Neermoor nach Wesel fast immer entlang der Ems. Während die B 70 heute in Neermoor endet, führte sie in früheren Jahrzehnten üweiter ber Emden bis nach Norddeich. Die B 72 führt von der A 1 bei Cloppenburg über Aurich bis an die Küste nach Norddeich und wurde vor Eröffnung der A 28 ausgebaut, weil sie ein wichtiger Zubringer im Urlauberverkehr war. Zwischen Friesoythe (Landkreis Cloppenburg) und der Anschlussstelle Filsum an der A 28 verläuft die B 72 als Kraftfahrstraße im „2 zu 1“-System. Sie stellt weiterhin eine Alternative zur kompletten Fahrt auf der Autobahn dar, wenn das Fahrtziel der Raum Osnabrück ist.
Die B 438 führt von Folmhusen (Gemeinde Westoverledingen) über Collinghorst, Rhaudermoor, Westrhauderfehn (Gemeinde Rhauderfehn) und Ostrhauderfehn, Idafehn (Gemeinde Ostrhauderfehn) nach Wittensand (Saterland). Sie verbindet die B 70 mit der B 72 und erschließt den südlichen Landkreis Leer. Die B 461 führt von der Kreisstadt Wittmund zu den Sielhäfen in den Wittmunder Stadtteilen Carolinensiel und Harlesiel. Sie ist damit die einzige Bundesstraße in Deutschland, die sich innerhalb einer Gemeinde befindet.
Der am stärksten befahrene Abschnitt einer Bundesstraße in Ostfriesland ist die B 72/210 am westlichen Stadtrand Aurichs, im Stadtteil Extum. Dort fahren täglich knapp 28.000 Fahrzeuge vorbei.[58] Auf dem östlichen Innenstadtring Aurichs (B 72) sind es noch fast 26.300 Fahrzeuge, darunter knapp 1400 LKW, was den höchsten Wert für Lastwagen auf Ostfrieslands Bundesstraßen darstellt. Auf der B 210 im Emder Stadtteil Harsweg, der Hauptausfallstraße in nördliche Richtung, wird der dritthöchste Wert erreicht: fast 23.100 Fahrzeuge. Der vierthöchste Wert wird am südlichen Stadteingang Nordens nahe des Bahnhofs beobachtet (22.200 Fahrzeuge).
Bahnverkehr

Die wichtigsten Eisenbahnlinien Ostfrieslands sind die elektrifizierten Hauptbahnstrecken von Emden in Richtung Oldenburg/Bremen und in Richtung Münster, die im Regional- (RE, RB) und Fernverkehr (IC) der DB AG befahren werden.
Die Emslandstrecke (Kursbuchstrecke 395) von Emden über Leer nach Münster ist zweigleisig und - wegen der früheren Erztransporte zwischen Emden und dem Ruhrgebiet - für den Schwerstlastverkehr ausgelegt. Die Bahnstrecke Oldenburg–Leer (Kursbuchstrecke 390) ist hingegen lediglich eingleisig. Im Bundesverkehrswegeplan ist ein zweigleisiger Ausbau lediglich als "weiterer Bedarf" festgehalten.
Intercity-Zugverbindungen bestehen vom Bahnhof Norddeich Mole in Richtung Berlin/Leipzig sowie in Richtung Köln/Luxemburg. Teilweise enden Züge am Bahnhof Emden Außenhafen statt in Norddeich. Die IC-Linie von Norddeich/Emden-Außenhafen über Emden und Leer nach Luxemburg (IC-Linie 35) wird im Zwei-Stunden-Takt bedient, die Strecke von Norddeich über Emden und Leer nach Berlin/Cottbus bzw. Leipzig (IC-Linie 56) im Vier-Stunden-Takt. Regionalexpress-Verbindungen bestehen von Norddeich nach Hannover sowie von Emden nach Münster. Einige der Verbindungen nach Münster enden nicht am Emder Hauptbahnhof, sondern am Bahnhof Emden Außenhafen, abgestimmt auf die Fährzeiten nach Borkum. Die Strecke zwischen dem Emder Hauptbahnhof und dem Außenhafen ist die Kursbuchstrecke 396.
Zwischen Emden und Wittmund verlief die Strecke der Ostfriesischen Küstenbahn. Sie ist eine eingleisige Strecke. Für den regelmäßigen Personenverkehr wird heute der Abschnitt Emden-Norddeich genutzt. Zwischen Norden und Dornum verkehren im Ausflugsverkehr Züge der Museumseisenbahn Küstenbahn Ostfriesland (MKO). Der Streckenabschnitt zwischen Dornum und Esens ist abgebaut.
Die Strecken Wilhelmshaven–Oldenburg (–Osnabrück, nicht auf ostfriesischem Gebiet) und Esens–Wilhelmshaven werden von der Nordwest-Bahn betrieben. Von Esens aus fahren täglich Züge über Wittmund nach Wilhelmshaven, wobei Anschluss in Richtung Oldenburg besteht. Die Strecke zwischen Esens und der Kreisgrenze zum Landkreis Friesland bildet heute den östlichen Abschnitt der Ostfriesischen Küstenbahn.
Die Bahnstrecke Abelitz–Aurich wurde nach ihrer zwischenzeitlichen Stilllegung 1996 im April 2008 wieder reaktiviert. Allerdings wird diese Strecke (zumindest vorerst) ausschließlich für den Güterverkehr genutzt, vor allem als Verbindung für Enercon in den Emder Hafen.
Die internationale Schienenverbindung von Leer über Weener und Neuschanz nach Groningen (Bahnstrecke Leer–Groningen, Kursbuchstrecke 397) wurde auf deutscher Seite lange Zeit durch Busse bedient. Inzwischen wird die Strecke vom Transportunternehmen Arriva befahren. Leer ist damit der Knotenpunkt des ostfriesischen Eisenbahnnetzes mit Strecken in alle vier Himmelrichtungen. Die Stadt bezeichnet sich deswegen als Tor Ostfrieslands.
Schiffsverkehr und Häfen

Die Ems ist der wichtigste Transportweg zu Wasser. An ihrem rechtsseitigen Ufer liegen die drei Seehäfen (flussaufwärts geordnet) Emden, Leer und Papenburg - wobei letzteres bereits zum Landkreis Emsland zählt. Mit gut sechs Millionen Tonnen Jahresumschlag ist der Emder Hafen der größte dieser drei. Emden ist nach Bremerhaven und Zeebrügge der drittgrößte Autoverladehafen Europas mit rund einer Million umgeschlagenen Fahrzeugen pro Jahr – fast ausschließlich solche der Volkswagen AG. Daneben werden Forstprodukte und Flüssigkreide umgeschlagen, beides für die Nordland Papier in Dörpen. Diese Güter werden per Binnenschiff über die Ems weitertransportiert. Zunehmende Bedeutung für den Emder Hafen erhält der Umschlag von Enercon-Windmühlen, die nach Übersee exportiert werden. Auch für die Meyer-Werft in Papenburg ist die Ems von immenser Bedeutung, werden auf ihr doch die Schiffe der Werft gen See überführt. Die Leda hat lediglich auf dem kurzen Abschnitt zwischen ihrer Mündung in die Ems und dem Leeraner Hafen Bedeutung für die Seeschiffahrt.
Der Ems-Jade-Kanal, einst als innerostfriesische Verbindung zwischen Emden und Wilhelmshaven angelegt, hat heute fast ausschließlich für die Sportschifffahrt Bedeutung. Lediglich der Transport von Baustoffen vom Emder Hafen zum Binnenhafen von Aurich fällt noch ein wenig ins Gewicht. Der Ems-Seitenkanal wurde einst als Ergänzung zum Dortmund-Ems-Kanal angelegt, wird aber ebenfalls nur noch für die Sportschifffahrt genutzt. Der Dortmund-Ems-Kanal selbst, einst wichtiger Transportweg für Erz von Emden ins Ruhrgebiet, verläuft nicht über ostfriesischen Boden. Er beginnt (aus nördlicher Perspektive betrachtet) erst im Emsland, bis dort benutzen Binnenschiffe die Ems.
In früheren Jahrhunderten waren die Fehnkanäle in Ostfriesland wichtige Transportwege. Auch sie dienen heute allein der Erholung auf dem Wasser. Zu den längsten Fehnkanälen Ostfrieslands zählt der Nordgeorgsfehnkanal.
Fährhäfen zu den Inseln sind - von West nach Ost - Emden (nach Borkum), Norddeich (nach Juist und Norderney), Neßmersiel (nach Baltrum), Bensersiel (nach Langeoog), Neuharlingersiel (nach Spiekeroog) und Harlesiel (nach Wangerooge). Weitere kleinere Häfen (teils eher Marinas) mit schleusenfreier Verbindung zur Ems und zur Nordsee befinden sich in Pogum, Ditzum, Midlum, Jemgum, Bingum, Weener, Oldersum und Petkum an der Ems sowie in Dornumersiel am Wattenmeer. Die Häfen von Greetsiel und Carolinensiel können durch Schleusen erreicht werden. Für die Fischerei sind die Häfen in Ditzum, Greetsiel, Norddeich, Dornumersiel und Neuharlingersiel von Bedeutung. In Oldersum ist am Hafen zudem eine kleinere Werft ansässig.
Flugverkehr
Ostfriesland verfügt über zivile Flugplätze in Leer (Flugplatz Leer/Papenburg), Emden und Norddeich. Außerdem verfügen alle Inseln mit Ausnahme Spiekeroogs über Flugplätze. Diese dienen dem Personentransport von und zu den Inseln, teils auch dem Gütertransport mit leichteren Waren. Die meisten Flugbewegungen werden auf dem Flugplatz in Leer verzeichnet, der besonders von Geschäftsreisenden aus Leer und Papenburg häufig genutzt wird. Der Emder Flugplatz ist für die ansässigen Betriebe, vor allem das VW-Werk, ebenfalls von Bedeutung. Der Norddeicher Flugplatz hingegen dient dem Inselverkehr. In Emden ist die Ostfriesische Lufttransport (OLT) beheimatet. Die OLT betreibt in Emden und Bremen Flugzeugwerften, die größere in Bremen. Der nächstgelegene internationale Verkehrsflughafen ist der Flughafen Bremen.
Persönlichkeiten



Siehe auch: Liste der Persönlichkeiten Ostfrieslands
Ostfriesland hat im Laufe der vergangenen Jahrhunderte - und bis heute - eine Reihe von bekannten Persönlichkeiten hervorgebracht. Den meisten ist gemeinsam, dass sie ihre Karriere anderenorts begannen oder fortsetzten - was als Hinweis auf die periphere Lage des Landstrichs und auf das Fehlen einer Metropole verstanden werden kann.
Der international bekannteste Ostfriese dürfte der aus Emden stammende Filmregisseur Wolfgang Petersen sein. Zu den national bekanntesten Ostfriesen gehören darüber hinaus die ebenfalls aus Emden stammenden Komiker Otto Waalkes und Karl Dall. Besonders Otto hat sich in vielen Musikalben und Filmen stets zu seiner Herkunft bekannt. Der Frontmann der Techno-Band Scooter, H. P. Baxxter, heißt mit bürgerlichem Namen Hans-Peter Geerdes und stammt aus Leer.
Der in Emden geborene Journalist Henri Nannen hat das Magazin Stern gegründet und damit einen wesentlichen Beitrag zur Presselandschaft im Nachkriegsdeutschland geleistet. Der Fernsehjournalist und langjährige ARD-Korrespondent in Paris, Heiko Engelkes, wurde in Norden geboren.
Zu den bedeutendsten deutschen Philosophen der Gegenwart zählt der gebürtige Auricher Hermann Lübbe. Ebenfalls in Aurich geboren wurde Rudolf Eucken, der 1908 als zweiter Deutscher den Literatur-Nobelpreis gewann und damit der einzige Ostfriese ist, der bislang diese Ehrung erhielt. Die aus Pewsum stammende Hermine Heusler-Edenhuizen war 1911 die erste offiziell anerkannte und niedergelassene Frauenärztin in Deutschland. In früheren Jahrhunderten haben der Universalgelehrte Ubbo Emmius aus Greetsiel gewirkt, der unter anderem Gründungsrektor der Universität Groningen war, sowie der Astronom Johann Fabricius aus Resterhafe, der unabhängig von Galileo Galilei die Sonnenflecken entdeckte.
Die Ostfriesen Garrelt Duin (aus Hinte) und Ulf Thiele (aus Remels) bestimmen in herausgehobenen Positionen die niedersächsische Landespolitik mit - ersterer als SPD-Landesvorsitzender, letzterer als CDU-Generalsekretär. Der Wehrbeauftragte des Deutschen Bundestages, Reinhold Robbe, stammt aus Bunde.
Dieter Eilts aus Upgant-Schott, früherer Fußballprofi bei Werder Bremen, hat zum Gewinn der Europameisterschaft 1996 beigetragen. Der gebürtige Norderneyer Bernd Flessner ist mit zwölf deutschen Meistertiteln der erfolgreichste deutsche Windsurfer. Um die Gesundheit von Sportlern kümmert sich einer der bekanntesten deutschen Sportmediziner, der gebürtige Leerhafer Hans-Wilhelm Müller-Wohlfahrt. Die frühere Box-Weltmeisterin Heidi Hartmann wurde ebenso wie der iranische Fußball-Nationalspieler Ferydoon Zandi in Emden geboren.
Eine Reihe von bekannten Persönlichkeiten wurde zwar nicht in Ostfriesland geboren, ist der Region aber verschiedentlich verbunden gewesen. Dazu zählt der Seeräuber Klaus Störtebeker, der sich im 14. Jahrhundert die Lage Ostfrieslands an Seewegen bei gleichzeitiger Abgeschiedenheit auf dem Landwege zunutze machte und in Ostfriesland Unterschlupf fand, vor allem in Marienhafe.
Der aus Diedenshausen bei Siegen stammende Rechtsgelehrte Johannes Althusius war einer der bedeutendsten Nicht-Ostfriesen, die in Ostfriesland gewirkt haben. Als Stadtsyndikus von Emden lenkte er maßgeblich die Geschicke der Stadt in der Zeit ihrer größten Blüte um 1600. Althusius gilt auch als einer der ersten Deutschen, die sich wissenschaftlich mit Politik befasst haben.
Der spätere Regierende Bürgermeister von Berlin, Ernst Reuter, gebürtig aus Nordschleswig, verbrachte einen Teil seiner Jugend in Leer. Er besuchte dort die Volksschule und das Gymnasium.
Ex-Bundeskanzler Gerhard Schröder hat sich auf der Insel Borkum einen Zweitwohnsitz eingerichtet. Auf Norderney lebt und arbeitet der aus dem schleswig-holsteinischen Wedel stammende Kunstmaler Ole West.
Ostfriesland in den Medien
Weblinks
Linkkatalog zum Thema Ostfriesland bei curlie.org (ehemals DMOZ)
Literatur
- Karl Cramer – Die Geschichte Ostfrieslands. Ein Überblick, Isensee – Oldenburg
- Karl-Ernst Behre, Hajo van Lengen: Ostfriesland. Geschichte und Gestalt einer Kulturlandschaft, Aurich 1995, ISBN 3-925365-85-0
- Hermann Homann: Ostfriesland – Inseln, Watt und Küstenland, F. Coppenrath Verlag, Münster
- Onno Klopp: Geschichte Ostfrieslands, 3 Bde., Hannover 1854–1858
- Stefan Kröger: Das Ostfriesland-Lexikon. Ein unterhaltsames Nachschlagewerk, Isensee Verlag, Oldenburg 2006
- Franz Kurowski: Das Volk am Meer – Die dramatische Geschichte der Friesen, Türmer-Verlag 1984, ISBN 3-87829-082-9
- Hajo van Lengen – Ostfriesland, Kultur und Landschaft, ruhrspiegel-Verlag, Essen 1978
- Hajo van Lengen (Hrsg.): Die Friesische Freiheit des Mittelalters – Leben und Legende, Verlag Ostfriesische Landschaft 2003, ISBN 3-932206-30-4
- Herbert Reyer: Ostfriesland im Dritten Reich- Die Anfänge der nationalsozialistischen Gewaltherrschaft im Regierungsbezirk Aurich 1933–1938, Aurich 1992, Ostfriesische Landschaftliche Verlags- und Vertriebsgesellschaft mbh
- Tielke, Martin (Hrsg.):– Biographisches Lexikon für Ostfriesland, Ostfries. Landschaftliche Verl.- u. Vertriebsges. Aurich, Bd. 1 ISBN 3-925365-75-3 (1993), Bd. 2 ISBN 3-932206-00-2 (1997), Bd. 3 ISBN 3-932206-22-3 (2001)
- Ostfriesland im Schutze des Deiches. Beiträge zur Kultur- und Wirtschaftsgeschichte des ostfriesischen Küstenlandes, hrsg. im Auftrag der Niederemsischen Deichacht, 12 Bände, Selbstverlag, Pewsum u. a. 1969
Ostfriesland in belletristischen Texten
Seit Mitte der 1980er-Jahre wurde Ostfriesland insbesondere als Schauplatz für Krimis von mehreren Autoren entdeckt. Den Anfang machte dabei der aus Nordrhein-Westfalen stammende, aber seit den 1970ern in Ostfriesland lebende Theodor J. Reisdorf. Ihm folgte unter anderem der ebenfalls aus NRW stammende und in Ostfriesland lebende Klaus-Peter Wolf, wohingegen die Autorin Sandra Lüpkes zwar in Göttingen geboren wurde, aber auf der Insel Juist auswuchs.
Eine Auswahl an belletristischen Texten mit dem Sujet Ostfriesland:
- Erskine Childers: Das Rätsel der Sandbank
- S. Wörrishofer: Onnen Visser, der Schmugglersohn von Norderney (im späten Kaiserreich eines der beliebtesten Jugendbücher über Ostfriesland unter französischer Herrschaft).
- Krimis mit Lokalkolorit von Theodor J. Reisdorf: Land, Leute und Leichen (1982), Inselschönheit (1984), Jadedistel (1986), Der Mord macht die Musik (1987), Du sollst nicht begehren (1990), Die toten Mädchen von Jever (1991), Tödliche Teestunde Rezension (1992), Die Tote vom Nordstrand (1993), Mord im Fischerhafen (1995), Todestörn vor Juist (1996), Das Dünengrab (1997), Tod vor Borkum (1999), Friesischer Tod (2000), Mörderische Friesenhochzeit (2001), Letzter Törn nach Spiekeroog (2003), Der Tote im Maisfeld (2005), Friesische Todessinfonie (2006).
- Krimis mit Lokalkolorit von Klaus-Peter Wolf: Ostfriesenkiller (2007), Ostfriesenblut (2008), Ostfriesengrab (2009).
- Krimis mit Lokalkolorit von Sandra Lüpkes: Die Sanddornkönigin (2001), Der Brombeerpirat (2002), Fischer, wie tief ist das Wasser (2003), Das Hagebuttenmädchen (2004), Halbmast (2005), Die Wacholderteufel (2006), Das Sonnentau-Kind (2007), Die Blütenfrau (2008).
Ostfriesland in Film und Fernsehen
- Britta, zweiteiliges ARD-Fernsehspiel aus dem Jahr 1978. Der Autor und Regisseur Berengar Pfahl hatte den Löwenanteil der Handlung nach Ostfriesland verlegt und es dabei verstanden, Lebensumstände und Lebensgefühl der Region, insbesondere das der Jugendlichen zu transportieren. So war die Produktion auch in weiten Teilen Ostfrieslands ein Straßenfeger.
- Otto – Der Außerfriesische, Kinofilm von und mit Otto Waalkes aus dem Jahr 1989, in dem er seine Heimat Ostfriesland davor bewahrt, dass dort eine Teststrecke für Hochgeschwindigkeitszüge errichtet wird. In jenem Film bewohnt Otto den Pilsumer Leuchtturm, der es nicht zuletzt durch diesen Film zu Berühmtheit gebracht hat und als „Markenzeichen“ Ostfrieslands gilt. Otto Waalkes hat sein Ostfriesentum zudem im Kabarett und in weiteren Spielfilmen zum Thema gemacht.
- Frankie, Johnny und die Anderen, Kinofilm von Hans-Erich Viet (1992). Im Sumpf des Rheiderlandes: Fünf Freunde, angeführt von Frankie (Detlef Kuper) versuchen, ihre Langeweile mit dem Erlernen fernöstlicher Kampfsportarten und Meditation zu vertreiben, und planen schließlich ein Bombenattentat auf die Dorfkirmes.
- Sonne und Sturm, Folge der ARD-Reihe Tatort (2003), die in dem fiktiven Küstenort "Nordersiel" spielt, jedoch in Greetsiel gedreht wurde.
- Doktor Martin, komödiantische Vorabendfamilienserie im ZDF. Ausstrahlung seit Juli 2007. Doktor Martin gespielt von Axel Milberg ist ein Arzt, der wegen einer Blutphobie einen Neuanfang im Fischerdorf Neuharlingersiel sucht.
Einzelnachweise und Anmerkungen
- ↑ Satzung der Ostfriesischen Landschaft, Artikel I (Grundsätze), Absatz 2: Ostfriesland umfaßt die kommunalen Gebietskörperschaften Landkreise Aurich, Leer und Wittmund sowie Stadt Emden.
- ↑ Satzung der Industrie- und Handelskammer für Ostfriesland und Papenburg: § 1 (1) Die Kammer führt die Bezeichnung "Industrie- und Handelskammer für Ostfriesland und Papenburg". [... ] Ihr Bezirk umfasst die kreisfreie Stadt Emden, die Landkreise Aurich, Leer und Wittmund sowie [...] die Stadt Papenburg.
- ↑ Handwerkskammer für Ostfriesland: "Zur Handwerkskammer für Ostfriesland gehören [...] aus den Landkreisen Aurich, Wittmund, Leer und der kreisfreien Stadt Emden."
- ↑ Homepage des Interfriesischens Rats: "Das östliche Friesland innerhalb des deutschen Bundeslandes Niedersachsen von der niederländischen Grenze bis jenseits der Wesermündung. Es wird häufig Ost-Friesland genannt oder insgesamt (nicht ganz korrekt) als Ostfriesland bezeichnet. Es umfasst das eigentliche Ostfriesland, das oldenburger Friesland (Friesische Wehde, Jeverland, Wilhelmshaven), das ehemalige Rüstringen (Butjadingen u.a.), das Land Wursten und andere Gebiete." (Hervorhebungen nachträglich für das Zitat)
- ↑ Reihenfolge nach jeweiliger Einwohnerzahl der Mittel-, Klein- und Inselstädte sortiert.
- ↑ Beispielhaft hierfür ist der gescheiterte Zusammenschluss der Landkreise Wittmund und Friesland (siehe dort) im Zuge der niedersächsischen Landkreisreform 1977/78. Der Landkreis hieß Friesland, Kreisstadt war Wittmund. Nach erfolgreichen Klagen vor dem Staatsgerichtshof in Bückeburg wurde der Zusammenschluss per 1. Januar 1980 zurückgenommen. Aus jüngerer Zeit ist die niedersächsische Polizeireform zu nennen, die den Landkreis Wittmund der Polizeiinspektion in Wilhelmshaven und damit der Polizeidirektion in Oldenburg zuschlug, während die Kreise Aurich und Leer sowie die Stadt Emden zwei weitere Polizeiinspektionen innerhalb der Polizeidirektion Osnabrück bildeten. Diese Regelung wurde, wie der örtlichen Presse zu entnehmen war, 2007 nach vielerlei Interventionen und Bitten zurückgenommen: Der Kreis Wittmund wurde der Polizeiinspektion Aurich angeschlossen. Ostfriesland besteht seitdem aus den Inspektionen Leer/Emden und Aurich/Wittmund, beide unter dem Dach der Direktion Osnabrück.
- ↑ Niedersachsen.de: Niedersachsen - Ein Land stellt sich vor
- ↑ Im Landesinneren in Aurich durchschnittlich 20, auf der Insel Norderney sogar nur zwölf Tage. Vgl. Rack, a. a. O., S. 30.
- ↑ a b c d Rack, a. a. O., S. 32
- ↑ Rack, a. a. O., S. 42
- ↑ ebd.
- ↑ Rack, a. a. O., S. 43
- ↑ Vgl. diese Kurzmeldung des NDR.
- ↑ Grafik auf der Homepage des Berlin-Instituts für Bevölkerung und Entwicklung, pdf-Datei
- ↑ Industrie und Handelskammer für Ostfriesland und Papenburg: Tabelle A 2- Bevölkerungsentwicklung in Ostfriesland und Papenburg
- ↑ Plinius: Naturalis historia XVI 1, 2-4
- ↑ SCHMIDT, Heinrich: Das östliche Friesland um 1400. Territorialpolitische Strukturen und Bewegungen, in: EHBRECHT, Wilfried (Hg.): Störtebeker – 600 Jahre nach seinem Tod, Trier 2005, S. 87.
- ↑ Siegfried Lüderitz: Westgroßefehn, in: Arbeitsgruppe der Ortschronisten der Ostfriesischen Landschaft, pdf-Datei
- ↑ Thorsten Melchers: Ostfriesland: Preußens atypische Provinz? preußische Integrationspolitik im 18. Jahrhundert 2002. - 668 S. - Oldenburg, Univ., Diss., 2002, Seite 168, Verfügbar auch [http://docserver.bis.uni-oldenburg.de/publikationen/dissertation/2002/melost02/melost02.html zum Download
- ↑ Martin Tielke: Die neue Bibliothek der Ostfriesischen Landschaft in Aurich
- ↑ http://www.zoll.de/b0_zoll_und_steuern/a0_zoelle/j1_freizonen_und_freilager/f0_emden/index.html
- ↑ a b c HGIS Germany: Landdrostei Aurich (1823–1865)
- ↑ HGIS Germany: Regierungsbezirk Aurich
- ↑ a b Franz Kurowski: Das Volk am Meer – Die dramatische Geschichte der Friesen, Türmer-Verlag 1984, ISBN 3-87829-082-9, S. 386 f
- ↑ Martin Wein: Stadt wider Willen. Kommunale Entwicklung in Wilhelmshaven/Rüstringen 1853–1937. Tectum, Marburg 2006, S. 262
- ↑ Herbert Reyer: Revolution und demokratischer Neubeginn in der Stadt und dem Landkreis Aurich in den Jahren 1918–1920 in: Ostfriesland zwischen Republik und Diktatur, Aurich 1998, S.85f
- ↑ Kurowski, a.a.O, S. 390
- ↑ Kurowski, a.a.O, S. 391
- ↑ Siehe hierzu auch die Dokumentation von Gerd Rokahr: "Der Bombenangriff auf Esens am 27. September 1943", erschienen als Begleitbuch zur gleichnamigen Ausstellung im "Müllerhaus", der Städtischen Galerie Esens vom 27. September bis 2. November 2003
- ↑ Kurowski, a.a.O., S. 393
- ↑ Der verdrängte Herbst von Engerhafe, Ostfriesland-Magazin (Ausgabe 11/1994)
- ↑ Rudolf Nassua: Das Kriegsende in Ostfriesland
- ↑ Kurowski, a.a.O., S. 394
- ↑ Ostfriesen-Zeitung, 28. Januar 2008, S. 9
- ↑ http://www.ostfriesischelandschaft.de/ol/templates/101.jsp?id=111&thema=71
- ↑ Satzung der Ostfriesischen Landschaft, Artikel V (Wappen, Flagge und Dienstsiegel), Absatz 2: Die Farben der Flagge der Ostfriesischen Landschaft sind in drei gleich breiten Querstreifen schwarz-rot-blau.
- ↑ Reershemius, Gertrud: Niederdeutsch in Ostfriesland. Zwischen Sprachkontakt, Sprachveränderung und Sprachwechsel. Stuttgart 2004
- ↑ König, Werner: dtv-Atlas Deutsche Sprache. 15. Auflage München 2005, S. 242.
- ↑ http://www.laage-ulm.de/etc/moin.htm
- ↑ http://www.geschichte-s-h.de/vonabisz/moin.htm
- ↑ "Ems-Dollart Region: The most concentrated region of well-preserved historic organs in the world. [S. 170]. ... With its wealth of historic instruments, the region became an early focus for scholars and builders... The emergence of the Ems-Dollart organs as cultural treasures of worldwide significance was made possible by four important events: (1) the founding of the Jürgen Ahrend and Gerhard Brunzema workshop (Leer) in 1954, which quickly established itself as the leading shop for restoration and conservation; (2) the establishment of the Norddeutsche Orgelakademie (Bunderhee) by Harald Vogel (1977) which serves as a central research facility for study of the area`s historic instruments and makes access to them possible for visiting builders, players, and scholars... [S. 172f.]". (Cleveland Johnson: Ems-Dollart Region. In: The Organ. An Encyclopedia. Douglas E. Bush, Richard Kassel (Hrsg.). Routledge, New York u. London 2006, ISBN 0415941741, (online)
- ↑ http://www.reformiert.de - Menüpunkte Arbeitsbereiche/Orgellandschaft (direkter Link funktioniert nicht)
- ↑ "Ostfriesland ist in den letzten Jahrzehnten zu einem Zentrum der europäischen Orgelkultur geworden." (Harald Vogel / Reinhard Ruge / Robert Noah / Martin Stromann: Orgellandschaft Ostfriesland. Verlag Soltau-Kurier Norden, Norden 1995, ISBN 3928327194, S. 8)
- ↑ http://www.nachtorgel.de nachtorgel.de
- ↑ http://www.greetsiel.de/index.php3?nav=1&inhalt=124&link_id1=8&link_id2=90 Krummhörner Orgelfrühling
- ↑ http://www.sprengel-ostfriesland.de/statistik/statistik.html#spitze
- ↑ http://www.sprengel-ostfriesland.de/statistik/statistik.html#266000
- ↑ http://www.sprengel-ostfriesland.de/statistik/statistik.html#deutschland
- ↑ http://www.lhv.de/seiten/leistungen.html
- ↑ http://www.regis-online.de/de/region/daten-fakten.html
- ↑ Ursula Elisabeth Adriane Fittschen: Identifizierung von Naturstoffprofilen aus der Nordseekrabbe, Köln 2001
- ↑ Jahresbericht 2007 der IHK für Ostfriesland und Papenburg, S. 6
- ↑ Jahresbericht 2007 der IHK für Ostfriesland und Papenburg, Anlage
- ↑ a b Jahresbericht 2007 der IHK für Ostfriesland und Papenburg, S. 5
- ↑ Ostfriesischer Kurier, 13. Februar 2008, S. 12
- ↑ Emder Zeitung, 6. August 2008, Seite 4
- ↑ http://www.ivw.de
- ↑ Ostfriesischer Kurier, 24. Januar 2007, S. 9