Affekt und Geschichte Liechtensteins: Unterschied zwischen den Seiten
Pxbolk (Diskussion | Beiträge) |
Times (Diskussion | Beiträge) |
||
Zeile 1: | Zeile 1: | ||
<!--Schweizbezogen--><!--Anmerkung: Schweizbezogen gilt auch für FL--> |
|||
Mit '''Affekt''' (Idiome: im Eifer des Gefechtes, in the heat of the moment (engl.)) ist eine heftige, zumindest deutliche Gemütsbewegung ("occuring emotion")<ref>Krause,R., Steiner-Krause,E., Ullrich, B., 1992, Anwendung der Affektforschung auf die psychoanalytisch-psychotherapeutische Praxis. Form der Psychoanalyse, 8, 238-253</ref> gemeint, die eine Ausdrucksdimension, eine körperliche Dimension und eine motivationale Dimension hat. Beispiele: Lächeln ist ein Ausdruck für den Affekt [[Sympathie]], Rotwerden ist im körperlichen Bereich bezeichnend für den Affekt [[Schamgefühl|Scham]] und die Bereitschaft, mit der Faust auf den Tisch zu hauen, ist ein charakteristisches Motiv aus dem Affekt [[Zorn]] heraus. <ref>vgl. Benecke, C., Vogt, Th., Bock, A., Koschier, A., Peham, D., Entwicklung und Validierung eines Fragebogens zur Erfassung von Emotionserleben und Emotionsregulation (EER). Leopold-Franzens-Universität Innsbruck, Institut für Psychologie, Innsbruck, 2008, - download - S. 3,4.</ref> |
|||
==Vorgeschichte== |
|||
Archäologische Funde auf ''Gutenberg'' sowie ''Eschnerberg'' weisen nach, dass das heutige Gebiet [[Liechtenstein]]s seit der [[Jungsteinzeit]] ([[5. Jahrtausend v. Chr.]]) besiedelt ist. Auf dem ''Gutenberg'' sind auch Kultfiguren aus Bronze entdeckt worden. Da das Tal vom Rhein häufig überschwemmt war und dadurch sumpfig war, waren nur die höher gelegenen Gebiete besiedelt. |
|||
Affekt ist eine besondere Qualität von Gemütsbewegung, deren definierende Merkmale die Quantität und die Unwillkürlichkeit der Erregung sind. Seine jeweilige Benennung (z. B. Eifersucht, Trauer, Neugier usw.) erhält der Affekt von der Emotion, die er in Gang bringt und der er sprachlich zugeordnet wird. So kann z. B. Eifersucht nicht nur in Gestalt des Affektes auftreten, sondern auch als Gefühl, als Zwangsgedanke, als Motiv usw. Aus dem Kontext der sprachlichen Verwendung (z. B.: er platzte vor Eifersucht) geht dann hervor, ob Affekt oder eine andre Qualität von Gemütsbewegung gemeint ist. |
|||
Seit dem [[8. Jahrhundert v. Chr.]] war das Gebiet von [[Rätien|Rätern]] (''Vennonen'') besiedelt. Es sind auch [[Kelten|keltische]] (''Vindeliker'') Einflüsse feststellbar. |
|||
Mit '''Basisemotion''' (o. Ä., s. u.) ist Affekt als basaler oder stimulierender Anteil einer Emotion gemeint. |
|||
==Römisches Reich== |
|||
Zur Klassifikation des Begriffs s. [[Emotionstheorie]] |
|||
Im Jahre [[15 v. Chr.]] wurde das Gebiet des heutigen Fürstentums zur römischen Provinz [[Rätien]] erklärt. Im [[1. Jahrhundert]] n. Chr. wurde eine Heerstraße gebaut, die von Italien über dem [[Splügenpass|Splügen]] sowie Chur durch das heutige Liechtenstein nach Bregenz führte. Entlang dieser Straße entstanden in Liechtenstein römische Gasthäuser. Mit der Zeit vermischte sich die Sprache der Ureinwohner mit der Sprache der Römer, [[Latein]]. Daraus entstand die [[Rätoromanische Sprache]]. |
|||
== Etymologie == |
|||
Der Begriff des '''Affektes''' ist aus dem griechischen páthos ''παθος'' (Leiden, Leidenschaft)<ref>Kirchner, Friedrich, Wörterbuch der philosophischen Grundbegriffe, 1907</ref> entstanden, aus welchem bei der Verschiebung ins Lateinische ''afficere'' (einwirken, behandeln) und schließlich ''affectus'' (Zustand, vor allem: Leidenschaft, Gemütserregung, Begierde) wurde. Der noch in der ersten Hälfte des 20. Jhrds. [[Nosologie|nosologisch]] wichtige Begriff '''Affektion''' verdankt dem gleichen Stamm seine Herkunft.<ref>Stephan Blancard’s arzneiwissenschaftliches Wörterbuch, Erster Band, Wien, bei Georg Philipp Wucherer, 1788, S. 45, 46.</ref> |
|||
Im [[4. Jahrhundert]] begann die [[Christianisierung]] in der Provinz ''Churrätien''. Als erster Glaubensbote wurde der ''Heilige [[Luzius von Chur|Luzius]]'' verehrt. Ein Merkmal des spätrömischen Reiches sind die Reste eines [[Römische Militärlager|Kastells]], welches um diese Zeit in [[Schaan]] gebaut wurde, um die nördlichen [[Alemannen]] abzuwehren. |
|||
== Stoizismus == |
|||
Nach [[Stoizismus|stoischer Auffassung]] ist [[Eudämonie]] ([[Glückseligkeit]]) nur dann zu erreichen, wenn kein Affekt die Seelenruhe stört. Ein Affekt ist ein übersteuerter Trieb; das stoische Ideal ist die [[Apathie]], die Freiheit von solchen Affekten. |
|||
==Mittelalter== |
|||
Es wird zwischen vier Grundarten von Affekten unterschieden: Lust, Unlust, Begierde, Furcht. |
|||
===Frühmittelalter=== |
|||
Entscheidend für die Apathie ist die Erkenntnis, dass alle äußeren Güter keinen Wert für die Glückseligkeit haben. |
|||
Nachdem das Römische Reich zerfallen war, konnte man im heutigen Liechtenstein eine Zuwanderung der Alemannen feststellen. Im [[8. Jahrhundert]] wurde Rätien ins [[Fränkisches Reich|fränkische Reich]] eingebunden. Unter [[Karl der Große|Karl dem Großen]] wurde [[806]] die fränkische [[Gaugrafschaftsverfassung]] eingeführt. [[842]] wurden erstmals Orte und Personen aus dem heutigem Fürstentum aufgelistet, so unter anderem [[Balzers]], Schaan und [[Eschen (Liechtenstein)|Eschen]] (''[[Rätische Urbar]]'', wo alle königlichen Güter aufgezeichnet waren). |
|||
''„Der Affekt entsteht, wenn die Vernunft dem Trieb einen falschen […] Zweck setzt und das Scheitern beklagt.“'' (M. Hossenfelder) |
|||
===Grafschaften=== |
|||
== Zur Geschichte des Begriffs == |
|||
[[Platon]] teilt die Affekte in vier Kategorien ein: Lust, Leid, Begierde, Furcht. |
|||
Zwischen dem [[10. Jahrhundert]] und [[1152]] gehörte Rätien dem ''[[Graf]]en von [[Bregenz]]''. Nachdem die Grafen von Bregenz ausstarben, wurde das ehemalige Rätien durch Erbteilungen aufgesplittert. |
|||
[[Aristoteles]] (384–322) charakterisiert elf Affekte, und rechnete überhaupt jeden Seelenzustand, der mit Lust oder Unlust verbunden ist, dazu: Begierde, Zorn, Furcht, Mut, Neid, Freude, Liebe, Hass, Sehnsucht, Eifersucht und Mitleid.<ref>Kirchner, Friedrich, Wörterbuch der philosophischen Grundbegriffe, 1907,-Pathos</ref> |
|||
Das Unterrätien ging daher an die ''Grafen von [[Montfort (deutsche Adelsfamilie)|Montfort]]'', die sich später in die Linien Montfort und [[Werdenberg]] aufteilten. Die ''Grafschaft Werdenberg'' wurde wiederum aufgeteilt, so entstand durch eine Erbteilung [[1342]] die ''Grafschaft [[Vaduz]]''. |
|||
René [[Descartes]] (1596–1650), beschreibt in seinem Werk „Traité des passions de l'âme“, (Paris 1649) sechs Grundformen von Affekten, die zu zahlreichen Zwischenformen miteinander kombiniert werden können: Freude (joie), Hass (haine), Liebe (amour),Trauer (tristesse), Verlangen (désir), Bewunderung (admiration). |
|||
[[1379]] verlieh ''[[Wenzel (HRR)|König Wenzel]]'' dem ''Grafen Heinrich von Werdenberg'' die [[Gerichtshoheit]]. [[1396]] wird die Grafschaft Vaduz ''[[Reichsunmittelbarkeit|reichsunmittelbar]]'', bestätigt durch den [[König]] Wenzel, und untersteht damit dem [[Kaiser]] direkt. Damit war ein Aufbau der Landeshoheit möglich. In den folgenden Jahrhunderten wurde den Herrschern von Vaduz die Reichsunmittelbarkeit immer wieder bestätigt. |
|||
[[Kant]] (1724–1804) schied zuerst Affekt und Leidenschaft deutlich, ''den Affekt muß der Mensch zähmen, die Leidenschaft beherrschen, jenes macht ihn zum Meister, dieses zum Herrn über sich selbst.''<ref> zitiert nach Kirchner, Friedrich, Wörterbuch der philosophischen Begriffe, 1907, – Pathos</ref> |
|||
===Formierung der heutigen Staatsgrenze=== |
|||
[[Charles Darwin]] (1809–1882) hat an sehr vielen Einzelbeispielen und aus zahlreichen Quellen Ausdrucksformen der Gemütsverfassung, wie charakteristische Bewegungen, Gebärden, Laute, vegetative Erscheinungen usw. bei Menschen und Tieren detailliert beschrieben und diesen assoziierte Affekte ''(„strong emotion“, „excited sensation“)'' und andere Gemütsbewegungen zugeschrieben und die Theorie entwickelt, dass diese Ausdrucksmuster als nützliche Gewohnheiten ursprünglich erworben und zumindest teilweise vererbt werden ''(„Actions, which were at first voluntary, soon became habitual, and at last hereditary, and may then be performed even in opposition to the will. …“).''<ref>Quelle: Darwin, Charles, M.A., F.R.S.,etc., The Expression of Emotions in Man and Animals, New York, D. Appleton & Company, 1899 (posthum), Authorized Edition, S. 411</ref> und sich durch Selektion erhalten haben.<ref>Quelle: Darwin, Charles, M.A., F.R.S.,etc., The Expression of Emotions in Man and Animals, New York, D. Appleton & Company, 1899 (posthum), Authorized Edition, S. 56,120,124,388,415</ref> |
|||
Die Grafen von Vaduz starben [[1416]] aus. Als Herrscher folgten die [[Freiherren von Brandis]], welche aus dem [[Emmental]] stammten. Sie erwarben zudem den nördlichen Teil der ''Herrschaft [[Schellenberg]]''. So wurde [[1434]] das Oberland (des Freiherren von Brandis) sowie das Unterland (der Herrschaft Schellenberg) vereinigt. Die Grenzen dieser beiden Herrschaften bilden die heutige Grenze des Fürstentums Liechtenstein. |
|||
Von [[Wilhelm Wundt]] (1832–1920) ist der Affekt erstmals nach Qualität, Stärke, Dauer und der zu seiner Zeit meßbaren physiologischen Wirkung klassifiziert worden. Nach seinem Klassifikations-Konzept waren ''sthenische'' Affekte durch die Anspannung des Körpers geprägt, ''asthenische'' Affekte durch Erschlaffung. Als sthenische Affekte werden Zustände wie Wut, Zorn, Eifer gezählt, während die asthenischen Affekte Angst, Furcht oder Schrecken sind.<ref>Quelle:Wundt, Wilhelm, Grundriss der Psychologie, 15. Aufl., Leipzig, 1922, S. 208–219</ref> |
|||
===Kriege=== |
|||
[[Paul Ekman]] (*1934) fand in umfangreichen empirischen Studien Beweise für die erbliche Bedingtheit zahlreicher emotionaler Ausdrücke, darunter die von ihm unterschiedenen '''7 Basisemotionen''' Fröhlichkeit, Wut, Ekel, Furcht, Verachtung, Traurigkeit und Überraschung, die kulturübergreifend bei allen Menschen in gleicher Weise erkannt und ausgedrückt werden. Diese, von ihm als elementar beschriebenen Gesichtsausdrücke sind nicht kulturell erlernt, sondern genetisch bedingt. |
|||
Das [[15. Jahrhundert]] in Liechtenstein war von Kriegen geprägt: dem ''[[Alter Zürichkrieg|Alten Zürcherkrieg]]'' (1444–1446), dem ''[[Schwabenkrieg]]'' (1499–1500) sowie dem ''[[Appenzellerkrieg]]'' (1505). Diese Kriege brachten den Herrschaften viele Zerstörungen, Plündereien und Brände. Die größte Bedeutung hatte der Schwabenkrieg, da seitdem der Rhein die definitive Grenze zwischen der [[Schweiz|Schweizer Eidgenossenschaft]] sowie dem [[Heiliges Römisches Reich Deutscher Nation|Heiligen Römischen Reich Deutscher Nation]] bedeutete. So geriet das spätere Fürstentum Liechtenstein für viele Jahrhunderte in eine Randlage. |
|||
== Gegenwärtiger Begriffsumgang == |
|||
=== Allgemeine Definition === |
|||
[[Affektivität]]<ref>Bleuler,M.: Affektivität. In M. Bleuler: Lehrbuch der Psychiatrie 11. Aufl. S. 58–69. Springer, Berlin-Heidelberg-New York 1969</ref> ist ein Begriff für die ganze Sphäre der mentalen Phänomene, die mit einer Veränderung des subjektiven Befindens und Erlebens einhergehen und auf Vorstellungs- und Denkinhalte einwirken. Das Paradigma ''Affekt'' wird oft auch als Gegenpol zum Paradigma ''[[Kognition]]'' verwendet (z. B. Betroffenheit versus Aufklärung). Affekt wird definiert als Gefühls- und Gemütsbewegung von großer Brisanz, geringer Latenz und energisierender Dynamik, einhergehend mit eingeengter Wahrnehmung, ggf. einer Überforderung der Willenskontrolle und starker Ausdruckskraft. Dazu kommt eine Beteiligung des motorischen und vegetativen [[Nervensystem]]s sowie eine Beteiligung des Systems der humoralen [[Botenstoffe]]. Vereinfacht gesagt handelt es sich um ein [[Psychosomatik|psychosomatisch]]es Ereignis mit kommunikativen Folgen. |
|||
===Weiterentwicklung im 16. Jahrhundert=== |
|||
=== Definition in der Medizinischen Psychologie === |
|||
In der Medizinischen Psychologie wird ein Affekt als ein komplexes angeborenes Reaktionsmuster auf Reize aufgefasst. Der affektauslösende Reiz kann eine funktionelle äußere Wahrnehmung oder ein [[Kognition]]sprozess sein. |
|||
Der letzte Freiherr von Brandis verkaufte [[1510]] die Herrschaften Vaduz und Schellenberg an die Grafschaft [[Sulz]] (am Neckar), welche Liechtenstein bis 1613 von der dazu gehörenden [[Landgrafschaft Klettgau]] aus regierte. Die katholisch geprägte Grafschaft sorgte dafür, dass die beiden Herrschaften mit der [[Reformation]] nicht in Berührung kamen. Die Zeiten unter den Grafen von Sulz galten als friedliche Zeiten. Die Einheimischen beider Herrschaften bekamen Rechte, Gerichte und konnten einen Landammann sowie zwölf Richter bestellen. |
|||
=== Definition in der Psychopathologie === |
|||
==== Psychopathologische Symptome ==== |
|||
Werden die mimischen, gestischen und paraverbalen Ausdrucksmerkmale nur schwach deutlich, und reagiert ein Mensch nur schwach oder gar nicht z. B. auf Anteilnahme oder Zuspruch, so wird von '''verminderter affektiver Resonanz''' gesprochen (s. [[Depression]]). Besteht zwischen den Ausdrucksmerkmalen und dem dahinterliegenden Gefühlszustand ein Widerspruch, so ist dies ein „inadäquater Affekt“. Bei größeren und raschen Wechseln zwischen den Ausdrucksmerkmalen wird von einer '''Affektlabilität''' gesprochen, zu unterscheiden von '''Affektinkontinenz'''. Dies ist eine unwillkürliche, stereotype, nicht modulierte Affektäußerung und zwar auf beliebige Arten von Gemütsbewegungen, die der Betroffene auch trotz großen Peinlichkeitsempfindens nicht an seine augenblickliche Situation anpassen kann (z. B. Weinen oder Lachen). Es handelt sich um ein Symptom einer Hirnläsion oder vorübergehenden Hirnfunktionsstörung und kann z. B. als Folge eines [[Schlaganfall]]s, einer [[Alzheimer-Krankheit]] oder einer Vergiftung durch [[Drogen]] ([[exogene Psychose]]) vorkommen.<ref> Quelle: T. Kratz, C. W. Wallesch, Pathologisches Lachen und Weinen, Pathological Laughter and Crying, Fortschr Neurol Psychiatr 2001; 69: 353–358.</ref> |
|||
'''Affektintoleranz''' dagegen ist die Unfähigkeit, einen provozierten Affekt lange genug auszuhalten, bis dieser – unter Beibehaltung der persönlichen körperlichen und seelischen Gesundheit – mit Abklingen seiner Brisanz den Weg zu einer neuen Gemütsverfassung oder/und einer Veränderung der Beziehungseinstellung im psychosozialen System gefunden hat. Je nach Reife der Persönlichkeit ist die Umwelt mehr oder weniger an dieser Leistung, die in jedem Fall eine Gemeinschaftsleistung ist, beteiligt. Das heißt auch, dass es unter Menschen zu Affektprovokationen (z. B. fortdauernde Kränkung oder Entwürdigung) kommen kann, die auch dem gesündesten und reifsten unerträglich sind und zu Störungen seiner seelischen und körperlichen Gesundheit führen. |
|||
[[1613]] verkaufte die Grafschaft Sulz die Herrschaften Vaduz und Schellenberg an die Grafschaft [[Hohenems]] (Vorarlberg) welche Interesse an einem Pufferstaat zwischen [[Österreich]] und der [[Schweiz]] hatte. |
|||
==== Psychische Störungen ==== |
|||
Störungen des Affekts werden in der Psychopathologie als [[Affektive Störung]]en bezeichnet. Die bedeutendste ist die mentale [[Depression]]. |
|||
===Dreißigjähriger Krieg und Pest=== |
|||
== Psychologie und Psychoanalyse == |
|||
Im [[17. Jahrhundert]] wütete die Pest in den Herrschaften. Hexenverfolgungen waren in jener Zeit an der Tagesordnung. Auch der [[Dreißigjähriger Krieg|Dreißigjährige Krieg]] forderte Opfer, obwohl die beiden Herrschaften nicht direkt am Krieg beteiligt waren. Die Grafschaft Hohenems geriet zudem in Schulden und musste daher unter anderem Vaduz und Schellenberg verkaufen. |
|||
Im Sprachgebrauch der klassischen Psychoanalyse hat ein „Trieb“ eine Affekt- und eine Vorstellungsdimension. Durch ein „[[Trauma (Psychologie)]]“ oder einen unerträglichen, inneren „[[Konflikt]]“ kann die Vorstellung durch „[[Verdrängung (Psychoanalyse)]]“ oder andere „[[Abwehrmechanismen]]“ unbewusst werden und dadurch den Ursachenzusammenhang unkenntlich machen. Der Affekt kann aber nicht verdrängt werden, sondern besteht als „[[Affektbetrag]]“ – quasi herrenlos – weiter<ref> Laplanche, J., Pontalis, J. B., 1. Aufl., Frankfurt a. M., 1973, S. 37, 38</ref> und kann dann in Form körperlicher Symptome ([[Konversion]]), im Bereich des Ausdrucks ([[Borderline-Syndrom]]) oder in besonderem Verhalten (z. B. [[Zwangsneurose]]) seine Entlastung finden („[[primärer Krankheitsgewinn]]“). In diesem Zusammenhang ist der Begriff „[[Affektisolierung]]“ von Bedeutung. Das Phänomen besteht darin, dass der Ausdruck der Emotion minimiert ist (Idiom: Poker-Face), der Affekt aber in (meist verheimlichten) Fantasie- und Verhaltensexzessen oder einer besonderen [[Tat]] seine Abfuhr sucht. Gelegentlich machen solche Exzesse Schlagzeilen; im Text heißt es dann sehr häufig über den Betreffenden: „Er war still und unauffällig.“ |
|||
==Herrschaft der Fürsten von Liechtenstein== |
|||
Rainer Krause, ein Psychologe und Psychoanalytiker leitet die am Gesichtsausdruck beobachtbaren Affekte aus einem hierarchischen Organisationschema der Triebe ab. „Affekte sind seiner Meinung nach die psychischen Repräsentanzen von hierarchisch geordneten, zielorientierten Motivationssystemen, die über körperinnere Signale und Reize aus der Außenwelt aktiviert werden.“<ref name="Ehlers"/> Hierbei orientiert er sich an der [[Objektbeziehungstheorie]] von [[Otto F. Kernberg]], in der Libido und Aggression als ein hierarchisch übergeordnetes Motivationssystem verstanden werden. Die Affekte bilden eine Brückenfunktion zwischen der Organisation der Triebe und den biologische gegebenen Instinkten. |
|||
===Kauf der Herrschaften durch die Fürsten von Liechtenstein=== |
|||
Psychoanalytische Forscher sehen den Affekt hauptsächlich in seiner kommunikativen Funktion, und zwar in den unterschiedlichen psychoanalytischen Theorien folgendermaßen: |
|||
In der Objektbeziehungstheorie gelten Affekte als Bindeglied der Beziehung. In einer Person zeigen sich die vergangenen Beziehungserfahrungen als Erinnerungsspuren zwischen einem Selbst und dem Objekt, also einer wichtigen Bezugsperson. Nach dieser Anschauung spielt sich eine Beziehung also zwischen einer Selbstrepräsentanz (der Vorstellung von der eigenen Person oder des eigenen Selbst) und einer Objektrepräsentanz (der Vorstellung von einer vertrauten Person) ab. Der Affekt gilt als Bindeglied zwischen den Repräsentanzen, der von der Säuglingszeit an eine Beziehung motiviert und regelt.[[Bild:MaternalBond.jpg|thumb|Affekt als Mittel der Kommunikation]] |
|||
In der Selbstpsychologie gelten frühe Prozesse der Regulation zwischen Kind und Bezugsperson als entscheidende Faktoren für die Selbstentwicklung. Hierbei hat der affektive Austausch zwischen Kind und Bezugsperson große Auswirkungen auf die Selbstentwicklung. Dabei kann das Kind durch den affektiven Austausch mit seiner Mutter beruhigt werden, wobei der Affektausdruck als Träger der Kommunikation zu betrachten ist. Man könnte sagen, dass die Mutter und das Kleinkind ein affektives Kommunikationssystem bilden, wobei das Kind allmählich erlernt seine Affekte selber zu regulieren.<ref name="Dornes">[[Martin Dornes]] (1997); Die frühe Kindheit. Entwicklungspsychologie der ersten Lebensjahre. Frankfurt a. M. Fischer</ref><ref name="Ehlers">[[Wolfram Ehlers]] und [[Alex Holder]] (2007): Psychologische Grundlagen, Entwicklung und Neurobilogie. BAsiswissen Psychoanalyse. Stuttgart, Klett-Cotta</ref><ref>Peter Fonagy und Mary Target (2002): Neubewertung der Entwicklung der Affektregulation vor dem Hintergrund von Winnicotts Konzept des „falschen Selbst“. Psyche 56, 839–862</ref> |
|||
In dem von Merten und [[Rainer Krause]] entwickelten psychometrischen Instrument [[Differentielle Affekt Skala (D A S)]] werden folgende 10 ''„basale Emotionsdimensionen“'' zugrunde gelegt: [[Interesse]], [[Freude]], [[Überraschung]], [[Trauer]], [[Wut]], [[Ekel]], [[Verachtung]], [[Angst]], [[Schamgefühl|Scham]], [[Schuld]].<ref> Quelle: Merten J. & Krause, R. (1993) D A S (Differentielle Affekt Skala). Arbeiten der Fachrichtung Psychologie, Universität des Saarlandes, Nr. 172). Saarbrücken: Universität. </ref> (vgl. ''8 Basisemotionen'' im Artikel [[Emotionstheorien]] und s. o. Paul Ekman) |
|||
====Das Geschlecht ''Liechtenstein''==== |
|||
Ein Affekt allein klingt bald ab mit zunehmender Ausgeglichenheit, sofern er nicht auf gegensätzliche Kräfte trifft. Diese können von gleichzeitig auftretenden Affekten mit konträrer Tendenz herrühren oder von der Umwelt, mit der sich die Person in einem Austausch befindet. Die Vehemenz eines solchen Konfliktes drängt das System zu einer Ausbalancierung. Dabei werden vorzugsweise gewohnheitsmäßige Strategien benutzt und zwar sowohl von der Person, als auch von ihrer Umwelt. Für die Person kann dabei eine Typisierung herausspringen: z. B. Geizhals, Angsthase, Angeber, Hypochonder, Gönner, Held, Hysteriker/in, Choleriker,usw. |
|||
''Hauptartikel: [[Haus Liechtenstein]]'' |
|||
Ein Affekt kann sowohl von einem Reiz abhängig (Abhängige Variable = AV, engl. DV) oder Ursache z. B. einer Tat, einer Stimmung oder auch eines anderen Affektes sein (Unabhängige Variable = UV, engl. IV). Beispielsweise kann der o. g. Affekt „Interesse“ Ursache für den Affekt „Scham“ oder „Schuld“ sein. |
|||
=====Historisches===== |
|||
Ein Affekt kann nicht unbewusst sein – er ist als erregende Veränderung des subjektiven Befindens immer wahrnehmbar – wohl aber seine Interpretation. So kann es durchaus sein, dass jemand z. B. seinen ''Neid'' durch Gebärde, Rot- oder Blasswerden und den Kontext für andere erkennbar macht, ohne dass ihm selbst ''Neid'' bewusst ist. |
|||
Das Liechtensteinische Fürstenhaus zählt zu den ältesten Adelsfamilien Europas. Um 1136 wird mit Hugo von Liechtenstein erstmals ein Träger dieses Namens erwähnt. Er nannte sich nach der [[Burg Liechtenstein]], welche sich südlich von Wien befindet. Das Material für diese Burg stammt aus einem Römersteinbruch, von woher der Name ''lichten Stein'' stammen könnte. In der Folge besaß die Familie Liechtenstein viele Ländereien in [[Niederösterreich]], [[Böhmen]], [[Mähren]] und [[Schlesien]]. Dokumentiert ist auch ein [[Ulrich von Liechtenstein]], welcher ein [[mittelhochdeutsch]]er Dichter im [[13. Jahrhundert]] war. |
|||
=====Legenden===== |
|||
== Rechtswissenschaft == |
|||
Eine Sage aus der [[Steiermark]] berichtet von einem Krieger namens Gerold zur Zeit [[Karl der Große|Karls des Großen]]. Dieser entdeckte beim Pflügen einen wunderschönen, funkelnden Stein in vielen Farben. Er wollte ihn zunächst verkaufen. Ein Ältester empfahl ihm jedoch, diesen Stein nicht zu verkaufen, sondern ihn nach Aachen zu bringen und dem Kaiser zu schenken. Der Kaiser liess Gerold jedoch bekriegen. Als die Schlacht nahte und es dunkel wurde, leuchtete Gerolds Stein wie ein Feuerauge und der abergläubische Feind zog sich zurück. Als der Kaiser davon hörte, nahm er das Geschenk an, beförderte Gerold zum Ritter des Landes und sagte: „Dein Haus soll den Namen 'Liechtenstein' führen, der Ruhm Deines Stammes sei licht, glänzend und erhaben wie dieser Stein!“. Er liess daraufhin die Burg Liechtenstein erbauen. |
|||
[http://www.sagen.at/texte/sagen/oesterreich/steiermark/sann/derahnherrdeshausesliechtenstein.html Komplette Geschichte: „Der Ahnherr des Hauses Liechtenstein“] |
|||
''Siehe auch Hauptartikel:'' [[Affekttat]]'' |
|||
Es gibt weitere Sagen zum Stammvater der Liechtensteiner. Eine Auswahl befindet sich [http://www.sagen.at/texte/sagen/liechtenstein/sagen_liechtenstein.htm hier]. |
|||
Affekte werden im Rechtsverkehr gewürdigt, wenn die handelnde Person durch Affekte in ihrer Geschäfts-, Delikts- oder Schuldfähigkeit beeinträchtigt oder zu einer strafbaren Handlung motiviert wird. Grundsätzlich schließen Affekte die Fähigkeit zur Teilnahme am Rechtsverkehr nicht aus. |
|||
====Kauf von reichsunmittelbarem Besitz==== |
|||
[[Strafrecht]]lich ist der Affekt auf mehreren Ebenen der Deliktsprüfung relevant: |
|||
:* Bereits auf der Ebene der ''Schuldfähigkeit'' (die Fähigkeit, Recht und Unrecht einzusehen und seine Handlungen danach zu steuern) kann die [[Schuld (Strafrecht)|Schuld]] ausgeschlossen werden, jedoch erst dann, wenn der Affekt die Qualität einer tiefgreifenden Bewusstseinsstörung erreicht. In diesem Fall ist der Affekt nicht der Rechtsgrund für den Schuldausschluss selbst, sondern lediglich seine Ursache. Man schließt also die Schuld wegen der Bewusstseinsstörung und nicht wegen des Affekts aus. Vgl. § 20 StGB. |
|||
:* Auf der Ebene der ''Schuldausschließung'' sind Mankos bei Notwehrhandlungen zu berücksichtigen: Werden die Grenzen der [[Notwehr]] lediglich im Maß überschritten (sog. intensiver [[Notwehr#Rechtslage_in_Deutschland|Notwehrexzess]]), also etwa vier Abwehrschläge statt der ausreichenden drei, so ist ein Schuldausschließungsgrund gegeben, wenn der Exzess durch asthenischen Affekt namentlich Verwirrung, Furcht oder Schrecken verursacht wurde (§ 33 StGB). Die Exzesshandlung selbst ist aber [[Rechtswidrigkeit|rechtswidrig]] und ihrerseits legal abwehrbar. Auch begünstigt ein solcher Schuldausschließungsgrund nur den Affektierten und nicht weitere Tatbeteiligte. Diese haften voll. |
|||
:* Werden die Grenzen der Notwehr hingegen qualitativ überschritten, also eine zur Verteidigung ihrer Art nach nicht erforderliche Abwehr vorgenommen, liegt ein so genannter ''extensiver Notwehrexzess'' vor, der zur vollen Bestrafung führt, da in einem solchen Fall bereits die Voraussetzungen einer Notwehr im Sinne von § 32 StGB nicht gegeben sind. Beispiel: flüchtenden Beleidiger schlagen. |
|||
:* Auf der Ebene von ''[[Strafzumessungsregel]]n'' werden vereinzelt sthenische Affekte wie Zorn (siehe oben Philosophisch-Anthropologische Einordnung) berücksichtigt. Beispielsweise wird bei [[Totschlag]] durch eine Strafrahmenverschiebung eine Milderung gewährt (§ 213 StGB). |
|||
[[1608]] wurde die Familie Liechtenstein in den [[Fürst]]enstand erhoben. Damit sie aber zum [[Reichsfürstenrat]] zugelassen werden konnte, benötigte sie reichsunmittelbaren Besitz. |
|||
== Siehe auch == |
|||
* [[Affektenlehre]] der Musik |
|||
So wurde der Fürst ''[[Johann Adam Andreas (Liechtenstein)|Johann Adam Andreas von Liechtenstein]]'' auf die Herrschaften Schellenberg und Vaduz aufmerksam. Die Grafschaft Hohenems verkaufte die Herrschaft Schellenberg [[1699]] und die Herrschaft Vaduz [[1712]] an den Fürsten von Liechtenstein. |
|||
== Einzelnachweise == |
|||
<references/> |
|||
Am [[23. Januar]] [[1719]] erhob ''[[Kaiser]] [[Karl VI. (HRR)|Karl VI.]]'' seinem Diener Fürst ''[[Anton Florian (Liechtenstein)|Anton Florian von Liechtenstein]]'' die beiden Herrschaften Vaduz und Schellenberg zu einem Reichsfürstentum mit Namen Liechtenstein. Dieser Tag gilt bis heute als der Geburtstag Liechtensteins. Es ist zudem in der Geschichte eine Seltenheit, dass der Name eines Staates von einem Herrschergeschlecht herrührt. |
|||
{{Rechtshinweis}} |
|||
Obwohl der Fürst von Liechtenstein das Land regierte, kannte er es nicht. Er lebte weiterhin in [[Wien]] und ließ Liechtenstein durch [[Landvogt|Landvögte]] verwalten – im Geiste des [[Absolutismus]], was zu Konflikten mit der Bevölkerung führte. |
|||
[[Kategorie:Affekt| ]] |
|||
[[Kategorie:Allgemeine Psychologie]] |
|||
[[Kategorie:Allgemeine Strafrechtslehre]] |
|||
===Erlangung der Souveränität unter Napoleon=== |
|||
[[af:Affek]] |
|||
[[bg:Афект]] |
|||
Liechtenstein wurde zum letzten Mal Kriegsschauplatz, als die [[Frankreich|Franzosen]] unter ''[[Napoléon Bonaparte]]'' Liechtenstein [[1799]] durchquerten um das nahe gelegene [[Feldkirch]] zu belagern. |
|||
[[en:Affect (psychology)]] |
|||
[[et:Afekt]] |
|||
Am [[12. Juli]] [[1806]] erlangte das Fürstentum seine Souveränität durch die Aufnahme in den [[Rheinbund]], nachdem das [[Heiliges Römisches Reich Deutscher Nation|Heilige Römische Reich Deutscher Nation]] aufgelöst worden war. Es war eine politische Geste Napoleons gegenüber dem regierenden Fürsten ''[[Johann Josef I. (Liechtenstein)|Johann I.]]''. |
|||
[[fr:Affect]] |
|||
[[lt:Afektas]] |
|||
Auf dem ''[[Wiener Kongress]]'' wurde Liechtenstein ab Februar [[1815]] durch den [[Fürstenhaus Reuß|gesamtreußischen]] Vizekanzler [[Georg Walter Vincent von Wiese]] vertreten. Der Kongress nahm Liechtenstein als selbstständigen Kleinstaat in den ''[[Deutscher Bund|Deutschen Bund]]'' auf. Liechtenstein wurde damit zum einzigen deutschen Kleinstaat neben Luxemburg jener Zeit, der seine Souveränität bis heute bewahren konnte. |
|||
[[nl:Affect]] |
|||
[[pl:Afekt]] |
|||
Anfang des [[19. Jahrhundert]] wurde die wirtschaftliche Isolation Liechtensteins zu einem Nachteil, während sich seine Nachbarstaaten allmählich industrialisierten. Hinderlich wirkten sich auch die hohen Abgabenlasten an den Staat aus. Progressive Reformen wurden vom Fürsten abgelehnt. Im europäischen Revolutionsjahr [[1848]] drohte auch in Liechtenstein eine Revolution; letztlich aber blieb es beim Absolutismus. |
|||
[[ru:Аффект]] |
|||
[[sk:Afektivita]] |
|||
===Aufschwung und Verfassung=== |
|||
[[sr:Афект]] |
|||
[[sv:Affekt]] |
|||
Durch einen Zollvertrag mit [[Österreich-Ungarn]] [[1852]] lief die Wirtschaft mit Schwerpunkt auf der [[Textilindustrie]] besser. [[1858]] wurde ''[[Johann II. (Liechtenstein)|Johann II.]]'' Fürst von Liechtenstein. Er regierte das Fürstentum 71(!) Jahre lang bis zu seinem Tod [[1929]]. [[1861]] erhielt Liechtenstein die erste Bank. [[1862]] trat eine neue konstitutionelle [[Verfassung]] in Kraft, die den Landtag als [[Volksvertretung]] vorsieht. Der Fürst regierte das Land weiterhin, doch der Landtag konnte in der Gesetzgebung nicht mehr übergangen werden. Im gleichen Jahr erschien zudem die erste Zeitung. |
|||
[[uk:Афект]] |
|||
Nach der Auflösung des Deutschen Bundes im Jahr 1866 wurde [[1868]] das Militär abgeschafft, welches bis dahin eine große finanzielle Belastung gewesen war. |
|||
Ende des 19. Jahrhunderts setzte der Tourismus ein. Die Textilindustrie bot im Wesentlichen Arbeitsplätze für Frauen, jedoch kaum für Männer. Infolgedessen wanderten viele nach Amerika aus. |
|||
===Erster Weltkrieg und Folgen=== |
|||
Liechtenstein blieb im [[Erster Weltkrieg|Ersten Weltkrieg]] neutral, wurde aber von den wirtschaftlichen Sanktionen gegen Österreich schwer getroffen. Die Textilbetriebe wurden stillgelegt und die Bevölkerung litt an Hunger. Erspartes wurde durch die Inflation wertlos. Der Ruf nach einer demokratischen Verfassung wurde, zuletzt dank der [[1918]] gegründeten ''Christlich-Sozialen Volkspartei'' und ''Fortschrittliche Bürgerpartei'' immer größer. Die Verfassung mit direktdemokratischen Elementen wie [[Volksinitiative]] und [[Referendum]] wurde [[1921]] nach Verhandlungen zwischen dem Fürsten und dem Landtag in Kraft gesetzt. |
|||
==Partnerschaft mit der Schweiz== |
|||
Nach dem Zusammenbruch der österreichischen Monarchie wurde [[1919]] der Zollvertrag gekündigt. [[1923]] schlossen die Liechtensteiner einen Zollvertrag mit der Schweiz. In den folgenden Jahrzehnten wurden weitere Verträge mit der Schweiz und ihren [[Kanton (Schweiz)|Kantonen]] geschlossen. Dadurch herrscht heute eine enge Partnerschaft zwischen Liechtenstein und der Schweiz. |
|||
[[1929]] kam Fürst ''[[Franz I. (Liechtenstein)|Franz I. von Liechtenstein]]'' nach dem Ableben seines Vorgängers an die Macht. Nach wiederum dessen Tod [[1938]] übernahm Fürst ''[[Franz Josef II. (Liechtenstein)|Franz Josef II. von Liechtenstein]]'' das Zepter, ein Patenkind des Kaisers ''[[Franz Joseph I. (Österreich-Ungarn)|Franz Josef I.]]''. Der in der [[Steiermark]] geborene Fürst regierte das Land 51 Jahre lang bis zu seinem Tod [[1989]]. Er war der erste Fürst des Geschlechts Liechtenstein, der nicht mehr in Wien, sondern auf Schloss Vaduz in Liechtenstein wohnte. Bis [[1938]] lebten die Fürsten in Wien und Mähren. Sie hatten wichtige Funktionen im Militärwesen und in der Diplomatie unter der [[Habsburg|Habsburger]] Monarchie inne und verwalteten ihren umfangreichen Besitz in Niederösterreich, Böhmen, [[Schlesien]] und Mähren. |
|||
===Zweiter Weltkrieg bis heute=== |
|||
[[1939]] versuchte die [[Nationalsozialismus|nationalsozialistische]] ''[[Volksdeutsche Bewegung in Liechtenstein]]'' einen [[Putsch]] anzuzetteln, der jedoch scheiterte. Liechtenstein blieb während des [[Zweiter Weltkrieg|Zweiten Weltkrieges]] neutral. |
|||
[[1945]] traten Teile der [[1. Russische Nationalarmee der Deutschen Wehrmacht|1. Russischen Nationalarmee der Deutschen Wehrmacht]], nicht zu verwechseln mit der [[Russische Befreiungsarmee|Wlassow-Armee]], auf Liechtensteiner Gebiet über und wurden trotz massiven Drucks der [[Sowjetunion]] nicht an die [[Sowjetunion]] ausgeliefert. |
|||
Während des Zweiten Weltkrieges entstanden neue Industriebetriebe in Liechtenstein. Auch die Nachkriegszeit war von einem anhaltenden Wirtschaftsaufschwung gekennzeichnet. Liechtenstein wandelte sich schnell von einem armen Agrarstaat in ein Dienstleistungsland. Die wichtigsten Gründe für den Aufschwung waren der am [[29. März]] [[1923]] abgeschlossene Zollvertrag mit der Schweiz, die Übernahme des Schweizer [[Schweizer Franken|Franken]] und eine liberale Wirtschaftsordnung, verbunden mit einer niedrigen Besteuerung. |
|||
Ab 1. Januar [[1972]] regelt ein Gesetz, dass die Zahl der im Fürstentum lebenden [[Ausländer]] nicht höher als ein Drittel der gesamten Einwohnerzahl des Landes betragen darf. |
|||
Bei einer Volksabstimmung am 9. und 11. Februar 1972 wurde mehrheitlich gegen das [[Frauenwahlrecht]] gestimmt. |
|||
Am 28. Juni [[1973]] wurden diplomatische Beziehungen mit der [[Deutsche Demokratische Republik|Deutschen Demokratischen Republik]] aufgenommen, deren Wahrnehmung die Schweiz übernahm. |
|||
Der Hauptwirtschaftszweig liegt heute im tertiären Sektor: bei Banken, Treuhändern und sonstigen Finanzdienstleistungen. Dieser Sektor wird, wie einige internationale Beobachter kritisieren, durch sehr liberale Gesetze gefördert, die den Grau- und Schwarzmarkt geradezu „einladen“. |
|||
Da mehr Arbeitsplätze vorhanden sind als von Einheimischen belegt werden können, gibt es in Liechtenstein viele Grenzgänger aus den benachbarten Staaten. |
|||
Liechtenstein ist Mitglied wichtiger internationaler Organisationen, so unter anderem: |
|||
* 1978 – Beitritt zum [[Europarat]] |
|||
* 1990 – Beitritt als 160. Mitglied der [[UNO|Vereinten Nationen]] |
|||
* 1991 – Beitritt der [[Europäische Freihandelszone|EFTA]] |
|||
* 1995 – Beitritt zum Europäischen Wirtschaftsraum ([[Europäischer Wirtschaftsraum|EWR]]) |
|||
* 1995 – Beitritt zur Welthandelsorganisation ([[Welthandelsorganisation|WTO]]) |
|||
[[1984]] wurde das Wahlrecht für Frauen eingeführt. Nach dem Tod seines Vaters Franz Joseph II. bestieg der [[Universität St. Gallen|HSG]]-Absolvent Fürst ''[[Hans Adam II. (Liechtenstein)|Hans Adam II. von Liechtenstein]]'' im Jahre [[1989]] den Thron zu Vaduz. |
|||
=== Neue Verfassung === |
|||
In einem Referendum [[2003]] stimmten die Bürger Liechtensteins mit einem Ja-Anteil von 64.3 % für eine Revision der [[Verfassung]], Fürst Hans Adam hatte erklärt, im Falle einer Ablehnung das Land zu verlassen und nach Wien zu übersiedeln. Die neue Verfassung gibt dem Fürsten mehr Macht als in anderen Monarchien Europas, dafür hat das Volk neue Rechte wie die Absetzung des Fürsten, seine Zustimmung vorausgesetzt. |
|||
Die neue Verfassung hat sowohl national (bei der Abstimmung unterlegenen Minderheit) als auch international (z. B. seitens des [[Europarat|Europarates]]) auch für Kritik gesorgt, da die in der Volksabstimmung Unterlegenen der Ansicht sind, die Demokratie werde dank eines mächtigen fürstlichen Veto-Rechtes eingeschränkt. Der Europarat führt auf Antrag derselben Gruppierungen aus diesem Grund einen Dialog mit Liechtenstein über die neue Verfassung. |
|||
Am [[15. August]] [[2004]] ernannte Fürst Hans Adam II. seinen Sohn, den Erbprinzen [[Alois von Liechtenstein]], zu seinem Stellvertreter und betraute ihn mit der Ausübung der dem Fürsten zustehenden Hoheitsrechte. Der Fürstentitel selbst geht allerdings erst nach dem Ableben des Vaters auf den Sohn über. |
|||
== Die Herrscher von Liechtenstein == |
|||
''Siehe'': [[Liste der Herrscher von Liechtenstein]] |
|||
Hauptquelle: |
|||
[http://www.liechtenstein.li/eliechtenstein_main_sites/portal_fuerstentum_liechtenstein/fl-lik-liechtenstein_in_kuerze/fl-lik-geschichte.htm Geschichte Liechtensteins] |
|||
[[Kategorie:Liechtensteiner Geschichte| ]] |
|||
[[bg:История на Лихтенщайн]] |
|||
[[cs:Dějiny Lichtenštejnska]] |
|||
[[en:History of Liechtenstein]] |
|||
[[es:Historia de Liechtenstein]] |
|||
[[fi:Liechtensteinin historia]] |
|||
[[fr:Histoire du Liechtenstein]] |
|||
[[nl:Geschiedenis van Liechtenstein]] |
|||
[[pt:História do Liechtenstein]] |
Version vom 20. Februar 2008, 21:38 Uhr
Vorgeschichte
Archäologische Funde auf Gutenberg sowie Eschnerberg weisen nach, dass das heutige Gebiet Liechtensteins seit der Jungsteinzeit (5. Jahrtausend v. Chr.) besiedelt ist. Auf dem Gutenberg sind auch Kultfiguren aus Bronze entdeckt worden. Da das Tal vom Rhein häufig überschwemmt war und dadurch sumpfig war, waren nur die höher gelegenen Gebiete besiedelt.
Seit dem 8. Jahrhundert v. Chr. war das Gebiet von Rätern (Vennonen) besiedelt. Es sind auch keltische (Vindeliker) Einflüsse feststellbar.
Römisches Reich
Im Jahre 15 v. Chr. wurde das Gebiet des heutigen Fürstentums zur römischen Provinz Rätien erklärt. Im 1. Jahrhundert n. Chr. wurde eine Heerstraße gebaut, die von Italien über dem Splügen sowie Chur durch das heutige Liechtenstein nach Bregenz führte. Entlang dieser Straße entstanden in Liechtenstein römische Gasthäuser. Mit der Zeit vermischte sich die Sprache der Ureinwohner mit der Sprache der Römer, Latein. Daraus entstand die Rätoromanische Sprache.
Im 4. Jahrhundert begann die Christianisierung in der Provinz Churrätien. Als erster Glaubensbote wurde der Heilige Luzius verehrt. Ein Merkmal des spätrömischen Reiches sind die Reste eines Kastells, welches um diese Zeit in Schaan gebaut wurde, um die nördlichen Alemannen abzuwehren.
Mittelalter
Frühmittelalter
Nachdem das Römische Reich zerfallen war, konnte man im heutigen Liechtenstein eine Zuwanderung der Alemannen feststellen. Im 8. Jahrhundert wurde Rätien ins fränkische Reich eingebunden. Unter Karl dem Großen wurde 806 die fränkische Gaugrafschaftsverfassung eingeführt. 842 wurden erstmals Orte und Personen aus dem heutigem Fürstentum aufgelistet, so unter anderem Balzers, Schaan und Eschen (Rätische Urbar, wo alle königlichen Güter aufgezeichnet waren).
Grafschaften
Zwischen dem 10. Jahrhundert und 1152 gehörte Rätien dem Grafen von Bregenz. Nachdem die Grafen von Bregenz ausstarben, wurde das ehemalige Rätien durch Erbteilungen aufgesplittert.
Das Unterrätien ging daher an die Grafen von Montfort, die sich später in die Linien Montfort und Werdenberg aufteilten. Die Grafschaft Werdenberg wurde wiederum aufgeteilt, so entstand durch eine Erbteilung 1342 die Grafschaft Vaduz.
1379 verlieh König Wenzel dem Grafen Heinrich von Werdenberg die Gerichtshoheit. 1396 wird die Grafschaft Vaduz reichsunmittelbar, bestätigt durch den König Wenzel, und untersteht damit dem Kaiser direkt. Damit war ein Aufbau der Landeshoheit möglich. In den folgenden Jahrhunderten wurde den Herrschern von Vaduz die Reichsunmittelbarkeit immer wieder bestätigt.
Formierung der heutigen Staatsgrenze
Die Grafen von Vaduz starben 1416 aus. Als Herrscher folgten die Freiherren von Brandis, welche aus dem Emmental stammten. Sie erwarben zudem den nördlichen Teil der Herrschaft Schellenberg. So wurde 1434 das Oberland (des Freiherren von Brandis) sowie das Unterland (der Herrschaft Schellenberg) vereinigt. Die Grenzen dieser beiden Herrschaften bilden die heutige Grenze des Fürstentums Liechtenstein.
Kriege
Das 15. Jahrhundert in Liechtenstein war von Kriegen geprägt: dem Alten Zürcherkrieg (1444–1446), dem Schwabenkrieg (1499–1500) sowie dem Appenzellerkrieg (1505). Diese Kriege brachten den Herrschaften viele Zerstörungen, Plündereien und Brände. Die größte Bedeutung hatte der Schwabenkrieg, da seitdem der Rhein die definitive Grenze zwischen der Schweizer Eidgenossenschaft sowie dem Heiligen Römischen Reich Deutscher Nation bedeutete. So geriet das spätere Fürstentum Liechtenstein für viele Jahrhunderte in eine Randlage.
Weiterentwicklung im 16. Jahrhundert
Der letzte Freiherr von Brandis verkaufte 1510 die Herrschaften Vaduz und Schellenberg an die Grafschaft Sulz (am Neckar), welche Liechtenstein bis 1613 von der dazu gehörenden Landgrafschaft Klettgau aus regierte. Die katholisch geprägte Grafschaft sorgte dafür, dass die beiden Herrschaften mit der Reformation nicht in Berührung kamen. Die Zeiten unter den Grafen von Sulz galten als friedliche Zeiten. Die Einheimischen beider Herrschaften bekamen Rechte, Gerichte und konnten einen Landammann sowie zwölf Richter bestellen.
1613 verkaufte die Grafschaft Sulz die Herrschaften Vaduz und Schellenberg an die Grafschaft Hohenems (Vorarlberg) welche Interesse an einem Pufferstaat zwischen Österreich und der Schweiz hatte.
Dreißigjähriger Krieg und Pest
Im 17. Jahrhundert wütete die Pest in den Herrschaften. Hexenverfolgungen waren in jener Zeit an der Tagesordnung. Auch der Dreißigjährige Krieg forderte Opfer, obwohl die beiden Herrschaften nicht direkt am Krieg beteiligt waren. Die Grafschaft Hohenems geriet zudem in Schulden und musste daher unter anderem Vaduz und Schellenberg verkaufen.
Herrschaft der Fürsten von Liechtenstein
Kauf der Herrschaften durch die Fürsten von Liechtenstein
Das Geschlecht Liechtenstein
Hauptartikel: Haus Liechtenstein
Historisches
Das Liechtensteinische Fürstenhaus zählt zu den ältesten Adelsfamilien Europas. Um 1136 wird mit Hugo von Liechtenstein erstmals ein Träger dieses Namens erwähnt. Er nannte sich nach der Burg Liechtenstein, welche sich südlich von Wien befindet. Das Material für diese Burg stammt aus einem Römersteinbruch, von woher der Name lichten Stein stammen könnte. In der Folge besaß die Familie Liechtenstein viele Ländereien in Niederösterreich, Böhmen, Mähren und Schlesien. Dokumentiert ist auch ein Ulrich von Liechtenstein, welcher ein mittelhochdeutscher Dichter im 13. Jahrhundert war.
Legenden
Eine Sage aus der Steiermark berichtet von einem Krieger namens Gerold zur Zeit Karls des Großen. Dieser entdeckte beim Pflügen einen wunderschönen, funkelnden Stein in vielen Farben. Er wollte ihn zunächst verkaufen. Ein Ältester empfahl ihm jedoch, diesen Stein nicht zu verkaufen, sondern ihn nach Aachen zu bringen und dem Kaiser zu schenken. Der Kaiser liess Gerold jedoch bekriegen. Als die Schlacht nahte und es dunkel wurde, leuchtete Gerolds Stein wie ein Feuerauge und der abergläubische Feind zog sich zurück. Als der Kaiser davon hörte, nahm er das Geschenk an, beförderte Gerold zum Ritter des Landes und sagte: „Dein Haus soll den Namen 'Liechtenstein' führen, der Ruhm Deines Stammes sei licht, glänzend und erhaben wie dieser Stein!“. Er liess daraufhin die Burg Liechtenstein erbauen.
Komplette Geschichte: „Der Ahnherr des Hauses Liechtenstein“
Es gibt weitere Sagen zum Stammvater der Liechtensteiner. Eine Auswahl befindet sich hier.
Kauf von reichsunmittelbarem Besitz
1608 wurde die Familie Liechtenstein in den Fürstenstand erhoben. Damit sie aber zum Reichsfürstenrat zugelassen werden konnte, benötigte sie reichsunmittelbaren Besitz.
So wurde der Fürst Johann Adam Andreas von Liechtenstein auf die Herrschaften Schellenberg und Vaduz aufmerksam. Die Grafschaft Hohenems verkaufte die Herrschaft Schellenberg 1699 und die Herrschaft Vaduz 1712 an den Fürsten von Liechtenstein.
Am 23. Januar 1719 erhob Kaiser Karl VI. seinem Diener Fürst Anton Florian von Liechtenstein die beiden Herrschaften Vaduz und Schellenberg zu einem Reichsfürstentum mit Namen Liechtenstein. Dieser Tag gilt bis heute als der Geburtstag Liechtensteins. Es ist zudem in der Geschichte eine Seltenheit, dass der Name eines Staates von einem Herrschergeschlecht herrührt.
Obwohl der Fürst von Liechtenstein das Land regierte, kannte er es nicht. Er lebte weiterhin in Wien und ließ Liechtenstein durch Landvögte verwalten – im Geiste des Absolutismus, was zu Konflikten mit der Bevölkerung führte.
Erlangung der Souveränität unter Napoleon
Liechtenstein wurde zum letzten Mal Kriegsschauplatz, als die Franzosen unter Napoléon Bonaparte Liechtenstein 1799 durchquerten um das nahe gelegene Feldkirch zu belagern.
Am 12. Juli 1806 erlangte das Fürstentum seine Souveränität durch die Aufnahme in den Rheinbund, nachdem das Heilige Römische Reich Deutscher Nation aufgelöst worden war. Es war eine politische Geste Napoleons gegenüber dem regierenden Fürsten Johann I..
Auf dem Wiener Kongress wurde Liechtenstein ab Februar 1815 durch den gesamtreußischen Vizekanzler Georg Walter Vincent von Wiese vertreten. Der Kongress nahm Liechtenstein als selbstständigen Kleinstaat in den Deutschen Bund auf. Liechtenstein wurde damit zum einzigen deutschen Kleinstaat neben Luxemburg jener Zeit, der seine Souveränität bis heute bewahren konnte.
Anfang des 19. Jahrhundert wurde die wirtschaftliche Isolation Liechtensteins zu einem Nachteil, während sich seine Nachbarstaaten allmählich industrialisierten. Hinderlich wirkten sich auch die hohen Abgabenlasten an den Staat aus. Progressive Reformen wurden vom Fürsten abgelehnt. Im europäischen Revolutionsjahr 1848 drohte auch in Liechtenstein eine Revolution; letztlich aber blieb es beim Absolutismus.
Aufschwung und Verfassung
Durch einen Zollvertrag mit Österreich-Ungarn 1852 lief die Wirtschaft mit Schwerpunkt auf der Textilindustrie besser. 1858 wurde Johann II. Fürst von Liechtenstein. Er regierte das Fürstentum 71(!) Jahre lang bis zu seinem Tod 1929. 1861 erhielt Liechtenstein die erste Bank. 1862 trat eine neue konstitutionelle Verfassung in Kraft, die den Landtag als Volksvertretung vorsieht. Der Fürst regierte das Land weiterhin, doch der Landtag konnte in der Gesetzgebung nicht mehr übergangen werden. Im gleichen Jahr erschien zudem die erste Zeitung. Nach der Auflösung des Deutschen Bundes im Jahr 1866 wurde 1868 das Militär abgeschafft, welches bis dahin eine große finanzielle Belastung gewesen war.
Ende des 19. Jahrhunderts setzte der Tourismus ein. Die Textilindustrie bot im Wesentlichen Arbeitsplätze für Frauen, jedoch kaum für Männer. Infolgedessen wanderten viele nach Amerika aus.
Erster Weltkrieg und Folgen
Liechtenstein blieb im Ersten Weltkrieg neutral, wurde aber von den wirtschaftlichen Sanktionen gegen Österreich schwer getroffen. Die Textilbetriebe wurden stillgelegt und die Bevölkerung litt an Hunger. Erspartes wurde durch die Inflation wertlos. Der Ruf nach einer demokratischen Verfassung wurde, zuletzt dank der 1918 gegründeten Christlich-Sozialen Volkspartei und Fortschrittliche Bürgerpartei immer größer. Die Verfassung mit direktdemokratischen Elementen wie Volksinitiative und Referendum wurde 1921 nach Verhandlungen zwischen dem Fürsten und dem Landtag in Kraft gesetzt.
Partnerschaft mit der Schweiz
Nach dem Zusammenbruch der österreichischen Monarchie wurde 1919 der Zollvertrag gekündigt. 1923 schlossen die Liechtensteiner einen Zollvertrag mit der Schweiz. In den folgenden Jahrzehnten wurden weitere Verträge mit der Schweiz und ihren Kantonen geschlossen. Dadurch herrscht heute eine enge Partnerschaft zwischen Liechtenstein und der Schweiz.
1929 kam Fürst Franz I. von Liechtenstein nach dem Ableben seines Vorgängers an die Macht. Nach wiederum dessen Tod 1938 übernahm Fürst Franz Josef II. von Liechtenstein das Zepter, ein Patenkind des Kaisers Franz Josef I.. Der in der Steiermark geborene Fürst regierte das Land 51 Jahre lang bis zu seinem Tod 1989. Er war der erste Fürst des Geschlechts Liechtenstein, der nicht mehr in Wien, sondern auf Schloss Vaduz in Liechtenstein wohnte. Bis 1938 lebten die Fürsten in Wien und Mähren. Sie hatten wichtige Funktionen im Militärwesen und in der Diplomatie unter der Habsburger Monarchie inne und verwalteten ihren umfangreichen Besitz in Niederösterreich, Böhmen, Schlesien und Mähren.
Zweiter Weltkrieg bis heute
1939 versuchte die nationalsozialistische Volksdeutsche Bewegung in Liechtenstein einen Putsch anzuzetteln, der jedoch scheiterte. Liechtenstein blieb während des Zweiten Weltkrieges neutral.
1945 traten Teile der 1. Russischen Nationalarmee der Deutschen Wehrmacht, nicht zu verwechseln mit der Wlassow-Armee, auf Liechtensteiner Gebiet über und wurden trotz massiven Drucks der Sowjetunion nicht an die Sowjetunion ausgeliefert.
Während des Zweiten Weltkrieges entstanden neue Industriebetriebe in Liechtenstein. Auch die Nachkriegszeit war von einem anhaltenden Wirtschaftsaufschwung gekennzeichnet. Liechtenstein wandelte sich schnell von einem armen Agrarstaat in ein Dienstleistungsland. Die wichtigsten Gründe für den Aufschwung waren der am 29. März 1923 abgeschlossene Zollvertrag mit der Schweiz, die Übernahme des Schweizer Franken und eine liberale Wirtschaftsordnung, verbunden mit einer niedrigen Besteuerung.
Ab 1. Januar 1972 regelt ein Gesetz, dass die Zahl der im Fürstentum lebenden Ausländer nicht höher als ein Drittel der gesamten Einwohnerzahl des Landes betragen darf.
Bei einer Volksabstimmung am 9. und 11. Februar 1972 wurde mehrheitlich gegen das Frauenwahlrecht gestimmt.
Am 28. Juni 1973 wurden diplomatische Beziehungen mit der Deutschen Demokratischen Republik aufgenommen, deren Wahrnehmung die Schweiz übernahm.
Der Hauptwirtschaftszweig liegt heute im tertiären Sektor: bei Banken, Treuhändern und sonstigen Finanzdienstleistungen. Dieser Sektor wird, wie einige internationale Beobachter kritisieren, durch sehr liberale Gesetze gefördert, die den Grau- und Schwarzmarkt geradezu „einladen“.
Da mehr Arbeitsplätze vorhanden sind als von Einheimischen belegt werden können, gibt es in Liechtenstein viele Grenzgänger aus den benachbarten Staaten.
Liechtenstein ist Mitglied wichtiger internationaler Organisationen, so unter anderem:
- 1978 – Beitritt zum Europarat
- 1990 – Beitritt als 160. Mitglied der Vereinten Nationen
- 1991 – Beitritt der EFTA
- 1995 – Beitritt zum Europäischen Wirtschaftsraum (EWR)
- 1995 – Beitritt zur Welthandelsorganisation (WTO)
1984 wurde das Wahlrecht für Frauen eingeführt. Nach dem Tod seines Vaters Franz Joseph II. bestieg der HSG-Absolvent Fürst Hans Adam II. von Liechtenstein im Jahre 1989 den Thron zu Vaduz.
Neue Verfassung
In einem Referendum 2003 stimmten die Bürger Liechtensteins mit einem Ja-Anteil von 64.3 % für eine Revision der Verfassung, Fürst Hans Adam hatte erklärt, im Falle einer Ablehnung das Land zu verlassen und nach Wien zu übersiedeln. Die neue Verfassung gibt dem Fürsten mehr Macht als in anderen Monarchien Europas, dafür hat das Volk neue Rechte wie die Absetzung des Fürsten, seine Zustimmung vorausgesetzt.
Die neue Verfassung hat sowohl national (bei der Abstimmung unterlegenen Minderheit) als auch international (z. B. seitens des Europarates) auch für Kritik gesorgt, da die in der Volksabstimmung Unterlegenen der Ansicht sind, die Demokratie werde dank eines mächtigen fürstlichen Veto-Rechtes eingeschränkt. Der Europarat führt auf Antrag derselben Gruppierungen aus diesem Grund einen Dialog mit Liechtenstein über die neue Verfassung.
Am 15. August 2004 ernannte Fürst Hans Adam II. seinen Sohn, den Erbprinzen Alois von Liechtenstein, zu seinem Stellvertreter und betraute ihn mit der Ausübung der dem Fürsten zustehenden Hoheitsrechte. Der Fürstentitel selbst geht allerdings erst nach dem Ableben des Vaters auf den Sohn über.
Die Herrscher von Liechtenstein
Siehe: Liste der Herrscher von Liechtenstein
Hauptquelle: Geschichte Liechtensteins